Literatur im Nationalsozialismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Spätestens mit dem Machtwechsel zum totalitären NS-Regime und dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich im März 1938 änderten sich die Produktionsbedingungen für zahlreiche Künstler/innen auch und gerade im grenznahen Salzburg. Während die Diktatur für viele jüdische u. anti-nazistische Schriftsteller/innen eine Bedrohung ihrer Existenz bedeutete und sie zur Emigration zwang (u.a. A.M. →Frey, J. →Haringer, Ö. v. →Horváth, M. →Reinhardt, C. →Zuckmayer, S. →Zweig), versuchten sich zahlreiche andere an die neuen Verhältnisse anzupassen bzw. profitierten davon durch ihre bereits vor 1938 pro-deutsche bzw. nationalsozialistische Gesinnung. Einige Autor/innen kamen umgekehrt aufgrund ihrer pro-österreichischen Haltung im Sinne des katholischen Ständestaates (1934-38) in Konflikt mit der NS-Diktatur (z. B. J.A. →Lux). Bei F.K. →Ginzkey, M. →Mell oder K.H. →Waggerl. der am Vortag der Volksabstimmung über den „Anschluss“ (10.4.1938) zur Abgabe der „Ja“-Stimme aufrief, vollzog sich die Anpassung weitaus unproblematischer – in beide Richtungen: Sie waren auch nach 1945 äußerst erfolgreich.  
 
Spätestens mit dem Machtwechsel zum totalitären NS-Regime und dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich im März 1938 änderten sich die Produktionsbedingungen für zahlreiche Künstler/innen auch und gerade im grenznahen Salzburg. Während die Diktatur für viele jüdische u. anti-nazistische Schriftsteller/innen eine Bedrohung ihrer Existenz bedeutete und sie zur Emigration zwang (u.a. A.M. →Frey, J. →Haringer, Ö. v. →Horváth, M. →Reinhardt, C. →Zuckmayer, S. →Zweig), versuchten sich zahlreiche andere an die neuen Verhältnisse anzupassen bzw. profitierten davon durch ihre bereits vor 1938 pro-deutsche bzw. nationalsozialistische Gesinnung. Einige Autor/innen kamen umgekehrt aufgrund ihrer pro-österreichischen Haltung im Sinne des katholischen Ständestaates (1934-38) in Konflikt mit der NS-Diktatur (z. B. J.A. →Lux). Bei F.K. →Ginzkey, M. →Mell oder K.H. →Waggerl. der am Vortag der Volksabstimmung über den „Anschluss“ (10.4.1938) zur Abgabe der „Ja“-Stimme aufrief, vollzog sich die Anpassung weitaus unproblematischer – in beide Richtungen: Sie waren auch nach 1945 äußerst erfolgreich.  
  
In dem vom Bund deutscher Schriftsteller hg. #Bekenntnisbuch österr. Dichter# (1938) äußerten sich neben ihnen zahlreiche andere, bis dahin z. T. noch weniger bekannte Autor/inn/en mit Salzburg-Bezug positiv über das Hitler-Regime: u.a. R. →Billinger, E. →Blaas, H. →Deißinger, E. →Landgrebe, Erwin Herbert Rainalter (1892-1960) und K. →Springenschmid. Letzterer war als Leiter des Salzburger Schulwesens und NS-Lehrerbundes Hauptakteur der Bücherverbrennung am Residenzplatz vom 30.4.1938, bei der klerikale und jüdische Druckwerke vernichtet wurden.  
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In dem vom Bund deutscher Schriftsteller hg. #Bekenntnisbuch österr. Dichter# (1938) äußerten sich neben ihnen zahlreiche andere, bis dahin z. T. noch weniger bekannte Autor/innen mit Salzburg-Bezug positiv über das Hitler-Regime: u.a. R. →Billinger, E. →Blaas, H. →Deißinger, E. →Landgrebe, Erwin Herbert Rainalter (1892-1960) und K. →Springenschmid. Letzterer war als Leiter des Salzburger Schulwesens und NS-Lehrerbundes Hauptakteur der Bücherverbrennung am Residenzplatz vom 30.4.1938, bei der klerikale und jüdische Druckwerke vernichtet wurden.  
  
Augustin Ableitner (1886-1972) veröffentlichte unter dem Pseud. Blasi im #Salzburger Volksblatt# NS-politische Agitationslyrik (publ. 1939 im Verlag Bergland-Buch: #Peggy, mein schnaubendes Pferd…#). Neben Josef Weinheber bot das Blatt auch „Feiertags- und Konjunkturschriftstellern“ (G. Kerschbaumer) wie Loni Seitz-Ransmayr (1898–1980) oder Otto Pflanzl (1865–1943) Raum. Anlässlich eines Empfangs Hitlers am 6.4.1938 in der Residenz trug der Heimat- u. Mundartdichter Pflanzl ein Lobgedicht vor, das „dem liabn Führer“ gewidmet war. Neben den bereits genannten stellten sich auch zahlreiche andere Autor/innen in den Dienst des Hakenkreuzes: B. →Breitner, F. →Löser, Konrad Nusko (1898-1981), P. →Peternell oder K. →Schoßleitner.
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Augustin Ableitner (1886-1972) veröffentlichte unter dem Pseud. Blasi im #Salzburger Volksblatt# NS-politische Agitationslyrik (publ. 1939 im Verlag Bergland-Buch: #Peggy, mein schnaubendes Pferd…#). Neben Josef Weinheber bot das Blatt auch „Feiertags- und Konjunkturschriftstellern“ (G. Kerschbaumer) wie Loni Seitz-Ransmayr (1898–1980) oder Otto Pflanzl (1865–1943) Raum. Anlässlich eines Empfangs Hitlers am 6.4.1938 in der Residenz trug der Heimat- u. Mundartdichter Pflanzl ein Lobgedicht vor, das „dem liabn Führer“ gewidmet war. Neben den bereits genannten stellten sich auch zahlreiche andere Autor/innen in den Dienst des Hakenkreuzes, u.a. B. →Breitner, F. →Löser u. Konrad Nusko (1898-1981).
  
 
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Version vom 28. Februar 2018, 20:10 Uhr

Literatur im Nationalsozialismus

Spätestens mit dem Machtwechsel zum totalitären NS-Regime und dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich im März 1938 änderten sich die Produktionsbedingungen für zahlreiche Künstler/innen auch und gerade im grenznahen Salzburg. Während die Diktatur für viele jüdische u. anti-nazistische Schriftsteller/innen eine Bedrohung ihrer Existenz bedeutete und sie zur Emigration zwang (u.a. A.M. →Frey, J. →Haringer, Ö. v. →Horváth, M. →Reinhardt, C. →Zuckmayer, S. →Zweig), versuchten sich zahlreiche andere an die neuen Verhältnisse anzupassen bzw. profitierten davon durch ihre bereits vor 1938 pro-deutsche bzw. nationalsozialistische Gesinnung. Einige Autor/innen kamen umgekehrt aufgrund ihrer pro-österreichischen Haltung im Sinne des katholischen Ständestaates (1934-38) in Konflikt mit der NS-Diktatur (z. B. J.A. →Lux). Bei F.K. →Ginzkey, M. →Mell oder K.H. →Waggerl. der am Vortag der Volksabstimmung über den „Anschluss“ (10.4.1938) zur Abgabe der „Ja“-Stimme aufrief, vollzog sich die Anpassung weitaus unproblematischer – in beide Richtungen: Sie waren auch nach 1945 äußerst erfolgreich.

In dem vom Bund deutscher Schriftsteller hg. #Bekenntnisbuch österr. Dichter# (1938) äußerten sich neben ihnen zahlreiche andere, bis dahin z. T. noch weniger bekannte Autor/innen mit Salzburg-Bezug positiv über das Hitler-Regime: u.a. R. →Billinger, E. →Blaas, H. →Deißinger, E. →Landgrebe, Erwin Herbert Rainalter (1892-1960) und K. →Springenschmid. Letzterer war als Leiter des Salzburger Schulwesens und NS-Lehrerbundes Hauptakteur der Bücherverbrennung am Residenzplatz vom 30.4.1938, bei der klerikale und jüdische Druckwerke vernichtet wurden.

Augustin Ableitner (1886-1972) veröffentlichte unter dem Pseud. Blasi im #Salzburger Volksblatt# NS-politische Agitationslyrik (publ. 1939 im Verlag Bergland-Buch: #Peggy, mein schnaubendes Pferd…#). Neben Josef Weinheber bot das Blatt auch „Feiertags- und Konjunkturschriftstellern“ (G. Kerschbaumer) wie Loni Seitz-Ransmayr (1898–1980) oder Otto Pflanzl (1865–1943) Raum. Anlässlich eines Empfangs Hitlers am 6.4.1938 in der Residenz trug der Heimat- u. Mundartdichter Pflanzl ein Lobgedicht vor, das „dem liabn Führer“ gewidmet war. Neben den bereits genannten stellten sich auch zahlreiche andere Autor/innen in den Dienst des Hakenkreuzes, u.a. B. →Breitner, F. →Löser u. Konrad Nusko (1898-1981).

Lit.:

  • K. Müller: Die Vernichtung des „undeutschen“ Geistes. Theater und Literatur im Dienste des Nationalsozialismus. In: S. Veits-Falk, E. Hanisch (Hg.): Herrschaft und Kultur (Die Stadt Salzburg im Nationalsozialismus, Bd. 4). Salzburg 2013.
  • Literatur in Österreich 1938–1945. Handbuch eines literarischen Systems. Wien u.a. 2008.
  • U. Baur, K. Gradwohl-Schlacher u.a. (Hg.): Macht – Literatur – Krieg. Österreichische Literatur im Nationalsozialismus. Wien u.a. 1998.
  • G. Kerschbaumer: Faszination Drittes Reich. Kunst und Alltag der Kulturmetropole Salzburg. Salzburg o.J. [1988].

B.J.