Ranggeln: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ranggeln'''.
 
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Ländlicher Kampfsport, Kampfspiel mit fest geregelten Austragungsbestimmungen. Im 18. Jh. im Pinzgau noch von Sennern und Knechten an vielen Orten geübt. Im 19. Jh. in der Urslau bei Hochfilzen am Laurentiustag, am Hundsstein am Jakobstag, 14 Tage vor Michaeli auf der Schlägerstätte im Brixental, sowie am Filzensattel. Die Alpenvereinssektion verlegte das Ranggeln bereits in den 1870ern auf die Schmittenhöhe und veranstaltete am dritten Sonntag im August das Ranggelfest, unterstützt von der Gesellschaft für Landeskunde; seither als Sportart organisiert, heute mit mehreren Jugend- und allgem. Klassen. Die Ringer müssen mit bestimmten Griffen und Würfen, in vorgeschriebener Kleidung (Leinenhemd, weite Hose) und Zeit, auf bestimmten eingefriedeten Plätzen den Gegner mit beiden Schultern auf den Boden zwingen. Das R. wird auf höfische Sportarten zurückgeführt, u.a. auf die älteste Darstellung von 1390, die wiederum dem »Fechtbuch« von Albrecht Dürers,1512, zugrunde liegen soll. Früheste Nennung von 1518, in einem Gebot verweigerte der Erzbischof für dieses Jahr den Siegespreis, wegen Raufereien im Vorjahr. Als R. auch in Tirol, Bayern, als »Ringen« in Kärnten, Steiermark und als »Schwingen« in der Schweiz vereinzelt erhalten. Spaur nennt es 1800 das vulgo »Hosenrecken« oder »Klopffechten« und vergleicht es mit den römischen Lucta. Wegen der Arbeitsgebräuche bis 1800 war es stets an kirchliche Feiertage gebunden. Zwischen 1880 und 1908 Wiederaufnahmen im Pinzgau und Pongau unter Anregung des Ö. Touristenclub; zw. 1919 und 1923/25 [sic] große R.-feste in Zell am See. Missbrauch und biologistisch-nationalistische Neudeutung während der NS-Zeit durch die »Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Volkskunde«. Heute organisiertes R. auf dem Hundstein zwischen Taxenbach und Maria Alm, am Jakobitag (25.7., Almfeiertag) bei dem durch Schiedsrichter (bez. »Schermtax« - schirmender Nadelbaum) der »Hagmoar« (der »Meier« der Umfriedung) als Landessieger ermittelt wird. Fortwirken der naturmythologischen Deutungen in der Literatur seit dem 20.Jh. Früher war der Siegespreis die »Schneidfeder« (Schneid = Mut) für den Hut. Seit 2010 als eine der »Gesellschaftlichen Praktiken in Salzburg« von der UNESCO-Kommission im Rahmen des Immateriellen Kulturerbes in Österreichs bewertet.
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Ländlicher Kampfsport, Kampfspiel mit fest geregelten Austragungsbestimmungen. Im 18. Jh. im Pinzgau noch von Sennern und Knechten an vielen Orten geübt. Im 19. Jh. in der Urslau bei Hochfilzen am Laurentiustag, am Hundsstein am Jakobstag, 14 Tage vor Michaeli auf der Schlägerstätte im Brixental, sowie am Filzensattel. Die Alpenvereinssektion verlegte das Ranggeln in den späten 1870ern auf die Schmittenhöhe und veranstaltete am dritten Sonntag im August das Ranggelfest, unterstützt von der Gesellschaft für Landeskunde; seither als Sportart organisiert, heute mit mehreren Jugend- und allgem. Klassen. Die Ringer müssen mit bestimmten Griffen und Würfen, in vorgeschriebener Kleidung (Leinenhemd, weite Hose) und Zeit, auf bestimmten eingefriedeten Plätzen den Gegner mit beiden Schultern auf den Boden zwingen. Das R. wird auf höfische Sportarten zurückgeführt, u.a. auf die älteste Darstellung von 1390, die wiederum dem »Fechtbuch« von Albrecht Dürer, 1512, zugrunde liegen soll. Früheste Nennung von 1518, in einem Gebot verweigerte der Erzbischof für dieses Jahr den Siegespreis, wegen Raufereien im Vorjahr. Als R. auch in Tirol, Bayern, als »Ringen« in Kärnten, Steiermark und als »Schwingen« in der Schweiz vereinzelt erhalten. Spaur nennt es 1800 das vulgo »Hosenrecken« oder »Klopffechten« und vergleicht es mit den römischen Lucta. Wegen der Arbeitsgebräuche bis 1800 war es stets an kirchliche Feiertage gebunden. Zwischen 1880 und 1908 Wiederaufnahmen im Pinzgau und Pongau unter Anregung des Ö. Touristenclub; zw. 1919 und 1923/25 [sic] große R.-feste in Zell am See. Missbrauch und biologistisch-nationalistische Neudeutung während der NS-Zeit durch die »Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Volkskunde«. Heute organisiertes R. auf dem Hundstein zwischen Taxenbach und Maria Alm, am Jakobitag (25.7., Almfeiertag) bei dem durch Schiedsrichter (bez. »Schermtax« - schirmender Nadelbaum) der »Hagmoar« (der »Meier« der Umfriedung) als Landessieger ermittelt wird. Fortwirken der naturmythologischen Deutungen in heimatkundlichen Literatur seit dem 20.Jh. Neben erzbischöflichen Besten wurde als Siegespreis die »Schneidfeder« (Schneid = Mut) für den Hut vergeben. Seit 2010 als "Immaterielles Kulturerbe Österreichs" von der UNESCO bewertet.
  
 
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Version vom 25. Juli 2018, 17:18 Uhr

Ranggeln.

Ländlicher Kampfsport, Kampfspiel mit fest geregelten Austragungsbestimmungen. Im 18. Jh. im Pinzgau noch von Sennern und Knechten an vielen Orten geübt. Im 19. Jh. in der Urslau bei Hochfilzen am Laurentiustag, am Hundsstein am Jakobstag, 14 Tage vor Michaeli auf der Schlägerstätte im Brixental, sowie am Filzensattel. Die Alpenvereinssektion verlegte das Ranggeln in den späten 1870ern auf die Schmittenhöhe und veranstaltete am dritten Sonntag im August das Ranggelfest, unterstützt von der Gesellschaft für Landeskunde; seither als Sportart organisiert, heute mit mehreren Jugend- und allgem. Klassen. Die Ringer müssen mit bestimmten Griffen und Würfen, in vorgeschriebener Kleidung (Leinenhemd, weite Hose) und Zeit, auf bestimmten eingefriedeten Plätzen den Gegner mit beiden Schultern auf den Boden zwingen. Das R. wird auf höfische Sportarten zurückgeführt, u.a. auf die älteste Darstellung von 1390, die wiederum dem »Fechtbuch« von Albrecht Dürer, 1512, zugrunde liegen soll. Früheste Nennung von 1518, in einem Gebot verweigerte der Erzbischof für dieses Jahr den Siegespreis, wegen Raufereien im Vorjahr. Als R. auch in Tirol, Bayern, als »Ringen« in Kärnten, Steiermark und als »Schwingen« in der Schweiz vereinzelt erhalten. Spaur nennt es 1800 das vulgo »Hosenrecken« oder »Klopffechten« und vergleicht es mit den römischen Lucta. Wegen der Arbeitsgebräuche bis 1800 war es stets an kirchliche Feiertage gebunden. Zwischen 1880 und 1908 Wiederaufnahmen im Pinzgau und Pongau unter Anregung des Ö. Touristenclub; zw. 1919 und 1923/25 [sic] große R.-feste in Zell am See. Missbrauch und biologistisch-nationalistische Neudeutung während der NS-Zeit durch die »Arbeitsgemeinschaft für Deutsche Volkskunde«. Heute organisiertes R. auf dem Hundstein zwischen Taxenbach und Maria Alm, am Jakobitag (25.7., Almfeiertag) bei dem durch Schiedsrichter (bez. »Schermtax« - schirmender Nadelbaum) der »Hagmoar« (der »Meier« der Umfriedung) als Landessieger ermittelt wird. Fortwirken der naturmythologischen Deutungen in heimatkundlichen Literatur seit dem 20.Jh. Neben erzbischöflichen Besten wurde als Siegespreis die »Schneidfeder« (Schneid = Mut) für den Hut vergeben. Seit 2010 als "Immaterielles Kulturerbe Österreichs" von der UNESCO bewertet.

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Literatur:

  • F. Freyherr v. Augustin: Das Pinzgau. Pesth 1844, S. 126f.
  • Wilhelm Schjerning: Die Pinzgauer. Stuttgart 1897,S. 58-60.
  • G. Heim: Hundstoa Ranggeln. Mythos, Kult, Tradition. Neukirchen am Großvenediger 2014.
  • I. Peter: Das Ranggeln im Pinzgau und verwandte Kampfformen in anderen Alpenländern. SH 3, 1981.
  • Spaur: Reise durch Oberdeutschland. 1. Bd., Salzburg 1800, S. 240.

U.K., M.J.G.