Hotel Europa: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hotel Europa''', erstes Hochhaus Salzburgs, erbaut 1956/57.
 
'''Hotel Europa''', erstes Hochhaus Salzburgs, erbaut 1956/57.
  
Nach Jahrzehnten der Bewertung als besonderen Schandfleck für das Stadtbild, seit den 1990er-Jahren verstärkt gegenläufige Auffassung, die dem eleganten Hotel-Solitär (59 Meter Höhe) als facettenreichem Symbol des Wiederaufbaus städtebauliche Bedeutung für den Bahnhofsvorplatz wie für den baulich ausufernden Norden der Stadt zubilligt. Architekt J. →Becvar erfüllte die wachsenden Verwertungswünsche seines Auftraggebers G. →Jung im ehemaligen Park des bombenzerstörten #Grand Hotel de l’Europe#, einem Hotelkomplex aus der Gründerzeit, →Gaststätten. Im Kontrast zu diesen Bauten steht der schlanke Baukörper der #aufgestellten Streichholzschachtel#: Eine schachbrettartige Fensteranordnung prägt die Nordfassade, die Horizontale der Brüstungsbänder mit den 13 Zimmergeschoßen dominiert die Stadtseite. Das Bundesdenkmalamt leitete 1995 auf Anregung der →Initiative Architektur ein Unterschutzstellungsverfahren ein, beugte sich aber einem Statiker-Gutachten, das dem Bau Abbruchreife attestierte; der Hauseigentümer erhielt schließlich das Hotel und sanierte es 1999 architektonisch wenig anspruchsvoll.
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Nach Jahrzehnten der Bewertung als besonderen Schandfleck für das Stadtbild, seit den 1990er-Jahren verstärkt gegenläufige Auffassung, die dem eleganten Hotel-Solitär (59 Meter Höhe) als facettenreichem Symbol des Wiederaufbaus städtebauliche Bedeutung für den Bahnhofsvorplatz wie für den baulich ausufernden Norden der Stadt zubilligt. Architekt J. →Becvar erfüllte die wachsenden Verwertungswünsche seines Auftraggebers G. →Jung im ehemaligen Park des bombenzerstörten #Grand Hotel de l’Europe#, einem Hotelkomplex aus der Gründerzeit (→Gaststätten). Im Kontrast zu diesen Bauten steht der schlanke Baukörper der #aufgestellten Streichholzschachtel#: Eine schachbrettartige Fensteranordnung prägt die Nordfassade, die Horizontale der Brüstungsbänder mit den 13 Zimmergeschoßen dominiert die Stadtseite. Das Bundesdenkmalamt leitete 1995 auf Anregung der →Initiative Architektur ein Unterschutzstellungsverfahren ein, beugte sich aber einem Statiker-Gutachten, das dem Bau Abbruchreife attestierte; der Hauseigentümer erhielt schließlich das Hotel und sanierte es 1999 architektonisch wenig anspruchsvoll.
 
Das Europa ist mit dem ersten Wohnhochhaus in Lehen (S. Karl →Huber, 1959) ein Kind der Hochhauseuphorie am Weg zur #Großstadt# (ab 100.000 Einwohner) und Zeichen der (Wieder-)Aufbaueuphorie der 1950er-Jahre. Dem folgenden gesellschaftlichen Wandel entsprach noch der Konsens zwischen Stadtplanung und Investoren 2002, dass der wirtschaftliche Wettbewerbsvorteil (Exklusivität bei Adresse und Ausblick) für den Bau eines Hochhauses zu wenig ist und eine besondere inhaltliche Bedeutung notwendig sei(Workshop #Bahnhof & Umgebung#). Der städtebaulich fragwürdige Hotelturm am Bahnhof (2017−19), der sich zwischen Hotel Europa und Neustadt an der Ecke Rainer-/St.-Julien-Straße schiebt, zeigt die Abkehr von solchen Differenzierungen, er steht mit der Verbauung der ehemaligen ÖBB-Gründe unter dem Paradigma kommerziell maximaler Ausreizung.
 
Das Europa ist mit dem ersten Wohnhochhaus in Lehen (S. Karl →Huber, 1959) ein Kind der Hochhauseuphorie am Weg zur #Großstadt# (ab 100.000 Einwohner) und Zeichen der (Wieder-)Aufbaueuphorie der 1950er-Jahre. Dem folgenden gesellschaftlichen Wandel entsprach noch der Konsens zwischen Stadtplanung und Investoren 2002, dass der wirtschaftliche Wettbewerbsvorteil (Exklusivität bei Adresse und Ausblick) für den Bau eines Hochhauses zu wenig ist und eine besondere inhaltliche Bedeutung notwendig sei(Workshop #Bahnhof & Umgebung#). Der städtebaulich fragwürdige Hotelturm am Bahnhof (2017−19), der sich zwischen Hotel Europa und Neustadt an der Ecke Rainer-/St.-Julien-Straße schiebt, zeigt die Abkehr von solchen Differenzierungen, er steht mit der Verbauung der ehemaligen ÖBB-Gründe unter dem Paradigma kommerziell maximaler Ausreizung.
  
 
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* N. Mayr: Hotel Europa. Josef Becvar - Salzburg (A) - 1957, in: [Initiative Architektur Salzburg 2002], www.nextroom.at/building.php?id=639 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
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* N. Mayr: Hotel Europa. Josef Becvar - Salzburg (A) - 1957. In: Initiative Architektur Salzburg 2002, www.nextroom.at/building.php?id=639 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
 
* N. Mayr: Verstehen Sie Bahnhof?. In: www.kunsttexte.de 2/2013 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
 
* N. Mayr: Verstehen Sie Bahnhof?. In: www.kunsttexte.de 2/2013 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
* Andreas Kapeller: Hotel de l’Europe, Salzburg 1997.
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* A. Kapeller: Hotel de l’Europe, Salzburg 1997.
 
* N. Mayr: Die #aufgestellte Streichholzschachtel#. Das Salzburger Hotel Europa als facettenreiches Symbol des Wiederaufbaues. In: Architektur & Bauforum, 1995, Nr. 176, S. 66–71.
 
* N. Mayr: Die #aufgestellte Streichholzschachtel#. Das Salzburger Hotel Europa als facettenreiches Symbol des Wiederaufbaues. In: Architektur & Bauforum, 1995, Nr. 176, S. 66–71.
  

Version vom 27. August 2018, 16:41 Uhr

Hotel Europa, erstes Hochhaus Salzburgs, erbaut 1956/57.

Nach Jahrzehnten der Bewertung als besonderen Schandfleck für das Stadtbild, seit den 1990er-Jahren verstärkt gegenläufige Auffassung, die dem eleganten Hotel-Solitär (59 Meter Höhe) als facettenreichem Symbol des Wiederaufbaus städtebauliche Bedeutung für den Bahnhofsvorplatz wie für den baulich ausufernden Norden der Stadt zubilligt. Architekt J. →Becvar erfüllte die wachsenden Verwertungswünsche seines Auftraggebers G. →Jung im ehemaligen Park des bombenzerstörten #Grand Hotel de l’Europe#, einem Hotelkomplex aus der Gründerzeit (→Gaststätten). Im Kontrast zu diesen Bauten steht der schlanke Baukörper der #aufgestellten Streichholzschachtel#: Eine schachbrettartige Fensteranordnung prägt die Nordfassade, die Horizontale der Brüstungsbänder mit den 13 Zimmergeschoßen dominiert die Stadtseite. Das Bundesdenkmalamt leitete 1995 auf Anregung der →Initiative Architektur ein Unterschutzstellungsverfahren ein, beugte sich aber einem Statiker-Gutachten, das dem Bau Abbruchreife attestierte; der Hauseigentümer erhielt schließlich das Hotel und sanierte es 1999 architektonisch wenig anspruchsvoll. Das Europa ist mit dem ersten Wohnhochhaus in Lehen (S. Karl →Huber, 1959) ein Kind der Hochhauseuphorie am Weg zur #Großstadt# (ab 100.000 Einwohner) und Zeichen der (Wieder-)Aufbaueuphorie der 1950er-Jahre. Dem folgenden gesellschaftlichen Wandel entsprach noch der Konsens zwischen Stadtplanung und Investoren 2002, dass der wirtschaftliche Wettbewerbsvorteil (Exklusivität bei Adresse und Ausblick) für den Bau eines Hochhauses zu wenig ist und eine besondere inhaltliche Bedeutung notwendig sei(Workshop #Bahnhof & Umgebung#). Der städtebaulich fragwürdige Hotelturm am Bahnhof (2017−19), der sich zwischen Hotel Europa und Neustadt an der Ecke Rainer-/St.-Julien-Straße schiebt, zeigt die Abkehr von solchen Differenzierungen, er steht mit der Verbauung der ehemaligen ÖBB-Gründe unter dem Paradigma kommerziell maximaler Ausreizung.

Lit.:

  • N. Mayr: Hotel Europa. Josef Becvar - Salzburg (A) - 1957. In: Initiative Architektur Salzburg 2002, www.nextroom.at/building.php?id=639 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
  • N. Mayr: Verstehen Sie Bahnhof?. In: www.kunsttexte.de 2/2013 (zuletzt besucht: 1.1.2018)
  • A. Kapeller: Hotel de l’Europe, Salzburg 1997.
  • N. Mayr: Die #aufgestellte Streichholzschachtel#. Das Salzburger Hotel Europa als facettenreiches Symbol des Wiederaufbaues. In: Architektur & Bauforum, 1995, Nr. 176, S. 66–71.

N.M.