Aperschnalzen: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Aperschnalzen''', Wettschnalzen mit Peitschen als Frühjahrsbrauch.
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[[Datei:MG aperschnalzen 65.-rupertigau-preisschnalzen 02.jpg|450px|miniatur|rechts|Preisschnalzen im Rupertigau]]
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'''Aperschnalzen''', Wettschnalzen mit Peitschen als Frühjahrsbrauch. Heute wird im historischen Rupertiwinkel sowie im Alpenvorland vom Stephanitag (26. Dezember) bis Faschingsdienstag geschnalzt.
  
Heute wird im historischen Rupertiwinkel sowie im Alpenvorland, vom Stephanitag (26.12.) bis Faschingsdienstag geschnalzt. „Rupertiwinkel“ ist die relativ junge Bezeichnung für jene Salzburger Gebiete um Saalach und Salzach, die nach dem Napoleonischen Krieg, 1816 (bis 1972) zum bayerischen Landkreis Laufen, Tittmoning und Waging wurden.  
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Rupertiwinkel ist die relativ junge Bezeichnung für jene Salzburger Gebiete um Saalach und Salzach, die nach dem Napoleonischen Krieg 1816 zum bayerischen Landkreis Laufen, Tittmoning und Waging wurden. Das Aperschnalzen ist aus der kunstvollen Handhabung der Peitschen entstanden, in Zeiten, in denen der Umgang mit Tieren den Alltag wesentlich bestimmte. Einzelne historische Belege weisen auf Geschicklichkeitsbräuche der Hirten und Fuhrleute im Frühling hin. Ältester Beleg von 1730 aus Gois. 1839 wurde in Bayern ein richterliches Schnalzverbot wegen Ruhestörung erlassen.
Das A. ist aus der kunstvollen Handhabung der Peitschen entstanden, in Zeiten, in denen der Umgang mit Tieren den Alltag wesentlich bestimmte. Einzelne historische Belege weisen auf Geschicklichkeitsbräuche der Hirten und Fuhrleute im Frühling hin. Ältester Beleg von 1730 aus Gois. 1839 wurde in Bayern ein richterliches Schnalzverbot wegen Ruhestörung erlassen. Salzburger Belege dokumentieren, dass zu Ehren von Persönlichkeiten (u.a. 1911) ebenfalls geschnalzt wurde und Schnalzerpassen an Trachtenfestzügen teilnahmen.
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Der Brauch des A. ist auf verschiedene Weise interpretiert und für nationale Zwecke naturkultisch instrumentalisiert worden (u.a. als „Lärmbrauch“ wie als „Frühlingsaufwecken“). Das Wort A. leitet sich von aprir ahd. = schneefrei ab.
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Salzburger Belege dokumentieren, dass zu Ehren von Persönlichkeiten (u.a. 1911) ebenfalls geschnalzt wurde und Schnalzerpassen an Trachtenfestzügen teilnahmen. Der Brauch des Aperschnalzens ist auf verschiedene Weise interpretiert (u.a. als naturkultischer „Lärmbrauch“, sowie als ein Frühlingsaufwecken – althochdeutsch ''aprir'' = schneefrei), aber auch für nationale Zwecke instrumentalisiert worden. Wiederaufnahmen begannen bald nach 1900 in stetem Austausch mit dem historischen Rupertiwinkel.
Wiederaufnahmen begannen bald nach 1900 in stetem Austausch mit dem historischen Rupertiwinkel. Seit der Mitte des 20.Jh.s finden Wettbewerbe statt, besonders das jährliche „Rupertigau-Preisschnalzen“ (2018 zum 61. mal) an dem ca. 1.600 Schnalzer und Schnalzerinnen (über 190 Vereine aus Salzburg und Bayern) beteiligt sind. Das A. wurde 2013 von der UNESCO als Immaterielles Kulturerbe bewertet.
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Heute wird mit einer „Goaßl“ (ahd. Geisla; Ross- bzw. Fuhrmanns-Peitsche mit kurzem Stiel und 3–6 m langem geflochtenen Hanfseil, an dessen Ende der „Bast“ knallt) kraftvoll beidhändig ein bestimmter Rhythmus geschnalzt. Der Übergang zur Überschallgeschwindigkeit erzeugt das Knallen. Geschnalzt wird in Passen (Gruppen) bis zu 9 Personen. Vor diesen steht der „Aufdreher“ und leitet das Schnalzen mit dem Ruf „aufdrahi, oani, zwoa, drei, dahin geht’s“ ein. Die Schnalzerpassen sind heute als Vereine organisiert. Vergleichbare Bräuche finden sich in weiten Teilen Europas.
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Seit der Mitte des 20.​ Jahrhunderts finden Wettbewerbe statt, besonders das jährliche Rupertigau-Preisschnalzen (2020 zum 67. Mal), an dem ca. 1.600 Schnalzer und Schnalzerinnen (über 190 Vereine aus Salzburg und Bayern) beteiligt sind. Das Aperschnalzen wurde 2013 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe bewertet. Heute wird mit einer ''Goaßl'' (althochdeutsch ''Geisla''; Ross- bzw. Fuhrmanns-Peitsche mit kurzem Stiel und 3–6 m langem geflochtenem Hanfseil, an dessen Ende der ''Bast'' knallt) kraftvoll beidhändig ein bestimmter Rhythmus geschnalzt. Der Übergang zur Überschallgeschwindigkeit erzeugt das Knallen. Geschnalzt wird in ''Passen'' (Gruppen) bis zu 9 Personen. Vor diesen steht der ''Aufdreher'' und leitet das Schnalzen mit dem Ruf „aufdrahi, oani, zwoa, drei, dahin geht’s“ ein. Die Schnalzerpassen sind heute als Vereine organisiert. Vergleichbare Bräuche finden sich in weiten Teilen Europas.
  
 
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* 50 Jahre Rupertigau-Preisschnalzen – Festschrift. Hrsg. von Schnalzervereinigung Rupertiwinkel e.V. 2004, S. 10.
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* 50 Jahre Rupertigau-Preisschnalzen – Festschrift. Hg. von Schnalzervereinigung Rupertiwinkel e.V. 2004, S. 10.
 
* H. Roth: Das Aperschnalzen. In: Schönere Heimat. Erbe und Auftrag 75, H. 1, München 1986, S. 277ff.
 
* H. Roth: Das Aperschnalzen. In: Schönere Heimat. Erbe und Auftrag 75, H. 1, München 1986, S. 277ff.
 
* G. Kapfhammer: Brauchtum in den Alpenländern. Ein lexikal. Führer. München Callway 1977, S. 22f.
 
* G. Kapfhammer: Brauchtum in den Alpenländern. Ein lexikal. Führer. München Callway 1977, S. 22f.

Aktuelle Version vom 15. Juli 2021, 16:20 Uhr

Preisschnalzen im Rupertigau

Aperschnalzen, Wettschnalzen mit Peitschen als Frühjahrsbrauch. Heute wird im historischen Rupertiwinkel sowie im Alpenvorland vom Stephanitag (26. Dezember) bis Faschingsdienstag geschnalzt.

Rupertiwinkel ist die relativ junge Bezeichnung für jene Salzburger Gebiete um Saalach und Salzach, die nach dem Napoleonischen Krieg 1816 zum bayerischen Landkreis Laufen, Tittmoning und Waging wurden. Das Aperschnalzen ist aus der kunstvollen Handhabung der Peitschen entstanden, in Zeiten, in denen der Umgang mit Tieren den Alltag wesentlich bestimmte. Einzelne historische Belege weisen auf Geschicklichkeitsbräuche der Hirten und Fuhrleute im Frühling hin. Ältester Beleg von 1730 aus Gois. 1839 wurde in Bayern ein richterliches Schnalzverbot wegen Ruhestörung erlassen.

Salzburger Belege dokumentieren, dass zu Ehren von Persönlichkeiten (u.a. 1911) ebenfalls geschnalzt wurde und Schnalzerpassen an Trachtenfestzügen teilnahmen. Der Brauch des Aperschnalzens ist auf verschiedene Weise interpretiert (u.a. als naturkultischer „Lärmbrauch“, sowie als ein Frühlingsaufwecken – althochdeutsch aprir = schneefrei), aber auch für nationale Zwecke instrumentalisiert worden. Wiederaufnahmen begannen bald nach 1900 in stetem Austausch mit dem historischen Rupertiwinkel.

Seit der Mitte des 20.​ Jahrhunderts finden Wettbewerbe statt, besonders das jährliche Rupertigau-Preisschnalzen (2020 zum 67. Mal), an dem ca. 1.600 Schnalzer und Schnalzerinnen (über 190 Vereine aus Salzburg und Bayern) beteiligt sind. Das Aperschnalzen wurde 2013 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe bewertet. Heute wird mit einer Goaßl (althochdeutsch Geisla; Ross- bzw. Fuhrmanns-Peitsche mit kurzem Stiel und 3–6 m langem geflochtenem Hanfseil, an dessen Ende der Bast knallt) kraftvoll beidhändig ein bestimmter Rhythmus geschnalzt. Der Übergang zur Überschallgeschwindigkeit erzeugt das Knallen. Geschnalzt wird in Passen (Gruppen) bis zu 9 Personen. Vor diesen steht der Aufdreher und leitet das Schnalzen mit dem Ruf „aufdrahi, oani, zwoa, drei, dahin geht’s“ ein. Die Schnalzerpassen sind heute als Vereine organisiert. Vergleichbare Bräuche finden sich in weiten Teilen Europas.

Lit.:

  • 50 Jahre Rupertigau-Preisschnalzen – Festschrift. Hg. von Schnalzervereinigung Rupertiwinkel e.V. 2004, S. 10.
  • H. Roth: Das Aperschnalzen. In: Schönere Heimat. Erbe und Auftrag 75, H. 1, München 1986, S. 277ff.
  • G. Kapfhammer: Brauchtum in den Alpenländern. Ein lexikal. Führer. München Callway 1977, S. 22f.
  • K. Adrian: Von Salzburger Sitt’ und Brauch. Österr. Schulbücherverlag Wien 1924, S. 95.
  • F. Zillner: Zur Volkskunde: Volkscharakter, Trachten, Bräuche, Sitten und Sagen. In: Die österr.-ungar. Monarchie in Wort und Bild. Bd Oberösterreich/Salzburg. Wien 1889, S. 442.

U.K.