Kinos in Salzburg: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Die Anzahl | + | [[Datei:Kino Filmvorführer Strasser.jpg|miniatur|Kino Abtenau 1991]] |
+ | Die Anzahl der '''Kinos in Salzburg''' hat sich in den letzten 60 Jahren, v.a. aufgrund veränderter Sehgewohnheiten, Konkurrenz durch Neue Medien, sinkender Akzeptanz des Films als eigenständiger Kunstgattung, stark verringert. | ||
− | Mit der vermutlich ersten Aufführung sogenannter | + | Mit der vermutlich ersten Aufführung sogenannter lebender Photographien am 5. Juli 1897 im Gasthof Mödlhamer in Salzburg-Stadt, zwei Jahre nach der Weltpremiere in Paris, fanden Vorläufer wie Spiegelkabinette, Laternae Magicae und Panoramen ein Ende. Zudem erhielten die dampfgetriebenen Zeltkinos ein festes Zuhause. Nachdem die Behörden Filmvorführungen in Sälen gestatteten, ließ sich 1905 F. X. Frieds '''Original-Elektro-Biograph''' im Kasererbräu (heute '''Mozartkino''') nieder, 1907 das '''Elektra''' im Hotel Pitter (Betreiber: Bernhard Girstenbrey von Steinfeld). |
− | Die Stummfilme wurden von Ansagern oder Klavierspielern begleitet | + | [[Datei:Kino - Lifka's Grand Theatre Electrique - InvNr BIB PLA 09818.jpg|miniatur|Lifka's Grand Theatre Electrique]] |
− | Bis 1914 gab es in der Stadt Salzburg nur drei Kinos – das '''Lifka''' ( | + | Die Stummfilme wurden von Ansagern oder Klavierspielern begleitet; einer war [[Herbert von Karajan]], der mit 17 Jahren 1925 im Stummfilmkino Berchtesgaden seine Karriere begann. Bis 1914 gab es in der Stadt Salzburg nur drei Kinos – das '''Lifka''' (1910, mit Zweigstelle im Hotel Mirabell), das '''Central''' (1912) und das '''Mozart''' (1908). 1926 kam das '''Schubert''' in Gnigl hinzu, die '''Kammerlichtspiele Mirabell''' und 1927 Franz Wolfs '''Lichtspielhaus Maxglan''', mit 600 Thonet-Sesseln das zweitgrößte Kino Österreichs. Auch das Land entdeckte den Film – 1925 erblickte ein Theatersaal in Lofer das Filmlicht, in Tamsweg war es 1934 ein ehemaliger Pferdestall von Graf Kuenburg; in Bischofshofen eröffnete der Lokführersohn Otto Madl 1928 ein Stummfilmkino. Kurz danach revolutionierte der Tonfilm das Kino und zwang zu Umbauten. Als erstes Kino in Salzburg-Stadt verfügte das Mirabell über ein ''Western Electric Sound System''. Bis zum „Anschluss“ 1938 hatten in Salzburg 24 Kinos mit 7.500 Sitzplätzen eröffnet. Manche erhielten die Handschrift bedeutender Architekten – etwa von [[Wunibald Deininger]] (Stadtkino Hallein). Robert Kotas, bedeutendster Filmarchitekt Österreichs, baute 1950 mit [[Josef Hawranek]] das '''Stadtkino''' Salzburg. |
− | Das Filmangebot hatte bis Mitte der 1920er Jahre aus französischen Lustspielen und Dramen bestanden, danach protegierten Sperren heimische Produktionen. 1938 war eine Zäsur | + | Das Filmangebot hatte bis Mitte der 1920er-Jahre aus französischen Lustspielen und Dramen bestanden, danach protegierten Sperren heimische Produktionen. 1938 war eine Zäsur: Amerikanische Produktionen verschwanden gänzlich und „Gaufilmzüge“ verbreiteten NS-Filmpropaganda; Minister Goebbels trachtete, die Kinobetriebe zu „entjuden“. Die Anzahl der „Filmtempel“ stieg, das Fremdwort „Kino“ wurde zu „Lichtspiele“, Programm und Betrieb durch die Reichsfilmkammer „gleichgeschaltet“, der Filmvorführer hieß „Bildwurfmeister“. Das Medium Film boomte (Verkauf von über 1 Milliarde Kinokarten pro Jahr im Deutschen Reich); 1942 wurden in Salzburg 1,5 Millionen Kinokarten abgesetzt, davon 33.000 im neuen Kino im Festspielhaus (ab Mai 1941, 1.320 Sitzplätze), Salzburgs Luxuskino für Ur- und Erstaufführungen. Die Gewalt der Gestapo bekam die Miteigentümerin der Lifka-Lichtspiele, Katharina Prizowsky, zu spüren, die verhaftet und zur Veräußerung ihrer Geschäftsanteile gezwungen wurde. Einige Kinos stellten im November 1944 ihre Tätigkeit ein, das Mozart-Kino am 16. Oktober durch einen Bombentreffer. Ins Kino konnte man bis 3. Mai 1945 gehen, dem Vortag der Übergabe der Stadt Salzburg an die US-Truppen. |
− | Die Filmsektion des ISB (= Information Services Branch) der US-Armee (Sitz | + | Die Filmsektion des ISB (= Information Services Branch) der US-Armee (Sitz Salzburg) sollte zur bestimmenden Kraft des Filmgeschehens in der US-Zone werden. Das Festspielhaus wurde ab 18. Juli 1945 zum Soldatenkino – dem '''Roxy-Theater''' (bis 1947, danach Übersiedlung ins Lifka). Von 51 Kinos in Salzburg und Oberösterreich waren durch Kriegseinwirkung elf zerstört worden, darunter das Mirabell-Kino (1950) und das Central (1957 wiedereröffnet). 1946 gingen die Salzburger 1,5 Millionen Mal ins Kino, diese Zahl sollte sich bis 1956 mehr als verdoppeln. Der Preis: 1 Schilling. Die Kinos standen im Dienst der „Re-Education“, als sie den US-Film ''Die Todesmühlen'' über die Gräuel der Konzentrationslager zeigten. 1948 eröffnete das provisorisch im Turnsaal der ausgebombten Plainschule gegründete '''Das neue Kino''' von Alfred und Else Morawetz, in der St. Julien-Straße 5 als '''Elmo-Kino''' das erste Großkino Österreichs. 1949 sperrte das Stadt-Kino mit der ersten CinemaScope Leinwand Salzburgs (1950), an der Stelle des zerbombten Museumsgebäudes, auf. Das '''Nonstop-Kino''' spielte von 8–23 Uhr Wochenschauen, Werbefilme und Cartoons. 1950 öffnete das Mozart-Kino unter Maria Stubhan in der Kaigasse neu. 1952 startete das 1.000 Personen fassende '''Soldatenkino''' im Camp Roeder, nach den Amerikanern weitergeführt von Morawetz und Oberrauch als '''Soldaten-Kino Siezenheim Oberrauch & Co'''. |
− | Der Unmut gegen den wieder aktiven Regisseur | + | Der Unmut gegen den wieder aktiven Regisseur Veit Harlan, Schöpfer des Hetzfilms ''Jud Süß'' (1940), entlud sich 1951 vor dem Elmo-Kino in Protesten von jüdischen DPs, Sozialisten und Kommunisten. Die Polizei setzte die Vorführung durch, schließlich setzte Kinobesitzer Morawetz, selbst ein NS-Verfolgter, den Film ab. |
− | + | Im Salzburger Stadtgebiet spielten 1955 das Schubert, die Kammerlichtspiele Mirabell, das Maxglan, das Stadtkino, das Kino Itzling, das Josefiau-Kino und das Roxy (im Festspielhaus). Im Süden der Stadt spielten Glasenbach und Grödig, sechs Wanderkinos bereisten kinolose Orte. | |
− | + | Das Kino erlebte im Vor-TV-Zeitalter seine letzte Hochblüte. In vielen Orten spielten Kinos, etwa in Abtenau, Altenmarkt, [[Bad Gastein]], Bad Hofgastein, Bischofshofen, Bramberg, Bruck, Bürmoos, Elsbethen, Golling, Grödig, Hallein, Henndorf, Kaprun, Köstendorf, Kuchl, Lend, Lofer, Mariapfarr, Mattsee, Mauterndorf, Mittersill, Mühlbach, Neumarkt, Oberndorf, Radstadt, Rauris, Saalbach, Saalfelden, St. Gilgen, St. Johann, St. Michael, Schwarzach, Seekirchen, Straßwalchen, Strobl, Tamsweg, Taxenbach, Wagrain, Wals, Werfen, Zederhaus und [[Zell am See]]. Diese Reihe (ergänzt durch elf weitere Kinos in der Stadt) spiegelt die einstige Breite wider, verdeutlicht auch den Verlust seit der Kinokrise ab 1960. Es erwischte Stadtteilkinos wie das erst 1957 eröffnete Aiglhof-Kino genauso wie Betriebe am Land. Neue Konzepte wie das '''Cine-Stereo-Dancing Hexenturm''' als Kombination von Tanz- und Kinopalast beim Elmo-Kino funktionierten nur kurz. 1969 wurde das Nonstop-Kino in '''Artis''' umbenannt und von der Aktion ''Der Gute Fil'' mit Prädikatstreifen programmiert. 1975 gaben Hans Brudl und Roman Würfl nach 23 Jahren das Halleiner '''Burgfried-Kino''' auf. In den 1980ern entstand im Elmo-Kino das erste Multiplex-Kino mit fünf Sälen, um der diversifizierten Nachfrage entgegenzukommen; 2012 wurde es geschlossen. Zwischen 1960 und 1977 schlossen über 700 Kinos in Österreich. | |
− | 1978 wurde ein Meilenstein in der Salzburger Kinokultur gesetzt: | + | 1978 wurde ein Meilenstein in der Salzburger Kinokultur gesetzt: '''[[Das Kino]]''', das Salzburger Filmkulturzentrum, eröffnete im ehemaligen Lifka Kino am Giselakai (Vorbild: Kommunales Kino, Frankfurt am Main). Hauptanliegen war es, dem Film als einflussreiches Medium des 20. Jahrhunderts eine eigene Präsentationsstätte zu geben. Ohne Subventionen war ein Betrieb nicht möglich, was für Klagen kommerzieller Kinos sorgte. In 40 Jahren wurden unzählige innovative, experimentelle und künstlerisch wertvolle Filme, Retrospektiven, Filmreihen und Festivals präsentiert. ''Das Kino'' ist auch Plattform für fremdsprachige Filme, den österreichischen Film sowie Veranstaltungsort für Vorträge, Schulfilmprogramme und Kinderfilme. Erster Geschäftsführer war bis 2016 Michael Bilic; seitdem ist Renate Wurm verantwortlich. Das zeitweise als Kino gewidmete ''Oval'' im Einkaufszentrum Europark spielt seit 2005 sein Filmprogramm in Kooperation mit ''Das Kino''. |
− | Im kommerziellen Salzburger Kino ging die Bereinigung weiter: Videotheken schossen aus dem Boden, 1988 wurde das letzte Logenkino, das Mirabell, behördlich gesperrt | + | Im kommerziellen Salzburger Kino ging die Bereinigung weiter: Videotheken schossen aus dem Boden, 1988 wurde das letzte Logenkino, das Mirabell, behördlich gesperrt; 1984 schloss das Stadtkino, 1986 als Veranstaltungsort für die [[Szene]] wiedereröffnet. In zehn Jahren waren die Salzburger Kinos von 37 auf 26 zurückgegangen, die Besucherzahl von 1,1 Millionen auf 780.000 (1987). Die Betreiber beklagten Sondersteuern, den Druck der Verleiher und die mangelnden Förderungen. Im selben Jahr starben die Kinopioniere Karl Oberrauch und Alfred Morawetz. |
− | + | 1998 verschärfte sich die Situation für die Stadtkinos neuerlich, als das '''Cineplexx'''-Großkino beim Salzburger Airportcenter mit zehn Sälen und 2.554 Sitzplätzen eröffnete (2016 modernisiert); 2001 eröffnete die dominierende Constantin Film Holding das ''Cineplexx Salzburg City'' auf dem Gelände einer alten Brotfabrik am Salzburger Hauptbahnhof mit 2.000 Sitzplätzen, das 2020 aufgelassen wurde. Auch auf dem Land ging der Trend zu technisch hochwertigen Multiplex-Kinos weiter: 2006 eröffnete das Dieselkino St. Johann, ein Betrieb der EWA Diesel in Graz, mit fünf Sälen und 800 Sitzplätzen. 2011 eröffnete ein weiterer Betrieb in Bruck an der Glocknerstraße. Die Folge: Die Zahl der Standorte sank, jene der Säle stieg. Trotz des Verlusts an Standorten sorgten die Multiplexe, die mit Doppel-Laserprojektionen, THX-Soundsystemen, einem breiten Filmangebot, Parkhäusern und Gastronomie auf Erlebnis setzen, für Kino-Besucher. | |
− | 2017 wurden in Salzburg 1,105 | + | Eines der letzten eigenständigen Kinos war die '''Lichtspiele Zell am See''', die 1919 aus einem 1902 gebauten Theatersaal entstanden und seit Jahrzehnten von Anny Mayer-Schönberger geführt werden. Durch Initiativen entstehen neue Kinos, etwa in Tamsweg (ohne Kino seit 1987), das im Schloss Kuenburg vorführt, oder, nach 42 Jahren Pause, jenes im historischen Stadtturm von Radstadt, das von ''DAS ZENTRUM Kulturverein Radstadt'' betrieben wird. |
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+ | 2017 wurden in Salzburg 1,105 Millionen Eintrittskarten verkauft, ein Minus von 7,6 % im Vergleich zum Vorjahr. Hundert Jahre, nachdem das Kino in Salzburg erstmals Einzug hielt, erreicht die Landeshauptstadt mit drei Betrieben wieder den Stand von vor 1914. | ||
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− | + | * C. Strasser: Die totale Illusion. In: P.F. Kramml, C. Kühberger (Hg.): Inszenierung der Macht. Salzburg 2011, S. 356–411. | |
− | + | * C. Strasser: Klein-Hollywood aus Schutt und Asche – In: R. Kriechbaumer (Hg.): Salzburg 1945–1955. Salzburg 1994, S. 241–256. | |
− | + | * C. Strasser et al.: Die Kinematographie im Land Salzburg (1895–1938). In: Hundert Jahre Film 1895–1995. Salzburg 1994, S. 181–190. | |
− | * | + | * M. Swoboda: Salzburger Kinos im Spiegel der Stadtgeschichte. Dipl. Salzburg 1992. |
− | + | * D. Maier: Kinobetriebe in Salzburg. Diss. Univ. Salzburg 1986. | |
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− | Ch. | + | Ch.St. |
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Aktuelle Version vom 8. Juni 2022, 11:08 Uhr
Die Anzahl der Kinos in Salzburg hat sich in den letzten 60 Jahren, v.a. aufgrund veränderter Sehgewohnheiten, Konkurrenz durch Neue Medien, sinkender Akzeptanz des Films als eigenständiger Kunstgattung, stark verringert.
Mit der vermutlich ersten Aufführung sogenannter lebender Photographien am 5. Juli 1897 im Gasthof Mödlhamer in Salzburg-Stadt, zwei Jahre nach der Weltpremiere in Paris, fanden Vorläufer wie Spiegelkabinette, Laternae Magicae und Panoramen ein Ende. Zudem erhielten die dampfgetriebenen Zeltkinos ein festes Zuhause. Nachdem die Behörden Filmvorführungen in Sälen gestatteten, ließ sich 1905 F. X. Frieds Original-Elektro-Biograph im Kasererbräu (heute Mozartkino) nieder, 1907 das Elektra im Hotel Pitter (Betreiber: Bernhard Girstenbrey von Steinfeld).
Die Stummfilme wurden von Ansagern oder Klavierspielern begleitet; einer war Herbert von Karajan, der mit 17 Jahren 1925 im Stummfilmkino Berchtesgaden seine Karriere begann. Bis 1914 gab es in der Stadt Salzburg nur drei Kinos – das Lifka (1910, mit Zweigstelle im Hotel Mirabell), das Central (1912) und das Mozart (1908). 1926 kam das Schubert in Gnigl hinzu, die Kammerlichtspiele Mirabell und 1927 Franz Wolfs Lichtspielhaus Maxglan, mit 600 Thonet-Sesseln das zweitgrößte Kino Österreichs. Auch das Land entdeckte den Film – 1925 erblickte ein Theatersaal in Lofer das Filmlicht, in Tamsweg war es 1934 ein ehemaliger Pferdestall von Graf Kuenburg; in Bischofshofen eröffnete der Lokführersohn Otto Madl 1928 ein Stummfilmkino. Kurz danach revolutionierte der Tonfilm das Kino und zwang zu Umbauten. Als erstes Kino in Salzburg-Stadt verfügte das Mirabell über ein Western Electric Sound System. Bis zum „Anschluss“ 1938 hatten in Salzburg 24 Kinos mit 7.500 Sitzplätzen eröffnet. Manche erhielten die Handschrift bedeutender Architekten – etwa von Wunibald Deininger (Stadtkino Hallein). Robert Kotas, bedeutendster Filmarchitekt Österreichs, baute 1950 mit Josef Hawranek das Stadtkino Salzburg.
Das Filmangebot hatte bis Mitte der 1920er-Jahre aus französischen Lustspielen und Dramen bestanden, danach protegierten Sperren heimische Produktionen. 1938 war eine Zäsur: Amerikanische Produktionen verschwanden gänzlich und „Gaufilmzüge“ verbreiteten NS-Filmpropaganda; Minister Goebbels trachtete, die Kinobetriebe zu „entjuden“. Die Anzahl der „Filmtempel“ stieg, das Fremdwort „Kino“ wurde zu „Lichtspiele“, Programm und Betrieb durch die Reichsfilmkammer „gleichgeschaltet“, der Filmvorführer hieß „Bildwurfmeister“. Das Medium Film boomte (Verkauf von über 1 Milliarde Kinokarten pro Jahr im Deutschen Reich); 1942 wurden in Salzburg 1,5 Millionen Kinokarten abgesetzt, davon 33.000 im neuen Kino im Festspielhaus (ab Mai 1941, 1.320 Sitzplätze), Salzburgs Luxuskino für Ur- und Erstaufführungen. Die Gewalt der Gestapo bekam die Miteigentümerin der Lifka-Lichtspiele, Katharina Prizowsky, zu spüren, die verhaftet und zur Veräußerung ihrer Geschäftsanteile gezwungen wurde. Einige Kinos stellten im November 1944 ihre Tätigkeit ein, das Mozart-Kino am 16. Oktober durch einen Bombentreffer. Ins Kino konnte man bis 3. Mai 1945 gehen, dem Vortag der Übergabe der Stadt Salzburg an die US-Truppen.
Die Filmsektion des ISB (= Information Services Branch) der US-Armee (Sitz Salzburg) sollte zur bestimmenden Kraft des Filmgeschehens in der US-Zone werden. Das Festspielhaus wurde ab 18. Juli 1945 zum Soldatenkino – dem Roxy-Theater (bis 1947, danach Übersiedlung ins Lifka). Von 51 Kinos in Salzburg und Oberösterreich waren durch Kriegseinwirkung elf zerstört worden, darunter das Mirabell-Kino (1950) und das Central (1957 wiedereröffnet). 1946 gingen die Salzburger 1,5 Millionen Mal ins Kino, diese Zahl sollte sich bis 1956 mehr als verdoppeln. Der Preis: 1 Schilling. Die Kinos standen im Dienst der „Re-Education“, als sie den US-Film Die Todesmühlen über die Gräuel der Konzentrationslager zeigten. 1948 eröffnete das provisorisch im Turnsaal der ausgebombten Plainschule gegründete Das neue Kino von Alfred und Else Morawetz, in der St. Julien-Straße 5 als Elmo-Kino das erste Großkino Österreichs. 1949 sperrte das Stadt-Kino mit der ersten CinemaScope Leinwand Salzburgs (1950), an der Stelle des zerbombten Museumsgebäudes, auf. Das Nonstop-Kino spielte von 8–23 Uhr Wochenschauen, Werbefilme und Cartoons. 1950 öffnete das Mozart-Kino unter Maria Stubhan in der Kaigasse neu. 1952 startete das 1.000 Personen fassende Soldatenkino im Camp Roeder, nach den Amerikanern weitergeführt von Morawetz und Oberrauch als Soldaten-Kino Siezenheim Oberrauch & Co.
Der Unmut gegen den wieder aktiven Regisseur Veit Harlan, Schöpfer des Hetzfilms Jud Süß (1940), entlud sich 1951 vor dem Elmo-Kino in Protesten von jüdischen DPs, Sozialisten und Kommunisten. Die Polizei setzte die Vorführung durch, schließlich setzte Kinobesitzer Morawetz, selbst ein NS-Verfolgter, den Film ab. Im Salzburger Stadtgebiet spielten 1955 das Schubert, die Kammerlichtspiele Mirabell, das Maxglan, das Stadtkino, das Kino Itzling, das Josefiau-Kino und das Roxy (im Festspielhaus). Im Süden der Stadt spielten Glasenbach und Grödig, sechs Wanderkinos bereisten kinolose Orte.
Das Kino erlebte im Vor-TV-Zeitalter seine letzte Hochblüte. In vielen Orten spielten Kinos, etwa in Abtenau, Altenmarkt, Bad Gastein, Bad Hofgastein, Bischofshofen, Bramberg, Bruck, Bürmoos, Elsbethen, Golling, Grödig, Hallein, Henndorf, Kaprun, Köstendorf, Kuchl, Lend, Lofer, Mariapfarr, Mattsee, Mauterndorf, Mittersill, Mühlbach, Neumarkt, Oberndorf, Radstadt, Rauris, Saalbach, Saalfelden, St. Gilgen, St. Johann, St. Michael, Schwarzach, Seekirchen, Straßwalchen, Strobl, Tamsweg, Taxenbach, Wagrain, Wals, Werfen, Zederhaus und Zell am See. Diese Reihe (ergänzt durch elf weitere Kinos in der Stadt) spiegelt die einstige Breite wider, verdeutlicht auch den Verlust seit der Kinokrise ab 1960. Es erwischte Stadtteilkinos wie das erst 1957 eröffnete Aiglhof-Kino genauso wie Betriebe am Land. Neue Konzepte wie das Cine-Stereo-Dancing Hexenturm als Kombination von Tanz- und Kinopalast beim Elmo-Kino funktionierten nur kurz. 1969 wurde das Nonstop-Kino in Artis umbenannt und von der Aktion Der Gute Fil mit Prädikatstreifen programmiert. 1975 gaben Hans Brudl und Roman Würfl nach 23 Jahren das Halleiner Burgfried-Kino auf. In den 1980ern entstand im Elmo-Kino das erste Multiplex-Kino mit fünf Sälen, um der diversifizierten Nachfrage entgegenzukommen; 2012 wurde es geschlossen. Zwischen 1960 und 1977 schlossen über 700 Kinos in Österreich.
1978 wurde ein Meilenstein in der Salzburger Kinokultur gesetzt: Das Kino, das Salzburger Filmkulturzentrum, eröffnete im ehemaligen Lifka Kino am Giselakai (Vorbild: Kommunales Kino, Frankfurt am Main). Hauptanliegen war es, dem Film als einflussreiches Medium des 20. Jahrhunderts eine eigene Präsentationsstätte zu geben. Ohne Subventionen war ein Betrieb nicht möglich, was für Klagen kommerzieller Kinos sorgte. In 40 Jahren wurden unzählige innovative, experimentelle und künstlerisch wertvolle Filme, Retrospektiven, Filmreihen und Festivals präsentiert. Das Kino ist auch Plattform für fremdsprachige Filme, den österreichischen Film sowie Veranstaltungsort für Vorträge, Schulfilmprogramme und Kinderfilme. Erster Geschäftsführer war bis 2016 Michael Bilic; seitdem ist Renate Wurm verantwortlich. Das zeitweise als Kino gewidmete Oval im Einkaufszentrum Europark spielt seit 2005 sein Filmprogramm in Kooperation mit Das Kino.
Im kommerziellen Salzburger Kino ging die Bereinigung weiter: Videotheken schossen aus dem Boden, 1988 wurde das letzte Logenkino, das Mirabell, behördlich gesperrt; 1984 schloss das Stadtkino, 1986 als Veranstaltungsort für die Szene wiedereröffnet. In zehn Jahren waren die Salzburger Kinos von 37 auf 26 zurückgegangen, die Besucherzahl von 1,1 Millionen auf 780.000 (1987). Die Betreiber beklagten Sondersteuern, den Druck der Verleiher und die mangelnden Förderungen. Im selben Jahr starben die Kinopioniere Karl Oberrauch und Alfred Morawetz.
1998 verschärfte sich die Situation für die Stadtkinos neuerlich, als das Cineplexx-Großkino beim Salzburger Airportcenter mit zehn Sälen und 2.554 Sitzplätzen eröffnete (2016 modernisiert); 2001 eröffnete die dominierende Constantin Film Holding das Cineplexx Salzburg City auf dem Gelände einer alten Brotfabrik am Salzburger Hauptbahnhof mit 2.000 Sitzplätzen, das 2020 aufgelassen wurde. Auch auf dem Land ging der Trend zu technisch hochwertigen Multiplex-Kinos weiter: 2006 eröffnete das Dieselkino St. Johann, ein Betrieb der EWA Diesel in Graz, mit fünf Sälen und 800 Sitzplätzen. 2011 eröffnete ein weiterer Betrieb in Bruck an der Glocknerstraße. Die Folge: Die Zahl der Standorte sank, jene der Säle stieg. Trotz des Verlusts an Standorten sorgten die Multiplexe, die mit Doppel-Laserprojektionen, THX-Soundsystemen, einem breiten Filmangebot, Parkhäusern und Gastronomie auf Erlebnis setzen, für Kino-Besucher.
Eines der letzten eigenständigen Kinos war die Lichtspiele Zell am See, die 1919 aus einem 1902 gebauten Theatersaal entstanden und seit Jahrzehnten von Anny Mayer-Schönberger geführt werden. Durch Initiativen entstehen neue Kinos, etwa in Tamsweg (ohne Kino seit 1987), das im Schloss Kuenburg vorführt, oder, nach 42 Jahren Pause, jenes im historischen Stadtturm von Radstadt, das von DAS ZENTRUM Kulturverein Radstadt betrieben wird.
2017 wurden in Salzburg 1,105 Millionen Eintrittskarten verkauft, ein Minus von 7,6 % im Vergleich zum Vorjahr. Hundert Jahre, nachdem das Kino in Salzburg erstmals Einzug hielt, erreicht die Landeshauptstadt mit drei Betrieben wieder den Stand von vor 1914.
Lit.:
- C. Strasser: Die totale Illusion. In: P.F. Kramml, C. Kühberger (Hg.): Inszenierung der Macht. Salzburg 2011, S. 356–411.
- C. Strasser: Klein-Hollywood aus Schutt und Asche – In: R. Kriechbaumer (Hg.): Salzburg 1945–1955. Salzburg 1994, S. 241–256.
- C. Strasser et al.: Die Kinematographie im Land Salzburg (1895–1938). In: Hundert Jahre Film 1895–1995. Salzburg 1994, S. 181–190.
- M. Swoboda: Salzburger Kinos im Spiegel der Stadtgeschichte. Dipl. Salzburg 1992.
- D. Maier: Kinobetriebe in Salzburg. Diss. Univ. Salzburg 1986.
Ch.St.