Bodo Hell: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hell, Bodo''', * Salzburg 15.3.1943, Schriftsteller, Film- u. Fotokünstler.
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[[Datei:RLT13 Bodo Hell (C) David Sailer.jpg|miniatur| Bodo Hell, Rauriser Literaturtage 2012]]
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Bodo '''Hell''', * 15. März 1943 in Salzburg; Schriftsteller, Film- und Fotokünstler, seit 9. August 2024 im oberösterreichisch-steirischen Dachsteingebiet vermisst. Studien an der [[Universität Mozarteum Salzburg|Universität Mozarteum]] (Orgel), an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Film und Fernsehen) und an der Universität Wien (Philosophie), lebte ab 1961 in Wien und später auch in Altenhof/NÖ; im Sommer arbeitete er ab den späten 1970er Jahren jeweils als Senn am Dachstein.
  
Studien am Mozarteum (Orgel), der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Film u. Fernsehen) u. der Univ. Wien (Philosophie). Lebt seit 1961 in Wien; im Sommer arbeitet er jeweils als Senn am Dachstein (Stmk.).
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In seinen multimedial angelegten Arbeiten richtet sich Hells Interesse v.a. auf alle Arten von Zeichen, die unsere zivilisatorische Existenz organisieren. Zunächst entstanden Bergerzählungen, die sich deutlich von der Gattungstradition absetzen: z.B. ''Dom Mischabel Hochjoch'' (1977), ''666'' (1987). Mit Texten wie ''Stadtschrift'' (1983) wandte sich Hell dem urbanen Lebensraum zu. Seine ausgedehnten, meist in kürzere Textblöcke gegliederten Prosa-Arbeiten, z.B. ''wie geht’s'' (1989), ''mittendrin'' (1994) und ''Tracht : Pflicht'' (2003), sind geprägt durch die Montage unterschiedlichster Diskurse: von sprachlichem Material aus der Alltags- und der Werbewelt, aus den Massenmedien und aus wissenschaftlichen Abhandlungen, aber auch aus der Überlieferung der ländlichen Bevölkerung. Texte wie ''Herbe Garbe, Weiberkittel. Von Heiligen, Pflanzen und Substanzen'' (2008) sowie ''Ritus und Rita. Neue Legenden und Liebeserklärungen'' (2017) beschäftigen sich überaus assoziations- und kenntnisreich mit den in den jeweiligen Untertiteln genannten Themen und deren Wiedergabe in den unterschiedlichsten Diskursfeldern. Der Sammelband ''Kunstschrift. Verni-Midi-Finissagen (90 Positionen von Abramovic bis Zumthor)'' belegt die außerordentlich vielfältige Zusammenarbeit Hells mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern diverser Kunstrichtungen, auch außerhalb der Literatur.  
 
In seinen multimedial angelegten Arbeiten (neben Buchpubl. auch Arbeiten fürs Radio, Fotos, Film, Text-Musik-Performances, Ausstellungen) richtet sich H.s Interesse v.a. auf alle Arten von Zeichen, die unsere zivilisatorische Existenz organisieren. Zunächst entstanden Bergerzählungen, in denen sich die nüchterne Beschreibung der Gebirgstopographie und der menschlichen Bemühungen, sich darin zurechtzufinden, deutlich von der Gattungstradition absetzen: z.B. #Dom Mischabel Hochjoch# (1972), #666# (1987). Mit Texten wie #Stadtschrift# (1983) wandte sich H. dem urbanen Lebensraum zu und integrierte das im öffentlichen Kommunikationsraum vorgefundene Sprachmaterial in seine oft an musikalischen Gestaltungsprinzipien orientierten Arrangements von Sprache und fotografierten Zeichen.
 
 
H.s ausgedehnte, meist in kürzere Textblöcke gegliederte Prosa-Arbeiten, z.B. #wie geht’s# (1989), #mittendrin# (1994) u. #Tracht : Pflicht. Lese- & Sprechtexte# (2003) sind geprägt durch die Montage unterschiedlichster Diskurse: von sprachlichem Material aus der Alltags- und der Werbewelt, aus den Massenmedien und aus wissenschaftlichen Abhandlungen, aber auch aus der Überlieferung der ländlichen Bevölkerung. In seinen Theaterstücken fügt H. auf ähnliche Weise die Masse an Zeichen und Bedeutungsschemata, nun auf Sprecher verteilt, an- und gegeneinander, wobei sich hier wie in der Prosa aus dieser Sprach-Montage oft überraschende Beziehungen, Assoziationen und Bedeutungsanreicherungen ergeben: z.B. #Herr im Schlaf# (1995), #Tassen im Schrank# (1996), #Mohr im Hemd# (UA bei den →Rauriser Literaturtagen 2000). Neuere Texte: #Herbe Garbe, Weiberkittel. Von Heiligen, Pflanzen und Substanzen# (2008); #Ritus und Rita. Neue Legenden und Liebeserklärungen# (2017) u.a.
 
  
Filme u.a.: #1 Häufchen Blume 1 Häufchen Schuh# (Portrait Friederike Mayröcker, mit C. Tartarotti, 1990), #mobile stabile# (zur Autobahn im Gebirge, mit O. Schmiderer und H. Friedl, 1992), #Am Stein# (Leben im Hochgebirgssommer, mit O. Schmiderer, 1996), #Im Augenblick, die Historie und das Offene# (Ziegenfilm, mit A. Summereder u. O. Schmiderer, 2013).
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Weitere Texte: ''Untersberg Geschichten Grenzgänge Gangsteige'' (mit Walter Seitter und Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2012); ''Wilder Dachstein'' (mit Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2018), ''Auffahrt. Neue Hagiographien'' (2019); ''begabte Bäume'' (mit Zeichnungen von Linda Wolfgruber, 2023); ''Natur Aufnahme. Von Ziegen, Zaunammern und Zikaden'' (mit Martin Leitner und Georg Vogel, mit CD, 2023); außerdem Theaterstücke, z.B. ''Herr im Schlaf'' (1995), ''Tassen im Schrank'' (1996), ''Mohr im Hemd'' (Uraufführung bei den [[Rauriser Literaturtage]]n 2000).
  
Zahlr. Ausz., u.a. →Rauriser Literaturpreis 1972, Literaturpreis der Stadt Wien 1999, Preis der Literaturhäuser 2003, Telekom-Austria-Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur (Ingeborg-Bachmann-Preis) 2006, Heimrad-Bäcker-Preis 2017, Christine-Lavant-Preis 2017.
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Filme u.a.: ''1 Häufchen Blume 1 Häufchen Schuh'' (Porträt Friederike Mayröcker, mit Carmen Tartarotti, 1990), ''Am Stein'' (Leben im Hochgebirgssommer, mit Othmar Schmiderer, 1996), ''Im Augenblick. Die Historie und das Offene'' (Ziegenfilm, mit Angela Summereder und Othmar Schmiderer, 2013).
  
Lit.:
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Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. [[Rauriser Literaturpreis]] 1972, Literaturpreis der Stadt Wien 1999, Preis der Literaturhäuser 2003, Heimrad-Bäcker-Preis 2017, Christine-Lavant-Preis 2017, [[Großer Kunstpreis des Landes Salzburg]] 2019, Österreichischer Kunstpreis für Literatur 2023, Literaturpreis des Landes Steiermark 2024.
* M. Mittermayer: B.H. In: KLG.
 
* B. Steiner: B.H. Dipl.Arb. Univ. Wien 1999.
 
  
Ma.M.
 
  
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Literatur:
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* Manfred Mittermayer: Bodo Hell. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
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* Bettina Steiner: Bodo Hell. Dipl. ​Univ. Wien 1999.
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Ma.M.
  
 
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Aktuelle Version vom 26. August 2024, 18:08 Uhr

Bodo Hell, Rauriser Literaturtage 2012

Bodo Hell, * 15. März 1943 in Salzburg; Schriftsteller, Film- und Fotokünstler, seit 9. August 2024 im oberösterreichisch-steirischen Dachsteingebiet vermisst. Studien an der Universität Mozarteum (Orgel), an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Film und Fernsehen) und an der Universität Wien (Philosophie), lebte ab 1961 in Wien und später auch in Altenhof/NÖ; im Sommer arbeitete er ab den späten 1970er Jahren jeweils als Senn am Dachstein.

In seinen multimedial angelegten Arbeiten richtet sich Hells Interesse v.a. auf alle Arten von Zeichen, die unsere zivilisatorische Existenz organisieren. Zunächst entstanden Bergerzählungen, die sich deutlich von der Gattungstradition absetzen: z.B. Dom Mischabel Hochjoch (1977), 666 (1987). Mit Texten wie Stadtschrift (1983) wandte sich Hell dem urbanen Lebensraum zu. Seine ausgedehnten, meist in kürzere Textblöcke gegliederten Prosa-Arbeiten, z.B. wie geht’s (1989), mittendrin (1994) und Tracht : Pflicht (2003), sind geprägt durch die Montage unterschiedlichster Diskurse: von sprachlichem Material aus der Alltags- und der Werbewelt, aus den Massenmedien und aus wissenschaftlichen Abhandlungen, aber auch aus der Überlieferung der ländlichen Bevölkerung. Texte wie Herbe Garbe, Weiberkittel. Von Heiligen, Pflanzen und Substanzen (2008) sowie Ritus und Rita. Neue Legenden und Liebeserklärungen (2017) beschäftigen sich überaus assoziations- und kenntnisreich mit den in den jeweiligen Untertiteln genannten Themen und deren Wiedergabe in den unterschiedlichsten Diskursfeldern. Der Sammelband Kunstschrift. Verni-Midi-Finissagen (90 Positionen von Abramovic bis Zumthor) belegt die außerordentlich vielfältige Zusammenarbeit Hells mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern diverser Kunstrichtungen, auch außerhalb der Literatur.

Weitere Texte: Untersberg Geschichten Grenzgänge Gangsteige (mit Walter Seitter und Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2012); Wilder Dachstein (mit Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2018), Auffahrt. Neue Hagiographien (2019); begabte Bäume (mit Zeichnungen von Linda Wolfgruber, 2023); Natur Aufnahme. Von Ziegen, Zaunammern und Zikaden (mit Martin Leitner und Georg Vogel, mit CD, 2023); außerdem Theaterstücke, z.B. Herr im Schlaf (1995), Tassen im Schrank (1996), Mohr im Hemd (Uraufführung bei den Rauriser Literaturtagen 2000).

Filme u.a.: 1 Häufchen Blume 1 Häufchen Schuh (Porträt Friederike Mayröcker, mit Carmen Tartarotti, 1990), Am Stein (Leben im Hochgebirgssommer, mit Othmar Schmiderer, 1996), Im Augenblick. Die Historie und das Offene (Ziegenfilm, mit Angela Summereder und Othmar Schmiderer, 2013).

Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Rauriser Literaturpreis 1972, Literaturpreis der Stadt Wien 1999, Preis der Literaturhäuser 2003, Heimrad-Bäcker-Preis 2017, Christine-Lavant-Preis 2017, Großer Kunstpreis des Landes Salzburg 2019, Österreichischer Kunstpreis für Literatur 2023, Literaturpreis des Landes Steiermark 2024.


Literatur:

  • Manfred Mittermayer: Bodo Hell. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
  • Bettina Steiner: Bodo Hell. Dipl. ​Univ. Wien 1999.

Ma.M.