Salzburger Mundartliteratur: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Da das Bundesland Salzburg keine einheitliche Mundart mit markanten Kennzeichen hat, weil es von der Sprachgrenze zwischen mittelbairisch und südbairisch durchlaufen wird, ist es problematisch, von einer Salzburger Mundart (S. M.)als einem exakt beschreibbaren Sprachstand zu sprechen. Wohl kann man vom Selbstverständnis und vom Salzburger Bezug her Autoren zusammenfassend nennen, deren Werke allerdings mundartliche Varianten zeigen. Selten lebt ein Autor lebenslang in seinem Geburtsort; es wird die Kindheitsmundart oft vom Mundartraum eines späteren Lebensortes überformt: das kann in die S. M.führen oder aus ihr hinaus. Selbstverständlich gibt es keine thematischen Charakteristika, die eine sogenannte Salzburger Mundartdichtung von jener ihrer Nachbarmundarten abhebt. Die mundartliche Lyrik bestand seit ihren Anfängen in den Spruchformen von Schnadahüpfeln, Marterlsprüchen, Wetterregeln und Gaßlreimen sowie in den Gesangsformen von Spott-, Wildschützen- und Liebesliedern, überliefert ist diese mundartliche Lyrik fast nur in Liedersammlungen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die #Salzburger Volkslieder mit ihren Singweisen, gesammelt von V. M. →Süß# (1865). Daneben gab es geistliche Volksschauspiele, die vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jh.s besonders beliebt waren. Beispiele dafür sind das #Laufener Spiel von Adam und Eva#, das #Gasteiner Paradeisspiel#, das #Halleiner Judasspiel# und das #Brucker St.-Nikolaus-Spiel#. Unter den Passionsspielen sind die #Saalfeldner Passion#, die #Tamsweger Karfreitagsspiele# und die aus Altenmarkt stammende #Comedy vom jüngsten Gericht# zu nennen. Daneben kamen auch weltliche Volksschauspiele und Fastnachtstücke zur Aufführung, wie etwa das #Krimmler Hexenspiel#. Die dramatische Dichtung und ihre Tradition bestätigen literarisches Leben in den Gauen Salzburgs. In der ca. 160 Jahre umfassenden Spieltradition des Salzburger →Theaters der Benediktineruniv. entwickelten sich bereits im Laufe des 17. Jh.s komische volkssprachliche Einlagen in den lat. Dramen. Diese volkstümlichen Szenen in den einzelnen Akten wuchsen sich zunehmend zu zusammenhängenden kleinen Komödien in S. M. aus. Die wichtigsten Mundartdichter des 18. Jh.s waren demnach auch I. A. →Weiser mit seinem volkstümlichen Traumspiel mit Gesang #Der wachträumende König Riepel# und Pater F. →Reichssiegel (1735- 93), dessen dramatisches Schäfergedicht #Die Hochzeit auf der Alm# M. →Haydn vertonte und B. →Paumgartner neu bearbeitet zur Aufführung brachte. Im 19. Jh. steht die S. M. mit der oö. in einem gewissen Naheverhältnis; so waren z.B. die Mundartdichtungen F. →Stelzhamers Vorbild für S. →Wagner (Henndorf) und A. →Radnitzky (Mattsee); Radnitzky bezeichnete Stelzhamer als "D'Innviertlá-Nachtigall", sich selbst als "Fink von Mattsee". Darüber hinaus sind noch folgende Mundartdichter zu nennen, die allerdings ausschließlich traditionelle Gattungen in traditioneller Form pflegten: F. →Joly, J. Märzroth (= Moritz Barach, 1818-88), Bartholomäus Hutter (1823-73), Hugo Graf Lamberg (1833-84), Wilhelm Capilleri (1834-1905), R. v. →Freisauff (1848-1916) und Gustav Hinterhuber (1854-1932). | + | Da das Bundesland Salzburg keine einheitliche Mundart mit markanten Kennzeichen hat, weil es von der Sprachgrenze zwischen mittelbairisch und südbairisch durchlaufen wird, ist es problematisch, von einer Salzburger Mundart (S. M.)als einem exakt beschreibbaren Sprachstand zu sprechen. Wohl kann man vom Selbstverständnis und vom Salzburger Bezug her Autoren zusammenfassend nennen, deren Werke allerdings mundartliche Varianten zeigen. Selten lebt ein Autor lebenslang in seinem Geburtsort; es wird die Kindheitsmundart oft vom Mundartraum eines späteren Lebensortes überformt: das kann in die S. M. führen oder aus ihr hinaus. Selbstverständlich gibt es keine thematischen Charakteristika, die eine sogenannte Salzburger Mundartdichtung von jener ihrer Nachbarmundarten abhebt. Die mundartliche Lyrik bestand seit ihren Anfängen in den Spruchformen von Schnadahüpfeln, Marterlsprüchen, Wetterregeln und Gaßlreimen sowie in den Gesangsformen von Spott-, Wildschützen- und Liebesliedern, überliefert ist diese mundartliche Lyrik fast nur in Liedersammlungen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die #Salzburger Volkslieder mit ihren Singweisen, gesammelt von V. M. →Süß# (1865). Daneben gab es geistliche Volksschauspiele, die vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jh.s besonders beliebt waren. Beispiele dafür sind das #Laufener Spiel von Adam und Eva#, das #Gasteiner Paradeisspiel#, das #Halleiner Judasspiel# und das #Brucker St.-Nikolaus-Spiel#. Unter den Passionsspielen sind die #Saalfeldner Passion#, die #Tamsweger Karfreitagsspiele# und die aus Altenmarkt stammende #Comedy vom jüngsten Gericht# zu nennen. Daneben kamen auch weltliche Volksschauspiele und Fastnachtstücke zur Aufführung, wie etwa das #Krimmler Hexenspiel#. Die dramatische Dichtung und ihre Tradition bestätigen literarisches Leben in den Gauen Salzburgs. In der ca. 160 Jahre umfassenden Spieltradition des Salzburger →Theaters der Benediktineruniv. entwickelten sich bereits im Laufe des 17. Jh.s komische volkssprachliche Einlagen in den lat. Dramen. Diese volkstümlichen Szenen in den einzelnen Akten wuchsen sich zunehmend zu zusammenhängenden kleinen Komödien in S. M. aus. Die wichtigsten Mundartdichter des 18. Jh.s waren demnach auch I. A. →Weiser mit seinem volkstümlichen Traumspiel mit Gesang #Der wachträumende König Riepel# und Pater F. →Reichssiegel (1735- 93), dessen dramatisches Schäfergedicht #Die Hochzeit auf der Alm# M. →Haydn vertonte und B. →Paumgartner neu bearbeitet zur Aufführung brachte. Im 19. Jh. steht die S. M. mit der oö. in einem gewissen Naheverhältnis; so waren z.B. die Mundartdichtungen F. →Stelzhamers Vorbild für S. →Wagner (Henndorf) und A. →Radnitzky (Mattsee); Radnitzky bezeichnete Stelzhamer als "D'Innviertlá-Nachtigall", sich selbst als "Fink von Mattsee". Darüber hinaus sind noch folgende Mundartdichter zu nennen, die allerdings ausschließlich traditionelle Gattungen in traditioneller Form pflegten: F. →Joly, J. Märzroth (= Moritz Barach, 1818-88), Bartholomäus Hutter (1823-73), Hugo Graf Lamberg (1833-84), Wilhelm Capilleri (1834-1905), R. v. →Freisauff (1848-1916) und Gustav Hinterhuber (1854-1932). |
Die Mundartdichtung der Gegenwart überschreitet bei bestimmten Autoren jenen Traditionsbereich, in dem die bekannten Situationen und Themen klischeehaft wiederholt werden. Viele Mundartdichter von heute versuchen, mit Hilfe ihrer Sprache aktuelle Probleme ihrer unmittelbaren Umwelt auszudrücken. Hier scheint sich ein gangbarer Weg abzuzeichnen, der Erneuerung und Weiterleben der S. M. ermöglicht. Dies geschieht, wenn überhaupt, vorherrschend in der Form des Mundartgedichts. Theaterstücke und Mundartprosa sind seltener zu finden. Breit angelegte epische Werke, wie #Passio domini# von August Rettenbacher oder #Bauernheilige und nu ebbs um mi ummi# von Theodor Kürzl, sind Ausnahmen. | Die Mundartdichtung der Gegenwart überschreitet bei bestimmten Autoren jenen Traditionsbereich, in dem die bekannten Situationen und Themen klischeehaft wiederholt werden. Viele Mundartdichter von heute versuchen, mit Hilfe ihrer Sprache aktuelle Probleme ihrer unmittelbaren Umwelt auszudrücken. Hier scheint sich ein gangbarer Weg abzuzeichnen, der Erneuerung und Weiterleben der S. M. ermöglicht. Dies geschieht, wenn überhaupt, vorherrschend in der Form des Mundartgedichts. Theaterstücke und Mundartprosa sind seltener zu finden. Breit angelegte epische Werke, wie #Passio domini# von August Rettenbacher oder #Bauernheilige und nu ebbs um mi ummi# von Theodor Kürzl, sind Ausnahmen. |
Version vom 19. Februar 2018, 01:34 Uhr
Mundartliteratur, Salzburger.
Da das Bundesland Salzburg keine einheitliche Mundart mit markanten Kennzeichen hat, weil es von der Sprachgrenze zwischen mittelbairisch und südbairisch durchlaufen wird, ist es problematisch, von einer Salzburger Mundart (S. M.)als einem exakt beschreibbaren Sprachstand zu sprechen. Wohl kann man vom Selbstverständnis und vom Salzburger Bezug her Autoren zusammenfassend nennen, deren Werke allerdings mundartliche Varianten zeigen. Selten lebt ein Autor lebenslang in seinem Geburtsort; es wird die Kindheitsmundart oft vom Mundartraum eines späteren Lebensortes überformt: das kann in die S. M. führen oder aus ihr hinaus. Selbstverständlich gibt es keine thematischen Charakteristika, die eine sogenannte Salzburger Mundartdichtung von jener ihrer Nachbarmundarten abhebt. Die mundartliche Lyrik bestand seit ihren Anfängen in den Spruchformen von Schnadahüpfeln, Marterlsprüchen, Wetterregeln und Gaßlreimen sowie in den Gesangsformen von Spott-, Wildschützen- und Liebesliedern, überliefert ist diese mundartliche Lyrik fast nur in Liedersammlungen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die #Salzburger Volkslieder mit ihren Singweisen, gesammelt von V. M. →Süß# (1865). Daneben gab es geistliche Volksschauspiele, die vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jh.s besonders beliebt waren. Beispiele dafür sind das #Laufener Spiel von Adam und Eva#, das #Gasteiner Paradeisspiel#, das #Halleiner Judasspiel# und das #Brucker St.-Nikolaus-Spiel#. Unter den Passionsspielen sind die #Saalfeldner Passion#, die #Tamsweger Karfreitagsspiele# und die aus Altenmarkt stammende #Comedy vom jüngsten Gericht# zu nennen. Daneben kamen auch weltliche Volksschauspiele und Fastnachtstücke zur Aufführung, wie etwa das #Krimmler Hexenspiel#. Die dramatische Dichtung und ihre Tradition bestätigen literarisches Leben in den Gauen Salzburgs. In der ca. 160 Jahre umfassenden Spieltradition des Salzburger →Theaters der Benediktineruniv. entwickelten sich bereits im Laufe des 17. Jh.s komische volkssprachliche Einlagen in den lat. Dramen. Diese volkstümlichen Szenen in den einzelnen Akten wuchsen sich zunehmend zu zusammenhängenden kleinen Komödien in S. M. aus. Die wichtigsten Mundartdichter des 18. Jh.s waren demnach auch I. A. →Weiser mit seinem volkstümlichen Traumspiel mit Gesang #Der wachträumende König Riepel# und Pater F. →Reichssiegel (1735- 93), dessen dramatisches Schäfergedicht #Die Hochzeit auf der Alm# M. →Haydn vertonte und B. →Paumgartner neu bearbeitet zur Aufführung brachte. Im 19. Jh. steht die S. M. mit der oö. in einem gewissen Naheverhältnis; so waren z.B. die Mundartdichtungen F. →Stelzhamers Vorbild für S. →Wagner (Henndorf) und A. →Radnitzky (Mattsee); Radnitzky bezeichnete Stelzhamer als "D'Innviertlá-Nachtigall", sich selbst als "Fink von Mattsee". Darüber hinaus sind noch folgende Mundartdichter zu nennen, die allerdings ausschließlich traditionelle Gattungen in traditioneller Form pflegten: F. →Joly, J. Märzroth (= Moritz Barach, 1818-88), Bartholomäus Hutter (1823-73), Hugo Graf Lamberg (1833-84), Wilhelm Capilleri (1834-1905), R. v. →Freisauff (1848-1916) und Gustav Hinterhuber (1854-1932).
Die Mundartdichtung der Gegenwart überschreitet bei bestimmten Autoren jenen Traditionsbereich, in dem die bekannten Situationen und Themen klischeehaft wiederholt werden. Viele Mundartdichter von heute versuchen, mit Hilfe ihrer Sprache aktuelle Probleme ihrer unmittelbaren Umwelt auszudrücken. Hier scheint sich ein gangbarer Weg abzuzeichnen, der Erneuerung und Weiterleben der S. M. ermöglicht. Dies geschieht, wenn überhaupt, vorherrschend in der Form des Mundartgedichts. Theaterstücke und Mundartprosa sind seltener zu finden. Breit angelegte epische Werke, wie #Passio domini# von August Rettenbacher oder #Bauernheilige und nu ebbs um mi ummi# von Theodor Kürzl, sind Ausnahmen.
Bedeutende Vertreter dieses Genres in den Salzburger Gauen und der Stadt Salzburg:
- Pinzgau: u.a.
- Gerlinde Allmayer (* Mittersill 18. 6. 1958)
- Max Faistauer (* Lofer 19. 11. 1934)
- Theresia Oblasser (* Taxenbach 9. 3. 1941)
- Barbara Rettenbacher-Höllwerth (* Pfarrwerfen 25. 8. 1928)
- Pongau: u.a.
- Anton Aichhorn (* Großarl 15. 10. 1933)
- Elisabeth Beyer (Pseud. »Platten-Lisei«, * Pfarrwerfen 19. 3. 1913, † Schwarzach i. Pongau 8. 5. 1970)
- Nandl Pichler (* Werfen 28. 3. 1909, † Werfen 14. 12. 1983)
- Lungau: u.a.
- Fritz Messner (* St. Michael i. Lungau 14. 11. 1962)
- Cilli Pichler (* Tamsweg 1. 11. 1922, † Tamsweg 14. 6. 2011)
- Tennengau: u.a.
- Maria Lindenthaler (* St. Koloman 17. 12. 1940, † St. Koloman 21. 10. 2008)
- August Rettenbacher (* St. Koloman 30. 9. 1911, † Niedernsill 11. 8. 1999)
- Erika Rettenbacher (* Hallein 9. 10. 1945)
- Hermine Weixlbaumer-Zach (* Salzburg 20. 5. 1934, † Puch b. Hallein 28. 11. 2000)
- Flachgau: u.a.
- Walter Kraus, (* Weitwörth 21. 6. 1930, † Salzburg 14. 12. 1992)
- Theodor Kürzl (* Deggendorf/Bayern, 1892, † Salzburg 29. 9. 1985)
- Wolfgang Mayer (Henndorf a. Wallersee 16. 11. 1950, † Henndorf a. Wallersee 1989)
- Elisabeth Pollstätter (* Henndorf a. Wallersee 2. 5. 1946)
- Stadt Salzburg: u.a.
- A. →Grasmayr
- Erwin Rutzinger (* Salzburg 12. 4. 1924, † Salzburg 2. 10. 2013)
- Wilhelm J. Steiner (* Salzburg 7. 5. 1918, † Salzburg 24. 6. 1985)
- Max Stitz (* Salzburg 10. 8. 1928)
Eine Eigenart der S. M. soll hier noch erwähnt werden, nämlich die "Mundartmessen"; sie entstanden als besondere Form der Einbindung der "Landessprache" bei der Gestaltung der Messteile nach dem II. Vatikanischen Konzil. In allen Gauen Salzburgs sind Mundartmessen entstanden; z. B. #Großarler Bauernmesse#, #Henndorfer Mundartmesse#, #Bergmesse# (Lungau), #Hirten-Messe# und #Taugler Jagermeß#.
Der 1972 im Salzburger →Bildungswerk zur Förderung der Mundartautoren gegründete Arbeitskreis #Regionale Sprache und Literatur# betreut u. a. Schreibwerkstätten und die alle drei Jahre stattfindende #Henndorfer Einkehr# (seit 1973), das wichtigste Forum der S. M. Im Mundartarchiv in St. Koloman (gegr. 1967) werden Werke und Nachlässe von Flachgauer und Tennengauer Mundartdichtern gesammelt, das Niedernsiller Mundartarchiv (gegr. 2000) ist auf die Mundartdichtung des Pinzgaus, Pongaus und Lungaus spezialisiert. Neue Formen der S. M. werden durch Musikgruppen vermittelt, die kritische Dialekttexte mit avancierter Volksmusik verbinden wie z. B. die Lungauer #Querschläger# (1990; F. Messner) sowie durch Mundartrap und Dialekt Poetry Slam.
Mit dem #Walter-Kraus-Preis# wurde 1997 eine eigene Auszeichnung für S. Mundartautoren geschaffen. Bisherige Preisträger: Erwin Rutzinger, Barbara Rettenbacher-Höllwerth, Anton Aichhorn, Max Faistauer, Theresia Oblasser, Fritz Messner und Gerlinde Allmayer.
Lit.:
- SALZ 33 (2007), H. 129: Salzburger Dialektliteratur.
- Salzburger Dialektmosaik. Mundartdichtung aus Land und Stadt. Hg. v. M. Faistauer, P. Haudum et.al. Salzburg 2002.
- S. Salzmann: Salzburger Mundartliteratur. Wandel oder Kontinuität? Diplomarbeit Salzburg 2001.
- B. Rettenbacher-Höllwerth: Unsere Mundart zwischen Grasberg und Tauern. Salzburg 1992.
- A. Rettenbacher: Die Salzburger Mundartmessen. In: SH 8, H. 3, Nov. 1984, S. 133 ff.
H.H., S.B.