Gärten: Unterschied zwischen den Versionen

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Die geistliche Residenzstadt auf natürlich eingeengtem Raum besaß bis Ende des 16. Jh.s keine künstlerisch nennenswerten Anlagen. Nicht einmal →St. Peter hatte im MA. einen Konventsgarten innerhalb der Klausur (erst ab 2. H. 17. Jh.). Kleine Nutzgärten mit Heil- und Zierpflanzen sind im ma. Stadtgebiet und an den Stadtbergen wahrscheinlich, Obstbaum und Gemüsegärten außerhalb. Ausnahme war der Fron- oder Frauengarten der St.- Peters-Frauen zwischen Pfarrkirche (→Franziskanerkirche) und →Bürgerspital: als Nutz- und Ziergarten, im Frühjahr bis Georgi (23. April) »zu Kurzweil« öffentlich. Ab 1598 eb. Baugrund (Marstall, Reitschulen, Kollegium), Reste als →Botanischer Garten im 18./19. Jh. (jetzt Furtwängler-Garten), mit schönem Gingkobaum Mitte 19. Jh. Erst mit Eb. →Wolf Dietrich Anfänge von Gartenkunst, an ital. Spätrenaissance orientiert. 1603 Planung des »Hannibal-Gartens« (heute Makartplatz) für den Neffen; unvollendet abgetragen. 1606/07 »Giardino segreto« (»Dietrichsruh«) für →Residenz nördlich der Franziskanerkirche mit Grotte, Vogelhaus, Statuen, 1788 abgetragen. Gleichzeitig »Altenau« für Salome Alt jenseits der Salzach als »stiller Port«: Belvedere mit Innen- und Außengarten; im Blickfeld Kontrastsetzung von Gartenkunst und Stadtlandschaft; später als »Mirabellgarten« ausgebaut. →Hellbrunn entstand 1613-19 aus einem Wild-Garten, schon früh - 1421 - erwähnt, urspr. vergleichbar dem Sommersitz Eb. Kuen-Belasis (1560-86) in Rif. Der Hellbrunner Garten (verändert, wesentliche Teile erhalten) mit Wasserspielen und Automaten zitiert ital. Vorbilder. Exemplarisch salzburgische Eigenart: naturnahe, »wilde« Komponente (vgl. Steintheater); entsprechend die (nicht erhaltenen) Eremitorien als sakrale Ursprünglichkeit; andererseits mythologisch-pagane Scherze mit ernsten Antikenzitaten. Gemäßigter Ableger dieses Gartenstils war Petersbrunn zur Rekreation des St. Petrischen Konvents (ab 1635). Als Salzburger Barockgarten wird Mirabell beispielhaft. Ab 1687 Gestaltung durch →Fischer v. Erlach, ab 1709/10 Änderungen durch L. v. →Hildebrandt, dann M. →Diesel (1721-27); endgültige Form durch F. A. →Danreiter um 1730. Die Gartenachse quer zur Schloßfassade steigert den Point-de-vue großartig zu Dom und Festung. Insgesamt unbesorgt um streng frz. Reglement, vielmehr durch bewegte Skulpturen (mitsamt grotesk-komischem »Zwerglgarten«), phantasievollen Vasen und Balustraden ital. Gestus: eigene Stilsynthese zu körperhafter süddt. Heiterkeit. Am Wiener »Kaiserstil« orientierte Eb. →Johann Ernst Graf Thun das Fasanerieschloß →Kleßheim (→Fischer v. Erlach 1694 und 1700) und wählte eine ideale Ebene. Vom Schlosspark nichts original erhalten, doch Point-de-vue zielt auf Kapuzinerkloster, Salzburgs Lage als Fernbild fassend. Hübsche, moderate Anlagen bringt das 18. Jh. allenthalben, besonders bei den Ansitzen vor der Stadt: →Leopoldskron, Hellbrunner Villen, Röcklbrunn, Golden- und Blumenstein, Glanegg, Höfe im Gnigler Moos, am →Bürglstein u. a. Dies spiegelt sich in Lobpreisungen der Romantiker wider (Graf →Spaur 1834: »schönstes Bild eines wohlkultivirten… Gartens«; F. →Schubert 1825: »Garten… mit unzähligen Schlössern und Gütern«). Der Landschaftsgarten kommt salzburgischer Natur entgegen. Bedeutend: →Aigner Park, Minnesheim, Wolfegg. Fürst Hermann v. Pückler-Muskaus Phantasiepläne um Schloß Neuhaus (1849) scheiterten am fehlenden Kredit. »Zauberhafter« Inbegriff: das Wasserschloss →Anif als englisch-salzburgische Natursynthese (Park entstanden um 1800, 1840 umgestaltet) vor dem sagenumwobenen Untersberg. Ausläufer dieser Gartenkultur war der Itzlinger Besitz des Unternehmers C. v. →Schwarz, ab 1859 kunstbeflissen mit unzähligen Figuren ausstaffiert. Ambitioniert auch M. →Reinhardts Park in Leopoldskron Anfang des 20. Jh.s. Der Franz-Josephs-Park (1898), als Volksgarten aus Salzachauen gewonnen, bildet den Übergang zu demokratischen Bemühungen um »öffentliches Grün«.  
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Die geistliche Residenzstadt auf natürlich eingeengtem Raum besaß bis Ende des 16. Jh.s keine künstlerisch nennenswerten Anlagen. Nicht einmal →St. Peter hatte im MA. einen Konventsgarten innerhalb der Klausur (erst ab 2. H. 17. Jh.). Kleine Nutzgärten mit Heil- und Zierpflanzen sind im ma. Stadtgebiet und an den Stadtbergen wahrscheinlich, Obstbaum und Gemüsegärten außerhalb. Ausnahme war der Fron- oder Frauengarten der St.-Peters-Frauen zwischen Pfarrkirche (→Franziskanerkirche) und →Bürgerspital als Nutz- und Ziergarten, im Frühjahr bis Georgi (23. April) #zu Kurzweil# öffentlich. Ab 1598 eb. Baugrund (Marstall, Reitschulen, Kollegium), Reste als →Botanischer Garten im 18./19. Jh. (jetzt Furtwängler-Garten), mit schönem Gingkobaum Mitte 19. Jh. Erst mit Eb. →Wolf Dietrich Anfänge von Gartenkunst, an ital. Spätrenaissance orientiert. 1603 Planung des #Hannibal-Gartens# (heute Makartplatz) für den Neffen; unvollendet abgetragen. 1606/07 #Giardino segreto# (#Dietrichsruh#) für →Residenz nördlich der Franziskanerkirche mit Grotte, Vogelhaus, Statuen, 1788 abgetragen. Gleichzeitig #Altenau# für Salome Alt jenseits der Salzach als #stiller Port#: Belvedere mit Innen- und Außengarten; im Blickfeld Kontrastsetzung von Gartenkunst und Stadtlandschaft; später als #Mirabellgarten# ausgebaut (htge. Beetgestaltung 2. H. 20. Jh. – Rekonstruktion in Planung).
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→Hellbrunn entstand 1613-19 aus einem Wild-Garten, schon früh - 1421 - erwähnt, urspr. vergleichbar dem Sommersitz Eb. Kuen-Belasis (1560-86) in Rif. Der Hellbrunner Garten (verändert, wesentliche Teile erhalten) mit Wasserspielen und Automaten zitiert ital. Vorbilder. Exemplarisch salzburgische Eigenart: naturnahe, #wilde# Komponente (vgl. Steintheater); entsprechend die (nicht erhaltenen) Eremitorien als sakrale Ursprünglichkeit; andererseits mythologisch-pagane Scherze mit ernsten Antikenzitaten. Gemäßigter Ableger dieses Gartenstils war Petersbrunn zur Rekreation des St. Petrischen Konvents (ab 1635).  
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Als Salzburger Barockgarten wird Mirabell beispielhaft. Ab 1687 Gestaltung durch →Fischer v. Erlach, ab 1709/10 Änderungen durch L. v. →Hildebrandt, dann M. →Diesel (1721-27); endgültige Form durch F. A. →Danreiter um 1730. Die Gartenachse quer zur Schloßfassade steigert den Point-de-vue großartig zu Dom und Festung. Insgesamt unbesorgt um streng frz. Reglement, vielmehr durch bewegte Skulpturen (mitsamt grotesk-komischem #Zwerglgarten#), phantasievollen Vasen und Balustraden ital. Gestus: eigene Stilsynthese zu körperhafter süddt. Heiterkeit.  
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Am Wiener #Kaiserstil# orientierte Eb. →Johann Ernst Graf Thun das Fasanerieschloß →Kleßheim (→Fischer v. Erlach 1694 und 1700) und wählte eine ideale Ebene. Vom Schlosspark nichts original erhalten, doch Point-de-vue zielt auf Kapuzinerkloster, Salzburgs Lage als Fernbild fassend. Hübsche, moderate Anlagen bringt das 18. Jh. allenthalben, besonders bei den Ansitzen vor der Stadt: →Leopoldskron, Hellbrunner Villen, Röcklbrunn, Golden- und Blumenstein, Glanegg, Höfe im Gnigler Moos, am →Bürglstein u. a. Dies spiegelt sich in Lobpreisungen der Romantiker wider (Graf →Spaur 1834: „schönstes Bild eines wohlkultivirten… Gartens"; F. →Schubert 1825: Garten … mit unzähligen Schlössern und Gütern"). Der Landschaftsgarten kommt salzburgischer Natur entgegen. Bedeutend: →Aigner Park, Minnesheim, Wolfegg. Fürst Hermann v. Pückler-Muskaus Phantasiepläne um Schloß Neuhaus (1849) scheiterten am fehlenden Kredit. #Zauberhafter# Inbegriff: das Wasserschloss →Anif als englisch-salzburgische Natursynthese (Park entstanden um 1800, 1840 umgestaltet) vor dem sagenumwobenen Untersberg. Ausläufer dieser Gartenkultur war der Itzlinger Besitz des Unternehmers C. v. →Schwarz, ab 1859 kunstbeflissen mit unzähligen Figuren ausstaffiert. Ambitioniert auch M. →Reinhardts Park in Leopoldskron Anfang des 20. Jh.s. Der Franz-Josephs-Park (1898), als Volksgarten aus Salzachauen gewonnen, bildet den Übergang zu demokratischen Bemühungen um #öffentliches Grün#.  
  
 
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* E. Huber-Gasperi: Salzburger Gartenkunst des romantischen Historismus. Englische Gärten unter Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo (1772-1803/1812). Phil. Diss. Wien 2017.
 
* U. Nefzger: Die Gärten von St. Peter. In: AMK 1982, H. 180/181.
 
* U. Nefzger: Die Gärten von St. Peter. In: AMK 1982, H. 180/181.
 
* C. Gärtner: Der botanische Garten in Salzburg. Schriftenreihe des Stadtvereins 7, 1978.
 
* C. Gärtner: Der botanische Garten in Salzburg. Schriftenreihe des Stadtvereins 7, 1978.

Version vom 16. März 2018, 23:16 Uhr

Gärten.

Die geistliche Residenzstadt auf natürlich eingeengtem Raum besaß bis Ende des 16. Jh.s keine künstlerisch nennenswerten Anlagen. Nicht einmal →St. Peter hatte im MA. einen Konventsgarten innerhalb der Klausur (erst ab 2. H. 17. Jh.). Kleine Nutzgärten mit Heil- und Zierpflanzen sind im ma. Stadtgebiet und an den Stadtbergen wahrscheinlich, Obstbaum und Gemüsegärten außerhalb. Ausnahme war der Fron- oder Frauengarten der St.-Peters-Frauen zwischen Pfarrkirche (→Franziskanerkirche) und →Bürgerspital als Nutz- und Ziergarten, im Frühjahr bis Georgi (23. April) #zu Kurzweil# öffentlich. Ab 1598 eb. Baugrund (Marstall, Reitschulen, Kollegium), Reste als →Botanischer Garten im 18./19. Jh. (jetzt Furtwängler-Garten), mit schönem Gingkobaum Mitte 19. Jh. Erst mit Eb. →Wolf Dietrich Anfänge von Gartenkunst, an ital. Spätrenaissance orientiert. 1603 Planung des #Hannibal-Gartens# (heute Makartplatz) für den Neffen; unvollendet abgetragen. 1606/07 #Giardino segreto# (#Dietrichsruh#) für →Residenz nördlich der Franziskanerkirche mit Grotte, Vogelhaus, Statuen, 1788 abgetragen. Gleichzeitig #Altenau# für Salome Alt jenseits der Salzach als #stiller Port#: Belvedere mit Innen- und Außengarten; im Blickfeld Kontrastsetzung von Gartenkunst und Stadtlandschaft; später als #Mirabellgarten# ausgebaut (htge. Beetgestaltung 2. H. 20. Jh. – Rekonstruktion in Planung).

→Hellbrunn entstand 1613-19 aus einem Wild-Garten, schon früh - 1421 - erwähnt, urspr. vergleichbar dem Sommersitz Eb. Kuen-Belasis (1560-86) in Rif. Der Hellbrunner Garten (verändert, wesentliche Teile erhalten) mit Wasserspielen und Automaten zitiert ital. Vorbilder. Exemplarisch salzburgische Eigenart: naturnahe, #wilde# Komponente (vgl. Steintheater); entsprechend die (nicht erhaltenen) Eremitorien als sakrale Ursprünglichkeit; andererseits mythologisch-pagane Scherze mit ernsten Antikenzitaten. Gemäßigter Ableger dieses Gartenstils war Petersbrunn zur Rekreation des St. Petrischen Konvents (ab 1635).

Als Salzburger Barockgarten wird Mirabell beispielhaft. Ab 1687 Gestaltung durch →Fischer v. Erlach, ab 1709/10 Änderungen durch L. v. →Hildebrandt, dann M. →Diesel (1721-27); endgültige Form durch F. A. →Danreiter um 1730. Die Gartenachse quer zur Schloßfassade steigert den Point-de-vue großartig zu Dom und Festung. Insgesamt unbesorgt um streng frz. Reglement, vielmehr durch bewegte Skulpturen (mitsamt grotesk-komischem #Zwerglgarten#), phantasievollen Vasen und Balustraden ital. Gestus: eigene Stilsynthese zu körperhafter süddt. Heiterkeit.

Am Wiener #Kaiserstil# orientierte Eb. →Johann Ernst Graf Thun das Fasanerieschloß →Kleßheim (→Fischer v. Erlach 1694 und 1700) und wählte eine ideale Ebene. Vom Schlosspark nichts original erhalten, doch Point-de-vue zielt auf Kapuzinerkloster, Salzburgs Lage als Fernbild fassend. Hübsche, moderate Anlagen bringt das 18. Jh. allenthalben, besonders bei den Ansitzen vor der Stadt: →Leopoldskron, Hellbrunner Villen, Röcklbrunn, Golden- und Blumenstein, Glanegg, Höfe im Gnigler Moos, am →Bürglstein u. a. Dies spiegelt sich in Lobpreisungen der Romantiker wider (Graf →Spaur 1834: „schönstes Bild eines wohlkultivirten… Gartens"; F. →Schubert 1825: Garten … mit unzähligen Schlössern und Gütern"). Der Landschaftsgarten kommt salzburgischer Natur entgegen. Bedeutend: →Aigner Park, Minnesheim, Wolfegg. Fürst Hermann v. Pückler-Muskaus Phantasiepläne um Schloß Neuhaus (1849) scheiterten am fehlenden Kredit. #Zauberhafter# Inbegriff: das Wasserschloss →Anif als englisch-salzburgische Natursynthese (Park entstanden um 1800, 1840 umgestaltet) vor dem sagenumwobenen Untersberg. Ausläufer dieser Gartenkultur war der Itzlinger Besitz des Unternehmers C. v. →Schwarz, ab 1859 kunstbeflissen mit unzähligen Figuren ausstaffiert. Ambitioniert auch M. →Reinhardts Park in Leopoldskron Anfang des 20. Jh.s. Der Franz-Josephs-Park (1898), als Volksgarten aus Salzachauen gewonnen, bildet den Übergang zu demokratischen Bemühungen um #öffentliches Grün#.

Literatur:


  • E. Huber-Gasperi: Salzburger Gartenkunst des romantischen Historismus. Englische Gärten unter Fürsterzbischof Hieronymus Graf von Colloredo (1772-1803/1812). Phil. Diss. Wien 2017.
  • U. Nefzger: Die Gärten von St. Peter. In: AMK 1982, H. 180/181.
  • C. Gärtner: Der botanische Garten in Salzburg. Schriftenreihe des Stadtvereins 7, 1978.
  • F. Fuhrmann: Alte Gärten in Salzburg vom Barock zur Romantik (Schriftenreihe des SMCA Nr. 1). Salzburg 1958.
  • J. Leisching: Die Gärten Salzburgs. In: SMusBl. 3, 1925.
  • ÖKT, Bd. 13.

U.N.