Anglöckeln: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Anglöckeln''' oder '''Anklöckeln''',  
 
'''Anglöckeln''' oder '''Anklöckeln''',  
  
Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Bort, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jh. von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Franck's Weltbuch von 1534 (Tübingen). Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichehall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das A. (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegen Reformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), in Salzburg 1738 Mission im Gebirge. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, "Anhörbigen", "Hergottmacherleute", "Glöckibeten" bei K. →Adrian. Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen "Un- und Aberglauben".
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Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Bort, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jh. von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Franck's Weltbuch von 1534 (Tübingen). Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichehall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das A. (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegen Reformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), in Salzburg 1738 Mission im Gebirge. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, "Anhörbigen", "Hergottmacherleute", "Glöckibeten" (K. →Adrian 1924). Im 19. Jh.im Flachgau durch Bauernburschen (Matth. Koch 1846) Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen "Un- und Aberglauben".
Im 18 Jh. oft kombiniert mit oder ersetzt durch das Herbergsuchen und "Frautragen", speziell im Pongau ausgebildet; Frautrag-Bilder des 18. Jh.s erhalten, die den Gang der schwangeren Maria über das Gebirge zeigen oder die Quartiersuche vor dem Wirtshaus. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Kindergarten- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Seit den 1950er Jahren von der Legio Mariae oder den Frauengruppen organisierte Herbergsuche mit Marienbildern in den katholischen Pfarren. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Rasp eingeführt, nach einen alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →SMCA erhalten, wurde Vorbild.
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Im 18 Jh. oft kombiniert ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. →Frautragen. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Kindergarten- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Rasp eingeführt, nach einen alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →SMCA erhalten, wurde Vorbild.
 
→Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens.  
 
→Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens.  
  
 
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Lit.:
 
* H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, 121-140.
 
* H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, 121-140.
 
* D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, 651-666.
 
* D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, 651-666.

Version vom 26. Juli 2018, 10:57 Uhr

Anglöckeln oder Anklöckeln,

Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Bort, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jh. von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Franck's Weltbuch von 1534 (Tübingen). Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichehall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das A. (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegen Reformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), in Salzburg 1738 Mission im Gebirge. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, "Anhörbigen", "Hergottmacherleute", "Glöckibeten" (K. →Adrian 1924). Im 19. Jh.im Flachgau durch Bauernburschen (Matth. Koch 1846) Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen "Un- und Aberglauben". Im 18 Jh. oft kombiniert ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. →Frautragen. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Kindergarten- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Rasp eingeführt, nach einen alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →SMCA erhalten, wurde Vorbild. →Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens.

Lit.:

  • H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, 121-140.
  • D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, 651-666.
  • U. Kammerhofer-Aggermann: Klöpfelnächte und An(g)klöckeln. In: L. Luidold, U. Kammerhofer (Hg.): Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1 (= SBzVK 13), Salzburg 2002, 8 Seiten.

U.K.