Anglöckeln: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
'''Anglöckeln''' oder '''Anklöckeln''', | '''Anglöckeln''' oder '''Anklöckeln''', | ||
− | Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Sie werden mit Texten der Bergpredigt („Klopft an, so wird euch aufgetan“, Mt 7,7f) und dem Lukasevangelium (Lk 13,25 und Lk 13,26), wo es heißt: „die ihr draußen steht und an die Pforte zu klopfen beginnt und ruft: Herr mach uns auf!“ in Verbindung gesetzt. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, | + | Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Sie werden mit Texten der Bergpredigt („Klopft an, so wird euch aufgetan“, Mt 7,7f) und dem Lukasevangelium (Lk 13,25 und Lk 13,26), wo es heißt: „die ihr draußen steht und an die Pforte zu klopfen beginnt und ruft: Herr mach uns auf!“ in Verbindung gesetzt. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Brot, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jh. von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Franck’s Weltbuch von 1534 (Tübingen); Johannes Boemus erwähnt die „Klöpfelnächte“ um 1520 als städtischen Kinderbrauch, der mit Gaben entlohnt wird. Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichenhall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das A. (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegenreformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), im #Cathechismus Romanus# (1566) für die Priester als besonderes Anliegen empfohlen. Als Volksbrauch ist es seit dem 16. Jh. nachweisbar; in Salzburg Förderung durch die Mission im Gebirge 1738. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, „Anhörbigen“, „Hergottmacherleute“, „Glöckibeten“ (K. →Adrian, 1924). Im 19. Jh. im Flachgau durch Bauernburschen (Matth. Koch, 1846). Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen „Un- und Aberglauben“. |
Im 18 Jh. oft kombiniert bzw. ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. →Frautragen. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Vorschul- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Hermann Rasp eingeführt, nach einem alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →Salzburg Museum erhalten, wurde Vorbild. →Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens. | Im 18 Jh. oft kombiniert bzw. ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. →Frautragen. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Vorschul- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Hermann Rasp eingeführt, nach einem alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →Salzburg Museum erhalten, wurde Vorbild. →Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens. | ||
Version vom 24. Oktober 2018, 15:43 Uhr
Anglöckeln oder Anklöckeln,
Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Sie werden mit Texten der Bergpredigt („Klopft an, so wird euch aufgetan“, Mt 7,7f) und dem Lukasevangelium (Lk 13,25 und Lk 13,26), wo es heißt: „die ihr draußen steht und an die Pforte zu klopfen beginnt und ruft: Herr mach uns auf!“ in Verbindung gesetzt. Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Brot, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jh. von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Franck’s Weltbuch von 1534 (Tübingen); Johannes Boemus erwähnt die „Klöpfelnächte“ um 1520 als städtischen Kinderbrauch, der mit Gaben entlohnt wird. Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichenhall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das A. (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegenreformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), im #Cathechismus Romanus# (1566) für die Priester als besonderes Anliegen empfohlen. Als Volksbrauch ist es seit dem 16. Jh. nachweisbar; in Salzburg Förderung durch die Mission im Gebirge 1738. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, „Anhörbigen“, „Hergottmacherleute“, „Glöckibeten“ (K. →Adrian, 1924). Im 19. Jh. im Flachgau durch Bauernburschen (Matth. Koch, 1846). Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen „Un- und Aberglauben“. Im 18 Jh. oft kombiniert bzw. ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. →Frautragen. Ab dem 19. Jh. und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (R. →Wolfram). Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) A.-Brauch der Vorschul- und Schulkinder, sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer A. wurde 1925 vom Lehrer Hermann Rasp eingeführt, nach einem alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jh. im →Salzburg Museum erhalten, wurde Vorbild. →Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit →Glöcklern, oder →Perchten, sowie dem Klöcken, einer Form des →Aperschnalzens.
Lit.:
- U. Kammerhofer-Aggermann: Klöpfelnächte und An(g)klöckeln. In: L. Luidold, U. Kammerhofer (Hg.): Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1 (= SBzVK 13), Salzburg 2002, 8 Seiten.
- D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, S. 651–666.
- H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, S. 121–140.
U.K.