Hanswurst: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Hanswurst'''.
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'''Hanswurst, Hans Wurst'''.
  
1) Lungauer, Figur des Wiener Volkstheaters (Pulcinella, Pülcher), die die Tracht der Lungauer Sau- und Krautschneider aufnimmt. Vermutlich mit Bezug auf den bekannten Witz und die Bauernschläue der durch viele Nachbarländer ziehenden Wandergewerbetreibenden. Legendär verkörpert durch J. A. →Stranitzky, Schauspieler und Marionettenunternehmer, der 1712 das neugegründete Kärntnertortheater in Wien bespielte. Durch ihn erwuchs diese Figur des Mittelalters - verquickt mit dem Arlecchino der Commedia dell’arte und dem Pickelhäring der englischen Komödie - zu einer Institution des Wiener Volkstheaters. Erwähnung 1805 durch Graf →Spaur, der 1769 die Darstellung des H. durch den Schauspieler Gottfried Prehauser (Nachfolger Stranitzkys) im Wiener Hoftheater sah: damals bereits kurze rote Joppe, vielfärbiges Wams mit grünem Hosenträger und schwarze Hose (Trachtenform des frühen 18.Jh.s mit Relikten der Hanswurst- Kleidung). 1752 Hanswurst-Streit in Wien, Norma-Edikt Maria Theresias gegen das Extemporieren, das dem Weiterleben der Figur jedoch keinen Abbruch tat. Die Lungauer Hanswurst-Spiele führen diese Theaterfigur in Aufführungen fort. Der H. wurde zur Symbolfigur des 1976 wieder errichteten Rupertikirtages. →Märkte. 2) fröhlicher Vorläufer, Spiel- und Spaßmacher der --Schönperchten- und --Trestererumzüge als Rezeption des spätbarocken italienischen Arlecchino. Er trägt immer eine hohe Spitzkappe oder eine lange Zipfelmütze der Faschingsläufer sowie eine "Schlagwurst" (oder Pritsche). Sein Gewand kann am italienischen Rautenkostüm oder am einstigen weißen Arbeitsgewand orientiert sein.  
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Führende "Komische Person" (Buffo) des deutschsprachigen Theaters im 18.Jh., davon abgleitet der komische Spielmacher in vielen ländlichen "Umlaufbrächen" seit dem 18. Jh.
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1)Hans Wurst-Figuren scheinen bereits 1519 in Sebastian Brants Narrenschiff auf bzw. in Predigten von Martin Luther 1541. Einflüsse des dt. Pickelhering und ital. Zanni und weiterer komischer Figuren der Commedia dell'arte.
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Lungauer, Figur des Wiener Volkstheaters (Pulcinella, Pülcher), die die Tracht der Lungauer Sau- und Krautschneider aufnimmt. Vermutlich mit Bezug auf den bekannten Witz und die Bauernschläue der durch viele Nachbarländer ziehenden Wandergewerbetreibenden. Legendär verkörpert durch J. A. →Stranitzky, Schauspieler und Marionettenunternehmer, der 1712 das neugegründete Kärntnertortheater in Wien bespielte. Durch ihn erwuchs diese Figur des Mittelalters - verquickt mit dem Arlecchino der Commedia dell’arte und dem Pickelhäring der englischen Komödie - zu einer Institution des Wiener Volkstheaters. Erwähnung 1805 durch Graf →Spaur, der 1769 die Darstellung des H. durch den Schauspieler Gottfried Prehauser (Nachfolger Stranitzkys) im Wiener Hoftheater sah: damals bereits kurze rote Joppe, vielfärbiges Wams mit grünem Hosenträger und schwarze Hose (Trachtenform des frühen 18.Jh.s mit Relikten der Hanswurst- Kleidung). 1752 Hanswurst-Streit in Wien, Norma-Edikt Maria Theresias gegen das Extemporieren, das dem Weiterleben der Figur jedoch keinen Abbruch tat. Die Lungauer Hanswurst-Spiele führen diese Theaterfigur in Aufführungen fort. Der H. wurde zur Symbolfigur des 1976 wieder errichteten Rupertikirtages. →Märkte. 2) fröhlicher Vorläufer, Spiel- und Spaßmacher der --Schönperchten- und --Trestererumzüge als Rezeption des spätbarocken italienischen Arlecchino. Er trägt immer eine hohe Spitzkappe oder eine lange Zipfelmütze der Faschingsläufer sowie eine "Schlagwurst" (oder Pritsche). Sein Gewand kann am italienischen Rautenkostüm oder am einstigen weißen Arbeitsgewand orientiert sein.  
  
 
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Version vom 23. Juli 2018, 13:39 Uhr

Hanswurst, Hans Wurst.

Führende "Komische Person" (Buffo) des deutschsprachigen Theaters im 18.Jh., davon abgleitet der komische Spielmacher in vielen ländlichen "Umlaufbrächen" seit dem 18. Jh.

1)Hans Wurst-Figuren scheinen bereits 1519 in Sebastian Brants Narrenschiff auf bzw. in Predigten von Martin Luther 1541. Einflüsse des dt. Pickelhering und ital. Zanni und weiterer komischer Figuren der Commedia dell'arte.


Lungauer, Figur des Wiener Volkstheaters (Pulcinella, Pülcher), die die Tracht der Lungauer Sau- und Krautschneider aufnimmt. Vermutlich mit Bezug auf den bekannten Witz und die Bauernschläue der durch viele Nachbarländer ziehenden Wandergewerbetreibenden. Legendär verkörpert durch J. A. →Stranitzky, Schauspieler und Marionettenunternehmer, der 1712 das neugegründete Kärntnertortheater in Wien bespielte. Durch ihn erwuchs diese Figur des Mittelalters - verquickt mit dem Arlecchino der Commedia dell’arte und dem Pickelhäring der englischen Komödie - zu einer Institution des Wiener Volkstheaters. Erwähnung 1805 durch Graf →Spaur, der 1769 die Darstellung des H. durch den Schauspieler Gottfried Prehauser (Nachfolger Stranitzkys) im Wiener Hoftheater sah: damals bereits kurze rote Joppe, vielfärbiges Wams mit grünem Hosenträger und schwarze Hose (Trachtenform des frühen 18.Jh.s mit Relikten der Hanswurst- Kleidung). 1752 Hanswurst-Streit in Wien, Norma-Edikt Maria Theresias gegen das Extemporieren, das dem Weiterleben der Figur jedoch keinen Abbruch tat. Die Lungauer Hanswurst-Spiele führen diese Theaterfigur in Aufführungen fort. Der H. wurde zur Symbolfigur des 1976 wieder errichteten Rupertikirtages. →Märkte. 2) fröhlicher Vorläufer, Spiel- und Spaßmacher der --Schönperchten- und --Trestererumzüge als Rezeption des spätbarocken italienischen Arlecchino. Er trägt immer eine hohe Spitzkappe oder eine lange Zipfelmütze der Faschingsläufer sowie eine "Schlagwurst" (oder Pritsche). Sein Gewand kann am italienischen Rautenkostüm oder am einstigen weißen Arbeitsgewand orientiert sein.

Literatur:

  • [F. v.]Spaur: Reise durch Oberdeutschland. 2. Bd., Salzburg 1805, S. 98.
  • O. Binder: »Es gibt ja noch mehr Leute meinesgleichen «. In: Die Zauberflöte. Programmheft Salzburger Landestheater 2000, S. 35 f.
  • U. Kammerhofer-Aggermann: Salzburger "Maschkeraläufe" im 17. und 18. Jh. Alpine Formen des Karnevals an den Fernhandelsrouten. In: G. Ammerer, I. Hannesschläger, T. Hochradner (Hg.): Von Venedig nach Salzburg. Spurenlese eines vielschichtigen Transfers.(=Veröff. d. Forschungsplattform "Salzburger Musikgeschichte" 3), Salzburg 2015, 137-183.
  • G. Oberzaucher-Schüller: Bühnentanz-Reflexionen zu Volkstanz-Phänomenen. (= Wiener Tanzgeschichten, 11.3.2017)In: tanz.at, 4 Seiten. http://www.tanz.at/index.php/wiener-tanzgeschichten/1731-buehnentanz-reflexionen-zu-volkstanz-phaenomenen. (aufgerufen am 7.6.2017).


U.K.