Spitäler: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
Wechseln zu: Navigation, Suche
K (Schützte „Spitäler“ ([Bearbeiten=Nur Administratoren erlauben] (unbeschränkt) [Verschieben=Nur Administratoren erlauben] (unbeschränkt)))
(kein Unterschied)

Version vom 30. Juli 2018, 13:28 Uhr

Spitäler / Hospitäler standen in Salzburg, wie überall in Europa, im Hochmittelalter zunächst unter geistlicher Führung. Sowohl das Domkapitel als auch die Klöster verfügten über eigene S., die nicht nur der Kranken-, sondern vor allem der Alterspflege und als Herbergen für Pilger und Reisende dienten. So geht das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder auf ein Spital des Stiftes →St. Peter zurück, das 1150 dem hl. Laurentius geweiht wurde. 1685 errichtete G. →Zuccalli eine neue Kirche, ein Kloster und ein Priesterseminar, das bis 1809 unter der Leitung der Theatiner stand, 1923 wurde die Anlage dem Orden der Barmherzigen Brüder als Krankenhaus übergeben. Das S. des Domkapitels, 1143 bestätigt, urspr. östlich des Doms, im Areal des späteren Neugebäudes, wurde unter Eb. →Wolf Dietrich in den Bereich des ehem. S. des Klosters →Nonnberg im Nonntal transferiert. Wolf Dietrich erwarb das bestehende #Frawensiechenhaus# samt Kirche und verlegte das Domspital in dieses, da die →Residenz #Neugebäude# an der Stelle des Domspitals errichtet wurde; 1677 wurde rechts der Kirche der Männertrakt errichtet und 1685–89 die gotische St.-Erhards-Spitalkirche durch einen Neubau von G. Zuccalli ersetzt. Das Sundersiechenhaus (Leprosenhaus) am Müllner Hügel aus dem Jahr 1282 beherbergte bis zum Jahr 2013 durchgehend (unheilbar) Kranke, wenn auch mit sehr unterschiedlicher Zielsetzung (seit 1947 Landespflegeanstalt).

Die wiederkehrenden Pestepidemien machten wie auch andernorts die zeitweise Errichtung von Pestspitälern notwendig; so 1310 eines durch das Kloster Nonnberg, 1553 eines auf dem #Schanzl# bei der Sebastianskirche, wenig später ein weiteres bei der Müllnerkirche, und den bekannten Bau des Rochusspitals in Maxglan 1636–40, das spätere Zucht- und Arbeitshaus (heute das Gebiet der Stiegl-Brauerei). Das #spitalhaus an der prukhen#, vor 1322 in der Klampferergasse in der Nähe der Stadtbrücke nachgewiesen, wurde 1327 von Eb. Friedrich III. als bürgerliches Versorgungs- und Altersheim gestiftet. Die wirtschaftliche Grundlage dieser Einrichtung bestand in Grund- und Hausbesitz, Nutzungsrechten und Geldzuwendungen (das Bürgerspital avancierte in der Frühen Neuzeit zur wichtigsten #Bank# und zum bedeutendsten Wirtschaftskörper der Stadt Salzburg). 1350 wurde die Kirche dem hl. Blasius geweiht; der dreijochige Hallenchor im O als Sakralraum genutzt, der vierjochige W-Teil als #Communestube#. 1410–28 wurde im W-Teil eine Empore eingezogen. Von besonderer Bedeutung war der entlang der Mönchsbergwand 1557–1562 errichtete und auf zwei obere Stockwerke verteilte Arkadentrakt, der je 15 in der Felsen geschlagene gleich große Pfründnerzellen zur Verfügung stellte, die sich sozial-distinktiv von den #gemeinen# Stuben absetzte. Um 1600 endgültige Aufhebung der Kirchenherberge, 1898 Verlegung in das zentrale Versorgungshaus Nonntal. Seit 1327 durften die Insassen auch das nachgewiesene Spitalbad im Badergässchen meist jeden 2. Montag benützen, um sich zu reinigen und den Aderlass vorzunehmen.

Als zweites, wichtiges Hospital fungierte seit 1496 das von Salzburger Bürgern gegründete Bruderhaus St. Sebastian in der Linzer Gasse, das aufgrund seiner Lage – zwischen dem Oster- und dem Galgentor, also noch innerhalb der Stadt, jedoch bereits an der Peripherie – nach dem Bürgerspital rangierte. Im Bruderhaus kann intensivere Krankenpflege als im Bürgerspital nachgewiesen werden, doch mussten Schwerkranke ins Siechenhaus transportiert werden. 1778–1818 (Stadtbrand) lässt sich auch ein #Tollhaus# für psychisch Erkrankte dokumentieren. 1898 erfolgte ebenfalls die Transferierung der Anstalt in das zentrale Versorgungshaus Nonntal.

Eb. →Johann Ernst Thun stiftete in Mülln für Pilger und Kranke das St. Johannsspital, das 1695–1704 von J. B. →Fischer v. Erlach ausgeführt wurde, zuerst der linke Flügel als Männerabteilung, dann die Kirche (Weihe 24.6.1704) und der rechte Flügel als Frauenabteilung für insgesamt ca. 120 Patienten. Gleichzeitig wurde ein eigener Friedhof angelegt. Dieses Areal bildet den Nukleus des Landeskrankenhauses (Uniklinikum); eine erste Erweiterungsphase erfolgte ab 1890 mit der Errichtung der Augenklinik nach Plänen von Ferdinand Neusser (zuvor existierte bereits die Augenheilanstalt von Frau Dr. Rosa Kerschbaumer), einer Kinderklinik durch Franz v. Gruber (Wien), Spezialist für Spitalsbauten, 1899. In einer weiteren Phase Errichtung d. Kinderspitals im Geiste der Neuen Sachlichkeit nach Plänen von Josef Wojtek 1929–1934. In der 2. Hälfte des 20. Jhs. umfangreiche Erweiterungsbauten, die sich weitgehend am von Fischer v. E. geschaffenen Typus orientierten; erst der Abschluss der Anlage gegen W mit Chirurgie West von M. Pernthaler/R. Tinchon 2001 u. 2011 (2. Bauabschnitt) durchbricht dieses System mit einem geschwungenen Baukörper.

Parallel zur ersten Erweiterungsphase des St. Johannspitals begann die Errichtung der Landesnervenklinik – heute Chr. Dopplerklinik – 1896–1908. Für die Gestaltung des revolutionären Pavillon-Systems zeichnet August Wallner, für das ärztl. Konzept Dr. Josef Schweighofer verantwortlich. Das Unfallkrankenhaus von Geppert, Holzinger, Hawranek und Bauer 1953 repräsentiert trotz nachteiliger Um- u. Zubauten den vom Funktionalismus geprägten Spitalsbau der 2. H. d. 20. Jhs.; ein Versuch, den hochkomplexen Maschinerien (O. Kapfinger) im Spitalsbau der Gegenwart etwas entgegenzuwirken, zeigt das der Postmoderne verpflichtete Sp. der Diakonie in Salzburg-Aigen von Ganz+Rolfes (Berlin) 1991. Es verbindet die kammartig strukturierte Großform des Spitals mit einem System von Pavillons für Seniorenbetreuung. Weitere Spitalsbauten siehe →Bandian, →Deininger, →Schmid.

Lit.:

  • M. Scheutz/A.S. Weiß: Spital als Lebensform. Österreichische Spitalordnungen und Spitalinstruktionen der Neuzeit. 2 Bde., Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 15/1–2, Wien–Köln–Weimar 2015.
  • H. Schwerdel-Schmidt: Les Invalides in Salzburg. Fischer von Erlachs St. Johannsspital und die Genese des barocken Anstaltenbaues in Österreich und Deutschland. In: Salzburg Archiv. Bd. 28, 2002, S. 61–84.
  • Th. Weidenholzer, E. Marx (Hg.): Hundert Jahre #Versorgungshaus# Nonntal. Zur Geschichte der Alters- und Armenversorgung der Stadt Salzburg, Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg Nr. 9, Salzburg 1998.
  • N. Hibler: Zur Architektur der Krankenhäuser der Stadt Salzburg. Diss. Salzburg 1988.

M.O., R.H., A.S.W.