Steinbockhorn: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Seit dem Ende des 17. Jh.s wurde in Salzburg das Horn des Steinwildes, v.a. aus den eb. Gehegen im Tiergarten von →Hellbrunn, zu kunstvoll gestalteten Gegenständen verarbeitet. Erste Zuchtversuche mit Steinböcken wurden hier unter Eb. →Markus Sittikus zu Beginn des 17. Jh.s unternommen und um 1700 unter | + | Seit dem Ende des 17. Jh.s wurde in Salzburg das Horn des Steinwildes, v.a. aus den eb. Gehegen im Tiergarten von →Hellbrunn, zu kunstvoll gestalteten Gegenständen verarbeitet. Erste Zuchtversuche mit Steinböcken wurden hier unter Eb. →Markus Sittikus zu Beginn des 17. Jh.s unternommen und um 1700 unter Eb. J.E. v. →Thun von späteren Eb. bis zum Ende des 18. Jh. fortgesetzt. Aus der freien Wildbahn war Steinwild bereits im 16. Jh. infolge klimatischer Einflüsse („Kleine Eiszeit“) und übermäßiger Bejagung mit Feuerwaffen weitgehend verschwunden. Im ostalpinen Bereich konnte sich lediglich im hinteren Zillertal – damals Teil des Salzburger Erzstifts – eine letzte Population unter dem Schutz der Salzburger Eb. (u.a. durch strenge Wildereimandate) bis ins 18. Jh. halten; spätestens 1710/11 war der Bestand zusammengebrochen. Zuvor hatte Eb. Johann Ernst von Thun zur Gründung einer neuen Kolonie im Tennengebirge und zu Zuchtzwecken bereits mehr als 100 Steinböcke im Zillertal einfangen lassen; schließlich führte der Starkwinter 1708/09 zum vollständigen Zusammenbruch der Population. |
Begehrlichkeiten weckte das Steinwild v.a. aufgrund eines ausgeprägten Volksglaubens an magische Abwehr- und Heilwirkungen, die allen Körperteilen der Tiere zugeschrieben wurden. Im Barockzeitalter wurden diverse Tinkturen, Tränke und Präparate in eigenen Steinbockapotheken verkauft, in Salzburg z.B. in der eb. Hofapotheke am Alten Markt. Im Kunsthandwerk manifestierte sich der Glaube an die magischen Kräfte des Steinwildes u.a. in der Herstellung von Amuletten, Talismanen oder anderen Schmuckstücken (z.B. Fingerringe für Gichtleidende) sowie Trinkgefäßen oder Dosen aus Steinbockhorn. Zur Bearbeitung musste das Horn eingeweicht bzw. gekocht werden, wodurch auch scharf reliefierte Zierformen auf den Gegenständen möglich wurden. Im 17. Jh. wurden in Salzburg vorzüglich kunstvolle Trinkschalen, Trinkhörner, Pestsegen und Bestecke aus Steinbockhorn hergestellt, erst das 18. Jh. spezialisierte sich auf Dosen, Becher und Tabletts, die man wiederum mit kostbaren Silber- oder Goldfassungen versah. Es sind nur wenige einschlägige Künstler namentlich bekannt. Für die Frühzeit wird aus der Salzburger Hofwerkstatt der Name Simon Fries (1652–1722 Sbg) genannt, ein in Salzburg ansässiger „Steinbockhornschnitzer in der Gstätten“, Lorentz Härmbler (= Hermbler, zw. 1743 und 1782 gen.), der Bildhauer Leopold Ehgasser (= Egasser, Ehegasser, Inzell 1710–1771 Reichenhall) und im ausgehenden 18. Jh. J.(oseph) Glarer (1772–1833), der zahlreiche, einander sehr ähnliche und regelmäßige Steinbockhorndosen unter Zuhilfenahme mechanischer Mittel verfertigte. Die dzt bekannteste, größte und aufwendigste Arbeit ist eine Steinbockhorn-Prunkkanne von Martin Gitzl (= Gizl, 1707–1786, Sbg) aus dem Jahr 1758 mit einer Höhe von 32,5 cm und einem zugehörigen Becken von 44x38 cm. | Begehrlichkeiten weckte das Steinwild v.a. aufgrund eines ausgeprägten Volksglaubens an magische Abwehr- und Heilwirkungen, die allen Körperteilen der Tiere zugeschrieben wurden. Im Barockzeitalter wurden diverse Tinkturen, Tränke und Präparate in eigenen Steinbockapotheken verkauft, in Salzburg z.B. in der eb. Hofapotheke am Alten Markt. Im Kunsthandwerk manifestierte sich der Glaube an die magischen Kräfte des Steinwildes u.a. in der Herstellung von Amuletten, Talismanen oder anderen Schmuckstücken (z.B. Fingerringe für Gichtleidende) sowie Trinkgefäßen oder Dosen aus Steinbockhorn. Zur Bearbeitung musste das Horn eingeweicht bzw. gekocht werden, wodurch auch scharf reliefierte Zierformen auf den Gegenständen möglich wurden. Im 17. Jh. wurden in Salzburg vorzüglich kunstvolle Trinkschalen, Trinkhörner, Pestsegen und Bestecke aus Steinbockhorn hergestellt, erst das 18. Jh. spezialisierte sich auf Dosen, Becher und Tabletts, die man wiederum mit kostbaren Silber- oder Goldfassungen versah. Es sind nur wenige einschlägige Künstler namentlich bekannt. Für die Frühzeit wird aus der Salzburger Hofwerkstatt der Name Simon Fries (1652–1722 Sbg) genannt, ein in Salzburg ansässiger „Steinbockhornschnitzer in der Gstätten“, Lorentz Härmbler (= Hermbler, zw. 1743 und 1782 gen.), der Bildhauer Leopold Ehgasser (= Egasser, Ehegasser, Inzell 1710–1771 Reichenhall) und im ausgehenden 18. Jh. J.(oseph) Glarer (1772–1833), der zahlreiche, einander sehr ähnliche und regelmäßige Steinbockhorndosen unter Zuhilfenahme mechanischer Mittel verfertigte. Die dzt bekannteste, größte und aufwendigste Arbeit ist eine Steinbockhorn-Prunkkanne von Martin Gitzl (= Gizl, 1707–1786, Sbg) aus dem Jahr 1758 mit einer Höhe von 32,5 cm und einem zugehörigen Becken von 44x38 cm. | ||
Version vom 19. September 2018, 16:01 Uhr
Steinbockhorn.
Seit dem Ende des 17. Jh.s wurde in Salzburg das Horn des Steinwildes, v.a. aus den eb. Gehegen im Tiergarten von →Hellbrunn, zu kunstvoll gestalteten Gegenständen verarbeitet. Erste Zuchtversuche mit Steinböcken wurden hier unter Eb. →Markus Sittikus zu Beginn des 17. Jh.s unternommen und um 1700 unter Eb. J.E. v. →Thun von späteren Eb. bis zum Ende des 18. Jh. fortgesetzt. Aus der freien Wildbahn war Steinwild bereits im 16. Jh. infolge klimatischer Einflüsse („Kleine Eiszeit“) und übermäßiger Bejagung mit Feuerwaffen weitgehend verschwunden. Im ostalpinen Bereich konnte sich lediglich im hinteren Zillertal – damals Teil des Salzburger Erzstifts – eine letzte Population unter dem Schutz der Salzburger Eb. (u.a. durch strenge Wildereimandate) bis ins 18. Jh. halten; spätestens 1710/11 war der Bestand zusammengebrochen. Zuvor hatte Eb. Johann Ernst von Thun zur Gründung einer neuen Kolonie im Tennengebirge und zu Zuchtzwecken bereits mehr als 100 Steinböcke im Zillertal einfangen lassen; schließlich führte der Starkwinter 1708/09 zum vollständigen Zusammenbruch der Population. Begehrlichkeiten weckte das Steinwild v.a. aufgrund eines ausgeprägten Volksglaubens an magische Abwehr- und Heilwirkungen, die allen Körperteilen der Tiere zugeschrieben wurden. Im Barockzeitalter wurden diverse Tinkturen, Tränke und Präparate in eigenen Steinbockapotheken verkauft, in Salzburg z.B. in der eb. Hofapotheke am Alten Markt. Im Kunsthandwerk manifestierte sich der Glaube an die magischen Kräfte des Steinwildes u.a. in der Herstellung von Amuletten, Talismanen oder anderen Schmuckstücken (z.B. Fingerringe für Gichtleidende) sowie Trinkgefäßen oder Dosen aus Steinbockhorn. Zur Bearbeitung musste das Horn eingeweicht bzw. gekocht werden, wodurch auch scharf reliefierte Zierformen auf den Gegenständen möglich wurden. Im 17. Jh. wurden in Salzburg vorzüglich kunstvolle Trinkschalen, Trinkhörner, Pestsegen und Bestecke aus Steinbockhorn hergestellt, erst das 18. Jh. spezialisierte sich auf Dosen, Becher und Tabletts, die man wiederum mit kostbaren Silber- oder Goldfassungen versah. Es sind nur wenige einschlägige Künstler namentlich bekannt. Für die Frühzeit wird aus der Salzburger Hofwerkstatt der Name Simon Fries (1652–1722 Sbg) genannt, ein in Salzburg ansässiger „Steinbockhornschnitzer in der Gstätten“, Lorentz Härmbler (= Hermbler, zw. 1743 und 1782 gen.), der Bildhauer Leopold Ehgasser (= Egasser, Ehegasser, Inzell 1710–1771 Reichenhall) und im ausgehenden 18. Jh. J.(oseph) Glarer (1772–1833), der zahlreiche, einander sehr ähnliche und regelmäßige Steinbockhorndosen unter Zuhilfenahme mechanischer Mittel verfertigte. Die dzt bekannteste, größte und aufwendigste Arbeit ist eine Steinbockhorn-Prunkkanne von Martin Gitzl (= Gizl, 1707–1786, Sbg) aus dem Jahr 1758 mit einer Höhe von 32,5 cm und einem zugehörigen Becken von 44x38 cm.
Lit.:
- E. Koppensteiner: Gefäße aus Steinbockhorn – eine Salzburger Spezialität. In: Bischof. Kaiser. Jedermann, Jahresschrift des Salzburg Museums Bd.58/1 u.2 Landesausstellung 200 Jahre Salzburg bei Österreich. Salzburg 2016.
- A. Zechner: Als die „Stainpöckh“ sich verloren hatten. Neue Erkenntnisse zum Ende der letzten autochthonen Steinbockpopulation der Ostalpen im Zillertal zu Beginn des 18. Jahrhunderts, in: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 32, 2015, S. 311–328.
- J. Neuhardt (Hg.): Geschnitztes Steinbockhorn (= Sonderschau im Dommuseum zu Salzburg 14). Salzburg 1990.
- N. v. Watteck: Geschnitztes Steinbockhorn. Ein vergessener Zweig des Salzburger Kunsthandwerks, in: AMK 1962, S. 27ff.
Ch.S., A.Z.