Jazz: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 20. Februar 2018, 01:56 Uhr

Jazz.

Obwohl der J. schon vor dem Ersten Weltkrieg entstanden war, kam es erst in der Zwischenkriegszeit zu ersten Gastspielen ausländischer Jazzkapellen in Österreich, ab ca. 1920 in Wien, 1928 auch in Salzburg. Wenn auch größere Teile des Publikums der neuen und noch fremden Musikrichtung eher ablehnend gegenüberstanden, gab es doch zugleich auch Interesse an dieser neuen musikalischen Spielart. Neben negativen Rezensionen gab es später auch Kritiken, die im J. eine neue wichtige Entwicklung sahen. 1934 gastierte mit Frank Fox die erste Jazzkapelle im →Festspielhaus, doch schon in den folgenden Jahren machte das zunehmend nationale und nationalsozialistische Klima den raren Jazzkonzerten ein Ende.

Die Konzerte der Zwischenkriegszeit boten nur selten authentischen J.. In den allermeisten Fällen handelte es sich um vom J. beeinflusste Tanz- und Unterhaltungsmusik, die vom damaligen Publikum aber sehr wohl als «Jazz» eingeordnet wurde. Während sich in Wien bereits Jazzcombos mit ortsansässigen Musikern bildeten, blieb es in Salzburg bei Gastspielen auswärtiger Ensembles.

Das Verbot «angelsächsisch-jüdischer Hotmusik» im September 1939 und «amerikanischer Musik» im Jahre 1941 durch die Reichsmusikkammer galt auch für die Ostmark und unterband somit Jazzkonzerte in jeglicher Form. Lediglich in Wien gab es während des Zweiten Weltkriegs eine Szene, die im Untergrund den J. pflegte. In Salzburg gibt es keine derartigen Hinweise für die Kriegszeit.

Der Nachholbedarf des eher tanz- und unterhaltungshungrigen, weniger jazzinteressierten Publikums war, nach sieben Jahren der Entbehrungen, groß. Für die Musiker boten vor allem die Soldatenclubs der amerikanischen Streitkräfte Auftrittsmöglichkeiten, so erlebte der J. in Salzburg in den Jahren 1945-55 eine Blütezeit. Zeitweise existierten bis zu sieben Jazzclubs in der Landeshauptstadt. Neben den Gastspielen amerikanischer Musiker spielten in diesen Clubs auch einheimische Musiker und es entwickelte sich in diesen Jahren eine kleine Jazzszene in Salzburg. Bereits im Herbst 1945 formierte sich eine Band mit Salzburger und Wiener Musikern unter der Leitung des Wieners Hans Neuroth, die regelmäßig im Stieglkeller für amerikanische Besatzungssoldaten spielte. Am 15. Dezember 1945 fand ein Konzert mit dem Titel «120 Minutes Melody and Rhythm» statt, bei dem die Band unter dem Namen «Pinguin-Band» auftrat. Die herausragendste Salzburger Jazzformation der Besatzungsjahre, die «Rhythmische Sieben» mit ihrem Saxophonisten Jo Wagner und dem Schlagzeuger Meini Geppert, bot authentischen Swing. Diese Combo existierte von 1946-1952 unter diesem Namen und spielte neben vielen Aufnahmen für den US-Radiosender Rot-Weiss-Rot auch einige Schallplattenaufnahmen ein. Zu den lokalen Jazzmusikern kam in den Nachkriegsjahren auch eine nennenswerte Zahl Wiener Musiker hinzu, die aufgrund der russischen Besatzungzone nach Salzburg kamen, wo sie für ihre Auftritte in Jazzclubs amerikanische Dollars verdienen konnten. Bemerkenswert war von 1945-1955 die Zahl von Clubs der Amerikaner in der Stadt Salzburg, die Jazzmusikern Auftrittsmöglichkeiten boten: Der «Officers Club» im Hotel Österreichischer Hof, den «Sky Haven Garden» im Hotel Pitter, der «Mirabell Service Club» in den Räumlichkeiten des heutigen Marionettentheaters, der «Snake Club» im Keller der Adresse Schwarzstraße 6 und der «Royal Roost», in der damaligen Zeit umgangssprachlich als «Negerclub» bekannt. Dieser Club wechselte über die Zeit seinen Ort mehrfach, befand sich unter anderem im Gasthof «Drei Hasen», Siezenheimerstraße 3 und ab 1952 an der Adresse Neutorstraße 25. Daneben gab es auch noch Bars lokaler Gastronomen, in denen zeitweilig Jazz dargeboten wurde: Der «Cocktail-Club», Giselakai 15, die «Savoy-Bar», Schwarzstraße 10 und die «Barock-Bar», Schwarzstraße 6. Die amerikanische Kulturdiplomatie hatte zwar vorgesehen, der österreichischen Bevölkerung die amerikanische «Hochkultur» näherzubringen, doch es waren gerade die auch in den USA umstrittene Popmusik und der J., die in Europa auf größeres Interesse bei der jüngeren Generation stießen. So bekam der J., wenn auch zum Missfallen vieler US-Kulturdiplomaten, ab Anfang der 50er Jahre seinen verdienten Platz im Repertoire der US-Armee und Propagandasender.

Nach dem Abzug der Amerikaner 1955 schlossen diese Clubs sukzessive und für die Jazzmusiker gab es in Salzburg kaum mehr Auftrittsmöglichkeiten. Viele Musiker gingen nach Wien oder in die BRD und die kurze Blütezeit Salzburgs als zweite Jazzgroßstadt Österreichs war Geschichte. Ein Teil der verbleibenden lokalen Musiker kam im 1955 von Willy Rosner gegründeten Tanzorchester «SATO» unter. Damit zeichnete sich bereits ab, was die nächsten Jahre für den J. bringen sollten: Die 60er und 70er Jahre wurden von kommerziellen Tanzmusikformationen geprägt, in denen teilweise ehemalige Jazzer in Ermangelung anderer Auftrittsmöglichkeiten mitwirkten. J. im engeren Sinn war in Salzburg nur noch selten zu hören und Konzerte wie jene von Ella Fitzgerald mit dem Tommy Flanagan Trio (1968) und dem Oscar Peterson Trio (1969) im Großen Festspielhaus stellten Ausnahmen dar. Während viele Unterhaltungskapellen Ende der 1960er Jahre nach wie vor vom Swing beeinflusste Tanzmusik spielten, begannen sich nun einzelne Musiker mit aktuellen Jazzstilen zu beschäftigen. Hervorzuheben ist hier Dieter Feichtner, der zu einer zentralen Figur dieser neuen Szene wurde. Nach einigen erfolglosen Versuchen einen Jazzclub zu gründen, begann ab 1970 der «Jazzclub Salzburg» mit regelmäßigen Veranstaltungen. Dabei spielte die lokale Jazzband «Pentameter» eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt stellte sie ein Bindeglied zur wiedergegründeten →Universität dar. Das studentische Milieu brachte dem aktuellem J. eine neue Zuhörerschaft. Zu erwähnen ist auch das «Jazz-Gartl» in der Lederergasse, in dem sich im Jahr 1973 für einige Monate eine kleine Jazzszene fast täglich zu Jamsessions traf. Die nachhaltigste Veränderung für den J. brachte die Gründung der «Szene der Jugend» mit Alfred Winter an der Spitze. Damit kam frischer Wind in den Salzburger Kulturbetrieb und fand mit Friedrich Gulda einen prominenten Unterstützer, der mit seinen Performances mehrfach für Aufsehen sorgte. Die →Szene bot trotz Widerstands von Seiten der Salzburger →Festspiele nun für ein Jahrzehnt in den Sommermonaten einen Rahmen für Alternativkultur, in dem auch der J. seinen Platz fand. So traten in den 1970er Jahren neben lokalen Bands und Musikern auch internationale Stars wie Albert Mangelsdorff, European Jazz Consensus, Barre Philips, Elvin Jones, Paul Motian, Dizzy Gillespie und Weather Report mit Joe Zawinul auf. Als im Jahr 1981 Michael Stolhofer die Leitung der Szene der Jugend übernahm, wurde sie zur «Szene» und zu einer Programmschiene für zeitgenössichen Tanz und modernes Theater. Am Ende der 1970er Jahre etablierte sich der «Mexikano-Keller» im Hotel Blaue Gans als neue Jazzbühne. Neben regelmäßigen Jamsessions der lokalen Szene traten hier im Lauf der Jahre auch internationale Stars wie Bud Free, Joe Henderson, Monty Alexander, George Shearing, Barney Kessel und Friedrich Gulda auf. 1977 organisierte der Betreiber des «Mexikano-Kellers» Adi Jüstel ein Konzert von Ella Fitzgerald mit dem Tommy Flanagan Trio im Großen Festspielhaus. Der «Mexikano-Keller» hatte seine Blütezeit in den 1970er und 1980er Jahren, bestand jedoch bis 1996 fort, bevor Adi Jüstel in den Altstadtkeller (bis 2005) weiterzog, der in kleinerem Rahmen Platz für Jamsessions bot. Anfang der 80er Jahre fanden die Salzburger Jazzmusiker dann auch im «Attila» in der Gaswerkgasse zusammen. Aus den Sessions im «Attila» resultierend, wurde 1981 «Jazzlife Salzburg» offiziell gegründet. Nach Schwierigkeiten, geeignete Räumlichkeiten für den Verein zu finden, wurde man schließlich im «Urbankeller» sesshaft. Neben Konzerten mit intern. Jazzformationen war es der Grundgedanke von «Jazzlife Salzburg», dem J. in Salzburg eine Plattform zu geben und die Salzburger Szene zu fördern. Bereits in den 1970er Jahren hatte Wolfgang Pillinger eine Studenten Big Band an der Musikhochschule →Mozarteum gegründet, die jedoch an dieser Institution ein Einzelphänomen blieb, das durchaus für kontroverse Diskussionen sorgte. Aus dieser Initiative ging letztlich 1983 die «Lungau Big Band» hervor, die immer wieder mit intern. Jazzmusikern zusammenarbeitet und neben Konzerten in ganz Österreich auch intern. Auftritte (u.a. beim Jazzfestival in Montreux) hatte.


In Saalfelden war bereits 1975 der «Jazzclub Saalfelden» gegründet worden. Das →Jazz Festival Saalfelden wurde sodann mit seinem zeitgenössischen Jazzprogramm zu einem intern. wahrgenommenen jährlichen Jazzevent, das bis 2005 bestand. Ab 1981 kam es in der Stadt Salzburg zur Gründung einer jährlichen Konzertreihe im Elisabeth Theater, die bis 2001 fortgeführt wurde. Das Ende der Konzertreihe bedeutete aber nicht das Ende der Initiative, die nun unter Andreas Neumayer im ehemaligen Volksheim in der Elisabethstraße ihre dauerhafte Spielstätte fand und seither einen Fixpunkt im Salzburger Jazzleben darstellt. Eine Einzelinitiative blieb eine Veranstaltung im Mai 1987, bei der im Salzburger →Landestheater ein Überblick über die Salzburger Jazzszene geboten werden sollte. 1986 wurde die Spielstätte der →ARGE Kultur Nonntal eröffnet, wo es sporadisch Jazzkonzerte gab, bis 1992 «Jazz im Nonntal» ins Leben gerufen wurde. Diese Veranstaltungsreihe überzeugte neben traditionellen besonders durch zeitgenössische Jazzströmungen und ist sowohl auf intern. als auch auf österr. Gruppen ausgerichtet. Zu den Höhepunkten zählten Auftritte von Don Cherry, Randy Brecker, Les McCann, Marc Ribot und Archie Shepp. Auch am neuen Standort behielt die ARGE Kultur - wenn auch in geringerem Ausmaß - jazzorientierte Veranstaltungen im Programm. Im Jahr 1998 startete das Internationale J. Seminar Salzburg auf Initiative der Musiker Robert Kainar und Gottfried Stöger, das in der ARGE Nonntal seine Heimat fand und später auch Veranstaltungen im →Jazzit bot. Für einen mehrtägigen Kurs wurden internationale Jazzmusiker als Lehrende eingeladen. Eine Besonderheit waren die öffentlichen Jamsessions, die allabendlich stattfanden. Die jährliche Veranstaltung wurde nach 2008 wegen finanzieller Engpässe nicht mehr fortgesetzt. Ab dem Jahr 1996 gab es den «Salzburger Jazz-Herbst». Von «Vienna Entertainments» unter Johannes Kunz als Großveranstaltung ins Leben gerufen, kamen für zehn Jahre intern. Jazzstars nach Salzburg. Die sog. «Galashows» präsentierten etablierte Jazzgrößen im Großen Festspielhaus, darunter Künstler wie Ray Charles, Joe Zawinul, Lalo Shifrin, Dave Brubeck, Bobby McFerrin, The Manhattan Transfer und Wynton Marsalis. Obwohl es auch eine Programmschiene für österreichische und lokale Musiker an kleineren Spielorten gab, war die lokale Szene mit der Situation nicht zufrieden. Die Insolvenz im Jahr 2013 brachte das endgültige Aus des «Salzburger Jazz-Herbsts». Seit dem Jahr 2000 existierte das Festival «Jazz & the City» (früher: «Jazz in der Altstadt»), das sich als eine Art Prolog zum Jazz-Herbst etablierte. Unter der künstlerischen Leitung von Gerhard Eder in Zusammenarbeit mit Altstadt Salzburg Marketing erfuhr das Festival ab 2008 eine Neuausrichtung. Eine Besonderheit war und ist die Tatsache, dass die Veranstaltungen an verschiedenen Spielorten in der Altstadt kostenfrei zugänglich sind. Nach dem Tod von Gerhard Eder im Jahr 2015 übernahm Tina Heine die künstlerische Leitung. In der Gegenwart treten auch nach dem Ende der Großveranstaltungen des Salzburger Jazzherbsts in unregelmäßigen Abständen intern. Jazzgrößen in Salzburg auf. In der Stadt gibt es eine sehr vitale, wenn auch kleine Jazzszene, die u.a. im «Jazzit» ihre Heimat gefunden hat.


Lit.:

  • H. Giesinger: Jazz in Salzburg. In: R. Wagnleitner (Hrsg.): Satchmo meets Amadeus. Innsbruck, 2006.
  • R. Wagnleitner: Der kulturelle Einfluss der amerikanischen Besatzungsmacht in Salzburg. In: E. Marx (Hg.): Salzburg 1945-1955. Zerstörung und Wiederaufbau. Salzburg, 1995.
  • E. Sensenig: Das Aufbegehren der Synkope. Die Salzburger Jazzszene in der Nachkriegszeit, in: Salzburger Kulturgespräche 7, Salzburg 1992.
  • R. Renger: Rock und Jazz in Salzburg. Die Szene und Konzepte ihrer Förderung, in: Salzburger Kulturgespräche 7, Salzburg 1992.

H.G.