Keltische Kunst
Die Entstehung einer eigenständigen keltischen Kunst fällt in das 5. Jahrhundert v. Chr. In einem weiten Gebietsstreifen nördlich des Alpenbogens, der sich von Ostfrankreich über Süddeutschland, Südböhmen und das österreichische Alpenvorland bis hin zum Neusiedler See erstreckt, tritt zwischen 480 und 450 v. Chr. eine neue Kultur in Erscheinung, die nach einem Fundort in der Schweiz als Latènekultur bezeichnet wird. Diese ist gekennzeichnet durch einen eigenwilligen und unverwechselbaren Stil in der Verzierung von Waffen, Schmuck und Geräten. Ausschlaggebend für die Herausbildung des frühkeltischen Stils waren intensive Kontakte zu den Hochkulturen des Mittelmeerraumes wie auch zu Skythen und Thrakern im östlichen Mitteleuropa.
Hochwertige Erzeugnisse aus griechischen und etruskischen Werkstätten gelangten in großer Zahl an die keltischen Zentren nördlich der Alpen. Die im Auftrag der keltischen Oberschicht tätigen Handwerker übernahmen Formen und Zierweise von Importgütern, kopierten diese jedoch nicht einfach, sondern gestalteten sie in eigener Weise um. Das Mittelrheingebiet und das anschließende Marnegebiet sowie die Salzorte Dürrnberg und Hallstatt waren Zentren dieser Stilentwicklung. Als charakteristisches Beispiel für die erste Stilphase der keltischen Kunst ist die Schnabelkanne vom Dürrnberg zu nennen.
Im 4. Jahrhundert v. Chr. wurde der „frühe Stil“ durch einen neuen, mehr ornamentalen verdrängt, der ebenfalls auf der Übernahme südlicher Vorbilder beruht; kennzeichnend sind Ranken- und Leiermotive, die jedoch kaum noch die Vorlagen erkennen lassen. Tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen, v.a. das Aufkommen des Städtewesens ab dem 2. Jahrhundert v. Chr., führten zu Massenproduktion und damit zum Verfall der frühkeltischen Kunst. Auch in dieser Phase entstanden jedoch v.a. im Bereich der Tierplastik ansprechende Arbeiten, z.B. der Hirsch vom Biberg aus dem 1. Jahrhundert v. Chr.
Lit.:
- O.-H. Frey: Die keltische Kunst. In: Die Kelten in Mitteleuropa. Salzburg 1980, S. 76ff.
F.M.