Steinguss
Steinguss, Technik zur Herstellung vollrunder Skulpturen aus gegossenem Kunststein, vor allem zur Zeit des Weichen Stils um 1400. Salzburg war offenkundig ein Zentrum dieser Technik. →Schöne Madonnen salzburgischer Prägung sind meist aus Kunststein gefertigt, wie umgekehrt der Kunststein eine Lokalisierung nach Salzburg empfiehlt. Eine Legende bekräftigt die Verbindung mit Salzburg: Der hl. Thiemo, Abt von St. Peter und Erzbischof von Salzburg († 1101), wird als Bildhauer und Meister des Steingussverfahrens („opus Thiemonis“) gerühmt. Die Tradition schrieb ihm zahlreiche Werke, darunter die Madonna von Großgmain und „Maria Säul“ in St. Peter zu. Das Gussmaterial besteht aus Kalk und Gips mit natürlichem oder künstlichem Sand – z. B. Ziegelmehl, das die Masse rötlich färbt. Entgegen Rossachers These vom „Guss nach der verlorenen Form“ wurde eine Statue aber nicht in allen Details fertig gegossen. Dem hätte die träge Gips-Sandmasse widerstanden. Eine Figur wurde vielmehr aus einem rohen Gusssteinblock, ähnlich wie aus Naturstein gemeißelt (M. Koller). Dasselbe Verfahren wurde auch für die günstige Herstellung von Architekturgliedern verwendet. Der Vorteil von Naturstein liegt in seiner größeren Homogenität und Festigkeit.
Literatur:
- M. Koller: Bildhauer und Maler - Technologische Beobachtungen zur Werkstattpraxis um 1400 anhand aktueller Restaurierungen.
In: Internationale Gotik in Mitteleuropa (Kunsthist. Jb. Graz XXIV, 1990). Hg. v. G. Pochat, B. Wagner. Graz 1990, S. 135 ff.
- K. Rossacher: Technik und Materialien der Steingußplastik um 1400. In: AMK 9, H. 72, 1964, S. 12 ff.
- A. Kieslinger: Die nutzbaren Gesteine Salzburgs. Salzburg 1964, s. 372 ff. u. S. 379 ff.
L.T., R.G.