Sepp Forcher

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Sepp Forcher, * 17. Dezember 1930 in Rom als Giuseppe Forcher, † 19. Dezember 2021 in Salzburg; Radio- und Fernsehmoderator, Mineraliensucher und Lastenträger, Höhlen- und Bergführer, Wirt.

Forcher war das Kind deutschsprachiger Südtiroler „Optanten“ aus Sexten, die sich nach dem Hitler-Mussolini-Abkommen (1939) für das „Deutsche Reich“ entschieden und in Werfenweng (Salzburg) als Hüttenwirte der Söldenhütte (heute: Dr.-Heinrich-Hackel-Hütte) niederließen.

Er absolvierte seine ersten, für ihn aufgrund der faschistischen Sprachregelungen schwierigen Volksschuljahre in Bruneck (Südtirol), wo er bei seiner Großmutter aufwuchs. Nach der Übersiedlung brachten ihn die Eltern in einem Schülerheim in Salzburg-Mülln unter. Insgesamt konnte Forcher nur sechseinhalb Jahre Volksschule besuchen, wobei es ihm danach nicht möglich war, eine Berufsausbildung zu erlangen. Autodidaktisch eignete sich Forcher später eine beachtliche Bildung an.

Ab den frühen 1950er Jahren arbeitete er beim Kraftwerksbau Kaprun als Arbeiter („Baraber“) und im „Störtrupp“ (Wiederaufbau umgestürzter Masten und gerissener Stromleitungen in unwegsamem Gelände). Später verdiente er seinen Unterhalt als Lastenträger (mit häufig mehr als 60kg) zu verschiedenen Hütten im Großglockner-Gebiet. Er war als staatlich geprüfter Höhlenführer, als Bergführer und Mineraliensucher tätig. Auf der Oberwalderhütte am Großglockner lernte er seine Frau Helene „Helli“ (1930-2021) kennen. Das Paar heiratete 1956 in der Gaststube des Bergland-Skiheims in Großarl, weil die vorgesehene Kapelle wegen eines Wintereinbruchs nicht erreichbar war. Helli und Sepp bekamen zwei Söhne (Peter *1956 † 1976, Karl *1959). Ab 1955 war Forcher Hüttenwirt im Bergland-Skiheim (Großarl), ab 1958 am Zeppezauerhaus und der „Hochalm“ (Untersberg), von 1966 -71 Hüttenwirt und Verwalter in Krippenbrunn am Dachstein.

1971 zog Forcher, bedingt durch den Schulbesuch der Söhne, in die Stadt Salzburg und wurde Wirt des „Platzlkellers“ (Mattighofener Bierkeller) in der Altstadt rechts der Salzach. Sein Lokal war ein Treffpunkt, das Charisma des Wirts mit Herz und Verstand zog verschiedenste Milieus an.

Durch Radioauftritte auf Forcher aufmerksam geworden, holte ihn der Salzburger ORF-Intendant Rudolf Bayr ins Landesstudio. Forcher begann im Hörfunk. Vorerst gestaltete er „Mit’m Sepp ins Wochenend“ oder „Ins Land einischaun“. Er wurde schnell zu einer fixen Größe im „Heimatfunk“ (heute: „Volkskultur“) und moderierte Bergsteigersendungen oder die Reihe „Ein Gruß an Dich“, mehr als 1300-mal „Mit Musik ins Wochenend՚“. 1976 beendeten Sepp und Helli Forcher nach dem tragischen Unfalltod des älteren Sohnes ihre Berufstätigkeit als Wirtsleute.

Erste Fernsehluft schnupperte Forcher 1978 beim Österreich-Bild „Verborgene Tauernschätze“ und bei einem Beitrag über den Untersberg 1985. 1986 kam der Durchbruch: Auf Vorschlag von Gerd Bacher (1925-2015) und Friedrich Urban sollte Forcher die neue ORF-Hauptabendsendung „Klingendes Österreich“ moderieren. Dies war eine, von überlieferter Volksmusik untermalte und opulent bebilderte, meist regionale Wanderung zu österreichischen Naturwundern und Kulturschätzen. Anfangs kamen auch kulinarische Besonderheiten ins Bild. Forcher, der ohne Textvorlage moderierte, wurde damit in insgesamt 200 Sendungen zur Fernseh-Ikone, zur Verkörperung eines ländlich-alpinen, gefälligen, auch biederen Österreich. Es wurde eine sonnige, polierte, teils auch vormoderne Szenerie des Schönen inszeniert. Forchers Gesten wie das Hutziehen, die gleichen Grußformeln, die gekonnte Evozierung von Atmosphären wie Harmonie, Gemütlichkeit, Ruhe, sowie Respekt vor Kultur und Natur schrieben Fernsehgeschichte. 2019 beendete Forcher, fast 90 Jahre alt, nach 35 Jahren die Moderation der Sendungen. Seine letzte Regisseurin war Elisabeth Eisner, die mit ihm auch eine Sendung „Kunst und Glaube ... im Leben von Sepp Forcher“ gestaltete. Die 200. Sendung „Klingendes Österreich“ mit der von Peter Moser arrangierten Titelmelodie, begann vor Forchers Wohnhaus in Salzburg-Liefering und endete auch dort. Forcher moderierte damit mehr Sendungen als ähnliche Publikumslieblinge wie Sebastian „Wastl“ Fanderl (1915-1991) für den Bayrischen Rundfunk oder Karl Moik (1938-2015) für den ORF. ORF-Generaldirektor (2006-2021) Alexander Wrabetz bezeichnete Forcher in einer Gedenksendung als „eine der wichtigsten Persönlichkeiten in der ORF-Geschichte“. Diese Moderatorenrolle stellte, wenngleich sie ihn als Marke kennzeichnete, nur einen Ausschnitt der originellen und vielschichtigen Persönlichkeit Forchers dar. So interessierte er sich systematisch für die Kunst der Spätgotik im süddeutschen Raum und besichtigte viele Kunstwerke. Angestoßen dazu wurde er von der Begegnung mit der Madonnen-Figur Michael Pacherss im, sonst barocken, Hochaltar der Salzburger Franziskanerkirche.

Seit der Kindheit machte Forcher das Bergsteigen zu seinem besonderen Hobby. Nicht nur die österreichischen Alpen, sondern auch Gipfel im Mont- Blanc-Massiv sowie Berg-Ziele in der Schweiz, in den Pyrenäen oder in Italien kannte er bestens, darunter über 40 Viertausender. Im Großglockner sah er seinen „Lebensberg“. Auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe der Großglockner- Hochalpenstraße präsentierte Forcher zu seinem 90. Geburtstag das Buch Die Berge meines Lebens. Im Juli 2024 wurde dort von der Großglockner Hochalpenstraßen-AG die Sonderschau „Sepp Forcher – zwischen Worten und Gipfeln“ eröffnet.

In den Interviews, die der „mediatisierte“ Sepp Forcher zu seinen Lebensjubiläen gab, überzeugte er durch Selbstironie und Altersweisheit. ORF-Generalintendant Gerd Bacher (Medienstar Sepp Forcher ORF ON) hob im Jahre 2000 drei Charaktereigenschaften Forchers hervor: Glaubwürdigkeit, Bodenständigkeit und Kultiviertheit. Forcher schrieb mehrere Bücher, verfasste Vorworte, war jahrelanger Zeitungs-Kolumnist oder beteiligte sich als Co-Autor. Schon zu Lebzeiten veröffentlichten Edgar Breuss und Wolfgang Weber eine Biografie über ihn.

Weitere Werke: S. Forcher, Elisabeth Eisner, Anton Wieser, [Fotos]: „Grüß Gott in Österreich“. Ein Nachschlag zu 200 Sendungen Klingendes Österreich (2020). S. Forcher, unter Mitarbeit von Mario Trantura: Das Salz in der Suppe. Vom großen Wert der kleinen Dinge. (3.Auflage 2019). S. Forcher: Das Glück liegt so nah. Warum wir auf Österreich stolz sein können (2014). S. Forcher: Einfach glücklich. Was im Leben wirklich zählt. (2012). S. Forcher: Ins Herz einigʼschaut. Betrachtungen von Tag zu Tag (2005). S. Forcher, Franz Meixner: Klingendes Österreich. (1996).

Auszeichnungen: 1993 „Romy“ („Kurier“-Fernsehpreis); 1999 René-Marcic-Preis; 2006 Bürgerbrief der Landeshauptstadt Salzburg. Im Salzburger FIS-Landesskimuseum in Werfenweng wurde 2018 eine „Forcher-Stube“ mit Objekten aus Familienbesitz eingerichtet. Ein Teil des materiellen Nachlasses des Ehepaares Forcher wurde im Februar 2023 in einer Sonderauktion versteigert. 2023-24 widmete das Museum Fronfeste in Neumarkt am Wallersee seine Sonderausstellung der Freundschaft zwischen Forcher und dem Salzburger Maler Johann Weyringer.


Literatur:

  • Johann Weyringer, Carl Aigner, Sepp Forcher: Berge – zeitlose Größen. Neumarkt am Wallersee 2007.
  • Edgar Breuss, Wolfgang Weber: Sepp Forcher - I mog die Leut’. Vom Hüttenwirt zum Fernsehstar. St. Pölten 2000.


M. J. G.


Weblinks:

  • Die große Liebe – Mein klingendes Österreich [die 200. Folge] YouTube
  • Sepp Forcher bei „Menschenkinder“ im Gespräch mit André Heller – YouTube
  • Gipfel-Sieg. Der Wille versetzt Berge - Barbara Sima-Ruml im Gespräch mit Sepp Forcher - ORF ON
  • Eröffnung der Forcher-Ausstellung - Salzburg heute vom 04.07.2024 - ORF ON
  • Sepp Forcher gemeinsam mit Moderator Tobias Pötzelsberger zu Gast bei „Stöckl“, 25.6.2020 youtube

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