Ballett
Ballett bzw. Bühnentanz ist in Salzburg seit Bestehen des Universitätstheaters (→Theater der Benediktineruniv.) ab 1617 nachweisbar. Kleinere szenische Tanzaufführungen gab es vermutlich bereits in den »Schulmeisterkomödien« des 16. und beginnenden 17. Jh.s. Über B.-Szenen im Rahmen des Univ.-Theaters informieren die Periochen (Programmhefte mit Inhaltsangabe) zu Johann Jakob Preysings »Quirinus« (1644). Auch die Opernlibretti zu G. →Muffats »Plutone« (1687), H. I. F. →Bibers »Alessandro« (1689) und »Chi la dura la vince« (1689/90) geben Auskunft über die in der Regel an den Aktschlüssen situierten B.
Im Verlauf des 18. Jh.s enthalten die Programmhefte des Univ.-Theaters immer ausführlichere Berichte zum Bühnentanz - teils in die Handlung integriert, teils als Intermezzi zwischen den einzelnen Akten. Dabei handelt es sich zumeist um Szenen idyllisch-pastoralen Charakters, Commedia-dell’arte-Szenen oder um choreographische Kämpfe. Insgesamt zeigt sich, dass Tanz neben der Reit- und Fechtkunst im Erziehungskonzept des Barock zu den wichtigsten Übungen zur Körperertüchtigung zählte. Die Tanzmeisterdynastien Bastier, Reinalto und Speckner betreuten das Univ.-Theater während des 17. und 18. Jh.s. Die Musik zu den in der 2. H. des 18. Jh.s bes. beliebten B.-Pantomimen stammte u. a. von M. →Haydn. Im letzten Viertel des 18. Jh.s brachten die im Hoftheater (→Theater) gastierenden Theatertruppen das zu dieser Zeit aktuelle B.-Repertoire nach Salzburg. Beispielsweise wurden 1781 durch die Schikanedersche Truppe 27 B., 1786/87 durch die Feldersche Truppe 13 B. aufgeführt.
Während des gesamten 19. Jh.s waren in Salzburg keine nennenswerten B.-Aktivitäten zu verzeichnen. Erst 1901/02 kam es zu Gastspielen von Tänzern der Wiener Hofoper im Stadttheater. Festengagierte B.-Kompagnien für die Mitwirkung in Oper und Operette bzw. für eigene B.- Produktionen gibt es erst seit April 1940 am Salzburger Stadt- bzw. Landestheater (→Theater); erste Leiterin war B.-Meisterin Hanna Kammer. Eine bemerkenswerte Phase des B. des Landestheaters begann ab der Spielzeit 1991/92, als der international renommierte Tänzer und Choreograph Peter Breuer dessen Leitung übernahm. Neben der erfolgreichen Aufführung von Ballettklassikern wie «Schwanensee» schuf er vor allem mit seinen 'Erzählballetten', darunter «Carmen», «Marilyn», und «Marie Antoinette», ein eigenes Genre.
In der Anfangszeit der Salzburger →Festspiele spielte B. eine wichtige Rolle. In der Ära M.→Reinhardt wurde der Bühnentanz in Form von Solotanzabenden bzw. eigenständigen B.-Produktionen sowie als wichtiger Bestandteil von Opern und Schauspielen in das Programm integriert. Namen wie Tamara Karsavina (1921), Grete Wiesenthal (1928, 1930), Tilly Losch und Harald Kreutzberg (1927) garantierten hohes Niveau. Der große B.-Reformer Serge Diaghilew kam nur als Festspielgast wenige Wochen vor seinem Tod (Venedig, 19. 8. 1930) nach Salzburg. Ab 1931 begann sich mit der Verpflichtung der Choreographin Margarete Wallmann eine eigenständige B.-Sparte im Rahmen der Festspiele zu entwickeln. Vielversprechende Anfänge wurden jedoch durch den Krieg unterbrochen und fanden danach nicht die entsprechende Förderung. So blieb Wallmanns «Das Jüngste Gericht» (1931) die bislang einzige Tanz-Eigenproduktion der Festspiele. Die Nachkriegsära wurde ausschließlich von Gastchoreographen und ihren Kompagnien geprägt: Georges Balanchine (1956, 1965), Maurice Béjard (1962) und Kurt Jooss (1968) seien hier als bedeutendste Protagonisten genannt. Nach längerer Ballettabstinenz fand das B. erst wieder ab Beginn der 1980er Jahre seinen Platz im Festspielrepertoire: Vor allem John Neumeier kam 1983 - zunächst mit einem Gastspiel des Wiener Staatsopernballetts (1983) - dann aber immer wieder mit seinem Hamburger Ballett nach Salzburg: Es gab Aufführungen von Bachs "Matthäuspassion" am Domplatz (1985), Mozarts «Requiem» in der Felsenreitschule (1991) sowie seiner diversen Shakespeare B. von «Wie es euch gefällt» (1988) bis «Sommernachtstraum» (2015). Erfolgreich waren in den 1980er und 90er Jahren auch Gastspiele anderer namhafter Choreographen und ihrer Kompagnien, wie u.a. von Maurice Béjart (1986), Jirì Kylian (1991) sowie der Martha Graham Dance Company (1989). Ab 2017 hielt das B. mit einem Gastspiel des Mariinsky Theaters St. Peterburg mit dem B.-Klassiker «La Sylphide» von A. Bournonville Einzug bei den Salzburger Pfingstfestspielen.
Der 1971 gegründete Kulturverein →«Szene Salzburg» bietet alljährlich im Sommer im Vorfeld der Festspiele ein Podium für experimentelles Theater und insbesondere für den lokalen und internationalen Zeitgenössischen Tanz. Hierfür steht das im ehemaligen Salzburger Stadtkino etablierte Theater →«republic» zur Verfügung.
Im Jahr 1993 etablierte die namhafte amerikanische Tänzerin Susan Quinn mit der 'Salzburg Experimental Academy of Dance' - →SEAD - in Salzburg-Schallmoos eine international anerkannte Ausbildungsstätte für professionellen und auf experimenteller Bewegungsanalyse basierenden zeitgenössischen Bühnentanz.
Seit 1978 ist eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen zu Tanz und B., die Sammlung (→Derra de Moroda), dem Fachbereich Musik- und Tanzwissenschaft der →Universität Salzburg angeschlossen und damit der tanzinteressierten Öffentlichkeit zugänglich.
Lit.:
- S. Dahms: Tanz im Rahmen des Salzburger Barocktheaters, in: Barocker Geist und Raum. Die Salzburger Benediktineruniversität, Internat. Symposion Salzburg 2001, Salzburg 2003.
- I. Retzek,: Salzburger Szene. Aufbruch und Wirkung, in: Österreich tanzt. Geschichte und Gegenwart, hg. v. Andrea Amort u. Mimi Wunderer-Gosch, Wien 2001.
- S. Dahms: Ballett. Ein Rückblick als Herausforderung, in: Bühne der Welt. Glanzvolles Salzburg, Bayreuth 1985.
- J. Kaut: Die Salzburger Festspiele. 1920-81. Verzeichnis der aufgeführten Werke und der Künstler des Theaters und der Musik, zusammengestellt von H. Jaklitsch, Salzburg 1982.
S.D.