Schützen

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Schützen.

Die Salzburger S. entstanden auf verschlungenen kulturellen Wanderungen aus den Traditionen der Landfahne, der Feuerschützen-Gesellschaften und der Prangerschützen. Vielfach wird als ältester Nachweis die Gründungsurkunde des Oberndorfer Schiffer-Schützen-Corps, 1278, genannt, doch ist eine lineare Kontinuitätsableitung problematisch. Heute sind S. und Bürgergarden im Salzburger Landesverband für Heimatvereinigungen zusammengeschlossen. 2018 sind 5.700 Mitglieder in 108 Schützen- und Gardeformationen des Landes Salzburg wie folgt aktiv, gegliedert in: Bürgerwehren und Garden, Historische Wehrschützen, Festschützen, Böllerschützen, Prangerstutzenschützen sowie Handböller- oder Weihnachtsschützen. Die Salzburger S. fühlen sich bes. den historischen Ereignissen verpflichtet; etwa jährliche Anton-Wallner-Gedenkfeier in Erinnerung an den Salzburger Landsturm zur Zeit der Franzosenkriege. Die S. zählen heute zur Gruppe der Traditions- und Brauchtumsvereine und sind wesentliches Element der örtlichen Fest- und Feiergestaltung. Jährlicher Landesschützenjahrtag. Heute leiten viele Gruppierungen identifikatorisch ihr Bestehen von der ma. Wehrverfassung ab. Die Salzburger Bürgergarden (Stadt Salzburg, Hallein, Radstadt, Oberndorf, Tamsweg, St. Michael, Mauterndorf) berufen sich auf die Salzburger Stadtprivilegien, in denen seit dem 13. Jh. Selbstverteidigung als Recht verankert ist. Eine solche direkte Ableitung von militärischen Formationen ist problematisch. Belegt ist allerdings die Gründung der religiösen Jakobibruderschaft am Dürrnberg 1476, die sich später zu einer Bauernwehr zusammenschloss.

1540 werden erstmals zwei „Fahnen“ bürgerlicher „Handpüchsenschützen“ erwähnt, die beim Einzug des erwählten Erzbischofs in Freisaal Salven schossen. Diese moderneren Feuerschützen lösten allmählich die älteren Armbrust- oder Stahelschützen ab (das Wort leitet sich vom Geschoß, dem Stahlbolzen ab). Heute existieren u.a. als Verein die Salzburger Stahelschützen am Mönchsberg mit dem Schießstand bei der Monikapforte.

Der Landesfürst als Schutzherr stiftete Preisgelder und kontrollierte die S., um sie für die Landfahne nutzbar zu machen. Die Wettschießen waren eine beliebte Lustbarkeit. Zwischen 1600 und 1603 erhielten Salzburg, Radstadt und Hallein Schützenordnungen. Während des 30-jährigen Krieges wurden die Feuerschützen als Leibwache im Schwedenkrieg eingesetzt, gefördert und in die Hauptmusterungslisten eingetragen. Ab 1664 erhielten sie Steuerbegünstigungen und wurden vermehrt zur Verteidigung eingesetzt. Die älteste nachweisbare Schießhütte des Landes stand 1553 im Nonntal, doch schon 1425 war ein Oberzeugmeister für das ganze Land bestellt worden. Aus einem Pachtvertrag von 1795 erfahren wir von der Ausstattung der Schenktaverne beim Schießstand vor dem Virgiltor, vom Recht des Pächters, alte Schießscheiben zu verheizen. Auch in Gastein und Rauris wurde ab der Mitte des 16. Jg.s geschossen. Bis zum Verbot von 1685 existierten bei allen Schießstätten „Scholderer- und Spieltische“, mit deren Erlös die Schießstände repariert wurden. Im Laufe des 18. Jh.s wurden die Feuerschützen-Gesellschaften langsam zu militärischen Formationen und immer häufiger zur Landesverteidigung (bes. während der Protestantenvertreibung 1731–33) und zum Polizeidienst eingesetzt. Von der Auflösung der Landfahne 1743 waren die Feuerschützen nicht betroffen, ihr gesellschaftliches Leben (Gesellen- und Kränzelschießen) lief weiter. Auch das kurzfristige bayerische Verbot des Vortl-(Best-)Schießens von 1810 wurde sofort wieder aufgehoben und das „Freischießen“ allgemein erlaubt. Häufige Preise waren im 18. Jh. Lederhosen im Werte von zwei Gulden, Bestscheiben, aber auch Münzen u.a. Die Scheiben von außergewöhnlichen Festschießen wurden ästhetisch gestaltet und von den Vereinigungen verwahrt. Ein herausragendes Festschießen fand 1782 anlässlich der 1200-Jahr-Feier statt, an ihm nahmen der Fe.und 168 S. aus Salzburg, Bayern, Tirol, Österreich und Steiermark teil.

Seit der Gegenreformation und speziell seit Beginn des 17. Jh.s wurde durch den katholischen Kirchenstaat auch die Festkultur mitgeprägt, und die Teilnahme der S. zur Auszier der Kirchenfeste war obligatorisch. Die Fronleichnamsprozession, eines der Hauptfeste der Kirche, wurde daher zum großen „Prangtag“. Die Schützengesellschaften errichteten oft auch religiöse Bruderschaften. Die Ausgestaltung der Reliquienprozession von 1628, anlässlich der Domkirchweih, erwähnt auch die Beteiligung der S. Ebenso ist seit der Mitte des 17. Jhs. das „Christkindl-Anschießen“ oder „Mettenschießen“, also ein feierlicher Salut auf den neugeborenen Christus (keinesfalls ein heidnischer Lärmbrauch) belegt. Das im 17. Jh. beliebte „Wetterschießen“ ging wohl auf abergläubische Vorstellungen zurück und wurde 1785 (mit wenig Erfolg) per Verordnung untersagt. Auch die Feste des Lebens und der Gemeinde werden von Schützenkompanien begleitet. Dass 1782 beim Schützenfest den Bürgern und Bauern eine Kleidervorschrift für ihr Erscheinen zum Festschießen erlassen wurde, entsprach den Konventionen der Zeit und zeigt, dass es keine einheitlichen Gewandungen gab. Erst im 17. Jh. wurde langsam in Europa mit der Aufstellung stehender Heere die einheitliche Kleidung („vestitura uniformis“) üblich, erst ab dem 18. Jh. kennzeichnet sie Träger öffentlicher Funktionen und ab dem 19. Jh. Mitglieder öffentlicher Hilfsdienste wie etwa Feuerwehr oder Rettungsdienste. So gehen die Uniformen der Salzburger S. auf militärisch geführte Garden des 18. Jh.s zurück oder sind solchen nachempfunden. Im 20. Jh. wurden auch Anleihen an der erneuerten Tracht genommen. Auf militärische Formationen gehen u.a. die Struberschützen in Golling (1848 begr.) zurück, benannt nach dem Stegenwaldwirt Josef Struber, der 1809 als Schützenkommandant den Pass Lueg sicherte.

Die Prangerschützen sind aus dem antiken bis ma. Herrschergeleit abgeleitete Formationen, die zur Zeit der Gegenreformation (damals als militärische Feuerschützen) eine feste Rolle in den kirchlichen Bräuchen erhielten. Ab 1851 entstanden wieder Prangerschützenformationen, die als Vereine an festliche Geleit- und Salutbräuche anschlossen. Um 1900 formierten sich viele Schützengruppen unter der Bezeichnung „Prangerschützen“. Sie schießen Ehrensalut mit →Prangerstutzen und Böllern. Aus Berchtesgaden kommend, hat sich damals eine neue Form des Weihnachts- und Neujahrs(an)schießens durch Prangerschützen eingebürgert. Ältere Schützenkompanien und Berufsverbände (z.B. Dürrnberger Knappenschützen; 1754 Salvenschießen an den Prangtagen in Golling) gingen in Prangerschützenformationen über. Prangerstutzen sind 15–30 kg schwere, 50–70 cm lange Handböller (Vorderlader für Schwarzpulver; früher Bronze-, heute Edelstahllauf, Druckfestigkeit 70 kg/qmm), die einen lauten Knall verursachen. Heute ist dafür eine behördliche Genehmigung erforderlich. Durch K.→Brandauer und Karl Merhaut entwickeltes Sternschießen der Flachgauer Prangerschützen seit 1967. Am Nachmittag des Silvester schießen die in Kreise eingeteilten etwa 30 Kompanien nach einem von Schützenmajor Franz Forsthuber entwickelten Zeitplan in Abständen von 15 Minuten das neue Jahr an. Begonnen wird, in konzentrischen Kreisen um den geographischen Mittelpunkt Salzburg, mit den entferntesten S. um 15 Uhr, bis als letzte die Salzburger Schützen um 16 Uhr 15 von der Festung schießen.

1852 wurde mit kaiserlichem Patent festgelegt, dass „Schützen eines ordentlich organisierten Schießstandes beim Besuche“ keine Sondererlaubnis benötigten, aber zusätzlich waren die Gemeindevorstehungen verpflichtet, für jedes Ausrücken der Schützen eine Genehmigung der Landesregierung einzuholen. Aus diesen Genehmigungen ist die Existenz von Prangerschützen und Schützenkorps nachzuweisen. Seit dem 75-Jahr-Gedenken an die Freiheitskämpfe 1809 im Jahre 1884 wurde die Gründung von Schützenkompanien im Sinne des Landesbewusstseins unterstützt. Am 15.1.1910 genehmigte Kaiser Franz Joseph die Errichtung eines gesamtösterreichischen Verbandes der Bürger- und Schützenkorps. In Salzburg existierten 1910 die Bürger- und Schützenkorps in Hallein, Hofgastein, Radstadt, Mauterndorf, St. Michael, Tamsweg, St. Johann, Altenmarkt, das Schifferschützenkorps in Oberndorf, die Schützengesellschaften in St. Martin bei Lofer, die Fronleichnamsschützen in Unken und die „Feierlichkeitsschützen“ in Adnet, Grödig, Bergheim und Annaberg, weiters das Bauernschützenkorps Bischofshofen (1909) und 30 Prangerschützenkorps ohne Genehmigung. Nun folgten zahlreiche Gründungen, u.a. das Bauernschützenkorps „Struberschützen“ im Markt Werfen (1911) und die „Anton-Wallner-Schützenkompanie Krimml“ (1911). Nach dem Friedensvertrag von St. Germain mussten sich nach Artikel 128 alle „Kriegervereine“ (1919) und alle anderen Formationen (1922) auflösen. Nach dem Vereinsgesetz von 1867 entstanden 1926 die „Jakobi-Schützen am Thurn“, die »Struberschützen« Golling und der Schützenverein »Attergau« in Burgau wiederum und 1929 wurde auch der „Reichsverband der österreichischen Bürger- und Schützenkorps“ wieder begründet. Im NS-Regime wurde den Schützen 1939 jede „konfessionelle Betätigung“ verboten, von 62 Schützenvereinen wurden 23 aufgelöst und andere durch die Verordnung zur „Ausbildung der Wehrfähigen im Gau Salzburg im Schießwesen“ zu Sportvereinen umgebildet; einige wurden aufgelöst, andere existierten mit Statutenänderung weiter. Am 1.10.1943 wurde eine Gauschützenverordnung verlautbart, 1944 wurden 44 Schützengilden genehmigt. Die gegenwärtigen Sportschützen, zusammengefasst im Salzburger Landesschützenverband, bestreiten mit modernen Präzisisonsgeräten Übungs- und Wettkampfschießen auf Scheiben.

Lit.:

  • F. Zaisberger, F. Hörmann (Hg.): Frieden Schützen. 1809–2009. Salzburg 2010.
  • F. Zaisberger, F. Hörmann (Hg.): Salzburgs Schützen und Bürgergarden. Landesverteidigung und Brauchtum. Salzburg 1996.
  • H. Hinterstoisser, G. Korell, F. Zaisberger (Hg.): Die Bürgergarde der Stadt Salzburg 1287–2005. Salzburg 1991.

U.K.