Religionen und staatlich anerkannte Bekenntnisgemeinschaften
Religionen und staatlich anerkannte Bekenntnisgemeinschaften.
Neben ihrer spirituellen haben Religionen auch eine kulturelle Bedeutung. Sie können bei der „Suche nach dem Sinn des Lebens# helfen und Werte vorgeben. Weiters begründen sie Ethik, Moral und Sitten. Durch ihre Feiertage und Feste, aber auch durch Rituale und Praxen im Alltag können sie den Tag, die Woche, das Jahr und das (individuelle oder gemeinschaftliche) Menschenleben strukturieren. Die Republik Österreich verschafft mit der „gesetzlichen Anerkennung“ als Kirche oder Religionsgemeinschaft dieser einen besonderen Status. „Die gesetzliche Anerkennung bewirkt die Verleihung der öffentlich-rechtlichen Rechtspersönlichkeit an eine Kirche oder Religionsgemeinschaft, wodurch ihr die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt. Dieses beinhaltet auch die privatrechtliche Rechtsfähigkeit.“ Diese Körperschaften nehmen neben den religiösen Aufgaben auch kulturpolitische, soziale und gesellschaftliche Aufgaben wahr.
Derzeit sind in Österreich 16 Kirchen und Religionsgemeinschaften „gesetzlich“ anerkannt, wobei manche innerhalb eines Sammelbegriffes mehrere Kirchen inkludieren. Mit dem Benediktinerstift →St. Peter und der Wirkung als Missionsstandort für den gesamten Südostalpenraum hat die Römisch-katholische Kirche in Salzburg eines der ältesten noch bestehenden Klöster des dt. Sprachraumes (seit 696) und eine jahrhundertealte prägende Tradition. Der Salzburger Erzbischof trug den Ehrentitel „primas germaniae#, der „erste Priester des deutschen Sprachraumes“. Vom ersten Dombau durch →Virgil, der ältesten nachweisbaren Bischofskirche des heutigen Österreich über die zahlreichen Kirchenbauten der Stadt, entstanden im gesamten Erzstift Salzburg (reichte mit seinen Suffraganbistümern Passau, Regensburg, Freising und Brixen sowie den Eigenbistümern Chiemsee, Seckau und Lavant weit über das heutige Landesgebiet hinaus) weitere Klöster (z.B. Stift Nonnberg als ältestes bestehendes Frauenkloster, Michaelbeuern oder St. Anton im Pinzgau), Kirchen- (z.B. →Pongauer Dom, Mariapfarr im Lungau oder Bischofshofen/Maximilianszelle als Gründung des hl. →Rupert) und Kapellenbauten, Einsiedeleien (z.B. Palfen bei Saalfelden) oder Wallfahrtsstätten wie →Maria Kirchenthal oder Maria Plain. Die erste Salzburger Universität (1623) stand unter der Leitung der Benediktiner.
Eine Besonderheit sind die mit der römisch-katholischen Kirche verbundenen katholischen „Schwesterkirchen“, die „katholischen Ostkirchen“, die Liturgie im byzantinischen Ritus feiern, deren Glaubensinhalte jedoch dieselben wie die der römisch-katholischen Kirche sind. Die Ukrainisch-griechisch-katholische Kirche in Westösterreich hat seit 2000 ihr Gotteshaus in der Ursulinenkirche „St. Markus“ in Salzburg-Stadt und ihre Gemeinde ist als „Quasi-Pfarre“ oder Seelsorgestelle der Wiener Pfarre St. Barbara organisiert. Zu den christlichen Evangelischen Kirchen Augsburger (A.B.) sowie Helvetischen (H.B.) Bekenntnisses in Salzburg (vgl. z.B. →Christuskirche, →Emigranten, protestantische, →Evangelische Kirche, B. →Pürstinger, J. →Schaitberger, J.v. →Staupitz). Die christlichen Orthodoxen oder Griechisch-orientalischen (byzantinischen) Kirchen blicken in Österreich auf eine 350-jährige Geschichte zurück. In Salzburg haben folgende orthodoxe Kirchen auch Pfarrgemeinden: Die „Griechisch-orthodoxe“ Kirchengemeinde zum hl. Dimitrios, Gaisbergstraße 7 in der Stadt Salzburg, die „Russisch-orthodoxe“ Kirchengemeinde „Maria Schutz“ in der Christian-Doppler-Straße 3a in Salzburg, die „Serbisch-orthodoxen“ Pfarrgemeinden „Maria Schutz und Fürbitte“ in der Schmiedingerstraße in der Stadt Salzburg sowie „Kirche der Synaxe aller serbischen Heiligen“ in Saalfelden, die „Rumänisch-orthodoxe“ Kirche die Gemeinde „Hl. Erzengel Michael und Gabriel“ (Gründung) sowie „Hl. Märtyrer Epiktet und Astion“ (Weihe) in der Robinigstraße in Salzburg-Stadt. Die „Bulgarisch-orthodoxe“, die „Georgisch-orthodoxe“ Kirche sowie das „Patriarchat von Antiochien“ haben keine Pfarrgemeinden in Salzburg.
Als 14. Religionsgemeinschaft wurden Jehovas Zeugen 2009 in Österreich anerkannt. Im Land Salzburg verfügen Jehovas Zeugen über 14 Versammlungsstätten („Königreichssäle“). In Österreich sind Jehovas Zeugen seit 1911 aktiv; sie wurden in der Zeit des Nationalsozialismus rigoros verfolgt, da ihnen die Glaubensüberzeugung Führerkult und Kriegsdienst untersagte. In Salzburg erhielten Altkatholiken 1907 den Anstoß zur Gemeindebildung durch Aktivitäten des exkommunizierten Priesters Hans Kirchsteiger, eine Konstituierung geschah 1922. In der Stadt Salzburg hat die Altkatholische Kirche in der Schlosskirche von Schloss Mirabell ihr Gotteshaus. Die Freikirchen in Österreich sind ein Verbund aus mehr als 160 verschiedenen christlichen freikirchlichen Gemeinden, im Detail: der Baptisten, der Elaia Christengemeinden, dem Bund Evangelikaler Gemeinden, der Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde, sowie der Mennonitischen Freikirche Österreichs. Die Bünde fühlen sich weiteren freikirchlichen Gemeinden in Österreich verbunden. Ansprechpartner gegenüber der Öffentlichkeit ist der Rat der „Freikirchen in Österreich“ mit leitenden Personen aus den genannten fünf Freikirchen. Der derzeitige Ratsvorsitzende ist der Pastor der Freien Christengemeinde Braunau und Vorsitzende der Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde, der in Bürmoos lebende Edwin Jung.
Die Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft (ÖBR) vertritt sämtliche Mitgliedsgruppen und Orden jener buddhistischen Hauptrichtungen (Mahayana, Theravada, Vajrayana), die Mitglieder der ÖBR sind. In Salzburg-Stadt existiert mit der Buddhistischen Gemeinschaft Salzburg ein traditionsübergreifender Praxisort. Folgende Orden oder Mitgliedsgruppen haben Niederlassungen in Salzburg: Die Theravada-Gruppe Salzburg, die Puregg Phönixwolke Sangha in Dienten am Hochkönig (Puregg-Gut), Karma Kagyu Diamantweg in Salzburg-Stadt, Ligmincha Österreich, die österreichische Dzogchengemeinschaft und das TDC Tibet Dharma Center. In der Fürstenallee in Salzburg-Stadt befindet sich das Gotteshaus der Neuapostolischen Kirche. Diese christliche Kirche ist seit 1975 gesetzlich anerkannt. Der Kirchengründer Friedrich Krebs (1832–1905), „Stammapostel“ (höchste Instanz), beauftragte den ersten Diakon Josef Hallawitsch 1885 zur Übersiedelung von Hamburg nach Wien. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (HLT), die größte „mormonische“ Kirche geht auf den US-amerikanischen Religionsstifter Joseph Smith jr. (1805–1844) zurück. Seit 1955 ist die Kirche in Österreich als Religionsgemeinschaft gesetzlich anerkannt. 1928 wurde die Kirche in Salzburg begründet und 1997 ein „Pfahl“ (Verwaltungseinheit) gebildet.
Zur Israelitischen Religionsgesellschaft in Salzburg und zum "Zentrum für jüdische Kulturgeschichte" der Universität Salzburg vgl. den Eintrag →Jüdisches Salzburg.
Die Evangelisch-methodistische Kirche ist Teil der United Methodist Church und seit 1951 in Österreich gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft. Die Gemeinde hat ihr Gotteshaus in der Neutorstraße in Salzburg-Stadt. Die drei „altorientalischen“ christlichen Kirchen, die „Syrisch-orthodoxe Kirche von Antiochien“, die „Koptisch-orthodoxe Kirche“ und die „Armenisch-apostolische Kirche“, haben in Salzburg keine Kirchengemeinde, obwohl auch hier Mitglieder dieser Kirchen leben (vgl. Hofrichter 2006). Die Sektion Salzburg (gegr. 1985, Vorsitzende u.a. LH H. →Lechner, LH Hans Katschthaler) der ökumenischen Stiftung Pro Oriente (seit 1964, Gründer Kardinal Franz König) der römisch-katholischen Kirche widmet sich der Pflege und Förderung des Kontaktes insbesondere mit den altorientalischen Kirchen und betreut auch Stipendiatinnen und Stipendiaten dieser Regionen. Mit dem inter- und transdisziplinär disponierten ZECO (Zentrum zur Erforschung des christlichen Ostens, diverse Vorgängerinstitutionen) unter der Leitung der Armeniologin Jasmine Dum-Tragut besitzt die Universität Salzburg ein Kompetenzzentrum zur Erforschung des Christentums des Nahen Ostens, Indiens und Südosteuropas. Das Zentrum veranstaltet neben Akademien große Ausstellungen wie bspw. „Salzburg und die Slawenmission. Zum 1100. Todestag des hl. Methodius“ (Wiss. Leitung: Heinz Dopsch), internationale Symposien sowie Reisen.
Der Islam ist in Österreich bereits seit dem letzten Drittel des 19. Jhs., was seine hanefitische (eine sunnitische Rechtsschule) Richtung betrifft, anerkannt. Hintergrund war das Staatsgrundgesetz vom 21.12.1867 (RGBl. Nr. 142/1867, insb. Art. 15) und das Gesetz vom 20.5.1874, betreffend die gesetzliche Anerkennung von Religionsgesellschaften. Die Okkupation (1878) und Annexion (1908) Bosnien-Herzegowinas brachte ein Territorium mit muslimisch dominierter Bevölkerungsgruppe ins Habsburgerreich und der Bedarf an einem Religionsgesetz stieg. Kurz nach dem Autonomiestatut für Bosnien trat 1912 das Gesetz betreffend die Anhänger des Islam als Religionsgesellschaft (RGBl. Nr. 159, 1912) in Kraft. In Salzburg vertritt die Interessen der sunnitischen Muslime die Islamische Religionsgemeinschaft Salzburg im Auftrag der IGGÖ (= Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich). In der Stadt Salzburg existieren derzeit elf Moscheegemeinden, in Hallein vier, und je eine in Grödig, Oberndorf bei Salzburg, Neumarkt am Wallersee, Bad Hofgastein, Radstadt, St. Johann im Pongau, Mittersill, Saalfelden und Tamsweg. Fachvereine der IGGÖ existieren in Salzburg mit dem Albanischen Kulturverein Dituria in Radstadt und mit dem Verein „En-Nur“ in Salzburg-Stadt. 2015 wurde ein neues Islamgesetz (BGBl. I Nr. 39/2015) verabschiedet. Die islamische Minderheit der Schiiten, die sich in zahlreiche Untergruppen gliedert, ist in Österreich als „Islamisch-Schiitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (Schia)“ eine staatlich eingetragene Bekenntnisgemeinschaft. In der Stadt Salzburg besteht eine schiitische Moscheegemeinde. Die Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI) ist seit 2015 gesetzlich anerkannt. Die Aleviten sind eine Verschmelzung der islamischen Richtung der Zwölfer-Schia (Partei Alis, „Alevi“ = „Anhänger Alis“) mit mystischen (sufistischen) Interpretationen des Koran. In Salzburg gibt es keine alevitische, auch keine Alt-Alevetische (Alt-Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich, AAGÖ, staatlich eingetragen seit 2013) Glaubensgemeinde.
Die Rechte der Mitglieder der drittgrößten „Weltreligion“, des Hinduismus vertritt die Hinduistische Religionsgesellschaft in Österreich (HRÖ) als eine staatlich eingetragene Bekenntnisgemeinschaft. In Salzburg steht die Hinduistische Religionsgesellschaft unter der Leitung von Bhola Nath Prabhakar und Rama Malhi. Ein kleiner Tempel (= Mandir) befindet sich in der Schießstattgasse in Salzburg-Stadt. Ein „geistiger Rat“, eine Ortsgemeinde der Bahá’i, befindet sich in der Stadt Salzburg. Die „Bahá’i“, die in Österreich seit 1998 als Bekenntnisgemeinschaft staatlich anerkannt ist, haben seit 1911 in Österreich eine Niederlassung.
Seit 1949 ist in Salzburg Die Christengemeinschaft – Bewegung für religiöse Erneuerung aktiv. 1994 wurde das neu gebaute Kirchen- und Gemeindezentrum in der Josef-Waach-Straße in Salzburg-Stadt eröffnet. Österreich, Tschechien und Ungarn bilden seit Juni 2017 in der Christengemeinschaft einen eigenen Regionenkomplex. Diese staatlich eingetragene Bekenntnisgemeinschaft, die 1922 in Dornach in der Schweiz gegründet wurde, hat eine Erweiterung ihrer Theologie durch die Anthroposophie Rudolf Steiners (1861–1925) erfahren. Eine „Gruppe“ der Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten in Österreich (Kirche der STA) besteht in St. Michael im Lungau, zwei „Ortsgemeinden“ in der Neualmerstraße in Hallein und in der Franz-Josef-Straße in Salzburg-Stadt. In der Franz-Sauer-Straße in Salzburg Stadt befindet sich die Gemeinde „Gloria“ der staatlich anerkannten christlichen Bekenntnisgemeinschaft, der Pfingstkirche Gemeinde Gottes in Österreich (Pfk Gem.Gottes iÖ). Die seit 2015 als religiöse Bekenntnisgemeinschaft staatlich anerkannte Vereinigungskirche in Österreich (Moon-Bewegung), benannt nach dem koreanischen Begründer Sun Myung Moon (1920–2012), die in Österreich seit 1965 vertreten ist, hat in Salzburg-Stadt ein Gemeindezentrum.
Weblinks:
- https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/82/Seite.820015.html (= gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaften und Kirchen)
- https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/82/Seite.820016.html (= Staatlich eingetragene Bekenntnisgemeinschaften)
- https://www.uni-salzburg.at/index.php?id=63251 (= ZECO)
- https://www.bundeskanzleramt.gv.at/religiose-bekenntnisgemeinschaften
- https://www.bundeskanzleramt.gv.at/kirchen-und-religionsgemeinschaften
Lit.:
- U. Kammerhofer-Aggermann; M. Greger (Hg.): Feste, Bräuche, Feiertage der Religionen in Österreich – wie, wann, wozu? (= SBzVK 22) Salzburg 2016.
- P. L. Hofrichter (Hg.): Ostkirchliches Christentum in Salzburg. Salzburg 2006.
- H. Dopsch; P. F. Kramml; A. St. Weiss (Hg.): 1200 Jahre Erzbistum Salzburg. Die älteste Metropole im deutschen Sprachraum. Beiträge des Internationalen Kongresses in Salzburg vom 11. bis 13. Juni 1998. Salzburg 1999 (= MGSL 18. Ergänzungsband, zugleich: Salzburg Studien. Forschungen zu Geschichte, Kunst und Kultur. 1.)
- M. Feingold (Hg.): Ein ewiges Dennoch: 125 Jahre Juden in Salzburg. Wien Köln Weimar 1993.
- Amt der Salzburger Landesregierung (Hg.): Reformation Emigration. Protestanten in Salzburg. Ausstellung 21. Mai – 26. Oktober 1981, Schloß Goldegg, Pongau Land Salzburg. Salzburg 1981.
M.J.G.