Bodo Hell

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Bodo Hell, Rauriser Literaturtage 2012

Bodo Hell, * 15. März 1943 in Salzburg; Schriftsteller, Film- und Fotokünstler, seit 9. August 2024 im oberösterreichisch-steirischen Dachsteingebiet vermisst. Studien an der Universität Mozarteum (Orgel), an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien (Film und Fernsehen) und an der Universität Wien (Philosophie), lebte ab 1961 in Wien und später auch in Altenhof/NÖ; im Sommer arbeitete er ab den späten 1970er Jahren jeweils als Senn am Dachstein.

In seinen multimedial angelegten Arbeiten richtet sich Hells Interesse v.a. auf alle Arten von Zeichen, die unsere zivilisatorische Existenz organisieren. Zunächst entstanden Bergerzählungen, die sich deutlich von der Gattungstradition absetzen: z.B. Dom Mischabel Hochjoch (1977), 666 (1987). Mit Texten wie Stadtschrift (1983) wandte sich Hell dem urbanen Lebensraum zu. Seine ausgedehnten, meist in kürzere Textblöcke gegliederten Prosa-Arbeiten, z.B. wie geht’s (1989), mittendrin (1994) und Tracht : Pflicht (2003), sind geprägt durch die Montage unterschiedlichster Diskurse: von sprachlichem Material aus der Alltags- und der Werbewelt, aus den Massenmedien und aus wissenschaftlichen Abhandlungen, aber auch aus der Überlieferung der ländlichen Bevölkerung. Texte wie Herbe Garbe, Weiberkittel. Von Heiligen, Pflanzen und Substanzen (2008) sowie Ritus und Rita. Neue Legenden und Liebeserklärungen (2017) beschäftigen sich überaus assoziations- und kenntnisreich mit den in den jeweiligen Untertiteln genannten Themen und deren Wiedergabe in den unterschiedlichsten Diskursfeldern. Der Sammelband Kunstschrift. Verni-Midi-Finissagen (90 Positionen von Abramovic bis Zumthor) belegt die außerordentlich vielfältige Zusammenarbeit Hells mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern diverser Kunstrichtungen, auch außerhalb der Literatur.

Weitere Texte: Untersberg Geschichten Grenzgänge Gangsteige (mit Walter Seitter und Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2012); Wilder Dachstein (mit Elsbeth Wallnöfer, Fotos: Peter M. Kubelka, 2018), Auffahrt. Neue Hagiographien (2019); begabte Bäume (mit Zeichnungen von Linda Wolfgruber, 2023); Natur Aufnahme. Von Ziegen, Zaunammern und Zikaden (mit Martin Leitner und Georg Vogel, mit CD, 2023); außerdem Theaterstücke, z.B. Herr im Schlaf (1995), Tassen im Schrank (1996), Mohr im Hemd (Uraufführung bei den Rauriser Literaturtagen 2000).

Filme u.a.: 1 Häufchen Blume 1 Häufchen Schuh (Porträt Friederike Mayröcker, mit Carmen Tartarotti, 1990), Am Stein (Leben im Hochgebirgssommer, mit Othmar Schmiderer, 1996), Im Augenblick. Die Historie und das Offene (Ziegenfilm, mit Angela Summereder und Othmar Schmiderer, 2013).

Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Rauriser Literaturpreis 1972, Literaturpreis der Stadt Wien 1999, Preis der Literaturhäuser 2003, Heimrad-Bäcker-Preis 2017, Christine-Lavant-Preis 2017, Großer Kunstpreis des Landes Salzburg 2019, Österreichischer Kunstpreis für Literatur 2023, Literaturpreis des Landes Steiermark 2024.


Literatur:

  • Manfred Mittermayer: Bodo Hell. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
  • Bettina Steiner: Bodo Hell. Dipl. ​Univ. Wien 1999.

Ma.M.