Salzburger Filmgeschichte

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Mit einer Zahl von rund 250 Kinospielfilmen, die in 100 Jahren Filmgeschichte im Salzburger Land entstanden, reichte die Bedeutung Salzburgs als Filmschauplatz zeitweilig an Filmmetropolen wie Paris oder Berlin heran, wo im Jahr 1895 die ersten Filme öffentlich vorgeführt wurden. Zuvor hatten Salzburger zum Teil Bedeutendes zur Entwicklung der Filmtechnik beigetragen: Simon Stampfer, Professor am Salzburger Lyceum, entdeckte mit dem Stroboskop (1833) eine der technischen Grundlagen des Films (weiterentwickelt von Christian Doppler). Als einer der wichtigsten Konstrukteure ging August Arnold (1898–1983) in die Geschichte ein. Er gründete die Firma ARRI in München, heute eine der größten Filmtechnikfirmen der Welt. 1982 wurde ihm (und Konstrukteur Erich Kästner) ein Scientific and Technical Award in der Kategorie Academy Award of Merit (und damit eine Oscar Statue) verliehen.

Anfänge (1911-1938)

Aktie der Kunstfilm-Industrie (1923)
Die Anfänge Salzburgs als Filmdrehort gehen bis ins Jahr 1911 zurück: die Österreichisch-Ungarische Kinoindustrie kurbelte einen Kulturkurzfilm über die Dampfbootfahrt auf dem Zeller See, und um 1919/1920 entstanden die ersten drei Spielfilme, darunter der Titel Alpentragödie, in der Gebirgswelt der Hohen Tauern. Künstlerisch bemerkenswert ist die Verfilmung der Theodor-Storm-Novelle Ein Fest auf Haderslevhuus (1921) auf der Festung Hohensalzburg. Zur gleichen Zeit fiel mit der Gründung der Salzburger Kunstfilm-Industrie AG die Startklappe für die heimische Produktion von Filmen. Auf dem Gelände des Mitgründers und Brauereibesitzers Heinrich Kiener in Salzburg-Maxglan wurde das damals größte Filmatelier Österreichs mit 700 m² Nutzfläche, Garderoben, Entwicklungs- und Kopieranstalt und 5.000 m² Freigelände errichtet (das noch heute unverändert bestehende Studio ist eines der ältesten Filmateliers der Welt).

1921 entstand in Salzburg einer der ersten Spielfilme der Firma, Die Tragödie des Carlo Prinetti (Buch: Rudolf Oppelt, Hauptdarsteller Stummfilmstar Alphons Fryland, aufgeführt erst 1924), ein turbulentes Drama um einen Halleiner Salinenarbeiter. 1925 ging das Unternehmen samt den Wiener Filialbetrieben (u.a. einem Filmverleih) v.a. wegen betrügerischer Handlungen einiger Beteiligter unter.

Wolfgang Amadeus Mozart widmete man anlässlich dessen 165. Geburtstages die stumme Filmbiografie Mozarts Leben, Lieben und Leiden (1921). Ende der 20er-Jahre zog der Ton ins Kino ein. In einem „Sprechfilm“ der ersten Stunde, Liebling der Götter (1930), gewinnt ein strapazierter Tenor, gespielt von Emil Jannings (1884–1950), am Wolfgangsee seine Stimme zurück. Jannings, der erste Oscar-Preisträger der Geschichte (1928), lebte und arbeitete von 1926 bis zu seinem Tod in Salzburg.

Von den Filmen bis 1938 sind historisch bedeutsam: Im Weißen Rössl (1935), als trachtenschwelgendes Manifest vaterländischer Gesinnung ganz nach dem Geschmack des Ständestaates; Das unsterbliche Lied (1934), gedreht von der NS-Bewegung nahestehenden Produzenten als eine Pseudobiografie des Stille-Nacht-Komponisten Franz Xaver Gruber bereits voll versteckter Anschlusspropaganda; sowie der in St. Gilgen gedrehte, von Protesten der Amtskirche begleitete Film Der Pfarrer von Kirchfeld (1937) mit Hans Jaray unter der Regie der Filmpioniere Jakob und Luise Fleck, die wenig später emigrieren mussten. Ihr Schicksal teilte der von 1926 bis 1938 in Henndorf arbeitende Carl Zuckmayer, dessen dort entstandene erfolgreiche Theaterstücke (Katharina Knie, Der Hauptmann von Köpenick) mehrfach verfilmt wurden und der sich als Drehbuchautor u.a. für Alexander Korda einen Namen machte (Rembrandt, 1939; Escape Me Never, 1935, Regie Paul Czinner; weiters: Der blaue Engel). Neben Jannings war Zuckmayer mit dem deutschen Schauspieler Werner Krauss befreundet, der von 1925 bis 1959 in Scharfling lebte und in anerkannten deutschen Filmklassikern, aber auch in dem Propagandafilm Jud Süß Hauptrollen verkörperte. Der seit 1912 für den Film tätige Max Reinhardt, der noch 1936 Filmfestspiele in Salzburg etablieren wollte, darf an dieser Stelle nicht vergessen werden.

Nationalsozialismus

In der NS-Zeit wies die gelenkte Filmindustrie Salzburg einen nur scheinbar unpolitischen „Bummelplatz der deutschen Seele“ als hübsche Kulisse für Schwänke und Urlaubskomödien zu (Beates Flitterwoche, 1940; Saison in Salzburg, 1943). Die immerhin zwei Dutzend Filme in der Zeit von 1938 bis 1945 sollten dieses Image Salzburgs im Film bis in die 60er-Jahre prägen (begleitet von der personellen Kontinuität der Filmschaffenden vor und nach 1945). Aufschlussreich ist Der kleine Grenzverkehr (1943), ein Film nach der literarischen Vorlage des verfemten Autors Erich Kästner über die Zeit der 1.000-Mark-Sperre in Salzburg. Der Stoff wurde von Goebbels dazu missbraucht, das Druckmittel der Zwangskaution und den „Anschluss“ zu rechtfertigen und die Unterschiede zwischen Deutschen und Österreichern zu verwischen bzw. auf sprachliche Kuriosa zu reduzieren.

Mit fortschreitendem Krieg entfernte sich die aufgezwungene „Kraft durch Freude“-Idylle Salzburgs im NS-Film von der Realität bis zur Groteske: Musik in Salzburg (1944) gaukelte noch einen luxuriösen, vom Bombenkrieg völlig unberührten Festspielbetrieb vor. Bedroht von Zwangsrekrutierungen flüchteten Durchhaltefilmer kurz vor Kriegsende ins Land: Die Komödien Ein Mann gehört ins Haus (Drehort Zell am See), Wie ein Dieb in der Nacht (Bad Gastein) und Liebesheirat (St. Gilgen) retteten 1945 das Leben der Mitarbeiter von Filmteams, sahen aber nicht mehr das Licht der Leinwand. Dreimal Komödie wurde sogar erst abgebrochen, als amerikanische Panzer in die Stadt rollten.

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Von der Lähmung der Filmstadt Wien – dort verhinderte die Zonenteilung vorerst jede Filmproduktion – profitierte Salzburg beim Wiederaufbau der österreichischen Filmindustrie. Guido Bagier, Musikwissenschaftler und von 1928 bis 1932 Geschäftsführer der bedeutenden deutschen Filmfirma TOBIS (kurz für Tonbild-Syndikat AG), wurde von Eugen Sharin, Leiter der Film-Sektion der amerikanischen ISB (Information Services Branch), als Administrator des beschlagnahmten und in Guggenthal eingelagerten deutschen Filmgutes in den USFA (US Force, Austria)-Zonen eingesetzt.

Mit dem Geld der Reichsfilmkammer und Geräten der Wien-Film hatte Bagier die Mittel zur Wiedergründung der österreichischen Filmproduktion in der Hand. Unter mehreren 1946/47 in Salzburg entstandenen Filmfirmen war Bagiers Österreichische-Filmgesellschaft m.b.H., kurz ÖFA (A für Atelier), die erfolgreichste; sie befand sich zur Gänze im Besitz der Wiener Creditanstalt-Bankverein. Mit Maresi (1948, Regie Hans Thimig, mit Maria Schell in ihrer ersten Hauptrolle) nahm die ÖFA ihren Produktionsbetrieb auf. Rasch wuchs die Filmfirma mit 170 Mitarbeitern zum drittgrößten Unternehmen in der Stadt Salzburg heran. Anfänglich wurden Bühne und Stadtsaal des Festspielhauses als Filmatelier genutzt, z.B. für den erfolgreichen Film Vagabunden (1949, mit Paula Wessely und Attila Hörbiger). 1949 übersiedelte die ÖFA in ein umgebautes Bauerngut im Stadtteil Parsch, wo zwei Aufnahmehallen, ein Synchronstudio, Schneideräume und Werkstätten Platz fanden. Das Studio an der Kreuzbergpromenade (Nr. 3) war bis 1977 Zentrum der Salzburger Filmproduktion und das Klein-Hollywood des florierenden Heimatfilm-Genres. Der erste Film in Parsch hieß Kleiner Schwindel am Wolfgangsee (1949, Regie Franz Antel), zugleich der erste von vielen unkritischen Unterhaltungsfilmen der Nachkriegsjahre. Unter Bagiers Nachfolger Manfred Benatzky und – ab 1954 (in Sub-Pacht der Wien-Film) unter Führung des CA-Filmabteilungsleiters Alfred Lehr (1924–2011) – (co)produzierte die ÖFA bis 1962 in Parsch rund 55 Filme (davon 26 im Filialatelier Thiersee/Tirol), die in zwei Dutzend Länder verkauft wurden. Einige der erfolgreichsten Titel mit Drehort Salzburg hießen Weißes Gold (1949), Eva erbt das Paradies (1951) und Hengst Maestoso Austria (1956).

Salzburg war bis Mitte der 60er-Jahre das meistgenutzte „Freilicht-Filmstudio“ des Heimatfilms im deutschsprachigen Europa. Lustspielspezialisten wie Franz Antel, die Brüder Hubert, Ernst, Franz und Georg Marischka und andere drehten in rund 300 Drehorten über hundert Filme in Salzburg, die die Romantik der 30er-Jahre und den Wien(er)-Film-Stil fortführten. Kennzeichnend für dieses Genre sind die strikte Einordnung in den Moralkanon der 50er-Jahre, die Instrumentalisierung der Natur als Nutzobjekt für Freizeit und Fremdenverkehr und die völlige Ausblendung der NS-Geschichte und des Nachkriegsalltags.

Tourismus

Für den Touristenfilm Rendezvous im Salzkammergut (1948) musste das Film-Hotel in St. Gilgen vor Drehbeginn erst aufwendig saniert werden, die Schauspieler nächtigten im Polizeiarrest. Die auch heute noch unglaubliche Zahl von fast 1,4 Millionen Besuchern dieses Films macht das Ausmaß der Idyllen- und Harmoniesucht der kriegsverwundeten Seelen deutlich. Das Aufrichten von hübschen Fassaden vor zerstörten Städten, Nachkriegselend und Heimkehrerschicksal wurde rasch als Methode begriffen. So wurde die ewig lächelnde Film-Welt des deutschen Lustspielstandards auch schnell zum Geschäft: Der Film stellte sich in den Dienst des aufblühenden Seen-Ferientourismus (Stichwort Urlaubsreise im Kinosessel), v.a. am Wolfgangsee und Zeller See, zumal der (in Filmabkommen kontingentierte) Hauptexportmarkt Deutschland war. Peter Alexander, Hans Moser, Waltraut Haas und Maria Andergast waren die umschwärmten Stars des Trivialfilms österreichischer Machart und Salzburger Provenienz.

Der Bergfilm und der Bauernfilm bauten hingegen zum Teil auf „Blut und Boden“-Motiven auf: Der Sonnblick ruft (1949) nach dem Drehbuch des als Autor eines NS-Euthanasie-Films bekannt gewordenen Eberhard Frowein sieht die Weiterführung der Wetterwarte im Sturm als Metapher für bedingungslose Pflichterfüllung. Der Berg wurde als mythisch überhöhter, mit einem Eigenleben ausgestatteter Riese aufgeladen, der nur wenige Eingeweihte in seinen Bann schlägt. Das Ende der Dämonisierung der Natur stellt die Regierungspropaganda um das Symbol des Wiederaufbaus, das Kraftwerk Kaprun, dar.

Endet in Weißes Gold (1948) der Konflikt um die Opferung eines Hofes zugunsten des Kraftwerks noch mit einem Kompromiss, so muss in Das Lied von Kaprun (1955) die Tradition dem Fortschritt weichen – ein Sinnbild für die Rebellion der Söhne (meist in Person von Kraftwerksingenieuren) gegen das unsäglich schwere Erbe der Väter (in der Rolle der Bergbauern). Literaturverfilmungen, wie das Heimkehrerdrama Nach dem Sturm (1949) und Der Seelenbräu (1950) nach Carl Zuckmayer oder Karl Heinrich Waggerls Das Jahr des Herrn (1950) blieben Ausnahmen.

Im städtischen Ambiente demaskiert sich der konservative Wertekatalog der 50er-Jahre-Gesellschaft, indem er einmal Coca Cola und Rock’n’Roll als „Gift“ pubertärer Wunschträume deklariert (Der erste Kuß, 1951) oder die Ehe als unerschütterliche Institution zementiert (Das letzte Rezept, 1951, mit O.W. Fischer). Försterfilme mit den Stars Rudolf Lenz und Anita Gutwell bedienten sich stereotyper Rollenbilder in einer synthetischen Landschaft (Die Sennerin von St. Kathrein, 1955, einer der erfolgreichsten Nachkriegsfilme).

Hochzeitsszene, The Sound of Music (1964) Julie Andrews und Christopher Plummer warten auf Anweisungen von Regisseur Robert Wise

The Sound of Music

Amerikanische Großproduktionen wie der Festspielfilm Interlude (1958) des Melodramatikers Douglas Sirk oder The Devil Makes Three (1954), in dem Musicalstar Gene Kelly als Besatzungssoldat die Wiedererrichtung des Dritten Reichs durch Neonazis im Nachkriegs-Salzburg verhindert, bereiteten die Stellung Salzburgs als begehrte Kulisse für die internationale Filmwelt auf. Einen bislang unübertroffenen Höhepunkt feierte diese in der Musicalverfilmung The Sound of Music (1964) durch Robert Wise. 1961 hatte erstmals der 1956 von Wolfgang Liebeneiner gedrehte Film Die Trappfamilie nach der wahren Geschichte der Salzburger Emigrantenfamilie von Maria und Georg von Trapp überraschend das amerikanische Kino erobert. Einige Bauten steuerte der renommierte Salzburger Filmarchitekt Wilhelm Schatz bei. 1965 erhielt das umjubelte Singspiel mit Julie Andrews und Christopher Plummer in den Hauptrollen fünf Oscars; es zählt heute zu den beliebtesten Streifen der Filmgeschichte. Die Getreidegasse wurde nun zeitweilig zum Sunset Boulevard, Blake Edwards ließ Natalie Wood, Jack Lemmon und Tony Curtis um den Domplatz rasen (The Great Race, 1965), die legendären Beatles filmten in Obertauern (Help!, 1965), Rock Hudson und Claudia Cardinale bummelten durch die Altstadt (A Fine Pair, 1968), und Clint Eastwood und Richard Burton sprengten die Burg Hohenwerfen in die Luft (Where Eagles Dare, 1969).

Dürer-Filmproduktion Salzburg

Das Dürer Filmstudio in Parsch

Ein Mann wollte der durch das TV verschärften Kinokrise in Salzburg gute Drehbücher und Literaturverfilmungen österreichischer Autoren entgegenhalten: Otto Dürer (1910–1994). Dürer produzierte mit Paula Wessely deren größte Nachkriegserfolge und leitete die Vienna-Filmproduktion. Sein Jedermann (1961) wurde für den Auslands-Oscar nominiert. 1962 gründete Dürer die „Dürer-Filmproduktion Salzburg“, pachtete die heruntergewirtschafteten ÖFA-Ateliers in Parsch und investierte 10 Millionen Schilling in eine neu errichtete Synchronfilmhalle, Garderoben, ein Tonstudio und modernes Gerät. Hier entstanden bis 1977 rund fünfzig Kino- und Fernsehfilme, darunter Eigenproduktionen wie Elf Jahre und ein Tag (1963) mit Bernhard Wicki, Der Lügner und die Nonne (1967) mit Heidelinde Weis und Der Weibsteufel (1966), ein beachtliches Werk nach der Vorlage von Karl Schönherr. Dürers Versuch, in Salzburg nach der Idee Max Reinhardts ein internationales Filmfestival zu etablieren, war ebenso wenig von Erfolg gekrönt wie die vorübergehende Leitung der maroden Wien-Film (1970–73). Um den Betrieb zu halten, ließ er in den Siebzigern Sexfilmer in sein Studio. 1976 bemühte sich Landeshauptmann Hans Lechner noch, Carlo Ponti für die Studio-Rettung zu gewinnen – vergebens. Dürer zog sich nach Wien zurück – verbittert v.a. deswegen, weil das Land Salzburg die Firma des international bekannten tschechischen Exilregisseurs Vojtech Jasny (* 1925 in Kelč, Tschechien) namens Filmstudio Salzburg GesmbH favorisiert hatte. Dieser hatte, ungetrübt von marktwirtschaftlichen Erfordernissen, den Zweiteiler Mein seliger Onkel / Die Rückkehr des alten Herrn (1976) vertragswidrig nicht mit Mozarteumsstudenten, sondern mit Profis gedreht. Der wegen seiner spröden Konzeption „unspielbare“ Film verschwand nach wenigen Aufführungen für immer im Archiv. Die dadurch aufgehäuften Schulden von 10 Millionen Schilling schluckte das Land Salzburg bei der Auflösung der Gesellschaft (1979). An der vertanen Chance, Salzburgs Film eine Heimstätte zu geben, leidet Salzburgs Film noch heute.

Kommerz

Auch der Kommerzfilm lag völlig darnieder: Unter Titeln wie Hexen – geschändet und zu Tode gequält (1972), gefilmt in den düsteren Kulissen des Schlosses Moosham im Lungau, ergoss sich ein Blutschwall in den Kinosaal. Grimms Märchen von lüsternen Pärchen (1969) spannte als erster von einem Dutzend Sexfilmen den Bogen von einer dümmlichen Sexposse (Alpenglühn im Dirndlrock, 1974) bis hin zur Pornografie.

Spionage

Musik spielt zwar im Image Salzburgs eine gewichtige Rolle – so wurde nicht nur die Biografie von Walzerkönig Johann Strauß (The Great Waltz, 1970), sondern auch das Musical The Slipper and the Rose (1975) mit Richard Chamberlain verfilmt; überraschend ist, dass Salzburg in einem anderen Genre, dem Spionage-Film, dutzendfach einen „Tummelplatz für Geheimagenten“ abgab: etwa in Diplomatic Courier (1953), Salzburg Connection (1970), eine wirre Agentenstory um Nazi-Kollaborateure (mit Barry Newman sowie Klaus Maria Brandauer in dessen erster Filmrolle), The Odessa File (1973), Uranium Conspiracy (1978) – Mossad-Agenten dringen in eine Salzburger Atombombenfabrik ein – und Hopscotch (1980), in dem Walter Matthau (als CIA-Pensionist) mit seinen Memoiren einen Agentenkrieg auslöst. Zeitkritisches kommt mit wenigen Ausnahmen (Der Mann im Schilf, 1978, über den Putschversuch 1934) aus dem Ausland: Before Winter Comes (1969, mit John Hurt und David Niven), gefilmt in Abtenau, hinterfragt die Auslieferungspolitik der Briten im Jahr 1945. The Second Victory (1985) rechnet mit Nazischuld und Mitläufertum in Bad Gastein unmittelbar nach Kriegsende ab.

Filmförderungsgesetz von 1980

Durch verschiedene Faktoren begünstigt – v.a. durch das Filmförderungsgesetz von 1980 – konnte sich in den 80er- und 90er-Jahren eine kleine Filmkultur entwickeln, die v.a. durch die in Salzburg aktiven Filmregisseure Wolfram Paulus (* 1957 in Großarl, † 2020 in Salzburg) und Reinhard Schwabenitzky (* 1947 in Bucheben), darüber hinaus auch durch Erhard Riedelsperger (* 1960 in Hallein), Bernd Neuburger (* 1948 in Salzburg), Peter Keglevich (* 1950 in Salzburg), Titus Leber (* 1951 in Zell am See), Michael Cencig (* 1960 in Radstadt), Käthe Kratz (* 1947 in Salzburg) und Florian Flicker (* 1965 in Salzburg) repräsentiert wird. Mit Heidenlöcher (1985), seinem Erstling über die authentische Geschichte eines Deserteurs in einem kleinen Gebirgsort, zog Wolfram Paulus die Aufmerksamkeit der Filmwelt auf sich; er erhielt dafür u.a. den deutschen Bundesfilmpreis 1986. In Nachsaison (1988) zeichnete Paulus – als radikale Antithese zur idyllisierenden Welt des klassischen Heimatfilms – ein behutsames Porträt eines sozialen Absteigers in einem sterbenden Kurort (Bad Gastein). Das Genre der österreichischen Komödie erfolgreich wiederbelebt hat Reinhard Schwabenitzky (Autor, Regisseur und Produzent der Star-Film Salzburg GesmbH), dessen Filme mit einer Mischung aus Situationskomik, Wortwitz und einem festen Stab von Publikumslieblingen Besucherrekorde brechen konnten und zahlreiche Auszeichnungen erhielten (z.B. Ilona und Kurti, 1991, Verlassen Sie bitte Ihren Mann, 1993, Hannah, 1996).

Seit 2002 fördert das Land Salzburg Filmproduktionen und belebt mit der Filmlocation Salzburg, angesiedelt in der StandortAgentur Salzburg GmbH, die Filmszene. Von 2002 bis 2016 wurden 136 Projekte mit einer Wertschöpfung von 32 Millionen Euro im Bundesland gefördert und 370 Millionen Zuseher erreicht.

In der Nachwuchsförderung ist von Seiten der Stadt und des Landes auch etwas geschehen: Es gibt den Drehbuchentwicklungspreis der Stadt Salzburg, der in der Höhe von 6.000 Euro alle 2 Jahre ausgeschrieben wird. Der Simon S. Salzburger Filmnachwuchspreis ist ebenfalls biennal mit 6.000 Euro dotiert. Diese Auszeichnung soll an den Salzburger Filmpionier Simon Stampfer erinnern und wurde 2021 im Rahmen des Juvinale Filmfestivals, das in diesem Jahr zum 3. Mal stattfand und Preise von gesamt 10.000 Euro vergeben kann, verliehen.

Fernsehen und Hollywood

Seit der Jahrtausendwende stieg die Zahl der TV-Produktionen aufgrund der Nachfrage der TV-Sender stark an. Bei den Kinoprojekten wie Mein Mann, mein Leben und Du (2003, Pinzgau), der Romanverfilmung des Salzburger Autors Wolf Haas, Silentium (2005, Stadt Salzburg), und dem Kinderfilm Mozart in China (2008) des Salzburger Regisseurs Bernd Neuburger waren es v.a. mehrere internationale Großproduktionen mit Salzburg-Motiven, die weltweit für Aufsehen sorgten: Knight and Day (2010), eine Agentenstory mit Tom Cruise und Cameron Diaz und Der letzte Tempelritter (2011, St. Koloman) mit Nicolas Cage über zwei teutonische Kreuzritter, die in düsterer Kulisse eine der Hexerei verdächtige Frau zur exorzistischen Reinigung in ein Kloster eskortieren. In der Region von Kaprun spielt der Vampirthriller Metamorphosis (2006) mit Christopher Lambert, die Festung Hohenwerfen diente in Voll verheiratet (2003) mit Ashton Kutcher und Brittany Murphy als romantisches Hotelquartier für US-Flitterwöchler.

Heimische TV-Produktionen nahmen oft auf lokale Geschehnisse Bezug – etwa die dreiteilige TV-Serie Die Bauernprinzessin (ab 2003), die im Raurisertal, in Embach und in der Stadt Salzburg gedreht wurde, Tauerngold (2003) und die Mozart-Biografie von Bernd Fischerauer, Mozart – ich hätte München Ehre gemacht (2006). Teile der Krupp-Bio drehten sich um Schloss Blühnbach: Krupp – eine deutsche Familie (2009) mit 22,5 Millionen Zusehern. Als weitere Brennpunkte der Filmtätigkeit entpuppten sich wiederum Lofer (Die Alpenklinik, 2006–10) und die Stadt Salzburg (Lauras Wunschzettel, 2005, Reinhard Schwabenitzkys Schön, dass es Dich gibt, 2007, und Gott schützt die Liebenden, 2008).

Copy Shop von Virgil Widrich (2001)

Ein bislang unbekanntes Bild von Salzburg lieferte der Salzburger Drehbuchautor und Regisseur Adrian Goiginger über seine Kindheit mit seinem Debütfilm im „Glasscherbenviertel“ Liefering, einst Neuheimat der kriegsgeflüchteten Balkandeutschen. Die beste aller Welten ist ein berührender, autobiografischer Film über eine Mutter-Kind-Beziehung in der Drogenhölle, in der seine suchtabhängige Mutter versucht, dem Buben trotz der Umstände eine schöne Kindheit zu bieten. Der Film feierte auf der Berlinale 2016 Premiere und wurde mehrfach ausgezeichnet. Mit weiteren heimischen Regie-Talenten wie Virgil Widrich, Bernhard Braunstein, Günter Schwaiger, Lukas Valenta Rinner, Marko Doringer und Ivette Löcker braucht man sich um die Zukunft keine Sorgen zu machen.

Lit.:

  • C. Strasser: Location Salzburg: Die schönsten Schauplätze in TV und Kino – The world’s most versatile movie locations. Salzburg 2013.
  • Ders.: Die Kinematographie im Land Salzburg (1895–1938). In: R. Floimair (Hg.): Hundert Jahre Film 1895–1995, Salzburger Film und Fotopioniere. Salzburg 1994.
  • Ders.: The Sound of Klein-Hollywood. Filmproduktion in Salzburg – Salzburg im Film. Wien u.a. 1993.

Ch.​St.