Weihnachtsbräuche

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Dürrnberger Weihnachtsschützen

Weihnachtsbräuche, bzw. Bräuche des Weihnachtsfestkreises umfassen die Adventzeit (Weihnachtsquadragese), also die Vorbereitungszeit, dann die Geburt Christi sowie den Ausklang der Weihnachtszeit mit dem Dreikönigstag am 6. Jänner bzw. dem Fest Maria Lichtmess am 2. Februar.

Ein weit verbreiteter, christlicher wie profaner Brauch sind der Adventkranz oder auch entsprechende Festgestecke. Der Adventkranz wurde 1839 in Hamburg vom evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern (1808–1881) als Symbol für die Ankunft Christi, dem „wahren Licht, das in der Finsternis leuchtet“ (Joh 1,1), wie es in der Perikope zum ersten Weihnachtstag heißt, entwickelt. Aus dem ursprünglichen Eisenreif mit Lichtern für jeden Tag des Advents entstanden rasch vielfältige Formen im Zuge seiner Verbreitung. Seit den 1940er-Jahren katholische Segnung am Vorabend des 1. Adventsonntags und Empfehlung von vier Kerzen für die Adventsonntage in liturgischen Farben.

Aus den Versorgungsmärkten des Mittelalters, in Salzburg war es der Nikolaimarkt, sind in Etappen ab 1900 die heutigen Christkindlmärkte entstanden, die mit Keksen und Glühwein, auch als Karitativmärkte, Weihnachtsromantik verbreiten (Märkte). Auch der literarisch im 19. Jahrhundert entstandene Weihnachtsmann in seiner amerikanischen (Coca-Cola-)Ausformung prägt heute die Adventzeit mehr als die traditionellen kirchlichen Bräuche.

Seit dem Mittelalter entstanden für die Adventzeit symbolische Bräuche, die regional unterschiedlich rezipiert und ausgeformt wurden. Viele dieser Bräuche wurden in der Zeit der Gegenreformation, im 16. und 17. Jahrhundert, von katholischer Seite gefördert. Ende des 18. Jahrhunderts (zwischen 1783–86) wurden diese Bräuche im Geiste der Aufklärung von Staat und Kirche radikal eingeschränkt bzw. verboten. Ab dem 19. Jahrhundert Wiedererstehen der Bräuche in veränderter Form: aus religiösen, touristischen und nostalgischen Gründen sowie über die Brauchtumspflege.

Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert hatte das Adventankünden durch das Anglöckeln an den drei Donnerstagen im Advent große Bedeutung. Es war in Salzburg ein Heischebrauch, also die Möglichkeit für ärmere Gruppen der Bevölkerung (z.B. Pinzgauer Dienstbotinnen, Berchtesgadner „Brotperchten“) oder solche, die im Winter geringere Verdienste hatten (Dürrnberger Bergleute, Halleiner Salinenarbeiter, „Glöckibeter“, Oberndorfer Schöffleute, Holzarbeiter), durch eine ideelle Leistung Gaben zu erbitten; u.a. Drehkrippe des 18. Jahrhunderts von Oberndorfer Schiffern erhalten. Auch das Herbergsuchen und Frautragen gehört zu den Bräuchen der Ankündigung des Weihnachtsfestes, es ist in Salzburg seit dem 16. Jahrhundert für Stadt und Land (besonders im Pongau), in wechselnden Formen, teils bis zur Gegenwart bekannt. Das bereits im Mittelalter belegte Roratebeten in den Morgenstunden der Adventdonnerstage ist heute nur noch religiöse Übung der Katholiken.

Neben der Weihnachtsankündigung umfasst der Advent viele Termine vorbildlicher Heiliger mit Bräuchen. An Katharina (25. November) findet der letzte Tanzabend vor dem Fasching statt, „Kathrein stellt den Tanz ein“. Am Barbaratag, 4. Dezember, werden „Barbarazweige“ (Kirschen, u.Ä.) gewässert, ihr Aufblühen am Weihnachtstag wird als Glücks- bzw. Heiratszeichen verstanden. Weizen als grüner Garten für die Krippe wird kaum mehr gesät. Der 21. Dezember, Thomastag, war ein Lostag, an dem mit Pfänderspielen die Zukunft erkundet wurde. An diesem Tag wurde das Kletzenbrot gebacken, es musste bis St. Sebastian (21. Jänner, Holzknechtjahrtag) verspeist werden. Der hl. Nikolaus (von Myra/Kleinasien, † 343) als Gabenbringer und Patron (u.a. Schiffleute, Kaufleute, Weber, Bergleute; 6. Dezember) wurde bereits im 6. Jahrhundert als wundertätig verehrt, seine Legenden (ab 880) machten ihn zum katechetischen Lehrer und Helfer der Kinder sowie zum Geschenkebringer. Reste der historischen Nikolausspiele finden sich noch in den Nikolaus- und Krampusumzügen im Gasteinertal. Im 19. Jahrhundert entstanden daraus Umzüge hässlicher Gestalten und Teufel, die seit den 1960er- und 1990er-Jahren eine Vielfalt von Krampusläufen (St. Johann/Pongau, Gnigl in Salzburg, Anif), Schiachperchten und Krampusperchten entwickelt haben. Die Wilde Jagd rund um den Untersberg, obwohl am 2. Donnerstag im Dezember aufgeführt, stellt ein Konglomerat aus Sagenfiguren, Bräuchen und naturmythischer Interpretation dar und wurde erstmalig 1947 aufgeführt.

Im Mittelalter stand das neugeborene Christuskind in der Krippe oder Wiege im Zentrum der weihnachtlichen Verehrung. Dem „Kindlwiegen“ verdanken wir Weihnachtslieder wie etwa Seht, es naht eine heilige Zeit; Laßt uns wiegen das Kindelein; Josef, lieber Josef mein. Das „Nonnberger Reiterlein“, ein Weihnachtsherold um 1490, ist erhalten. Die Gegenreformation bevorzugte das Kind als späteren Weltenherrscher in vielen plastischen und grafischen Ausführungen, etwa das Filzmooser Kindl. In barocken wie späteren volkstümlichen Andachtsschreinen haben sich bekleidete Christkindfiguren (häufig aus Wachs bossiert) und auf dem Kreuz schlafende Jesukinder (auch als Hinterglas- bzw. Andachtsbild) erhalten, die zur Weihnachtszeit besonders verehrt werden. Sie blieben, auch neben den im 17. und 18. Jahrhundert beliebteren Krippen, in der privaten Religiosität bestehen. Seit den 1980er-Jahren werden „Salzburger Christkindln“, wächserne Fatschenkindl, bekleidet mit Samt, Brokat und Spitzen, montiert in Spanschachteln oder Glasstürzen, nicht mehr gewerblich, sondern über das Salzburger Heimatwerk erzeugt.

Als Vorstufe des Christbaums werden im Gebirge noch häufig Stall- und Haustüren sowie Zaun oder Hausbrunnen für die Weihnachtsfeiertage mit Reisigwipfeln, dem „Weihnachtstaxach“ oder „Bachlboschen“ (Pinzgau), geschmückt, Stube, Herd und Kamin werden mit Reisigwipfeln gekehrt; Haus und Stall werden am 24. und 31. Dezember sowie am 5. Jänner geräuchert; das Vieh erhält danach eine besondere Gabe; es soll in der Christnacht sprechen und die Zukunft vorhersagen. Am 24. Dezember wird das erste Kletzenbrot (ein festliches Brot mit kandierten und getrockneten Früchten und Nüssen) angeschnitten. Die historischen Festtagsgerichte entsprechen der früheren Wirtschaftsweise; sie sind für viele Menschen noch wichtig. Im Pinzgau beginnt der 24. Dezember mit dem „Bachlkoch“, ein süßer Brei mit Butter und Honig, benannt nach der Bercht (Perchten); ihr soll man nach der Sage eine Schüssel voll und genügend Löffel für ihre ungetauft verstorbenen Kinder hinstellen. Nach der Mitternachtsmette (heute oft vorher) gibt es die traditionelle Fleischspeise, da bis um 1900 nur vor Weihnachten (teils auch vor Ostern, Osterbräuche) geschlachtet wurde: die „Mettensuppe“ mit Würsten und Leberknödeln, im Flachgau auch Bratwürste mit Kraut und „Schlögel“ (Hefemilchbrot). Landesweit waren das „Bratl in der Rein“ (Schweinefleisch mit Kartoffeln und Karotten im Rohr gebraten) sowie schmalzgebackene Krapfen mit gekochtem Obst, Obers, Honig oder Schnaps übergossen die Feiertagsspeisen. Seit dem frühen 18. Jahrhundert wurden im stadtbürgerlichen Milieu (besonders der Fernhändler) Rezepte für Weihnachtsbäckereien mit Eiern, Gewürzen und Kanditen rezipiert.

Der Christbaum, ein geschmückter Nadelbaum als Symbol des bürgerlichen Weihnachtsfestes, entwickelte sich im protestantischen Mitteleuropa. In ihn flossen ältere Formen des Wintergrüns mit Lichtern und Zierat, der mittelalterliche Paradiesesbaum und Weihnachtsmaien ein. Den ersten Christbaum in Salzburg errichtete der aus dem evangelischen Württemberg stammende Spitzenhändler Franz Josef Koch 1826; er fand rasch Nachahmung, doch wurde er erst nach dem Zweiten Weltkrieg in allen Bevölkerungsschichten am Land allgemein gebräuchlich. Sein Schmuck bestand immer aus Lichtern, Backwerk und Naschereien, Äpfeln und Nüssen (Gaben des hl. Nikolaus). Der übrige Schmuck entsprach der jeweiligen Mode und der finanziellen Situation. Mit dem Christbaum verlagerte sich die weihnachtliche Bescherung auch in katholischen Gebieten vom Nikolaustag auf den Vorabend des Christtags. Der Christbaum wird nach dem Dreikönigstag oder zu Mariä Lichtmess (2. Feburar) abgeräumt.

Aus weltlichen und kirchlichen Ehrenbezeugungen entwickelten sich das Weihnachts- und Silvesterschießen sowie das Turmblasen in der Heiligen Nacht. Am 27. Dezember, Fest Johannes’ des Evangelisten, wird in katholischen Kirchen Wein als „Johannesminne“ geweiht, der in vielen Familien bei Hochzeiten, Jubiläen und Familienfesten getrunken wird. Das heute fast vergessene „Frisch- und G’sundschlagen“ am Tag der Unschuldigen Kinder (28. Dezember) war sowohl ein Brauch der Kinder als auch der Armen.

Silvester und Neujahrstag werden heute großteils mit internationalen Bräuchen gefeiert; die Heischegänge vieler Berufsgruppen setzen sich heute fort (Postboten, Rauchfangkehrer, etc.). Das „Hütlheben“ (ein Orakelspiel) wird oft vom Thomastag auf die Silvesternacht übertragen und neben dem „Bleigießen“ praktiziert. Viele Ausformungen von Bräuchen entstanden erst im 20. Jahrhundert im Rahmen der Brauchtumspflege. Am 5. Jänner, dem Vorabend zu Dreikönig (Epiphanie), am Berchtenabend und am letzten Weihnachtsfeiertag gehen Umlaufbräuche von maskierten Perchten von Haus zu Haus: Rauriser Schnabelperchten, Pinzgauer Tresterer in Unken, Krimml, Stuhlfelden, Saalfelden, Zell am See und Bruck an der Glocknerstraße. Der Dreikönigstag ist der wesentliche Termin für den Schönperchtenlauf in Gastein und Bischofshofen. Im Salzkammergut sind in den 1920er-Jahren Glöcklerläufe (Glöckler) am Beispiel des berühmten Vorbilds der Saline Ebensee (18. Jahrhundert) entstanden, die mit großen beleuchteten Glöcklerkappen von Haus zu Haus laufen, dort einen Figurentanz aufführen und Weihnachtswünsche überbringen: in Strobl, Abersee, St. Gilgen, Fuschl und der Stadt Salzburg. Sie haben in anderen Bergbaugebieten (Jura, Metz, Rheinland) Entsprechungen. Glöcklerkrapfen, Glühwein und Geld sind ihr Dank. Bei allen Perchtenfiguren lässt sich ein reger europäischer Kulturaustausch rund um das Weihnachtsfest, den Jahreswechsel und den Faschingsbeginn feststellen.

Auch das Sternsingen (Oberndorfer und Ebenseer Drehsterne des 18. Jahrhunderts erhalten) zwischen 1. und 6. Jänner war ein derartiger Brauch, der in der Barockzeit von Kirchensängern aufgenommen wurde, die auch beritten (St. Gilgen, Annaberg, Lungötz und St. Johann) umherzogen. Die Laufener/Oberndorfer Sternsinger, einst Schiffleute auf Heischegang/Zuerwerb, sind bereits 1550 archivalisch belegt, ein Sternsingerlied von 1761 wurde 1934 wieder belebt. Zwischen 1946 und 1955 entstanden katholische Organisationsformen, seither von der katholischen Jungschar als Missionshilfe organisiert. (Adventsingen.)

Lit.:

  • R. Kriechbaum: Weihnachtsbräuche in Österreich. Salzburg 2010.
  • L. Luidold, U. Kammerhofer-Aggermann: Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1: Im Winter und zur Weihnachtszeit. (=SBzVK 13) Salzburg 2002, .
  • D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993.
  • H.M. Wolf: Das Brauchbuch. Alte Bräuche, neue Bräuche, Antibräuche, Wien 1992.

U.K.