Gebildbrot: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Gebildbrot'''.
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Mit '''Gebildbrot''' bezeichnet man ein verziertes Festtagsgebäck. Gebildbrote, sowohl freihand geformt wie aus Formen (Modeln) geschlagen, sind seit der Antike in allen backenden Kulturen als Festspeise und -geschenk nachgewiesen und vielfach bis heute erhalten.
  
Gebildbrote, sowohl freihand geformt wie aus Formen (Modeln) geschlagen, sind seit der Antike in allen backenden Kulturen als Festspeise und -geschenk nachgewiesen und vielfach bis heute erhalten. In Salzburg waren und sind Lebzelten, Springerle und Hefeteiggebäcke üblich, wobei heute oft nur die freihand geformten Waren als Gebildbrote bezeichnet und seit der NS-Zeit vielfach mit magisch-mythischen Bedeutungen belegt werden. Bekannt sind heute noch Osterfleck (Pinzgau) und Fastenbrezen (Lungau, Rupertiwinkel), Osterkranz, schmalzgebackene Formen zwischen Pfingsten und Erntedank meist in den Alpwirtschaftsgebieten, Kirtagsherzen und Lebzelt- und Zeilenmodel, Allerheiligenstriezel (ein Weiterleben des Haaropfers an die Verstorbenen, im Mittelalter christl. Seelenspende, dann Spende an die Gemeindearmen, schließlich Patengeschenk), Zopf-, Hirsch- und Hennenbrioche als Geschenk der Paten an die Kinder sowie als neue Formen Milchteig-Kramperl und -Osterhase. Gebildbrote sind teils Weiterentwicklungen älterer Kultgebäcke, teils ästhetische Sonderformen für Feste. Ihre Verteilung an Dienstboten, Spitalsinsassen, Austragbauern und Familienmitglieder war bis ins 19. Jh. von Bäckereien verpflichtend. In den letzten Jahren werden viele alte und neue Formen produziert. Reiche Belege im →SMCA und Rauriser Talmuseum. Im gebirgigen Westen Salzburgs haben sich ältere, figürliche Formen erhalten, im Osten herrscht der Striezel vor.  
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Neue Formen entstehen laufend. In Salzburg waren und sind Lebzelten, Springerle und Germteiggebäcke üblich, wobei heute oft nur die freihand geformten Waren als Gebildbrote bezeichnet und seit der NS-Zeit vielfach mit magisch-mythischen Bedeutungen belegt werden. Bekannt sind bis heute Fastenbrezen (Lungau, Flachgau, Rupertiwinkel), runde flache Weißbrote mit Kreuz- oder Radverzierungen als Osterfleck (Pinzgau).
  
Literatur:
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Nach Teigarten etwa aus Germteig der Osterkranz teils mit eingebackenen gefärbten Eiern, Allerheiligenstriezel (ein Weiterleben des Haaropfers an die Verstorbenen, im Mittelalter christliche Seelenspende, dann Spende an die Gemeindearmen, schließlich Patengeschenk), der Flachgauer Schl(e)ögel, Zopf-, Hirsch- und Hennenbrioche als Geschenk der Paten an die Kinder sowie als neue Formen Milchteig-Kramperl und -Osterhase.
  
* R. Treuer: Pinzgauer Gebildbrote. In: SH 2, H. 3, 1978, S. 67 ff.
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An schmalzgebackenen Formen zwischen Pfingsten und Erntedank in den Alpwirtschaftsgebieten aus Germteig (Krapfen) oder aus Mürbteig (Strauben, Hasenörl, Blattln, Abrausch, Raunkerl) weiters aus Lebkuchenteig (Kirtagsherzen, Lebzelt- und Zeilenmodel).
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Gebildbrote sind teils Weiterentwicklungen älterer Fest- und Kultgebäcke, teils ästhetische Sonderformen für Feste. Ihre Verteilung an bestimmten Festtagen an Dienstboten, Spitalsinsassen, Austragbauern und Familienmitglieder war bis ins 19. Jahrhundert über Dienstbotenordnungen, Austrags- und Übergabeverträge sowie durch ungeschriebene Gesetze geregelt.
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Wie bei vielen Festtagsbräuchen wurden in der NS-Zeit auch Gebildbrote für kirchliche Feiertage als heidnische Kulte systemkonform gedeutet; die Literatur zum Thema ist bis heute kritisch zu lesen. In den letzten Jahren werden viele alte und neue Formen produziert. Reiche Belege im [[Salzburg Museum]] und Rauriser Talmuseum. Im gebirgigen Westen Salzburgs haben sich ältere, figürliche Formen erhalten, im Osten herrscht der Striezel vor.
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Lit.:
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* E. Burgstaller: Österreichisches Festtagsgebäck. Brot und Gebäck im Jahres- und Lebensbrauchtum. Linz 1983.
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* R. Treuer: Pinzgauer G. In: SH 2, H. 3, 1978, S. 67ff.
 
* E. Burgstaller: Festtagsgebäcke. In: ÖVA, Kommentar, 1. Lfg. Wien 1959.
 
* E. Burgstaller: Festtagsgebäcke. In: ÖVA, Kommentar, 1. Lfg. Wien 1959.
 
* H. Koren: Die Spende. Graz 1956.
 
* H. Koren: Die Spende. Graz 1956.
  
 
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[[Kategorie:Volks- und Alltagskultur]]
 
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Aktuelle Version vom 17. September 2020, 23:26 Uhr

Mit Gebildbrot bezeichnet man ein verziertes Festtagsgebäck. Gebildbrote, sowohl freihand geformt wie aus Formen (Modeln) geschlagen, sind seit der Antike in allen backenden Kulturen als Festspeise und -geschenk nachgewiesen und vielfach bis heute erhalten.

Neue Formen entstehen laufend. In Salzburg waren und sind Lebzelten, Springerle und Germteiggebäcke üblich, wobei heute oft nur die freihand geformten Waren als Gebildbrote bezeichnet und seit der NS-Zeit vielfach mit magisch-mythischen Bedeutungen belegt werden. Bekannt sind bis heute Fastenbrezen (Lungau, Flachgau, Rupertiwinkel), runde flache Weißbrote mit Kreuz- oder Radverzierungen als Osterfleck (Pinzgau).

Nach Teigarten etwa aus Germteig der Osterkranz teils mit eingebackenen gefärbten Eiern, Allerheiligenstriezel (ein Weiterleben des Haaropfers an die Verstorbenen, im Mittelalter christliche Seelenspende, dann Spende an die Gemeindearmen, schließlich Patengeschenk), der Flachgauer Schl(e)ögel, Zopf-, Hirsch- und Hennenbrioche als Geschenk der Paten an die Kinder sowie als neue Formen Milchteig-Kramperl und -Osterhase.

An schmalzgebackenen Formen zwischen Pfingsten und Erntedank in den Alpwirtschaftsgebieten aus Germteig (Krapfen) oder aus Mürbteig (Strauben, Hasenörl, Blattln, Abrausch, Raunkerl) weiters aus Lebkuchenteig (Kirtagsherzen, Lebzelt- und Zeilenmodel).

Gebildbrote sind teils Weiterentwicklungen älterer Fest- und Kultgebäcke, teils ästhetische Sonderformen für Feste. Ihre Verteilung an bestimmten Festtagen an Dienstboten, Spitalsinsassen, Austragbauern und Familienmitglieder war bis ins 19. Jahrhundert über Dienstbotenordnungen, Austrags- und Übergabeverträge sowie durch ungeschriebene Gesetze geregelt.

Wie bei vielen Festtagsbräuchen wurden in der NS-Zeit auch Gebildbrote für kirchliche Feiertage als heidnische Kulte systemkonform gedeutet; die Literatur zum Thema ist bis heute kritisch zu lesen. In den letzten Jahren werden viele alte und neue Formen produziert. Reiche Belege im Salzburg Museum und Rauriser Talmuseum. Im gebirgigen Westen Salzburgs haben sich ältere, figürliche Formen erhalten, im Osten herrscht der Striezel vor.

Lit.:

  • E. Burgstaller: Österreichisches Festtagsgebäck. Brot und Gebäck im Jahres- und Lebensbrauchtum. Linz 1983.
  • R. Treuer: Pinzgauer G. In: SH 2, H. 3, 1978, S. 67ff.
  • E. Burgstaller: Festtagsgebäcke. In: ÖVA, Kommentar, 1. Lfg. Wien 1959.
  • H. Koren: Die Spende. Graz 1956.

U.K.