Bajuwaren: Unterschied zwischen den Versionen

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Bajuwarische Grabfunde.
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Klare Hinweise auf die Zuwanderung einer geschlossenen Volksgruppe – der '''Bajuwaren''' – sind weder auf historischem noch auf archäologischem Weg zu gewinnen. Vermutlich haben unterschiedlichste Elemente und Strömungen die Stammesbildung wesentlich beeinflusst.
  
Von der um die Mitte des 6. Jh. einsetzenden Landnahme der Bajuwaren zeugen zahlreiche Reihenfriedhöfe im Salzburger Alpenvorland, z. B. in Liefering, Siezenheim, Bergheim, und Oberndorf. Die bedeutendsten Grabbeigaben dieser Periode stammen aus Untereching, Gem. St. Georgen bei Salzburg, erwähnt seien goldene Anhänger einer Halskette sowie Halsschmuck aus Glasperlen. Ein Gedenkstein an der Fundstelle erinnert an die Aufdeckung von rund 30 Gräbern in den Jahren 1894/95 und 1931. Neue Funde im benachbarten Rupertiwinkel sowie in Untereching beweisen, dass vor dem Eintreffen der Bajuwaren mit der Zuwanderung von kleinen Gruppen von Langobarden und Alemannen zu rechnen ist (1. Hälfte des 6. Jh.). Erst die zweite Generation germanischer Zuwanderer ist anhand der Grabbeigaben als bajuwarisch anzusprechen. Die bajuwarische Landnahme im Frühmittelalter spiegelt sich auch in den Ortsnamen auf »-ing» und »-ham».
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Erst um die Mitte des 6. Jahrhunderts entwickelt sich eine Sachkultur, die gemeinhin als bajuwarisch angesprochen wird und auch in der schriftlichen Überlieferung tritt der (neue) Stammesname erstmals in diesem Zeitraum auf. Während Anfänge und Herkunft der Bajuwaren durchaus vage bleiben, kann die weitere historische Entwicklung einigermaßen gut erschlossen werden. So darf das 6. Jahrhundert als Neubeginn bzw. das 7. Jahrhundert mit der Herausbildung einer ausgeprägten sozialen Differenzierung als Konsolidierungsphase bezeichnet werden, bis mit der Aufgabe der Beigabensitte um 700 oder bald danach und der Verlagerung der Bestattungsplätze auf die bis heute genutzten Kirchenfriedhöfe die archäologischen Zugangsmöglichkeiten enden. Eine dichte Streuung an charakteristischen Flur- und Ortsnamen – gebildet aus Personennamen mit der Endung auf ''-ing'', später auf ''-ham'' oder ''-heim'' – belegt die rasche Aufsiedlung unseres Raumes.
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Für den als Völkerwanderungszeit oder Frühmittelalter bezeichneten Zeitabschnitt des 5.–8. Jahrhunderts stehen als archäologische Quellen insbesondere die zeittypischen Reihenfriedhöfe zahlreich zur Verfügung, während sich von den durchwegs im Talgrund errichteten Siedlungsobjekten aus Holz aufgrund der Erhaltungsbedingungen sowie ihrer Lage in den über Jahrhunderte landwirtschaftlich genutzten Flächen oder im Bereich historischer Ortskerne bislang nur vereinzelt Spuren aufdecken ließen. Als wichtige Nekropolen sind etwa jene von [[Grödig]], Wals-Siezenheim (Schwarzenbergkaserne), Adnet, Untereching (Gemeinde St. Georgen) und [[Liefering-Lexengasse|Liefering]] zu nennen, wiederholt begegnen in den Grabausstattungen Gegenstände langobardischer, alamannischer, fränkischer und ostgotischer Provenienz. Umfassende Einblicke zu einer frühmittelalterlichen Ansiedlung liegen bislang nur aus [[Niederalm]] (Gemeinde Anif) vor.
  
 
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* Archäologie beiderseits der Salzach, Salzburg 1996.
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* P. Höglinger: Bajuwaren, Romanen, Awaren und andere. Ein kurzer Überblick zur Völkerwanderungszeit im Salzburger Raum. In: P. Höglinger, N. Hofer (Hg.): Spuren der Völkerwanderungszeit. FÖMat, Sonderheft 22, 2014, S. 6ff.
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* B. Haas-Gebhard: Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte. Regensburg 2013.
  
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Aktuelle Version vom 16. Mai 2021, 10:00 Uhr

Klare Hinweise auf die Zuwanderung einer geschlossenen Volksgruppe – der Bajuwaren – sind weder auf historischem noch auf archäologischem Weg zu gewinnen. Vermutlich haben unterschiedlichste Elemente und Strömungen die Stammesbildung wesentlich beeinflusst.

Erst um die Mitte des 6. Jahrhunderts entwickelt sich eine Sachkultur, die gemeinhin als bajuwarisch angesprochen wird und auch in der schriftlichen Überlieferung tritt der (neue) Stammesname erstmals in diesem Zeitraum auf. Während Anfänge und Herkunft der Bajuwaren durchaus vage bleiben, kann die weitere historische Entwicklung einigermaßen gut erschlossen werden. So darf das 6. Jahrhundert als Neubeginn bzw. das 7. Jahrhundert mit der Herausbildung einer ausgeprägten sozialen Differenzierung als Konsolidierungsphase bezeichnet werden, bis mit der Aufgabe der Beigabensitte um 700 oder bald danach und der Verlagerung der Bestattungsplätze auf die bis heute genutzten Kirchenfriedhöfe die archäologischen Zugangsmöglichkeiten enden. Eine dichte Streuung an charakteristischen Flur- und Ortsnamen – gebildet aus Personennamen mit der Endung auf -ing, später auf -ham oder -heim – belegt die rasche Aufsiedlung unseres Raumes.

Für den als Völkerwanderungszeit oder Frühmittelalter bezeichneten Zeitabschnitt des 5.–8. Jahrhunderts stehen als archäologische Quellen insbesondere die zeittypischen Reihenfriedhöfe zahlreich zur Verfügung, während sich von den durchwegs im Talgrund errichteten Siedlungsobjekten aus Holz aufgrund der Erhaltungsbedingungen sowie ihrer Lage in den über Jahrhunderte landwirtschaftlich genutzten Flächen oder im Bereich historischer Ortskerne bislang nur vereinzelt Spuren aufdecken ließen. Als wichtige Nekropolen sind etwa jene von Grödig, Wals-Siezenheim (Schwarzenbergkaserne), Adnet, Untereching (Gemeinde St. Georgen) und Liefering zu nennen, wiederholt begegnen in den Grabausstattungen Gegenstände langobardischer, alamannischer, fränkischer und ostgotischer Provenienz. Umfassende Einblicke zu einer frühmittelalterlichen Ansiedlung liegen bislang nur aus Niederalm (Gemeinde Anif) vor.

Lit.:

  • P. Höglinger: Bajuwaren, Romanen, Awaren und andere. Ein kurzer Überblick zur Völkerwanderungszeit im Salzburger Raum. In: P. Höglinger, N. Hofer (Hg.): Spuren der Völkerwanderungszeit. FÖMat, Sonderheft 22, 2014, S. 6ff.
  • B. Haas-Gebhard: Die Baiuvaren. Archäologie und Geschichte. Regensburg 2013.

P.H.