Popmusik in Salzburg: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Popmusik in Salzburg'''.
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Die Anfänge einer lokalen Popszene nach US-amerikanischem Vorbild lassen sich in Salzburg bis zum Ende des 2. Weltkrieges zurückverfolgen. In den Soldatenclubs der US-Besatzungszeit spielten amerikanische Musiker [[Jazz]], bisweilen gemeinsam mit Salzburger Jazzpionieren. Daneben begannen sich in den späten 1950er-Jahren Tanz- und Beatbands (Bambini, Earlyn Brothers, Tornados, Dark Shadows u.a.) zu formieren, die in Cafés, Restaurants und Bars sowie bei Fünf-Uhr-Tees Auftrittsmöglichkeiten fanden.
  
Der erste Schritt zur Etablierung einer Popularmusik US-amerikanischer Prägung fand in Salzburg nach dem Ende des 2. Weltkriegs statt. In den verschiedenen Soldatenclubs wurde während der amerikanischen Besatzungszeit regelmäßig live gespielter Jazz sowohl von amerikanischen als auch von Salzburger Musikern dargeboten (→Jazz). Daneben formierten sich in den 50er Jahren vor allem diverse Tanz- und Unterhaltungsbands, die in den Tanzcafés (Café Corso, Café Winkler), Restaurants und Bars der Stadt Auftrittsmöglichkeiten fanden. Unter dem Eindruck des internationalen Durchbruchs britischer Beat- und Rockbands wie der Beatles und der Rolling Stones formierten sich in Salzburg in den frühen 60er Jahren erste lokale Rockbands. Einen Aufschwung erlebte die junge Pop- bzw. Rockmusikszene erstmals durch die Wiedererrichtung der Universität Salzburg im Jahr 1962, die eine größere potentielle (studentische) Publikumsschicht und in der Folge vermehrte Auftrittsmöglichkeiten für Musiker mit sich brachte. Den größten Anteil an der Salzburger Popularmusikszene behielten jedoch kommerziell orientierte Formationen. Ende der 60er Jahre wurden erste Versuche unternommen, dem heimischen Popmusikleben, das vor allem auf Studentenfesten und in Lokalen mit Live-Musik stattfand, durch das Veranstalten von Bandwettbewerben und Talentshows eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen.
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Die von Elvis Presley ausgelöste „Rock-Revolution“ zeigte in Salzburg noch kaum Auswirkungen auf die Entwicklung einer lokalen Szene. Erst in den 1960er-Jahren, unter dem Eindruck des Erfolgs britischer Bands wie der Beatles und der Rolling Stones, begann eine größere Zahl lokaler Pop- und Rockbands (The Blue Beats, The Starlighters, Les Cerises, Les Marquis u.v.a.) aktiv zu werden. Einen frühen Aufschwung erlebte die Szene durch die Wiedererrichtung der [[Universität Salzburg]] 1962, die eine Vergrößerung der Zielgruppe und mehr Auftrittsmöglichkeiten mit sich brachte.
  
Mit Beginn der 80er Jahre wurden aufgrund des weitgehenden Fehlens von geeigneten Infrastrukturen immer mehr Forderungen nach eigenen Institutionen zur Unterstützung der Jugendkultur in Salzburg laut. Die Aktivitäten der 1981 gegründeten ARGE Rainberg führten 1986 zur Eröffnung der ARGE Kulturgelände Nonntal, wo u. a. Salzburger Musikschaffenden erstmals Probe- und Auftrittsmöglichkeiten in Form eines eigenen Hauses zur Verfügung standen. 1985 wurde der Verein PRO-TON von Wolfgang Descho als Interessenvertretung und Serviceeinrichtung für Salzburger Musiker ins Leben gerufen, dessen Aktivitäten schließlich 1993 die Eröffnung des Salzburger →Rockhouse ermöglichten.
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Den größten Anteil an der Salzburger Popularmusikszene behielten zunächst jedoch kommerziell orientierte (Tanz-)Ensembles. Ende der 1960er-Jahre wurden erste Versuche unternommen, dem heimischen Popmusikleben mit Wettbewerben und Talentshows eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen. Auch im Club 2000 und der Szene der Jugend, Vorläufern der [[Szene Salzburg]], fanden lokale Bands Bühnen. Weil in der Festspielstadt eine Infrastruktur für das Wachsen einer Jugendkultur fast gänzlich fehlte, wurden in den 1980er-Jahren Forderungen nach eigenen Institutionen allmählich lauter. Die Aktivitäten der 1981 gegründeten ARGE Rainberg führten 1986 zur Eröffnung der ARGE Kulturgelände Nonntal (heute: [[ARGE Kultur|ARGEkultur]]), die erstmals fixe Probe- und Auftrittsmöglichkeiten für Bands bot. Als Interessenvertretung und Serviceeinrichtung für Salzburger Musiker rief Wolfgang Descho 1985 den Verein PRO-TON ins Leben, der die Eröffnung des Salzburger [[Rockhouse]] im Jahr 1993 erwirkte.
  
Ebenfalls 1985 wurde die Jugendservicestelle der Stadt Salzburg offiziell gegründet, zu deren Hauptanliegen es gehörte, Salzburger Musiker durch den Aufbau bzw. das Anbieten geeigneter Infrastrukturen zu unterstützen. Dieses Anliegen war bereits 1984 erstmals mit dem Popmusikfestival »Salzrock« realisiert worden, einer Veranstaltungsreihe, bei der sich v. a. Salzburger Musiker in großem Rahmen einer breiteren Öffentlichkeit präsentieren konnten und die bis zur Schließung der Jugendservicestelle im Herbst 2000 einen Fixpunkt des Salzburger Popmusiklebens darstellte. Mit der zunehmenden Institutionalisierung von Popkultur verbesserten sich auch die Infrastrukturen für eine lokale Popszene. Dies hatte seit Ende der 80er Jahre ein sprunghaftes Ansteigen der Aktivitäten im Bereich Pop- /Rockmusik zur Folge. Während 1980 noch ca. 20 Bands im Großraum Salzburg aktiv gewesen waren, verdoppelte sich ihre Zahl 1985 auf ca. 40. 1997 waren in Stadt und Land Salzburg geschätzte 160 Bands bzw. Musikprojekte aktiv. Da gleichzeitig mit den verbesserten Infrastrukturen auch die technischen/ medialen Produktionsmöglichkeiten einem Prozess ständiger Demokratisierung unterliegen, war im Bereich der Produktion von Tonträgern heimischer Musiker in den letzten Jahren ebenfalls ein sprunghafter Anstieg zu verzeichnen. Die heimische Musikszene beschränkt sich indes nicht auf reine Pop- oder Rockformationen. Auch neuere Stilrichtungen wie Hip Hop, Techno oder Spielarten der elektronischen Musik wurden und werden aufgegriffen. Auf den durch die PC-Technologie ermöglichten Trend zur Kreation elektronisch generierter Musik reagierte die Salzburger Landesregierung im Jahr 2000 erstmals mit der Ausschreibung eines »Landespreises für elektronische Musik«.
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Einen Fixpunkt für die Salzburger Popszene stellte in den Jahren 1984–2000 zudem die Veranstaltungsreihe ''Salzrock'' (organisiert von der damaligen Jugendservicestelle der Stadt) dar. Die zunehmende Institutionalisierung hatte ein sprunghaftes Ansteigen der Aktivitäten in der lokalen und regionalen Popszene zur Folge. Waren 1980 noch ca. zwanzig Bands im Großraum Salzburg aktiv gewesen, existierten 1997 in Stadt und Land Salzburg rund 160 aktive Bands bzw. Musikprojekte. Auch bei den Veröffentlichungen von Tonträgern heimischer Musiker war in diesem Zeitraum (begleitet von einer zunehmenden Vereinfachung der Heimstudiotechnik) ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Beispiele für vereinzelte Erfolge in den österreichischen Hitparaden lieferten etwa Bands wie U8, Josh und die Emotionen oder das Mendocino Quartett, später The SeeSaw.
  
Als wichtigste Institutionen der Pop/-Rockmusikkultur in Salzburg sind das →Rockhouse, die Jugendservicestelle der Stadt Salzburg (bis 2000) sowie das Kulturgelände Nonntal zu nennen. Im Kulturgelände Nonntal stehen Musikproberäume sowie Auftrittsmöglichkeiten (Veranstaltungssaal) in den verschiedenen Veranstaltungsreihen zur Verfügung. Die Jugendservicestelle der Stadt Salzburg veranstaltete das Musikfestival »salzrock«. Gleichzeitig bot sie Salzburger Musikern diverse Unterstützungsmöglichkeiten für ihre musikalischen Aktivitäten wie verschiedene Projekte (CD-Reihe »Xtraordinary«, Musicals, Kabarett …) bis hin zur Veranstaltung von Informationsreihen für junge Musiker (Management, Recht, Know-how).  
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Einen Querschnitt durch die Produktionen der heimischen Musikszene bietet das Rockhouse seit 1997 mit der jährlich veröffentlichten CD-Reihe ''Xtra Ordinary''. Dokumentiert ist darauf auch, wie internationale popkulturelle Entwicklungen von lokalen Bands und Musikern aufgegriffen wurden und werden. Die stilistische Bandbreite reicht von Pop- und Rock-Spielarten über HipHop bis zur elektronischen Musik. Im Jahr 2000 initiierte das Land Salzburg einen jährlich ausgeschriebenen Landespreis für elektronische Musik („Elektronikland“).
  
Literatur:
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Digitalisierung und Internet-Ära zeigten nicht nur stilistisch Auswirkungen auf das Schaffen einer Salzburger Popszene. Auch das Produzieren sowie der Vertrieb von Musik wurden durch die technologischen Umbrüche immer stärker ortsunabhängig, weshalb sich auch Fragen nach der „lokalen“ Szene zum Teil neu stellten. Beispiele für Musiker aus Salzburg, die in den 2010er-Jahren v.a. über Internetkanäle wie YouTube eine Wahrnehmung weit über Salzburg hinaus erreichten, finden sich etwa im HipHop (Dame, Hanuschplatzflow). Auch Bands wie die Steaming Satellites oder The Makemakes (Salzburg, Oberösterreich), die 2015 Österreich beim Eurovision Song Contest vertraten, sind als Beispiele für eine internationale Resonanz Salzburger Popmusiker zu nennen.
  
* R. Renger: Rock und Jazz in Salzburg. Die Szene und Konzepte ihrer Förderung, in: Salzburger Kulturgespräche 7, Salzburg 1992, S. 715.
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* T. Hochradner, S. Haslinger (Hg.): Those were the days. Salzburgs populäre Musikkulturen der 1950er und 1960er Jahre. Bericht einer Tagung des Arbeitsschwerpunktes Salzburger Musikgeschichte an der Universität Mozarteum, Salzburg, 13. bis 15.11.2015. Wien 2017.
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* H. Stiegler: We rocked Salzburg. Bands und Musiker von der Nachkriegszeit bis in die 1980er. Salzburg 2012.
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* R. Renger: Rock und Jazz in Salzburg. Die Szene und Konzepte ihrer Förderung. In: Salzburger Kulturgespräche 7, Salzburg 1992.
  
 
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Aktuelle Version vom 5. Juni 2021, 15:01 Uhr

Die Anfänge einer lokalen Popszene nach US-amerikanischem Vorbild lassen sich in Salzburg bis zum Ende des 2. Weltkrieges zurückverfolgen. In den Soldatenclubs der US-Besatzungszeit spielten amerikanische Musiker Jazz, bisweilen gemeinsam mit Salzburger Jazzpionieren. Daneben begannen sich in den späten 1950er-Jahren Tanz- und Beatbands (Bambini, Earlyn Brothers, Tornados, Dark Shadows u.a.) zu formieren, die in Cafés, Restaurants und Bars sowie bei Fünf-Uhr-Tees Auftrittsmöglichkeiten fanden.

Die von Elvis Presley ausgelöste „Rock-Revolution“ zeigte in Salzburg noch kaum Auswirkungen auf die Entwicklung einer lokalen Szene. Erst in den 1960er-Jahren, unter dem Eindruck des Erfolgs britischer Bands wie der Beatles und der Rolling Stones, begann eine größere Zahl lokaler Pop- und Rockbands (The Blue Beats, The Starlighters, Les Cerises, Les Marquis u.v.a.) aktiv zu werden. Einen frühen Aufschwung erlebte die Szene durch die Wiedererrichtung der Universität Salzburg 1962, die eine Vergrößerung der Zielgruppe und mehr Auftrittsmöglichkeiten mit sich brachte.

Den größten Anteil an der Salzburger Popularmusikszene behielten zunächst jedoch kommerziell orientierte (Tanz-)Ensembles. Ende der 1960er-Jahre wurden erste Versuche unternommen, dem heimischen Popmusikleben mit Wettbewerben und Talentshows eine größere Öffentlichkeit zu verschaffen. Auch im Club 2000 und der Szene der Jugend, Vorläufern der Szene Salzburg, fanden lokale Bands Bühnen. Weil in der Festspielstadt eine Infrastruktur für das Wachsen einer Jugendkultur fast gänzlich fehlte, wurden in den 1980er-Jahren Forderungen nach eigenen Institutionen allmählich lauter. Die Aktivitäten der 1981 gegründeten ARGE Rainberg führten 1986 zur Eröffnung der ARGE Kulturgelände Nonntal (heute: ARGEkultur), die erstmals fixe Probe- und Auftrittsmöglichkeiten für Bands bot. Als Interessenvertretung und Serviceeinrichtung für Salzburger Musiker rief Wolfgang Descho 1985 den Verein PRO-TON ins Leben, der die Eröffnung des Salzburger Rockhouse im Jahr 1993 erwirkte.

Einen Fixpunkt für die Salzburger Popszene stellte in den Jahren 1984–2000 zudem die Veranstaltungsreihe Salzrock (organisiert von der damaligen Jugendservicestelle der Stadt) dar. Die zunehmende Institutionalisierung hatte ein sprunghaftes Ansteigen der Aktivitäten in der lokalen und regionalen Popszene zur Folge. Waren 1980 noch ca. zwanzig Bands im Großraum Salzburg aktiv gewesen, existierten 1997 in Stadt und Land Salzburg rund 160 aktive Bands bzw. Musikprojekte. Auch bei den Veröffentlichungen von Tonträgern heimischer Musiker war in diesem Zeitraum (begleitet von einer zunehmenden Vereinfachung der Heimstudiotechnik) ein starkes Wachstum zu verzeichnen. Beispiele für vereinzelte Erfolge in den österreichischen Hitparaden lieferten etwa Bands wie U8, Josh und die Emotionen oder das Mendocino Quartett, später The SeeSaw.

Einen Querschnitt durch die Produktionen der heimischen Musikszene bietet das Rockhouse seit 1997 mit der jährlich veröffentlichten CD-Reihe Xtra Ordinary. Dokumentiert ist darauf auch, wie internationale popkulturelle Entwicklungen von lokalen Bands und Musikern aufgegriffen wurden und werden. Die stilistische Bandbreite reicht von Pop- und Rock-Spielarten über HipHop bis zur elektronischen Musik. Im Jahr 2000 initiierte das Land Salzburg einen jährlich ausgeschriebenen Landespreis für elektronische Musik („Elektronikland“).

Digitalisierung und Internet-Ära zeigten nicht nur stilistisch Auswirkungen auf das Schaffen einer Salzburger Popszene. Auch das Produzieren sowie der Vertrieb von Musik wurden durch die technologischen Umbrüche immer stärker ortsunabhängig, weshalb sich auch Fragen nach der „lokalen“ Szene zum Teil neu stellten. Beispiele für Musiker aus Salzburg, die in den 2010er-Jahren v.a. über Internetkanäle wie YouTube eine Wahrnehmung weit über Salzburg hinaus erreichten, finden sich etwa im HipHop (Dame, Hanuschplatzflow). Auch Bands wie die Steaming Satellites oder The Makemakes (Salzburg, Oberösterreich), die 2015 Österreich beim Eurovision Song Contest vertraten, sind als Beispiele für eine internationale Resonanz Salzburger Popmusiker zu nennen.

Lit.:

  • T. Hochradner, S. Haslinger (Hg.): Those were the days. Salzburgs populäre Musikkulturen der 1950er und 1960er Jahre. Bericht einer Tagung des Arbeitsschwerpunktes Salzburger Musikgeschichte an der Universität Mozarteum, Salzburg, 13. bis 15.11.2015. Wien 2017.
  • H. Stiegler: We rocked Salzburg. Bands und Musiker von der Nachkriegszeit bis in die 1980er. Salzburg 2012.
  • R. Renger: Rock und Jazz in Salzburg. Die Szene und Konzepte ihrer Förderung. In: Salzburger Kulturgespräche 7, Salzburg 1992.

C.P.