Protestantische Emigranten: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
Wechseln zu: Navigation, Suche
K (Kategorie:Wissenschaft durch Kategorie:Wissenschaft und Geschichte ersetzt)
 
(10 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
'''Emigranten, protestantische'''.
+
Blieb die Stadt Salzburg weitgehend katholisch, so verbreiteten sich die Krypto- oder Geheimprotestanten im Gebirgsland weit über das 16. Jahrhundert hinaus. Hinsichtlich der Notwendigkeit, den Bergbau zu stärken, wurden sie zunächst weiterhin geduldet. Im Jahr 1684 wurden mehr als 600 Personen jedoch gegen ihren Willen und ohne ihre minderjährigen Kinder aus dem Defereggental vertrieben, ebenso 1686 ca. 70 Dürrnberger Knappen, zu denen der evangelische Glaubenskämpfer [[Schaitberger, Joseph|Joseph Schaitberger]] zählte, obwohl das Neben- und Miteinander der verschiedenen Konfessionen auf der dörflichen Ebene vermutlich problemlos funktionierte.
  
Die Reformation hatte auch im Erzstift Salzburg Anhänger gefunden. Bereits im 16. Jh. verließen einzelne Evangelische das Land. 1684 wurden über 600 Personen ohne ihre minderjährigen Kinder aus dem Defereggental vertrieben, ebenso 1686 ca. 70 Dürrnberger Knappen, deren bekanntester J. →Schaitberger war. Von ihm stammt das Lied »Ich bin ein armer Exulant«, das zum Trost- und Wanderlied der Salzburger Protestanten wurde. Unter Eb. →Leopold Anton Firmian kam es nach dem Emigrationspatent 1731 zur Auswanderung von rund 20 000 Protestanten, vornehmlich aus dem Pongau. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen gewährte ihnen durch sein Einwanderungspatent 1732 Aufnahme in Ostpreußen, wo die Salzburger mithalfen, das fast menschenleere Land zu kultivieren. Der Wegzug vieler begüterter Bauern wirkte sich auf die Finanzlage des Erzstiftes äußerst ungünstig aus; zahlreiche Höfe verfielen. Nachkommen der E. leben heute in Deutschland, in den Niederlanden und in den USA; die Salzburger Landesregierung hat für sie die Patenschaft übernommen. Gedenktafel für die E. auf dem →Dürrnberg bei Hallein (Predigtstuhl). Durch die nach dem 2. Weltkrieg nach Salzburg gekommenen evang. →Vertriebenen hat sich die Zahl der Protestanten in Salzburg wieder auf den Bestand von 1731/32 erhöht.  
+
Im Wirtshaus wurde öffentlich disputiert und die lutherischen Bücher von den Evangelischen geschickt in den Häusern versteckt. Erzbischof [[Firmian, Leopold Anton Eleutherius Freiherr von|Leopold Anton Freiherr von Firmian]] (1727–1744), für den sich die ältere Salzburger Historiografie genierte, bemühte sich mit Unterstützung der Jesuiten um den rechten Glauben. Berühmt wurde das Emigrationspatent vom 31. Oktober 1731, welches den argumentativen und politisch-sozialen Höhepunkt der Verfolgungen in Salzburg bildete.
  
Literatur:
+
Aus der Hochburg der Intoleranz emigrierten rund 20.000 sich zum Glauben bekennende Protestanten, die im heutigen Deutschland, in Ostpreußen, den Niederlanden und den USA eine neue Heimat fanden. Der Wegzug auch vieler begüterter Bauern wirkte sich auf die wirtschaftliche Lage des Erzstifts sehr negativ aus. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an die Emigranten auf dem [[Dürrnberg]] bei Hallein (Predigtstuhl), eine Aussöhnung zwischen katholischer und evangelischer Kirche ist längst Realität geworden.
  
* Reformation, Emigration. Protestanten in Salzburg, Ausstellungskat. Schloß Goldegg, 1981.
+
<gallery widths=300px heights=220px>
 +
Datei:Prostestantenvertreibung InvNr 5545-49.jpg
 +
Datei:Prostestantenvertreibung InvNr 5544-49.jpg
 +
</gallery>
  
R.R.H.
+
Lit.:
 +
 
 +
* A.S. Weiß: Das geistige Klima in Salzburg zur Zeit des FE. L.A.E. Freiherrn von Firmian (1727–1744). In: Carinthia I 205, 2014, 553–564.
 +
* A. v. Schlachta: Die Emigration der Salzburger Kryptoprotestanten. In: R. Leeb u.a. (Hg.): Geheimprotestantismus und evangelische Kirchen in der Habsburgermonarchie und im Erzstift Salzburg (17./18. Jh.). München u.a. 2009, S. 63–92.
 +
* Ausstellungskat. Reformation, Emigration. Protestanten in Salzburg. Goldegg 1981.
 +
 
 +
R.R.H., A.S.W.
  
 
[[Kategorie:Wissenschaft und Geschichte]]
 
[[Kategorie:Wissenschaft und Geschichte]]
 
[[Kategorie:Kein GND Eintrag]]
 
[[Kategorie:Kein GND Eintrag]]
 +
[[Kategorie:Freigabe Bereichsleitung]]

Aktuelle Version vom 22. Mai 2021, 18:34 Uhr

Blieb die Stadt Salzburg weitgehend katholisch, so verbreiteten sich die Krypto- oder Geheimprotestanten im Gebirgsland weit über das 16. Jahrhundert hinaus. Hinsichtlich der Notwendigkeit, den Bergbau zu stärken, wurden sie zunächst weiterhin geduldet. Im Jahr 1684 wurden mehr als 600 Personen jedoch gegen ihren Willen und ohne ihre minderjährigen Kinder aus dem Defereggental vertrieben, ebenso 1686 ca. 70 Dürrnberger Knappen, zu denen der evangelische Glaubenskämpfer Joseph Schaitberger zählte, obwohl das Neben- und Miteinander der verschiedenen Konfessionen auf der dörflichen Ebene vermutlich problemlos funktionierte.

Im Wirtshaus wurde öffentlich disputiert und die lutherischen Bücher von den Evangelischen geschickt in den Häusern versteckt. Erzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian (1727–1744), für den sich die ältere Salzburger Historiografie genierte, bemühte sich mit Unterstützung der Jesuiten um den rechten Glauben. Berühmt wurde das Emigrationspatent vom 31. Oktober 1731, welches den argumentativen und politisch-sozialen Höhepunkt der Verfolgungen in Salzburg bildete.

Aus der Hochburg der Intoleranz emigrierten rund 20.000 sich zum Glauben bekennende Protestanten, die im heutigen Deutschland, in Ostpreußen, den Niederlanden und den USA eine neue Heimat fanden. Der Wegzug auch vieler begüterter Bauern wirkte sich auf die wirtschaftliche Lage des Erzstifts sehr negativ aus. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an die Emigranten auf dem Dürrnberg bei Hallein (Predigtstuhl), eine Aussöhnung zwischen katholischer und evangelischer Kirche ist längst Realität geworden.

Lit.:

  • A.S. Weiß: Das geistige Klima in Salzburg zur Zeit des FE. L.A.E. Freiherrn von Firmian (1727–1744). In: Carinthia I 205, 2014, 553–564.
  • A. v. Schlachta: Die Emigration der Salzburger Kryptoprotestanten. In: R. Leeb u.a. (Hg.): Geheimprotestantismus und evangelische Kirchen in der Habsburgermonarchie und im Erzstift Salzburg (17./18. Jh.). München u.a. 2009, S. 63–92.
  • Ausstellungskat. Reformation, Emigration. Protestanten in Salzburg. Goldegg 1981.

R.R.H., A.S.W.