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Version vom 24. Mai 2021, 16:31 Uhr
Karte der Kaffeehäuser bei Google Maps
2018 existierten im Bundesland Salzburg (inkl. Stadt) 538 Kaffeehäuser und Kaffeerestaurants; in der Stadt Salzburg allein sind es 166.Inhaltsverzeichnis
Die Anfänge
Der Galanteriewarenhändler Johann (Jean) Fontaine und Johann Georg Fritsch, erzbischöflicher Konfektmeister, stehen am Anfang der Salzburger Kaffeehauskultur. Am 31. März 1700 erhielt Fontaine die Bewilligung zum Verkauf von Kaffee, Tee, Schokolade etc. — wie 1705 Fritsch († 1720) — als Nebenerwerb, wobei zu Fritsch Belege fehlen. Fontaines Kaffeegewölbe jedoch, heute Salzburg, Goldgasse 5, besaß bereits einen Billard-Tisch.
Kaffee wurde damals nach dem „Nachtessen“ konsumiert und in den anfangs nur von Männern besuchten Kaffeehäusern lagen Zeitungen aus, wurde politisiert, Neuigkeiten ausgetauscht, geraucht, Billard gespielt und gestritten. Im Gegensatz zu den Terrassen und Schanigärten bzw. hellen Räumlichkeiten der Café-Konditoreien des 19. Jahrhunderts, Orten des „Sehens und Gesehenwerdens“ beider Geschlechter, waren die ersten Kaffeehäuser dunkle Gewölbe, schlecht beleumundete Orte mit Alkoholausschank.
Tomaselli
1753 erwarb der Cafetier der Mozart-Zeit, Anton Staiger, die Konzession und übersiedelte 1764 auf den Alten Markt 10, den jetzigen Standort des Café Tomaselli. Mit der Einrichtung der Konditorei in Nebenräumlichkeiten durch Carl Tomaselli (Sohn des Hoftenoristen Giuseppe Tomaselli) 1852 begann die Ära des „Konditorei-Cafés“ in Salzburg. Mit den Familien Hartensteiner und Gerlich wird das zweitälteste Kaffeehaus 1747 in der Getreidegasse 24 fassbar, obwohl „dessen Anfänge von den Quellen her nicht recht zu rekonstruieren sind“. 1778 wird das erste rechts der Salzach in der Linzer Gasse 10, später Platzl 3 (Spezereiwarenhändler Josef Pechtl als Konkurrenz zu Anton Staiger, später Heinrich Endres, 1842–1907) eröffnet (heute: italienisches Restaurant Wasserfall/Ristorante Cascata, Planung 1990: Kaschl/Mühlfellner). Chronologisch folgten, so Monika Oberhammer, das Gries (Kaigasse 1) sowie das Waldmüller (untere Getreidegasse).
Fürst, Mozart
Gegenüber dem Café Tomaselli am Alten Markt eröffnete in der Brodgasse 13 Paul Fürst (1856–1941) 1884 ein Konditorei-Café. Fürst erfand 1890 die Mozartkugel. Das Café Mozart, Getreidegasse 22, lange das Schach-Café, besteht unter diesem Namen seit 1922, geht aber auf das Jahr 1824 zurück, als die „bürgerliche Kaffeesiederin“ Sophie Gasparotti, die schon länger im Besitz der Erich’schen Kaffeesiederei in der Getreidegasse 24 war, das erste Stockwerk im „Niederleghaus“ (städtische Eisenniederlage seit 1487) erwarb.
Schatz
Im Schatz-Durchhaus, 1. Hof, dem „Faktor-Mayr-Haus“, Getreidegasse 3, gründete Carl Schatz (1849–1904) um 1880 die Café-Konditorei Schatz, die seit 1983 von Familie Winkler als Familienbetrieb geführt wird.
Bazar, Glockenspiel
Am 23.9.1909 eröffnete Richard Tomaselli in einem Gründerzeitbau der Brüder Ceconi (Aufstockung: 1906 durch Karl Pirich, Einrichtung: Franz Pfanzelter, Wintergarten-Anbau: 2017 neu durch Wilhelm Lankmayer), das um die Jahrhundertwende kleine Läden, einen „Bazar“, beherbergte, das Café Bazar. Das Bazar gilt als das Salzburger Künstler- und Intellektuellen-Café. Legenden ranken sich um Ober-Persönlichkeiten wie zum Beispiel Fritz Wiltner, dem das Wienerlied Der alte Ober vom Café Bazar (Text: Peter Herz, Musik: Hans Lang) gewidmet wurde. Bevor 1925 Fritz Woisetschläger, vormals Oberkellner des Tomaselli, das Café Glockenspiel am Mozartplatz eröffnen konnte, führte dort von 1893 bis 1913 Tobias, Vater des Dichters Georg Trakl, eine Eisenhandlung. Ein Terrassenanbau 1955 sowie Renovierungen 1979 und 2015 ermöglichten die Umgestaltung im Stil eines Wiener Kaffeehauses.
Wernbacher
Das Café Wernbacher in der Franz-Josef-Straße 5 (Einrichtung: Herbert Hochreiter), eröffnete 1952 (vor dem 2. Weltkrieg: Café Großglockner), ab den 1960er-Jahren mit dem Scotch-Club, einem der ersten Salzburger Nachtlokale. Mit dem Wernbacher hielt auch der „Espresso“, der „schnelle Kaffee“, in Salzburg Einzug.
Ehemalige Kaffeehäuser
Walburg Schobersberger konnte die Geschichte des Café Lobmayr recherchieren, das in der Sigmund-Haffner-Gasse 12 (= Universitätsplatz 19) bis 1907 als Vorgänger des Zipfer-Bierhauses (Einrichtung: 1929 Otto Strohmayr) bestand. Oder dass dort, wo 1418–1818 (Beschädigung beim Salzburger Stadtbrand) die alte Andräkirche in der Linzergasse gestanden hatte, von 1867 bis 1918 das Café Zeller, später jenes des Heinrich Prodinger und das Café Koller bestanden hat, ab 1927 bis Ende der 1960er vom Café Lohr abgelöst. Die Außenfassade des heutigen Schuhgeschäftes Footlocker (Eckhaus zum Platzl) schmückt ein Sgraffito von Karl Reisenbichler (1885–1962). Schon 1759 hatte bereits Andre Hofer am Platzl ein Specerey-Handelsgeschäft ersteigert, dass der geschäftstüchtige Franz Zeller 1839 erwirbt und dessen Namensähnlichkeit mit dem Tiroler Freiheitskämpfer er für die Vermarktung seines in Parsch produzierten Feigenkaffees und den Verkauf ebendort ausnutzte (Industrie- und Fabriksbauten). 1896 läutete der Wiener Cafetier Georg Krimmel die Kaffeehausära in dem von Jacob Ceconi erbauten Corso-Gebäude Imbergstraße 2/Giselakai 19 ein, allerdings übernahm Krimmel schon 1903 das Café National in der Rainerstraße 2 („Faberhaus“). Ende 1931 rief Familie Schwarz das Tanzcafé Corso mit Live-Musik ins Leben.
Land Salzburg
Im Bundesland Salzburg wurden vor allem in Verbindung mit dem Tourismus der Belle-Époque und in Zusammenhang mit den neugebauten Eisenbahnlinien die Annehmlichkeiten der Kaffeehäuser der Hauptstädte wie Wien, Berlin, Prag oder Budapest auch in die neu errichteten Grandhotels in den Kurorten und Sommerfrischen verlagert, um zahlungskräftiges Publikum entsprechend zu verwöhnen. Dazu gehörte beispielsweise der Café-Pavillon am Gasteiner Hof von Franz Wagner von 1906 oder die Caféterrasse der Konditorei Sponfeldner 1906 von Karl Pirich. Aber auch eigene Ausflugsziele wurden gebaut, so das Kaffee-Restaurant Sonnblick von Paul Geppert von 1913.
Winkler
Bereits 1890 mit der Errichtung des elektrischen Mönchsbergaufzuges entstand das Grand Café Winkler mit seinem spektakulären Blick über Salzburg, das 1946–48 von Josef Hawranek bieder umgebaut wurde. Als ansprechende Beispiele moderner Kaffeehausarchitektur in der Stadt Salzburg sind Oswald Haerdtls Arabia-Café in der Schwarzstraße 10 (1958) sowie die Bar des Espresso 21 im einstigen Stadtkino, heute: republiccafe (Josef Hawranek / Robert Kotas, 1950) zu nennen. Am Land ist dies die Konditorei Braun 1988–91 von Luigi Blau in einem Halleiner Bürgerhaus. Zwei neue Cafés sind das von Kaschl/Mühlfellner 2005 geplante Salzburger Kaffeehaus Mozarts (innen Wandpaneele von Wilhelm Scherübl) in der Neuen Residenz/Salzburg-Museum sowie die zwei 220° Cafés (2008 Chiemseegasse 5 von Franz Riebenbauer, seit 2018 in der ehemaligen Elektromotorenreparatur-Werkstatt A. Matschl, Nonntaler Hauptstraße 9a).
Weblinks
- http://www.tomaselli.at
- http://www.original-mozartkugel.com/index.php
- http://www.cafemozartsalzburg.at/en
- http://www.schatz-konditorei.at/index.php/en/
- https://www.cafe-bazar.at/de/cafe-salzburg/kaffehaus-mit-geschichte/
- http://www.cafewernbacher.at/
Literatur
- G. Müller: Von Heinrich Endres (1842–1907) zu einem Beitrag zur Salzburger Stadtkunde. (= Aus der Geschichte unserer Gesellschaft. 26). In: INFO der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. Nr. 2 (2017), S. 8–13.
- O. Kapfinger/R. Höllbacher/N. Mayr: Baukunst in Salzburg seit 1980. Ein Führer zu 600 sehenswerten Beispielen in Stadt und Land. Salzburg 2010.
- G. Ammerer: Das Tomaselli und die Salzburger Kaffeehaustradition seit 1700. Wien 2006.
- W. Schobersberger: Vom Cafégwölb zum Literatencafé. In: Salzburg-Archiv 20 (1995), S. 321–358.
- F. Klingspigl (Hg.), mit einem Beitrag von Leopold Kohr: Salzburger Kaffeehäuser. Fotos: Franz Krieger. Salzburg 1984.