Industrie- und Fabriksbauten

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
Wechseln zu: Navigation, Suche

Die Hauptmerkmale einer Fabrik sind die Vereinigung mehrerer Arbeitsprozesse unter einem Dach sowie der Einsatz von Maschinen, also eine die Industrialisierung bestimmende Technisierung zur Steigerung der Produktivität. Nicht hinzugeordnet werden hier Bauten, die nur dem Vertrieb und Verkauf oder der weiteren Verarbeitung fertiger Produkte dienen.

Brauereien

Hallein und Stadt Salzburg

Von den fabrikmäßig betriebenen Industrien Salzburgs ist die Bierproduktion besonders hervorzuheben. Für die gewerbliche Entwicklung der Brauereien aus der alten Hauswirtschaft, meist durch Korporationen wie Klöster, Spitäler oder Bruderschaften, seltener durch einzelne vermögende Personen, war die bevorzugte Lage eines Brauhauses maßgeblich (Roh- und Betriebsstoffe, kühler Ort für den Keller, Feuersicherheit). Der erste Braumeister „praxator Tagno“ wurde Mitte des 13. Jahrhunderts in der Benediktiner-Erzabtei St. Peter genannt. 1475 gründete Hans Elsenheimer (der Schilcher) in Kaltenhausen bei Hallein eine Brauerei, aus der sich nach der Übernahme durch Erzbischof Johann III. (1486) die Hofbrauerei entwickelte, 1648 wurde eine Zweigniederlassung im hochfürstlichen Kalten Brauhaus im Kai (beim Nonntaler Tor) eingerichtet.

Ende des 17. Jahrhunderts entstanden – aus merkantilistischen Überlegungen an den Grenzen des Erzstiftes – Hofbrauereien in Teisendorf, Lueg/St. Gilgen, Lofer, Henndorf und im Zillertal. Mit dem Ende des Erzstiftes wurden die Hofbrauereien sowie einige Kloster- (z. B. Augustiner-Chorherren Höglwörth) und Herrschaftsbrauereien (z. B. Sighartstein) aufgelöst und verkauft. Die neuen Inhaber von Kaltenhausen, Kurfürstin Maria Leopoldine von Pfalzbayern und ihr Sohn Maximilian Graf Arco-Zinneburg, machten aus der Brauerei u.a. durch die Errichtung der Mälzerei 1873 (Abbruch 2016) einen der führenden Industriebetriebe des 19. Jahrhunderts.

In der Gründerzeit lief ein erbitterter Verdrängungswettbewerb unter den bestehenden Brauhäusern der Stadt. 1875/76 sowie 1888 errichtete Valentin Ceconi im ehemaligen Steinbruch in der Riedenburg den Lagerkeller der Sternbrauerei. Die expandierende Produktion wurde von der Altstadt (wo Mälzerei und Gaststätte verblieben) unter langem Streit mit den Anwohnern hierher verlegt (1896–1907 Sud- und Kesselhaus, Gärkeller und Gastbetrieb, von Jakob Ceconi), 1956 Schließung, 2005–14 Abbruch von Teilen des Ensembles und Bau einer Wohnanlage von Hariri&Hariri.

Schon 1863 wurde die Stiegl-Brauerei, heute die größte in Privatbesitz befindliche Brauerei Österreichs, aus dem erstmals 1492 erwähnten Betrieb in der Gstättengasse nach Maxglan verlegt und seitdem trotz Rückschlägen (Brand 1875) ständig erweitert (z.B. 1901 um die Rochuskaserne). Nach Münchner Vorbild wurden 1908–26 das Müllner (Augustiner-)Bräustübl (Karl Pirich, Franz Zell), 1900–26 der seit 1820 als Lager genutzte Stieglkeller (Jakob Ceconi, Franz Zell) ausgebaut bzw. eingerichtet.

Land Salzburg

Auch auf dem Land modernisierte man Brauereien; so erweiterte Valentin Ceconi 1864 die Meierei des alten Jagdschlosses Guggenthal durch Brauereigebäude, Kirche und Villa. Seit Jahrzehnten leer stehend, brannte das Brauereigebäude vermutlich nach Brandstiftung 2018 ab, dem völligen Abbruch wurde noch 2018 zugestimmt. In Obertrum modernisierte Josef Sigl V. 1911 seine Brauerei durch Bauten von Richard Wagner (Gebrüder Wagner): Sudhaus, Kühlschiff, Eis-, Gär- und Lagerkeller.

Leder, Papier, Mehl

Wasser war sowohl wichtiger Energielieferant als auch Produktionsmittel. Schon 1422 bestand in Maxglan die Lohstampfmühle Schliesselberger, deren Lohe in der Ledergerberei in der Altstadt weiterverarbeitet wurde. Die 1534 errichtete Papiermühle Lengfelden benötigte Wasser für die Papiererzeugung. Auch für eine der erfolgreichsten Firmengründungen zur Zeit von Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo war Wasser notwendig: für die klassizistische Lederfabrik nach holländischem Vorbild von Christian Zezi am Äußeren Stein (1787 Johann Georg Laschenzky unter Nutzung eines Bestandbaus).

Die meisten Gewerbebetriebe, die mit Wasserkraft arbeiteten, erreichten kein industrielles Ausmaß. Eine Ausnahme ist die seit 1330 nachweisbare k. k. privilegierte Kunstmühle Fisslthaler (1934–2011 Rauchmühle). Sie wurde durch Franz Fisslthaler ab 1879 kontinuierlich industrialisiert (Ensemble aus Mühl-, Wohn- und Bürohaus von Jakob Ceconi 1898, Silo 1912). Durch Einsatz der Initiative Um+Bau+Kultur Salzburg erfolgte die Sicherung wesentlicher Bestandsgebäude der 2011 eingestellten Rauchmühle, in denen von 2018–2020 ein offenes Kreativzentrum hätte entstehen sollen. Das Projekt wurde jedoch im Mai 2019 wegen zu hoher Kosten (ca. 21 Millionen Euro) aufgegeben.

Industriebauten in den Vorstädten

Parsch

1848 eröffnete Franz Zeller, der 1839 die Handlung Andre Hofer (Platzl 2) erworben hatte, in der Gaisbergstraße 6 ein bis zum Zweiten Weltkrieg äußerst erfolgreiches Produktionsunternehmen für Feigenkaffee und Schokolade. Die zum Firmen-Ensemble gehörende Villa wurde nach Teil-Abbruch 1966 und 1977 im Jahr 1979–80 durch einen Anbau nach Plänen von Wilhelm Holzbauer für den Residenz Verlag erweitert (Anbau 2009 abgerissen).

1922 schlossen sich mehrere Orgelbaufirmen zur Orgelbau-AG Cäcilia in der Fürbergstraße 50 zusammen, 1923–26 neoklassizistischer Anbau durch Paul Geppert, Abbruch um 1970. Ebenfalls in der Fürbergstraße begann 1921 die Produktion der bis heute wichtigen Gebus-Lokomotiven (Ingenieure Moriz Gelinek, Adolf Buchleitner und Franz Strizek), Fertigung in den Montagehallen der Brückenbaufirma Janisch, 1928 Abwanderung nach Wien. Auch die – neben den Werken in Oberalm und Adnet vor allem architektonisch bemerkenswerten – Salzburger Marmorwerke von Friedrich Mayr-Melnhof befanden sich in Parsch, in der Nähe des Volksgartens, heute Finanzlandesdirektion, Prälat-Winkler-Straße 10. Die Anlieferung des Materials erfolgte aus den Steinbrüchen von Fürstenbrunn und Adnet durch die neue Schienenverbindung der Roten Elektrischen (Bauten des Verkehrs). 1906–08 durch Bruno Grüner erweitert, Abbruch 1977.

Lehen, Riedenburg, Schallmoos, Kasern

1854 eröffnete Matthias Gschnitzer mit Franz Gessele in Lehen eine k. k. privilegierte Kunstwollfabrik (Shoddy) auf dem Gelände einer Mühle; 1863 wurde in der Sinnhubstraße 10 eine neue Produktionsstätte bei einer ehemaligen Hammerschmiede unter der Leitung von Baumeister Otto Laschenzky erbaut; 1893 dazugehörige Villa von Josef Wessicken (als letzter Teil des Ensembles erhalten). Die 1894 gegründete Tischlerei Preimesberger entwickelte sich zum Industriebetrieb und übersiedelte 1935 mit der Möbelfabrik nach Schallmoos. Anfang der 1950er-Jahre begann Preimesberger mit der Serienproduktion von Küchen (Mirabella-Küchen), das Unternehmen schloss 1988. Die seit 1765 in der Stadt Salzburg bestehende Glockengießerei Oberascher zog 1919 nach Kasern um, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006‒07 (Gusswerk) sowie Erweiterung 2012.

Industriebauten in der Stadt Salzburg

Auch die Stadt selbst errichtete Fabrikanlagen oder kaufte diese auf: 1859 in Lehen errichtetes, ab 1905 Städtisches Gaswerk (1968 Verwaltungsgebäude von Josef Hawranek und Erich Horvath, Neubebauung ab 2006 als Stadtwerk Lehen). 1903 zog die Süßwarenfabrik Rajsigl in der nur kurzfristig arbeitenden Ceconischen Tischlerei ein. Die Glockengießerei Oberascher übersiedelte 1919 nach Kasern, wo sie sich bis 2003 als Gießerei und Maschinenbau-Unternehmen entwickelte; Umbau der Fabrikhallen zu modernem Gewerbestandort 2006-07 sowie Erweiterung 2012. Die 1920er-Jahre warteten mit zwei Hauptwerken der Industriearchitektur auf: 1923 Lebensmittelwerke Union von Hubert Geßner an der Fanny-von-Lehnert-Straße und 1927 Druck- und Verlagshaus R(einhard) Kiesel von Wunibald Deininger (Abbruch des Druckereitraktes 1989). 1955 Bau des Städtischen Fernheizkraftwerks am Elisabethkai, das mit Trimmelkamer Braunkohle betrieben wurde. Erweiterungen auf dem Areal des ehemaligen Schlachthofes (heute Gebirgsjägerplatz): 1986 Rauchgasreinigung, 1995 Umspannwerk; Neuaufbau 1999‒2003: 2000 Betriebsgebäude, 2002 Heizkraftwerk, alle von Marie-Claude Bétrix & Eraldo Consolascio.

Fabrikhalle 4711 mit Bürogebäude samt Penthouse von Walter Baumgartner sowie die Abfüllhalle mit Bürotrakt der Bluna-Limonaden-Werke von Walter Baumgartner und Hans Schilling aus Köln, an der Münchner Bundesstraße (Abbruch 2000er-Jahre).

Industriebauten in Hallein

Als wichtigste Industriestadt im Land gilt Hallein: Neubau der Saline auf der Pernerinsel 1852–64 (Entwurf: Franz von Schwind) nach Auflassung der Pfannhäuser in der Altstadt. 1989 Einstellung der Salzproduktion; seither temporäre kulturelle Nutzungen, darunter seit 1993 für die Salzburger Festspiele. 1869 Gründung der k.k. Tabakfabrik zur Arbeitsbeschaffung für arbeitslose Salinenarbeiterinnen und -arbeiter, 1939 stillgelegt. 1890‒93 entstand die Halleiner Zellulosefabrik, 1893 Errichtung der Roten Villa (Abbruch) und von Arbeiter-/Angestellten-Wohnhäusern (1895 und 1897 sowie 1953), 1898 Angliederung einer Papierfabrik, die bis zu ihrer Schließung 2009 mehrfach den Eigentümer wechselte; seitdem nur noch Zellstoffproduktion. 1928 Übernahme der elektromechanischen Fabrik auf der Pernerinsel durch die Firma Solvay, die mittels Elektrolyse des aus der Halleiner Saline gelieferten Kochsalzes die Basis für diverse chemische Produkte herstellte. 1953 neues Werk zur PVC-Produktion im Halvic-Werksteil (Einstellung 1997).

Wichtige Produktionsstandorte im Land Salzburg

1585‒1875 Messingwerk und Eisenhammer in Ebenau, dort 1636 auch Ansiedlung der Gewehrfabrikanten Klett. In Oberalm, im Ortsteil Hammer, ebenfalls 1585 Messingwerk, im 19. Jahrhundert Umwandlung in eine chemische Fabrik, ab 1856 Gründung der Marmorwerke, siehe Bauten des Berg- und Hüttenwesens; 1854 Gründung des Zementwerks bei Gartenau, ab 1864 im Besitz der Firma Gebrüder Leube. 1884 Errichtung einer Zinnoxidfabrik in Thalgau-Unterdorf durch Erweiterung einer Drahtzieherei durch den Fabrikanten Nicolaus Gaertner und Baumeister Eduard Reindl, seit 1997 Revitalisierung als Red Bull Leistungsdiagnostik- und Trainingszentrum Thalgau.

In Bürmoos gab es seit 1862 Torfabbau, 1866‒68 Teer-Fabrik, 1873-1929 mit Torf beheizte Glasfabrik, wurde ab 1881 vom aus Böhmen stammenden Industriellen Ignaz Glaser, mit dem einige Glasbläser-Familien mitkamen, ausgebaut. 1947‒2000 großindustrielle Herstellung von Brenntorf und Torfmull.

1898/99 wurde die erste Aluminiumfabrik der Monarchie in Lend eröffnet; Werkshalle und Arbeiterwohnhäuser von Jakob Ceconi 1906. Bemerkenswerte Bauten aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts.: 1963–67 Bürohaus und Produktionshalle Bleckmann & Co in Lamprechtshausen von Gerhard Garstenauer und Wolfgang Soyka (1980 Industriehalle), 1965 Rakoll Werke Gebrüder Koitz (Lackfabrik) und 1975 Firma Geislinger von Wolfgang Soyka (Erweiterung/Aufstockung Volkmar Burgstaller 2011 und 2015), beide in Hallwang.(Bergbau)

Lit.:

  • J. Breuste: Aufbruch gegen Abbruch - Das Ensemble der Fisslthaler Kunstmühle. In: Denkma(il), Nr. 22, 2016.
  • C. Willi: Die Lokomotivenfabrik in der Fürbergstraße (1923–1928). In: Parscher Journal. H. 3, 2012/13, S. 31–33.
  • dies.: Die Feigenkaffeefabrik Andre Hofer. Die Orgelbau-Anstalt „Cäcilia“. Beide in: H. Lohmann, H. Laimer, C. Willi: Parsch erzählt. Salzburg 2008. S. 46ff. u. S. 89ff.
  • R. Sturm: Industrie-, Gewerbe- und Verkehrsbauten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in der Stadt Salzburg und Umgebung. Dipl. Univ. Salzburg 2006.
  • H. Klackl: Der Almkanal. Salzburg 2002.
  • W. Schobersberger: Bauten der Technik und Industrie in Stadt und Land Salzburg. Diss. Univ. Salzburg 1996.
  • G. Barth: Einige Unternehmer und Unternehmungen in der Stadt Salzburg im 19. Jahrhundert Dipl. Univ. Salzburg 1981.
  • S. Kaufmann: Das Halleiner Heimatbuch. Leoben 1954.

Monika Oberhammer, Jana Breuste