Kuno Brandauer: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Brandauer, Kuno''', * Hellbrunn bei Salzburg 27. 5. 1895, † Salzburg 17. 4. 1980, Beamter, Heimatforscher, Heimatpfleger.
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'''Brandauer, Kuno''', * Hellbrunn bei Salzburg 27. 5. 1895, † Salzburg 17. 4. 1980, Buchhaltungsbeamter, Heimatpfleger.
  
Frühes Interesse für Heimatkunde und Brauchtumspflege. Sohn des Gastwirtes Leopold Brandauer (1865-1947), der mit K. →Adrian ab 1911 in der Landeskommission für die Erhaltung und Erneuerung der Salzburger Trachten und Bräuche wirkte. Mit dem Volksmusikanten G. →Windhofer (1887-1964) und dem Gastwirt Franz Obereder entwickelte er schrittweise die Salzburger Heimatpflegeidee; ab 1908 Gründung zahlreicher Vereine.
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Frühes Interesse für Heimatkunde über seinen Vater, den Gastwirt Leopold Brandauer (1865-1947) und K. →Adrian. Mit dem Volksmusikanten G. →Windhofer (1887-1964) und dem Gastwirt Franz Obereder entwickelte er schrittweise eine nationale Salzburger Brauchtumspflege; ab 1908 Gründung zahlreicher Vereine.
  
1908 gründeten Leopold B. und Hans Tiator den »Ersten Österreichischen Reichsverband für Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Erhaltungsvereine«, der ab 1912 eine österreichweite Monatsschrift herausgab. B. prägte diesen Verband nachhaltig. Bereits früh vertrat der Verband deutschnationale und schließlich nationalsozialistische Ideen. 1926 kam es zur Gründung des »Landesverbandes der Trachten-, Schützenvereine und Musikkapellen«, dessen Obmann der Ehrenpräsident und frühere Präsident der Salzburger →»Alpinia«, August Neubauer (1870- 1950) - ebenfalls ein wichtiger Mann in der Landeskommission von 1911 - war. Dem Landesverband stand ab 1932 B. vor, der österreichweit die Trachtenvereinsbewegung, ihre Aktivitäten und Werthaltungen prägte.
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1908 gründeten Leopold B. und Hans Tiator den »Ersten Österreichischen Reichsverband für Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Erhaltungsvereine«, der ab 1912 eine - im Austausch mit bayerischen Vereinen - österreichweit wirkende Monatsschrift herausgab. B. prägte diesen Verband nachhaltig. Der verband verbreitete bereits früh deutschnationale, antijüdische und schließlich nationalsozialistische Ideen. 1926 kam es zur Gründung des »Landesverbandes der Trachten-, Schützenvereine und Musikkapellen«, dessen Obmann der Ehrenpräsident der Salzburger →»Alpinia«, August Neubauer (1870- 1950) - der, wie Adrian und Leopold B ein wichtiger Mann in der Landeskommission von 1911 war. Dem Landesverband stand ab 1932 B. vor, der österreichweit die Trachtenvereinsbewegung, ihre Aktivitäten und Werthaltungen prägte.
  
1935 gab der Landesverband die erste »Salzburger Trachtenmappe« heraus (auch an den Ausgaben 1942 und 1962 arbeitete B.maßgeblich mit). 1938 wurde B. Leiter der »Fachschaft Brauchtumspflege« im NS-Kulturamt, Gau Salzburg, die Vereine wurden aufgelöst und übergeführt. Am 3. 6. 1939 wurde der »Gauverband der Heimat- und Trachtenvereine im Reichsgau Salzburg« begründet, er unterstand bis zur Gründung des →Heimatwerkes der »Lehr- und Forschungsstätte für germanischdeutsche Volkskunde« (gegr. 1938, R. →Wolfram). 1942 wurde B., der ab 1922 in regem Kontakt zur späteren Leiterin der »Mittelstelle Deutsche Tracht« der Gauarbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde, Gertraud Pesendorfer, stand, Mitbegründer und Leiter (mit dem Gauleiter Gustav Scheel) des »Heimatwerk Salzburg. Gemeinschaft für Volks- und Brauchtumspflege«, das dem Gauleiter und Reichsstatthalter direkt unterstand. So wurde er zur zentralen Figur der »praktischen Volkstumsarbeit«, dem wesentlichen »Kampfmittel im Sinne politisch- weltanschaulicher Klärungen« (Otto Schmidt).
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1935 gab der Landesverband die erste »Salzburger Trachtenmappe« heraus, die vor allem in den Vereinen  rezipiert wurde. Vier Blätter gab B. 1942 gemeinsam mit der Sekretärin Gertrud Pesendorfer (Kontakte zu B. seit 1922), der »Reichsbeauftragten für das Trachtenwesen« (»Mittelstelle Deutsche Tracht«, in Innsbruck) heraus, die auch habitusprägend wirken sollten; die Trachtenmappe 1962 schloss direkt daran an.  
  
B. wirkte eng mit T. →Reiser zusammen. Auch Dr. Helmut Amanshauser, Leiter der Gauarbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde und Hauptstellenleiter im Gauschulungsamt (seit 1938), wirkte mit ideologisierenden Aufsätzen am Heimatwerk mit. 1946 wurde das Heimatwerk von der Landesregierung reaktiviert. Aus ihm ging 1948 die »Dienststelle für Salzburger Heimatpflege« (→Volkskultur) unter Leitung B.s (bis 1960) hervor, diemit der Führung der wiedererrichteten Landesverbände (bis 1997) betraut war. B. zeichnet für viele →Trachtenerneuerungen, Verbandsgründungen, die Wiederaufnahme von Bräuchen verantwortlich. 1961 wurde nach dieser charismatischen Persönlichkeit die Kuno-Brandauer-Medaille als höchste Auszeichnung der Landesverbände geschaffen, 1982 wurde ihm ein Denkmal auf der Monikahöhe errichtet, eine Straße in Salzburg ist nach ihm benannt.
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B. kam nach Matura und Staatsrechnungsprüfung in den Dienst der Landesregierung. Von 1931-1945 war B. Mitglied der NSDAP; als "alter Kämpfer" befördert. 1938 wurde er Regierungsinspektor und nach weiteren Vorrückungen schließlich 1941 Gauverwaltungsrat im Gaukulturamt; Am 3. 6. 1939 wurde der »Gauverband der Heimat- und Trachtenvereine im Reichsgau Salzburg« begründet, er unterstand bis zur Gründung des →Heimatwerkes der »Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde« (gegr. 1938, R. →Wolfram). B. wurde Vorstand dieser gleichgeschalteten Vereine als Leiter der »Fachschaft Brauchtumspflege« im NS-Kulturamt, Gau Salzburg. 1942 wurde B.  Mitbegründer und Leiter (mit Gauleiter Gustav A. Scheel) des »Heimatwerk Salzburg. Gemeinschaft für Volks- und Brauchtumspflege«, das dem Gauleiter und Reichsstatthalter direkt unterstand. Damit wurde er zur zentralen Figur der »praktischen Volkstumsarbeit«, dem wesentlichen »Kampfmittel im Sinne politisch- weltanschaulicher Klärungen« (Otto Schmidt). Im Krieg »unbefristet unabkömmlich« gestellt. 1942 Verleihung des »Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ohne Schwerter« und des »Treudienst-Ehrenzeichens«.
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B. wirkte eng mit T. →Reiser zusammen. Auch Helmut Amanshauser, Leiter der »Gauarbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde« und Hauptstellenleiter im Gauschulungsamt (seit 1938; zugehörig zum »Amt Rosenberg«), wirkte mit ideologisierenden Aufsätzen am Heimatwerk mit.  
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1945 bis 1949 Dienstenthebung, Wiedereinstellung mit 24.1.1949.
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1946 wurde das Heimatwerk von seinen noch mit Berufsverbot belegten Protagonisten wieder begründet; daraus ging 1948 die »Dienststelle für Salzburger Heimatpflege« (→Volkskultur) unter Leitung B.s (bis 1960) hervor, die mit der Führung der wiedererrichteten Landesverbände (bis 1997) betraut war. B. zeichnet für viele →Trachtenerneuerungen, Verbandsgründungen, die stilisierte Umarbeitung  von Bräuchen verantwortlich. 1961 wurde von den Vereinen die »Kuno-Brandauer-Medaille« als höchste Auszeichnung der Landesverbände geschaffen, 1982 wurde ihm ein Denkmal auf der Monikahöhe errichtet, eine Straße in Salzburg ist nach ihm benannt.
  
 
Literatur:
 
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* E. Wallnöfer: Trachtenforschung als rassische Delimitation. Gertrud Pesendorfer (1895-1982) [u.a.] In: dies.: Maß nehmen Maß halten. Frauen im Fach Volkskunde. Wien 2008, S. 24-53.
 
* G. Kerschbaumer: Rekonstruktion und Dokumentation. In: Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg, hg. von W. Haas (=SBzVK 8), Salzburg 1996, S. 255-359; ebenda, Kammerhofer, S. 97-101.
 
* G. Kerschbaumer: Rekonstruktion und Dokumentation. In: Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg, hg. von W. Haas (=SBzVK 8), Salzburg 1996, S. 255-359; ebenda, Kammerhofer, S. 97-101.
 
* Trachten nicht für jedermann? (=SBzVK 6), hg. von U. Kammerhofer-Aggermann u. a., Salzburg 1993.
 
* Trachten nicht für jedermann? (=SBzVK 6), hg. von U. Kammerhofer-Aggermann u. a., Salzburg 1993.
* M. Martischnig: Nekr. In: MGSLK 120/121, 1980/81, S. 729 ff.
 
  
 
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Version vom 27. August 2018, 14:26 Uhr

Brandauer, Kuno, * Hellbrunn bei Salzburg 27. 5. 1895, † Salzburg 17. 4. 1980, Buchhaltungsbeamter, Heimatpfleger.

Frühes Interesse für Heimatkunde über seinen Vater, den Gastwirt Leopold Brandauer (1865-1947) und K. →Adrian. Mit dem Volksmusikanten G. →Windhofer (1887-1964) und dem Gastwirt Franz Obereder entwickelte er schrittweise eine nationale Salzburger Brauchtumspflege; ab 1908 Gründung zahlreicher Vereine.

1908 gründeten Leopold B. und Hans Tiator den »Ersten Österreichischen Reichsverband für Alpine, Volks- und Gebirgs-Trachten-Erhaltungsvereine«, der ab 1912 eine - im Austausch mit bayerischen Vereinen - österreichweit wirkende Monatsschrift herausgab. B. prägte diesen Verband nachhaltig. Der verband verbreitete bereits früh deutschnationale, antijüdische und schließlich nationalsozialistische Ideen. 1926 kam es zur Gründung des »Landesverbandes der Trachten-, Schützenvereine und Musikkapellen«, dessen Obmann der Ehrenpräsident der Salzburger →»Alpinia«, August Neubauer (1870- 1950) - der, wie Adrian und Leopold B ein wichtiger Mann in der Landeskommission von 1911 war. Dem Landesverband stand ab 1932 B. vor, der österreichweit die Trachtenvereinsbewegung, ihre Aktivitäten und Werthaltungen prägte.

1935 gab der Landesverband die erste »Salzburger Trachtenmappe« heraus, die vor allem in den Vereinen rezipiert wurde. Vier Blätter gab B. 1942 gemeinsam mit der Sekretärin Gertrud Pesendorfer (Kontakte zu B. seit 1922), der »Reichsbeauftragten für das Trachtenwesen« (»Mittelstelle Deutsche Tracht«, in Innsbruck) heraus, die auch habitusprägend wirken sollten; die Trachtenmappe 1962 schloss direkt daran an.

B. kam nach Matura und Staatsrechnungsprüfung in den Dienst der Landesregierung. Von 1931-1945 war B. Mitglied der NSDAP; als "alter Kämpfer" befördert. 1938 wurde er Regierungsinspektor und nach weiteren Vorrückungen schließlich 1941 Gauverwaltungsrat im Gaukulturamt; Am 3. 6. 1939 wurde der »Gauverband der Heimat- und Trachtenvereine im Reichsgau Salzburg« begründet, er unterstand bis zur Gründung des →Heimatwerkes der »Lehr- und Forschungsstätte für germanisch-deutsche Volkskunde« (gegr. 1938, R. →Wolfram). B. wurde Vorstand dieser gleichgeschalteten Vereine als Leiter der »Fachschaft Brauchtumspflege« im NS-Kulturamt, Gau Salzburg. 1942 wurde B. Mitbegründer und Leiter (mit Gauleiter Gustav A. Scheel) des »Heimatwerk Salzburg. Gemeinschaft für Volks- und Brauchtumspflege«, das dem Gauleiter und Reichsstatthalter direkt unterstand. Damit wurde er zur zentralen Figur der »praktischen Volkstumsarbeit«, dem wesentlichen »Kampfmittel im Sinne politisch- weltanschaulicher Klärungen« (Otto Schmidt). Im Krieg »unbefristet unabkömmlich« gestellt. 1942 Verleihung des »Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse ohne Schwerter« und des »Treudienst-Ehrenzeichens«.

B. wirkte eng mit T. →Reiser zusammen. Auch Helmut Amanshauser, Leiter der »Gauarbeitsgemeinschaft für deutsche Volkskunde« und Hauptstellenleiter im Gauschulungsamt (seit 1938; zugehörig zum »Amt Rosenberg«), wirkte mit ideologisierenden Aufsätzen am Heimatwerk mit. 1945 bis 1949 Dienstenthebung, Wiedereinstellung mit 24.1.1949.

1946 wurde das Heimatwerk von seinen noch mit Berufsverbot belegten Protagonisten wieder begründet; daraus ging 1948 die »Dienststelle für Salzburger Heimatpflege« (→Volkskultur) unter Leitung B.s (bis 1960) hervor, die mit der Führung der wiedererrichteten Landesverbände (bis 1997) betraut war. B. zeichnet für viele →Trachtenerneuerungen, Verbandsgründungen, die stilisierte Umarbeitung von Bräuchen verantwortlich. 1961 wurde von den Vereinen die »Kuno-Brandauer-Medaille« als höchste Auszeichnung der Landesverbände geschaffen, 1982 wurde ihm ein Denkmal auf der Monikahöhe errichtet, eine Straße in Salzburg ist nach ihm benannt.

Literatur:

  • E. Wallnöfer: Trachtenforschung als rassische Delimitation. Gertrud Pesendorfer (1895-1982) [u.a.] In: dies.: Maß nehmen Maß halten. Frauen im Fach Volkskunde. Wien 2008, S. 24-53.
  • G. Kerschbaumer: Rekonstruktion und Dokumentation. In: Volkskunde und Brauchtumspflege im Nationalsozialismus in Salzburg, hg. von W. Haas (=SBzVK 8), Salzburg 1996, S. 255-359; ebenda, Kammerhofer, S. 97-101.
  • Trachten nicht für jedermann? (=SBzVK 6), hg. von U. Kammerhofer-Aggermann u. a., Salzburg 1993.

U.K.