Michael Haydn: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 7. November 2016, 12:16 Uhr

Haydn, Johann Michael, * Rohrau (NÖ.) 14. 9. 1737, † Salzburg 10. 8. 1806, Komponist.

Der »Salzburger Haydn«, fünf Jahre jüngerer Bruder von Joseph H., neben L. →Mozart († 1787) und (bis 1781) W. A. →Mozart maßgebliche Gestalt für die Musik in Salzburg in der 2. H. des 18. Jh.s. Ca. 1745, seinem Bruder Joseph folgend, Kapellknabe der »Cantorei« von St. Stephan in Wien. Ausbildung bei Domkapellmeister Georg Reutter d. J. Anfang der 1750er Jahre verließ H. das Kapellhaus, blieb aber in Wien. Aus dem Todesjahr der Mutter (1754) stammt die früheste uns bekannte Komposition H.s, die »Missa in honorem Sanctissimae Trinitatis «. Ein angeblicher Aufenthalt H.s in Temesvár 1754-57 ist nicht nachweisbar. Namentlich wird H. 1757 (bis 1762) als Mitglied des Großwardeiner Orchesters genannt, im Frühjahr 1760 als Kapellmeister des Bischofs Adam Graf Patachich. Neben vokal-instrumentaler Kirchenmusik entstanden zahlreiche Instrumentalwerke für verschiedene Besetzungen: Sinfonien, Solo-Konzerte (Violinkonzert B-Dur, Konzert für Viola und Orgel, ein verschollenes Hornkonzert), Kammermusik. Die überlieferten Werke des 20-25jährigen Komponisten sind den vergleichbaren Werken seines älteren Bruders ebenbürtig. Mitte 1762 ist H. in Wien, anschließend (zusammen mit Joseph) wegen Erbschaftsangelegenheiten in Rohrau, Weihnachten in Pressburg.

Schon vor der ersten namentlichen Erwähnung in Salzburg (24. 7. 1763) hatte H. Kontakt mit dem Hof von Eb. Sigismund Schrattenbach, vermutlich durch Lieferung von Kompositionen von Wien aus. H.s Protektor war Vinzenz Josef Graf Schrattenbach (Domherr 1762), ein Neffe des Eb. Im Anstellungsdekret (14. 8. 1763) wird H. »als Hofmusicus und Concertmeister« die Offizierstafel gewährt, ein begehrtes Privileg, das L. und W. A. Mozart verwehrt blieb. 1768 heiratete er die »Hofsingerin « Maria Magdalena Lipp, Tochter des Domorganisten F. →Lipp. Das einzige Kind dieser Ehe starb nach einem Jahr. Als Wohnung diente dem Ehepaar H. das »St. Petrische Haus am Friedhof« (Ende 19. Jh. abgerissen für Talstation der Festungsbahn. Gedenktafel). 1773 wurde H. 1. Konzertmeister, 1777 (nach dem Tod →Adlgassers) Organist an der Dreifaltigkeitskirche, mit Dekret vom 30. 5. 1782 (als Nachfolger W. A.Mozarts) 1. Hof- und Domorganist und Lehrer am →Kapellhaus, bei gleichzeitiger Entlastung als Konzertmeister. Schwer enttäuschte ihn eine nur geringe Gehaltserhöhung durch die neue Regierung nach der Säkularisation, nachdem er ein ehrenvolles und lukratives Angebot des Fürsten Esterházy nach langem Zögern zugunsten Salzburgs abgelehnt hatte. Ansehen und Verehrung jedoch, die er in Salzburg genoss, vor allem als Lehrer und in einem großen Freundeskreis, beglückten ihn.

In der schon zwei Jahre nach seinem Tod erschienenen »Biographischen Skizze« wird H. der »vielleicht größte Tonsetzer« auf dem Gebiet der Kirchenmusik genannt und »die Herausgabe der vorzüglichsten Sparten unseres großen Meisters« gefordert, als Muster für »den ächten Kirchenstyl« zur »Vervollkommnung der musikalischen Welt«. F. →Schuberts Gedanken über den »ruhigen, klaren Geist« des »guten Haydn« angesichts des Haydn- Monuments in der Stiftskirche →St. Peter (1825) bringen diese Verehrung, die das 19. Jh. bewahrte, zum Ausdruck. Von seinen Zeitgenossen hat W. A. Mozart H. besonders geschätzt und viel von ihmgelernt,während L. Mozart zwar besondere Leistungen H.s anerkannte (z. B. die Hieronymus-Messe, Schauspielmusik zu Voltaires »Zaire«), ihn aber auch als eigenen Rivalen und Konkurrenten seines Sohnes ansah und in schlechtes Licht zu setzen versuchte. H.s Schaffen umfasst mit 843 Nummern nahezu alle Bereiche der Musik seiner Zeit. Die großen und mittleren Formen der Kirchenmusik stehen deutlich im Vordergrund (38 Messen, 111 Gradualien, 53 Offertorien, 14 Litaneien, fünf Vespern). Einen breiten Raum nehmen seine Bühnen-(→Theater der Benediktineruniv.), Huldigungskompositionen (Applausus, Serenate teatrale) und Oratorien ein, während die ital. Opera seria und buffa ausgespart blieben.Mit Recht gilt er als Schöpfer der (oft irreführend als »Männerchöre« bezeichneten) Lieder für vier Männer- oder Frauenstimmen in solistischer Besetzung (ca. 50 Werke), bestimmt zum geselligen Musizieren im Freundes- und Schülerkreis, dem u. a. I. →Assmayr, A. →Diabelli, B. →Hacker, S. v. →Neukomm, Georg Schinn, E. Fürst →Schwarzenberg, C. M. v. →Weber und J. →Wölfl angehörten. H.s Instrumentalmusik (Sinfonien, Konzerte, Orchester-Serenaden, Tänze, Kammermusik) umfasst mit 147 Werken nur ca. ein Sechstel des Gesamtschaffens. Die authentische Überlieferung der Werke (ca. vier Fünftel als datierte oder datierbare Autographen) kann als ungewöhnlich gut und zahlreich bezeichnet werden; mehrere frühe Kataloge (einige aus H.s Schülerkreis) erleichtern eine chronologische Ordnung. Mehrere seiner Werke sind (auch) unter dem Namen seines Bruders Joseph überliefert und umgekehrt. 1983 konstituierte sich in Salzburg eine »Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft«, die sich der Musik in Salzburg in Geschichte und Gegenwart und im besonderen dem Leben, Werk und der Edition von Werken des »Salzburger Haydn« widmet. Eine »Johann- Michael-Haydn-Gedenkstätte« wurde 1984 in St. Peter (gegenüber der Stiftskirche) eröffnet, mit Tonbildschau und den 5-Uhr-Konzerten während der Sommermonate.

Literatur:

  • Ch. H. Sherman: J. M. H. A Chronological Thematic Catalogue of his Works. New York 1993.
  • J. M. H. Sein Leben - sein Schaffen - seine Zeit. Eine Bildbiographie v. G. Croll u. K. Vössing, Wien 1987.
  • H. Jancik: M. H., ein vergessener Meister. Wien 1952.

G.C.