Volkskunde: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Volkskunde'''. Um die Einführung einer wissenschaftlichen Volkskunde in Salzburg erwarb sich die Katholische Fakultät der →Univ. große Verdienste, die 1934 mit Unterstützung des Notringes der Deutschen Wissenschaften ein Institut für religiöse Volkskunde begründete, dessen Leiter Hanns Koren wurde.
 
'''Volkskunde'''. Um die Einführung einer wissenschaftlichen Volkskunde in Salzburg erwarb sich die Katholische Fakultät der →Univ. große Verdienste, die 1934 mit Unterstützung des Notringes der Deutschen Wissenschaften ein Institut für religiöse Volkskunde begründete, dessen Leiter Hanns Koren wurde.
  
Das Institut wurde 1938 vom NS-Regime gesperrt und geplündert. Hanns Koren verfaßte dort seine beiden programmatischen Schriften, in denen er gegen eine nationale Instrumentalisierung und geschichtslose Mythisierung der Volkskunde und ihrer Forschungsbereiche auftrat und auf die prägende Funktion der katholischen Kirche auf volkstümliche Alltagswelt, Lebensgestaltung und Weltanschauung hinwies (J. →Walleitner). 1938-45 bestanden verschiedene Forschungsinstitutionen des NS-Regimes (dem sogenannten »Amt Rosenberg« des Reichsleiters Alfred Rosenberg sowie dem »Ahnenerbe der SS Heinrich Himmler« zugehörig) in Salzburg. Sie arbeiteten all jenen Vereinigungen zu, die die Bevölkerung erfassten und im Sinne des Regimes fortbildeten und indoktrinierten (R. →Wolfram, K. →Brandauer). Nach 1945 existierte Volkskunde als Wissenschaft in Salzburg nicht mehr. Erst 1983 wurde das Salzburger Landesinstitut für V. (SLIVK) begründet. Es ist eine wissenschaftliche Institution des Landes Salzburg und der Fachabteilung 0/92 »Wissenschaft« eingegliedert. Zu seiner Gründung trug das Legat des wissenschaftlichen Nachlasses und der Fachbibliothek von R. Wolfram wesentlich bei. Aufgaben des SLIVK sind die wissenschaftliche Arbeit im vergangenen und gegenwärtigen Bereich der Volkskunde/europäischen Ethnologie betreffend das Bundesland Salzburg, Österreich und die internationalen Kulturzusammenhänge. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit volkskundlichen und fachlich relevanten Institutionen im In- und Ausland. Die aktuellen Forschungsströmungen und Methoden zur Erforschung der Alltagskultur werden bei der Herausgabe der »Salzburger Beiträge zur Volkskunde« besonders berücksichtigt. Die Organisation von Fachtagungen in Zusammenarbeit mit Wissenschafts-, Kultur- und Bildungseinrichtungen im In- und Ausland fördert die Diskussion zwischen Theorie und Praxis. Die Erschließung und kritische Bearbeitung der Nachlässe zur Wissenschafts-, Institutionen- und Personengeschichte der österreichischen Volkskunde und Heimatpflege zur Zeit des Nationalsozialismus zählt zu den zentralen Aufgaben des SLIVK. Missbrauch und Instrumentalisierung von Wissenschaft und Kultur aufzuzeigen ist Teil der Vergangenheitsbewältigung und damit ein Beitrag zu einem toleranten Kulturkontakt im offenen Europa der Regionen.
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Das Institut wurde 1938 vom NS-Regime gesperrt und geplündert. Hanns Koren verfaßte dort seine beiden damals programmatischen Schriften, in denen er gegen eine nationale Instrumentalisierung und geschichtslose Mythisierung der Volkskunde und ihrer Forschungsbereiche auftrat und auf die prägende Funktion der katholischen Kirche auf volkstümliche Alltagswelt, Lebensgestaltung und Weltanschauung hinwies (J. →Walleitner). Das Institut in der Franziskanergasse wurde 1938 geschlossen und von der SS geplündert. 1938-45 bestanden verschiedene Forschungsinstitutionen des NS-Regimes (dem sogenannten »Amt Rosenberg« des Reichsleiters Alfred Rosenberg sowie dem »Ahnenerbe der SS Heinrich Himmler« zugehörig) in Salzburg. Sie arbeiteten all jenen Vereinigungen zu, die die Bevölkerung erfassten und im Sinne des Regimes fortbildeten und indoktrinierten (R. →Wolfram, K. →Brandauer). Nach 1945 existierte Volkskunde als Wissenschaft in Salzburg nicht mehr. Allerdings befassten sich verschiedene Autoren und Autorinnen laienhaft in den MGSLK, den Museumsblättern u.a. mit Themen des sogenannten Alten Kanon der Volkskunde, teils als Nachhall der historistischen Altertumsbegeisterung, teils die NS-Wertungen weitertragend. 1983 wurde das Salzburger Landesinstitut für V. (SLIVK) begründet. Es ist eine wissenschaftliche Institution des Landes Salzburg und der Fachabteilung 20204 »Wissenschaft« als Dienststelle 904 angegliedert. Zu seiner Gründung trug das Legat des wissenschaftlichen Nachlasses und der Fachbibliothek von R. Wolfram wesentlich bei. Aufgaben des SLIVK sind die wissenschaftliche Arbeit im vergangenen und gegenwärtigen Bereich der Volkskunde/europäischen Ethnologie betreffend das Bundesland Salzburg, Österreich und die internationalen Kulturzusammenhänge. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit volkskundlichen und fachlich relevanten Institutionen im In- und Ausland. Die aktuellen Forschungsströmungen und Methoden zur Erforschung der Alltagskultur werden bei der Herausgabe der »Salzburger Beiträge zur Volkskunde« besonders berücksichtigt und in der Zusammenarbeit mit Wissenschafts-, Kultur- und Bildungseinrichtungen im In- und Ausland die Diskussion zwischen Theorie und Praxis gefördert. Die Erschließung und kritische Bearbeitung der Nachlässe zur Wissenschafts-, Institutionen- und Personengeschichte der österreichischen Volkskunde und Heimatpflege zur Zeit des Nationalsozialismus zählt zu den zentralen Aufgaben des SLIVK. Missbrauch und Instrumentalisierung von Wissenschaft und Kultur aufzuzeigen ist Teil der Vergangenheitsbewältigung und damit ein Beitrag zu einem toleranten Kulturkontakt im offenen Europa der Regionen.
  
Zu den Archiv- und Bibliotheksbeständen zählen die Fachbibliothek zu Volkskunde, Kulturgeschichte und Salzburger Heimatkunde, Quellen zur Salzburger Volks- und Heimatkunde: u. a. die Sammlung R. →Treuer, ein umfangreiches Bildarchiv zur regionalen Alltagskultur. Über das Land hinaus von Bedeutung sind die Nachlässe zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde und ihrer Instrumentalisierung im Nationalsozialismus: die Richard-Wolfram-Forschungsstelle mit Bibliothek und Nachlass, die Sammlung »Spiel und Spruch« - Karl Haiding und der Teilnachlass Karl von Spieß. Das Archiv des Österreichischen Volkskundeatlasses dokumentiert Feldforschungen zum alten »Kanon der Volkskunde« zwischen 1956 und 1981.  
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Zu den Archiv- und Bibliotheksbeständen zählen die Fachbibliothek zu Volkskunde, Kulturgeschichte und Salzburger Heimatkunde, die Legatsbibliothek R --Wolfram; Quellen zur Salzburger Volks- und Heimatkunde: u. a. die Sammlung R. →Treuer, ein Bildarchiv zur regionalen Alltagskultur. Über das Land hinaus von Bedeutung sind die Nachlässe zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde und ihrer Instrumentalisierung im Nationalsozialismus: die »Nachlass Richard Wolfram, die Sammlung »Spiel und Spruch« - Karl Haiding sowie der Teilnachlass Karl von Spieß. Das Archiv des Österreichischen Volkskundeatlasses dokumentiert Feldforschungen zum alten »Kanon der Volkskunde« zwischen 1956 und 1981 sowie zur Wissenschaftsgeschichte im Nachkriegsösterreich.  
  
 
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Version vom 6. August 2018, 15:40 Uhr

Volkskunde. Um die Einführung einer wissenschaftlichen Volkskunde in Salzburg erwarb sich die Katholische Fakultät der →Univ. große Verdienste, die 1934 mit Unterstützung des Notringes der Deutschen Wissenschaften ein Institut für religiöse Volkskunde begründete, dessen Leiter Hanns Koren wurde.

Das Institut wurde 1938 vom NS-Regime gesperrt und geplündert. Hanns Koren verfaßte dort seine beiden damals programmatischen Schriften, in denen er gegen eine nationale Instrumentalisierung und geschichtslose Mythisierung der Volkskunde und ihrer Forschungsbereiche auftrat und auf die prägende Funktion der katholischen Kirche auf volkstümliche Alltagswelt, Lebensgestaltung und Weltanschauung hinwies (J. →Walleitner). Das Institut in der Franziskanergasse wurde 1938 geschlossen und von der SS geplündert. 1938-45 bestanden verschiedene Forschungsinstitutionen des NS-Regimes (dem sogenannten »Amt Rosenberg« des Reichsleiters Alfred Rosenberg sowie dem »Ahnenerbe der SS Heinrich Himmler« zugehörig) in Salzburg. Sie arbeiteten all jenen Vereinigungen zu, die die Bevölkerung erfassten und im Sinne des Regimes fortbildeten und indoktrinierten (R. →Wolfram, K. →Brandauer). Nach 1945 existierte Volkskunde als Wissenschaft in Salzburg nicht mehr. Allerdings befassten sich verschiedene Autoren und Autorinnen laienhaft in den MGSLK, den Museumsblättern u.a. mit Themen des sogenannten Alten Kanon der Volkskunde, teils als Nachhall der historistischen Altertumsbegeisterung, teils die NS-Wertungen weitertragend. 1983 wurde das Salzburger Landesinstitut für V. (SLIVK) begründet. Es ist eine wissenschaftliche Institution des Landes Salzburg und der Fachabteilung 20204 »Wissenschaft« als Dienststelle 904 angegliedert. Zu seiner Gründung trug das Legat des wissenschaftlichen Nachlasses und der Fachbibliothek von R. Wolfram wesentlich bei. Aufgaben des SLIVK sind die wissenschaftliche Arbeit im vergangenen und gegenwärtigen Bereich der Volkskunde/europäischen Ethnologie betreffend das Bundesland Salzburg, Österreich und die internationalen Kulturzusammenhänge. Interdisziplinäre Zusammenarbeit mit volkskundlichen und fachlich relevanten Institutionen im In- und Ausland. Die aktuellen Forschungsströmungen und Methoden zur Erforschung der Alltagskultur werden bei der Herausgabe der »Salzburger Beiträge zur Volkskunde« besonders berücksichtigt und in der Zusammenarbeit mit Wissenschafts-, Kultur- und Bildungseinrichtungen im In- und Ausland die Diskussion zwischen Theorie und Praxis gefördert. Die Erschließung und kritische Bearbeitung der Nachlässe zur Wissenschafts-, Institutionen- und Personengeschichte der österreichischen Volkskunde und Heimatpflege zur Zeit des Nationalsozialismus zählt zu den zentralen Aufgaben des SLIVK. Missbrauch und Instrumentalisierung von Wissenschaft und Kultur aufzuzeigen ist Teil der Vergangenheitsbewältigung und damit ein Beitrag zu einem toleranten Kulturkontakt im offenen Europa der Regionen.

Zu den Archiv- und Bibliotheksbeständen zählen die Fachbibliothek zu Volkskunde, Kulturgeschichte und Salzburger Heimatkunde, die Legatsbibliothek R --Wolfram; Quellen zur Salzburger Volks- und Heimatkunde: u. a. die Sammlung R. →Treuer, ein Bildarchiv zur regionalen Alltagskultur. Über das Land hinaus von Bedeutung sind die Nachlässe zur Wissenschaftsgeschichte der Volkskunde und ihrer Instrumentalisierung im Nationalsozialismus: die »Nachlass Richard Wolfram, die Sammlung »Spiel und Spruch« - Karl Haiding sowie der Teilnachlass Karl von Spieß. Das Archiv des Österreichischen Volkskundeatlasses dokumentiert Feldforschungen zum alten »Kanon der Volkskunde« zwischen 1956 und 1981 sowie zur Wissenschaftsgeschichte im Nachkriegsösterreich.

Literatur:

  • H. Eberhart: Die Volkskunde an der Univ. Salzburg. In: Heimat als Erbe und Auftrag, FS. für Kurt Conrad, Salzburg 1984, S. 99 ff.

U.K.