Spitzen und Borten: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 13. November 2016, 22:35 Uhr

Spitzen und Borten.

Grobe geklöppelte Spitze aus Leinenzwirn, die seit Beginn des 17. Jhs. besonders im Flachgau in Hausindustrie (von Männern, Frauen und Kindern - 300 zwischen 1680 und 1780) für den Verlagshandel durch lokale »Spitzkramer« und -verleger (Sonderbestimmungen für die Spitzengerechtsame –, nicht radiziertes Gewerbe, Hausbesitz, Bürgerrecht, Ehe) sowie durch die Salzburger Leinwandhändler erzeugt wurde. Sie war bedeutender Nebenerwerb ärmerer Schichten. Die Salzburger Mautordnung von 1589 nennt noch keine Spitzen, doch 1630 ist bereits Export belegt. Anfang des 17. Jh.s Hinweise für Eugendorf, dann Gnigl, Hallwang, Henndorf, Mattsee, Neumarkt, Seekirchen, St. Gilgen, Thalgau. Um 1700 ist Export von Spitzen und Schlingen nach Kärnten, Steiermark und Kroatien, Tirol, Italien, Bayern, Schwaben und der Schweiz belegt. Salzburger Spitze wurde auf Jahrmärkten für das einfache Volk, aber auch als Kirchenspitze verkauft.

Die Salzburger Spitze ist eine Torchonspitze mit geometrischen Mustern in Netz- oder Leinenschlag. Vorherrschend ist der »Flandrische Grund«, im Volksmund »Rosenschlag«, dann im Barock der »Erbsengrund«, Tulpenbänder und Mäander, dazu kommt das »Salzburger Nahtl«, ein durchgehender Faden zwischen Grundmuster und Zacke. Im 18. und 19. Jh. entstanden neben Rauten, Spinnen und Fächern neue Muster: Bäume, Hirsche, Fische. Die Klöppelkunst kam vermutlich über Klosterschulen und italienische Händler nach Salzburg. 1733 über die protestantischen Emigranten auch Verbreitung der Technik. Niedergang um 1800 (Änderung der Mode durch die Frz. Revolution, merkantilistische Einfuhrverbote - etwa 1776 für Österreich –, ab 1808maschinelle Erzeugung), 1796 existierten noch elf Händler statt 63 im 18. Jh. Nur in Henndorf ist eine protoindustrielle Erzeugung bis um 1865 belegt, daher auch häufige Bezeichnung »Henndorfer Spitze«. Wiederbelebung in Salzburg im Zuge der →Heimatschutzbewegung und Gewerbeförderung (K. →Adrian) ab 1911 am Vorbild des k.u.k. Zentralspitzenkurses (seit 1879 in Wien) durch Marie Posch, im Zusammenhang mit der Schaffung des Henndorfer Dirndls. Die reiche Spitzensammlung des Henndorfer Bräuwirtes Caspar Moser wurde 1909 dem →SMCA übergeben. 1913 Kurse von Margarethe Breuer für den »Frauen-Erwerbsverein«. Spitzenausstellung und Kurse im Heimatkundlichen Museum St. Gilgen, »Wetzlhäusl« (seit 1655 Spitzenkramerhaus). Ausländische Spitzen kamen in Salzburg bei den Jahresmärkten zum Angebot. Die Salzburger Spitzenhandlung Koch&Lenze am Alten Markt Nr. 11 vertrieb Importware aus Böhmen, dem Erzgebirge, Flandern und Brabant, Istrien und Italien.

Bortenweber und -wirker (1618: elf, 1684: vier in der Stadt Salzburg), die vornehmlich rotweiß gewebte Borten, aber auch teurere Sorten aus feineren Materialien erzeugten, arbeiteten zunftfrei. 1672 entstanden Bortenwirker zunftfrei auf dem Lande. Um 1793 ging die städtische Bortenwirkerei immer mehr ins Posamentierergewerbe über, das aus Gold- und Seidenfäden Quasten, Knöpfe, Schnüre etc. erzeugte.

Neben den Zwirnspitzen finden sich drei Arten von Bordüren in Salzburg, die aus »Tream« (Trum=Stück, Ende), den Endstücken der Leinenkette am Kettbaum der Webstühle, geknüpft und oft mit roten Fäden durchzogen wurden. Dazu zählen die einfachen geklöppelten »Treamspitzen«, von Webern und Bauersfrauen für die Hauswäsche im Bauernhaus hergestellt. Die als »Mondseer Schlingen« bezeichneten genähten Schlingenbordüren wurden auch im Flachgau erzeugt. Ein Rand der Borte wurde verschlungen, vernäht und andersfärbig durchzogen, der zweite Rand zu Fransen geknüpft. Sie fanden Verwendung auf Handtüchern, Deckenkappen und Tischtüchern. Die einfachste Variante sind die bis heute im Lungau - vom Ennstal und Murtal beeinflusst - vorkommenden Knüpfbordüren für Haushaltswäsche. Wiederbelebung und Verbreitung im Zuge der »Web- und Spinnstuben« der Landesbauernschaft und des Heimatwerkes während der NS-Zeit.

Literatur:

  • W. Schobesberger: Die Spitzenklöppelei in Henndorf. In: A. F. Weiss, K. Ehrenfellner, S. Falk (Hg.): Henndorf am Wallersee, Kultur und Geschichte einer Salzburger Gemeinde, Henndorf 1992.
  • M. Thonhauser: Salzburger Klöppelspitzen. Reihe von Mappen mit Erläuterungen und Klöppelbriefen, Salzburg-St. Gilgen 1985 ff.
  • Der Spitzen- und Schlingenhandel. In: L. Ziller: Vom Fischerdorf zum Fremdenverkehrsort, Geschichte St. Gilgens und des Aberseelandes, St. Gilgen 1975.

U.K.