Wallfahrt: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 14. November 2016, 15:18 Uhr

Wallfahrt. ln der Erzdiözese Salzburg befinden sich viele W.-Orte von lokaler und überregionaler Bedeutung, die sich z. T. noch immer regen Zuspruchs erfreuen.

Viele W. sind abgekommen oder wurden verboten, manche W.-Stätten zerstört. Auch in Salzburg Überreste vorkeltischer Opferstätten, Zeugnisse reichen kultischen Lebens, die später Eingang in das W.-Geschehen der Kirche fanden. Kontinuität der Sakralkultur ist belegbar, da vielfach an heidnischen Kultstätten christliche Gotteshäuser erbaut wurden. Auch nicht eindeutig datierbare Felsbilder werden noch immer aufgesucht (Fragenstein bei St. Koloman).

Um viele W.-Stätten ranken sich Gründungslegenden: so die Anschwemmungslegende (Bramberg, Bruck), Rastlegende (Maria Bruneck/Golling, Hollenstein/Ramingstein), Rückkehrlegende (St. Leonhard bei Tamsweg, Maria Kirchenthal, →Loretokindl in Salzburg), weisende Tiere (verlorene Schafe oder Vögel, z. B. Kleinkirchenthal bei Hallein). Oft sind auch »numinose Momente« ausschlaggebend, die sich im Stein-, Quell-, Baum- oder Traumkult manifestieren. Kultobjekte: →Gnadenbilder, d. h. Statuen aus Holz oder Stein (meist in alten marianischen W.-Orten), Bilder und Gemälde (die zumeist nachreformatorischen Gnadenbilder sind Kopien »bewährter« Kultobjekte, oft auf byzantinische Ikonen zurückgehend, etwa Maria Plain, Maria Hilf, Ährenkleidmadonna, Mutter vom Guten Rat, Madonna von Cambrai u. a.) oder Reliquien (wie die Gräber der Bistumspatrone, hl. →Erentrudis im Stift →Nonnberg, hl. →Rupert und hl. →Virgil im →Dom bzw. in →St. Peter). Älteste, heute noch lebendige und nie unterbrochene W. in Salzburg ist St. Leonhard bei Tamsweg; im Abstand folgen Mülln, Großgmain, →Franziskanerkirche; im Tiroler Anteil stehen St. Leonhard bei Kundl und Mariastein am Anfang.

Das SpätMA. ist von einer Welle von Sühne-, Bitt- und Dank-W. gekennzeichnet. Kreuztrachten (Wallfahrer aus Tochterpfarren) und Bittvölker aus dem ganzen Erzbistum (mit Ausnahme des Tiroler Anteils) pilgerten zur Ur- bzw. Mutterpfarre nach Nonnberg, St. Peter und in den Dom, meist vor Christi Himmelfahrt oder zu Pfingsten. Nach strengem Reglement wallten sie geschlossen von Mülln aus durch die Stadt zu ihren Zielen. Auch Pinzgauer Wallfahrer nahmen nach 20 Stunden Fußmarsch am Festgottesdienst teil. 1789 wurde nach 220jähriger Dauer diese W.- Tradition zur Haupt- und Mutterkirche verboten, lediglich das Spottlied auf die »Pinzgauer W. « lebt noch fort; es tauchte 1760 in Handschriften auf und war nach 1800 auch außerhalb der Alpenländer sehr verbreitet (auch →Goethes Mutter kannte es): »Dö Pinzgara soltn kirfartn gehn, widi wadi we, eleison!« Auch eine zweite Pinzgauer W., die noch heute stattfindet, reicht ins 15. Jh. zurück, die »Großglockner- W.« nach Heiligenblut: Ende Juni ziehen die Wallfahrer den 40 km langen Weg durch das Fuscher Tal über das Hochtor nach Kärnten und zurück. Zur »W. über das Steinerne Meer« zum Königssee (J. →Lahnsteiner).

Mit der Gegenreformation (Konzil von Trient 1545-63) begann die Hochblüte der W. in Salzburg. Viele neue W. entstanden, weniger aufgrund von Stiftungen wunderbar erretteter Einzelpersonen als infolge von Notzeiten, Hungersnöten oder Seuchen. Nah-W. bestimmten das Geschehen. Große Bedeutung der Bruderschaften für barocke W. und Prangfreude. Zur Mozart-Zeit 37 W.-Orte allein in der Stadt (bedeutendste W. jene zum Loretokindl). Von den großen Barock-W. außerhalb der Grenzen erreichte Salzburg nur eine: Verehrung der Madonna von Genazzano (Maria vom Guten Rat); große Verbreitung unter Eb. Sigismund Schrattenbach (mehr als 250 Andachtsstätten).

Im 17. und 18. Jh. bes. Marienverehrung vor allem in Maria Plain (»Maria Trost am Plain«), »Haus-W.« der Salzburger Fürsterzbischöfe; sie behielt bis heute die führende Stellung unter den Salzburger W.-Orten; Krönungswoche und Heimkehrer-W. stellen Höhepunkte im Jahreslauf dar. Maria Kirchenthal (→Pinzgauer Dom) erreichte im Barock rasch den zweiten Platz, 1783 zählte man 50 000 Kommunikanten, wobei 13 Priester gleichzeitig tätig waren. »Unsere Liebe Frau auf dem Dürrnberg« wies bes. an Bittagen vor Christi Himmelfahrt »Tage großen Gedränges« auf, wird heute noch besucht.

Die →Aufklärung unter Eb. →Hieronymus Colloredo mit ihren Geboten und Verboten traf das W.-Wesen empfindlich (Hirtenbrief von 1782). Nur wenige W.-Orte konnten sich im 19. Jh. erholen; meist nur noch lokale Bedeutung. Immer enger gezogene Einschränkungen (z. B. Verbot von W., die über Nacht oder außer Landes gingen) und Grenzprobleme mit altbayerischem Gebiet, das jahrtausendalte kirchliche Verbindung zu Salzburg hatte, und dem 1816 abgetrennten Rupertiwinkel waren der W. nicht förderlich. Die Kirche führte einen harten Abwehrkampf gegen die Aufklärung und förderte neue Andachtsformen. Kopien der »Unbefleckten Empfängnis von Lourdes« und der »Madonna von Fatima« erregten neue W.-Ströme.

Neben der W.-Bereitschaft aus religiösen Gründen spielen neuerdings bes. bei größeren W. gesellschaftlich-sportliche Aspekte eine Rolle. Manche W. sind nach dem 2. Weltkrieg neu entstanden (so die Stadt.-W. nach Maria Plain, die Nacht-W. der Kath. Studierenden Jugend zu verschiedenen Zielen oder die W. des Tiroler Unterlandes nach Mariastein). Quellenmäßige Erschließung der W. durch Mirakelbücher (ab der Mitte des 17. Jh.s in 16 W.-Orten Salzburgs vorhanden), durch Votivbilder und Votivgaben (Identifikationsopfer, Krankheitsvotive, Eisenvotive, Amulette und Talismane) sowie durch reichhaltiges W.- Brauchtum. →Gnadenbild.

Literatur:

  • Salzburgs Wallfahrten in Kult und Brauch. Kat. Dommuseum, Salzburg 1986.
  • L. Kriss-Rettenbeck, G. Möhler (Hg.):Wallfahrt kennt keine Grenzen. München- Zürich 1984.
  • J. Neuhardt: W. im Erzbistum Salzburg. München-Zürich 1982.

R.A.