Salzburger Mundartliteratur: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. November 2016, 15:28 Uhr

Mundartliteratur, Salzburger.

Da das Bundesland Salzburg keine einheitliche Mundart mit markanten Kennzeichen hat, weil es von der Grenze zwischen mittelbairisch und südbairisch durchlaufen wird, ist es problematisch, von einer Salzburger Mundart als einem exakt beschreibbaren Sprachstand zu sprechen. Wohl kann man vom Selbstverständnis und vom Salzburger Bezug her Autoren zusammenfassend nennen, deren Werke allerdings mundartliche Varianten zeigen. Selten lebt ein Autor lebenslang in seinem Geburtsort; es wird die Kindheitsmundart oft vom Mundartraum eines späteren Lebensortes überformt: das kann in die Salzburger Mundart führen oder aus ihr hinaus. Selbstverständlich gibt es keine thematischen Charakteristika, die eine sogenannte Salzburger Mundartdichtung von jener ihrer Nachbarmundarten abhebt. Die mundartliche Lyrik bestand seit ihren Anfängen in den Spruchformen von Schnadahüpfeln, Marterlsprüchen, Wetterregeln und Gaßlreimen sowie in den Gesangsformen von Spott-, Wildschützen- und Liebesliedern, überliefert ist diese mundartliche Lyrik fast nur in Liedersammlungen. Ein bekanntes Beispiel dafür sind die »Salzburger Volkslieder mit ihren Singweisen, gesammelt von V. M. →Süß« (1865). Daneben gab es geistliche Volksschauspiele, die vom Ende des 16. bis zum Ende des 17. Jh.s besonders beliebt waren. Beispiele dafür sind das »Laufener Spiel von Adam und Eva«, das »Gasteiner Paradeisspiel«, das »Halleiner Judasspiel« und das »Brucker St.-Nikolaus-Spiel«. Unter den Passionsspielen sind die »Saalfeldner Passion«, die »Tamsweger Karfreitagsspiele« und die aus Altenmarkt stammende »Comedy vom jüngsten Gericht« zu nennen. Daneben kamen auch weltliche Volksschauspiele und Fastnachtstücke zur Aufführung, wie etwa das »Krimmler Hexenspiel«. Die dramatische Dichtung und ihre Tradition bestätigen literarisches Leben in den Gauen Salzburgs. In der ca. 160 Jahre umfassenden Spieltradition des Salzburger →Theaters der Benediktineruniv. entwickelten sich bereits im Laufe des 17. Jh.s komische volkssprachliche Einlagen in den lat. Dramen. Diese volkstümlichen Szenen in den einzelnen Akten wuchsen sich zunehmend zu zusammenhängenden kleinen Komödien in Salzburger Mundart aus. Die wichtigsten Mundartdichter des 18. Jh.s waren demnach auch I. A. →Weiser mit seinem volkstümlichen Traumspiel mit Gesang »Der wachträumende König Riepel« und Pater F. →Reichssiegel (1735- 93), dessen dramatisches Schäfergedicht »Die Hochzeit auf der Alm« M. →Haydn vertonte und B. →Paumgartner neu bearbeitet zur Aufführung brachte. Im 19. Jh. steht die S. M. mit der oö. in gewissem Zusammenhang. Der Henndorfer S. →Wagner war ein Jugendfreund F. →Stelzhamers und eiferte diesem dichterisch nach. Neben S. →Wagner und A. →Radnitzky, dem »Fink von Mattsee«, sind noch folgende Mundartdichter zu nennen, die allerdings ausschließlich traditionelle Gattungen in traditioneller Form pflegten: F. →Joly, J. Märzroth (= Moritz Barach, 1818-88), Bartholomäus Hutter (1823-73), Hugo Graf Lamberg (1833-84), Wilhelm Capilleri (1834-1905), R. v. →Freisauff (1848-1916) und Gustav Hinterhuber (1854-1932).

Die Mundartdichtung der Gegenwart überschreitet allmählich und bei bestimmten Autoren jenen Traditionsbereich, in dem die bekannten Situationen und Themen klischeehaft wiederholt werden. Viele Mundartdichter von heute versuchen, mit Hilfe ihrer Sprache aktuelle Probleme ihrer unmittelbaren Umwelt auszudrücken. Hier scheint sich ein gangbarer Weg abzuzeichnen, der Erneuerung und Weiterleben der S. M. ermöglicht. Dies geschieht, wenn überhaupt, vorherrschend in der Form des Mundartgedichts. Theaterstücke und Mundartprosa sind seltener zu finden. Breit angelegte epische Werke, wie »Passio domini« von August Rettenbacher oder »Bauernheilige ummi umi« von Theodor Kürzl, sind Ausnahmen. Regionalität ist weniger ein Mangel als vielmehr ein Charakteristikum der S. M. Vertreter sind, nach Gauen aufgereiht:

  • Pinzgau:
    • Max Faistauer (* Lofer 19. 11. 1934)
    • Frieda Hilzensauer (* Leogang 24. 10. 1918)
    • Elisabeth Innerhofer, geb. Fink (* Zell am See 22. 5. 1898, † Saalfelden 25. 12. 1981)
    • Barbara Rettenbacher-Höllwerth (* Pfarrwerfen 25. 8. 1928)
    • Flora Stainer (* Neukirchen 9. 9. 1909)
    • Andreas Winding (* Piesendorf 2. 7. 1928)
  • Pongau:
    • Anton Aichhorn (* Großarl 15. 10. 1933)
    • Elisabeth Beyer (Pseud. »Platten-Lisei«, * Pfarrwerfen 19. 3. 1913)
    • Nandl Pichler (*Werfen 28. 3. 1909)
    • Anna Unterberger (* Altenmarkt 14. 10. 1919)
  • Lungau:
    • Margarete Müllner (* Mariapfarr 8. 10. 1961)
    • Cilli Pichler (* Glanz bei Tamsweg 1. 11. 1922)
    • Christine Rainer (* Tamsweg 30. 4. 1955)
    • M. →Dengg (* Mauterndorf 1879, † Mauterndorf 1974)
  • Tennengau:
    • August Rettenbacher (* St. Koloman 30. 9. 1911, † Niedernsill 11. 8. 1999)
    • Josef Schieferer (*Golling 1918)
    • Thomas Weiß (* Kuchl 1921)
  • Flachgau:
    • Augustin Ableitner (* Salzburg 31. 1. 1886, † Salzburg 14. 2. 1972)
    • F. →Braumann, P. →Peternell
    • Theodor Kürzl (* Deggendorf/Bayern, 1892, † Salzburg 29. 9. 1985)
    • Wilhelm J. Steiner (* Salzburg 1918)
    • Erwin Rutzinger (* Salzburg 12. 4. 1924)
    • Walter Kraus, (* Weitwörth 21. 6. 1930, † Salzburg 14. 12. 1992)
    • J. →Freumbichler
    • A. →Grasmayr
    • Otto Pflanzl (* Linz-Urfahr 17. 8. 1865, † Salzburg 23. 9. 1943)
    • Thea Manzl (Bayrisch Gmain * 17. 4. 1920)
    • Theodor Renzl (* Handenberg bei Braunau 9. 11. 1923, † Salzburg 16. 2. 1995).

Eine Eigenart der S. M. soll hier noch erwähnt werden, nämlich die »Mundartmessen«; sie entstanden als besondere Form der Einbindung der »Landessprache« bei der Gestaltung der Messteile nach dem II. Vatikanischen Konzil. In allen Gauen Salzburgs sind Mundartmessen entstanden; z. B. »Großarler Bauernmesse«, »Henndorfer Mundartmesse«, »Bergmesse« (Lungau), »Hirten-Messe« und »Taugler Jagermeß«.

Zur Förderung der Mundart-Autoren gründete sich im Jahr 1972 im Salzburger →Bildungswerk der Arbeitskreis »Regionale Sprache und Literatur«. Er betreut u. a. die alle drei Jahre in Henndorf stattfindende »Henndorfer Einkehr« (gegründet 1973), die das wichtigste Forum der S.M. geworden ist. Das Mundartarchiv in St. Koloman (gegr. 1967) sammelt Werke und Nachlässe von Flachgauer und Tennengauer Mundartdichtern, das Niedernsiller Mundartarchiv (gegr. 2000) spezialisiert sich auf die Mundartdichtung des Pinzgaus, Pongaus und Lungaus. Neuere Formen der S. M. vermitteln Musikgruppen, die kritische Dialekttexte mit modernisierter Volksmusik verbinden, z. B. die »Querschläger« aus dem Lungau.

Mit dem »Walter-Kraus-Preis« wurde 1997 eine eigene Auszeichnung für S. Mundartautoren geschaffen, bisherige Preisträger sind: Erwin Rutzinger, Max Faistauer und Barbara Rettenbacher-Höllwerth.

Literatur:

  • S. Salzmann: Salzburger Mundartliteratur. Wandel oder Kontinuität? Diplomarbeit Salzburg 2001.
  • B. Rettenbacher-Höllwerth: Unsere Mundart zwischen Grasberg und Tauern. Salzburg 1992.
  • A. Rettenbacher: Die Salzburger Mundartmessen. In: SH 8, H. 3, Nov. 1984, S. 133 ff.
  • A. Rettenbacher: Mundartdichter (aus Salzburg). In: SH (Flachgau) 5, 1981, H. 1, S. 108 ff., H. 2, S. 117 ff., H. 3, S. 149 ff., (Pongau): 7, 1983, H. 1, S. 112 ff., (Pinzgau): 7, 1983, H. 2, S. 109 ff., (Tennengau): 6, 1982, H. 2, S. 113 ff., (Lungau): 8, 1984, H. 1, S. 75 ff.
  • L. Ziller: Was nicht im Duden steht. Ein Salzburger Mundart- Wörterbuch, MGSLK 7, Ergänzungsbd., Salzburg 1979.
  • J. Hauer (Hg.): Lebendiges Wort. Wels 1976.

H.H.