Einleitung – Architektur und bildende Kunst: Unterschied zwischen den Versionen

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Architektur und bildende Kunst

Die Besonderheit der geographischen Lage und das reiche Vorkommen von Bodenschätzen (unter anderem Salz und Kupfer)machten das Gebiet des heutigen Bundeslandes Salzburg seit dem Neolithikum zu einem bedeutenden Siedlungs- und Kulturraum. Gold und Silber, Bergkristall und Halbedelsteine sowie Untersberger und Adneter Marmor blieben durch alle Epochen Grundlagen für bodenständige Erzeugnisse der Plastik und des Kunsthandwerks.

Die Besonderheit der politischen Situation als geistliches Reichsfürstentum, das weit über die heutigen Landesgrenzen hinausreichte, prägte seit dem frühen Mittelalter das Kunst- und Kulturleben besonders der Haupt- und Residenzstadt. Auftraggeber in allen Bereichen der Kunst waren hier (und auch für die bedeutendsten Leistungen im Land, wie zum Beispiel den vorromanischen Bau von St. Hippolyt in Zell am See oder die Wallfahrtskirche Maria Kirchenthal) in erster Linie der Erzbischof als Landesherr, das Domkapitel, die Klöster, dann erst ein nicht eingesessener, wenig machtvoller Adel und ein sich nur allmählich emanzipierendes Bürgertum.

Der „Vereinheitlichungswille“, „der wandhafte Charakter der Salzburger Architektur“ zeigten sich nicht nur in den wenigen Adelspalästen in ihrer kubischen Blockhaftigkeit und reizvollen Eintönigkeit, sondern vor allem in den Bürgerhäusern, „deren Individualität unterdrückt erscheint und gerade noch in den Laubenhöfen sich äußert“ (Franz Fuhrmann). Die Säkularisierung des Erzstiftes im Jahre 1803 – seit 1816 gehört das Gebiet, vermindert um Randgebiete, endgültig zu Österreich – und die Degradierung der einstigen Residenzstadt zu einer von Linz abhängigen Kreisstadt brachten auf allen Gebieten der Kunst zunächst eine Stagnation („Gras auf Salzburgs Plätzen“). Doch gerade in dieser Zeit wurden die Stadt Salzburg und die benachbarte Alpenregion zum Anziehungspunkt der Romantiker und frühen Realisten, und das enge Verbundensein der alten Bauwerke mit der umgebenden Natur wird Thema zahlreicher künstlerischer Darstellungen. Als es galt, die Verbringung von Salzburger Kulturgut in das als #Verein des vaterländischen Museums für Österreich ob der Enns mit Inbegriff des Herzogthums Salzburg# gegründete spätere Landesmuseum im benachbarten Linz zu verhindern, gründete Vinzenz Maria Süß im Jahre 1834 ein Salzburger Museum, um „… alles dasjenige von dem,was zur Kenntnis unseres Landes führt … für immer zu bewahren“.

Erst 1850 wurde Salzburg zu einem eigenen Kronland und erhielt elf Jahre später eine selbständige Landesvertretung. Am 4.1.1860 hat Se. k. k. Apost. Majestät „die Auflassung des fortifikatorischen Rayons der Festung Salzburg allergnädigst zu bewilligen geruht“ und anläßlich der fünfzigjährigen Zugehörigkeit des Landes zu Österreich schenkte der Kaiser am 26.4.1866 der Stadt das Gebiet des Festungsgürtels zwischen Schloß Mirabell und Kapuzinerberg. Damit waren die Vorbedingungen für die Entwicklung Salzburgs zur Landeshauptstadt und Saison-Stadt geschaffen. Es gibt Epochen in der Kunstgeschichte Salzburgs, in denen Werke entstanden sind – sei es von ausländischen oder auch einheimischen Künstlern und Kunsthandwerkern –, die sich durchaus mit Höhepunkten der internationalen Kunstentwicklung messen können.


Vom 6. bis zum 3. Jh. v. Chr. erlebte das Gebiet des Dürrnbergs aufgrund der reichen Salzvorkommen einen glanzvollen Höhepunkt keltischer Kulturentfaltung und wurde ein führendes Zentrum der Latène-Kultur in den Ostalpen. 15 v. Chr. wurde Salzburg in das römische Weltreich einbezogen und als politischer und kultureller Mittelpunkt Iuvavum gegründet. Hier ansässige Werkstätten schufen mit einheimischen Gesteinen eine auf österreichischem Gebiet unvergleichliche Vielfalt an Mosaiken. Obwohl für das frühe und hohe Mittelalter nur ganz wenige Zeugnisse erhalten sind oder durch die Mittelalter-Archäologie nachgewiesen werden können, dokumentieren die schriftlichen Quellen für diese Jahrhunderte einen Höhepunkt der Kunst in Salzburg und den dazugehörigen Gebieten. Die Dombauten des 8. bis 13. Jahrhunderts mit ihrer überlieferten Ausstattung durch Wandmalereien, Glasfenster und zahlreiche Altäre, die sich sicher mit den zeitgenössischen messen konnten, bedingten ebenso wie die Klosterkirchen von St. Peter und Nonnberg eine Fülle von Künstlern und Handwerkern, die schon im 9. Jahrhundert bis in die Missionsgebiete von Karantanien und Pannonien Kirchen errichteten. Neben den teilweise ergrabenen Grundrissen bezeugen wenige, aber eindrucksvolle Reste von Wandmalereien auf dem Nonnberg, aber auch in Lambach oder Frauenwörth das große Können der damaligen Meister, die sogar bis ins Gebirge nach Mariapfarr oder Weißpriach weiterwirkten.


Wahrhaft Höchstleistungen von europäischem Rang erbrachte aber die Buchmalerei von den ersten Beispielen aus karolingischer bis zu den Werken der staufischen Zeit. Mit dem Erstarken des Bürgertums im späten Mittelalter kamen neue Auftraggeber mit neuen Ideen hinzu. Bedeutung erlangte Salzburg um 1400 als ein Zentrum der „Schönen Madonnen“. Der Hallenchor der Pfarr-(heute Franziskaner-)kirche von Hans von Burghausen und Stephan Krumenauer ist das reifste Werk süddeutscher Bürgergotik. In der Nachfolge bewies Peter Harperger mit seiner Kirche St. Leonhard ob Tamsweg, in der auch beachtliche Reste der ehemaligen Ausstattung, vor allem die Glasfenster, erhalten sind, sein großes Können. In der Stadt Salzburg hinterließen namhafte Künstler, wie Konrad Laib und Michael Pacher, Meisterwerke, die leider nur noch in Fragmenten erhalten sind. Besondere Bedeutung hat im 15. und 16. Jahrhundert die Steinplastik, vor allem mit den figürlichen Grabplatten, die fast alle bei der Zerstörung des alten Münsters und des Domfriedhofs verlorengegangen sind. Wenigstens haben sich Fragmente des Kaiserdenkmals von Hans Valkenauer im Salzburger Museum erhalten. Auch die Buchmalerei leistete in ihrer letzten Phase noch Beachtliches. Im Bereich des Kunstgewerbes traten in der Spätgotik Goldschmiede und Seidensticker mit bedeutenden Produktionen liturgischer Bestimmung hervor. Damals schuf der namentlich bekannte Petrus Pistator beachtliche Kirchenmöbel für den Lungau.

Erzbischof Wolf Dietrich begann aus dem mittelalterlichen Salzburg das „deutsche Rom“ zu machen. Italienische Baukünstler, Stukkateure, Maler wurden berufen und mit den wichtigsten Aufgaben betraut. Der Aufenthalt Vincenzo Scamozzis im Winter 1603/04 in Salzburg fällt zusammen mit dem Beginn der großen Stadtregulierung, die um den begonnenen Domneubau die großen Plätze und den Straßenzug Kapitelgasse – Hofstallgasse und Griesgasse entstehen lassen sollte. Neuerungen auf dem Gebiet der Altarbaukunst wurden von Hans Waldburger nach Salzburg gebracht. Unter den am Hof tätigen ausländischen und einheimischen Kunsthandwerkern treten die Goldschmiede mit Meisterwerken hervor, die Glanzpunkte der heute zum Großteil im Palazzo Pitti in Florenz verwahrten erzbischöflichen Schatzkammer darstellten. Wandernde Nürnberger Hafner gaben den auf einer langen Tradition fußenden Werkstätten in Stadt und Land Salzburg (Prunkofen auf der Festung Hohensalzburg, 1501) einen neuen Aufschwung, so daß Salzburg neben Nürnberg in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts mit der Strobl-Werkstatt als ein Zentrum deutscher Hafnerkunst gelten kann. Die Tradition der handwerklichen Hafnerkunst setzt sich im ausgehenden 17. Jahrhundert mit der Werkstatt des Thomas Obermillner in einer Geschirrproduktion fort und mündet schließlich im 18. Jahrhundert in den Riedenburger Manufakturen mit Weißgeschirren (Sammelbegriff: Salzburger Fayencen).

Der 1612–46 unter den Erzbischöfen Markus Sittikus und Paris Lodron tätige Hofbaumeister Santino Solari verwirklichte, was Wolf Dietrich zum Teil initiiert hatte: den neuen Dom, die Villa Suburbana in Hellbrunn, die Fürstenresidenz, die Universität. Er schuf außerdem die Befestigungsanlagen um die Stadt und an den Grenzen des Erzstiftes. Guidobald Graf Thun berief Giovanni Antonio Daria zur Vollendung des Dombezirkes. Dieser besorgte auch die technische Planung des großartigen, von einem namentlich nicht Bekannten geschaffenen, Guidobalds Generosität verherrlichenden Residenzbrunnens. Mit dem von Erzbischof Max Gandolf Graf Kuenburg berufenen Gaspare Zuccalli zieht der italienische Hochbarock in Salzburg ein. Zuccalli mußte noch vor Vollendung seiner Arbeiten an der Kajetanerkirche Johann Bernhard Fischer von Erlach weichen, den der neue Erzbischof Johann Ernst Graf Thun nach Entlassung aller „wälschen“ Künstler nach Salzburg holte. Mit den zahlreichen Stiftungsbauten des Erzbischofs hat Fischer nicht nur Meisterwerke des deutschen Hochbarock geschaffen, sondern dem Stadtbild Salzburgs auch die feinsten Akzente verliehen. Neben ihm wirkten der große Freskant Johann Michael Rottmayr und die Bildhauer Michael Bernhard Mandl und Ottavio Mosto. Erzbischof Franz Anton Fürst von Harrach zog Fischers Rivalen Lucas von Hildebrandt mit Georg Raphael Donner für den Ausbau von Schloß Mirabell und die Neugestaltung der Residenz heran.


Mit dem ausgehenden Barock war die große Bautätigkeit der Erzbischöfe in Salzburg beendet. Unter Sigismund Graf Schrattenbach wurde eine imposante technische Leistung – das Neutor durch den Mönchsberg – ausgeführt und von den Brüdern Hagenauer künstlerisch gestaltet. Die fast durchgängige Neufassadierung der Bürgerhäuser durch den Baumeister Johann Georg Laschenzky war die letzte bestimmende bauliche Aktion des ausgehenden 18. Jahrhunderts. Am 30.4.1818 legte ein Brand einen Großteil der Neustadt von der Linzer Gasse bis zum Schloß Mirabell in Asche.

Das einheimische Kunstleben erfuhr erst mit der Gründung des Kunstvereins 1844 einen Aufschwung,dessen wichtigste Exponenten, wie Fischbach, Pezolt oder Mayburger, einem spätromantischen Idealismus verhaftet waren. In diesem Klima wurzelte auch der junge Makart. Bis weit ins 20. Jahrhundert spielte sich die Malerei fast ausschließlich auf salonkünstlerischem Niveau ab.

Mit der Salzachregulierung 1851, der Eröffnung der Kaiserin-Elisabeth Westbahn 1860 und der Schleifung der aufgelassenen Basteien seit 1866 waren die Voraussetzungen für ein neues Stadterweiterungskonzept geschaffen, das im Sinne der Gründerzeit nach den Plänen von Rudolf Bayer und Carl von Schwarz realisiert wurde. Für die architektonische Weiterentwicklung war die zunehmende Bedeutung des Erholungs- und Kulturtourismus wichtig. Eine frühe Sonderentwicklung erfuhr das Gasteiner Tal mit seiner Tradition als Kurort. Salzburg stand zunächst im Einflußbereich Bayerns, aber auch Wiener und Tiroler Architekten waren hier tätig. In den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich ein ausgeprägter Lokalstil (Geppert, Deininger, Knoll). Damals begann auch Clemens Holzmeister seine Arbeiten für Salzburg. 1918 war es mit der Gruppe #DerWassermann# zu einer secessionsähnlichen Bewegung gekommen, wobei der Anstoß von auswärts kam. Das übermächtige Vorbild Faistauers – zu Lebzeiten der österreichische Künstler mit der größten internationalen Reputation – und sein Bekenntnis zum Provinzialismus wirkten sich für die Salzburger Kunst eher retardierend aus. Einzig Georg Jung bewahrte sich Weltoffenheit und gelangte Ende der 40er Jahre aus eigenen Voraussetzungen zur Abstraktion.Wie alle Künstler, die Progressives aufzunehmen versuchten, blieb er in Salzburg ein kaum registrierter Außenseiter.

Nach 1945 prägten die Architekten der Vorkriegsgeneration das Erscheinungsbild (Richard Bandian, Josef Becvar, S. Karl Huber, Otto Prossinger, Fidelius Schmid u.a.). Langsam – beginnend in den 50er Jahren – konnte eine neue, nach dem Krieg ausgebildete Architektengeneration Fuß fassen. Bei Konrad Wachsmann an der Internationalen Sommerakademie (1956-60) erhielt der Salzburger Architekt Gerhard Garstenauer wichtige Anregungen,wie auch Friedrich Kurrent und Johannes Spalt, die diese als #Arbeitsgruppe 4# mit Wilhelm Holzbauer bei dem Kolleg St. Josef in Aigen, einem Markstein in der österreichischen Moderne, umsetzen konnten. Die Tätigkeit des niederländischen Architekten und Stadtplaners Jacob Berend Bakema an der Sommerakademie (1965-69, 1973-75) als zweiter wichtiger Impuls für die Architekturdiskussion Österreichs blieb in Salzburg ohne Folgen. In der Malerei ergab für die Zeit nach 1945 die Parteiung der Künstler in die Gefolgschaft des „melancholischen Poeten“ Peiffer Watenphul einerseits und des „abstrakten Klassizisten“ Slavi Soucek andererseits eine relativ überschaubare Situation, wogegen der Einfluß des „Sommergastes“ Kokoschka sehr gering blieb. Da beiden Kontrahenten auch wieder ein Grundzug mediterraner Kultiviertheit gemeinsam war, erreichten die Positionskämpfe zwischen Gegenständlichen und Abstrakten bei weitem nicht die Vehemenz wie in vergleichbaren Städten, das Versöhnende, Extreme zurücknehmende Element prägt auch heute noch die Szene.

Monika Oberhammer, Norbert Mayr, Nikolaus Schaffer, Christa Svoboda, Lore Telsnig