Gaststätten
Gaststätten.
Die Beherbergung von Reisenden besorgten lange Zeit kirchliche Einrichtungen. Klöster und Bischofskirchen betrieben Pilgerherbergen und Hospitäler, die Arme, Kranke und Pilger versorgten. Aber auch die private (unentgeltliche) Gastfreundschaft spielte eine tragende Rolle. Das Gastgewerbe entwickelte sich parallel dazu in erster Linie unter dem Einfluss von wirtschaftlichen Bedürfnissen und Handel. Entlang von Pilgerwegen und Handelsrouten, aber auch an Marktzentren und in größeren Siedlungen entstanden nach und nach Betriebe, die Unterkunft und/oder Essen gegen Entgelt offerierten – so auch in und um Salzburg, das an der Kreuzung mehrerer Handelswege lag.
Ab dem Hochmittelalter begann sich die auf Profit ausgerichtete Gastfreundschaft, die Gastronomie, zu festigen, Hand in Hand mit dem aufblühenden Städtewesen sowie dem Aufschwung von Handel und Verkehr. Erste schriftliche Belege für Gaststätten findet man für den Salzburger Raum im Hochma.; so ist 1002 eine Taverne im Lungau belegt. Ab dem 14. Jh. schließlich entfaltete sich das Gastgewerbe als ein eigenständiges Gewerbe. Nächtigung und Verpflegung wurden zunächst getrennt angeboten. Noch in der Salzburger Stadt- und Polizeiordnung von 1524 wurden „Gastgeb“ (Unterkunft/Nächtigung) und „Leitgeb“ (Verpflegung) unterschieden. In dieser Ordnung war auch das bis in die frühe Neuzeit geltende Recht der Salzburger Bürger verbrieft, Wein, Bier und Met (aus ihrem Keller) auszuschenken. Diese Form der Gastronomie existierte neben jener allgemeinen, die auf obrigkeitlicher Gewerbeberechtigung basierte. Wirtshäuser mit einer umfassenden Gastronomiegerechtigkeit waren von den einfachen Wein- oder Bierschenken zu unterscheiden, die z.B. nur kaltes Essen servieren durften, während die zwei Salzburger Sudelküchen einfache Speisen im Straßenverkauf anboten. Auf dem Land durften die sog. Banntavernen Alkohol ausschenken. Der Tavernenbann schrieb der ansässigen Bevölkerung vor, welche Gaststätte sie zu besuchen hatte. Der 1664 eingeführte sog. Bierzwang gebot gastgewerblichen Stätten ohne eigene Brauerei, ausschließlich das von den eb. Brauereien produzierte (und unbeliebte) Hofbier auszuschenken. Dieses wurde anfangs nur aus der Hofbrauerei Kaltenhausen (→Industrie- und Fabriksbauten) geliefert.
Das Gasthaus war ein multifunktionaler öffentlicher Raum, der allen Schichten der Bevölkerung offenstand und wo jegliche Art sozialer Interaktion stattfand. Das Wirtshaus diente so auch der Arbeitssuche, der Arbeitsvermittlung, es fungierte als Warenlager und Verkaufsplatz, auch Feste wie Taufen, Hochzeiten sowie Trauerfeiern hielt man hier ab. Das erste Haus am Platz war in Salzburg lange die im Eigentum der Stadt befindliche und 1811 versteigerte Stadttrinkstube (Waagplatz 1), bis 1407 zugleich Gerichts- und Rathaus. Bürgermähler und Bürgeraufnahmen fanden hier ebenso statt wie Promotionsfeiern der →Univ. und Fahnenweihen der Bürgergarde. Ein Zentrum des mittelständischen Salzburg in der frühen Neuzeit war das „preuhaus auf der gestetten“, das spätere Stieglbräu, das erstmals 1492 belegt ist und sich ursprünglich am Beginn der Gstättengasse befand. Es war einer der umsatzstärksten Gasthöfe der Stadt, wo viele Zünfte ihre Jahrtage feierten und regelmäßig allerlei Feste stattfanden. 1901 zog es, nicht weniger frequentiert, als Stieglkeller in die Festungsgasse. 1900 historistischer Neubau von J. →Ceconi, 1926 Um- und Neubau im Sinne des Heimatschutzes durch F. →Zell. Eine ähnliche Architektur zeigt das Müllner Bräu mit Erweiterungen von K. →Pirich (1908/1914/1926). Auch Morzg hatte bis zu einem Brand 1989 ein Restaurant des Architekten im Jugendstil vorzuweisen: den Saalbau Geißler (1913). 1928 gestaltete O. →Strohmayr die Bierstube Zipferbräu um. Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte in der Altstadt das Restaurant Koller und Koller (K+K) am Waagplatz (1972—74, von G. →Garstenauer). Dem stehen durch ihre Architektur wie Küche beeindruckende Neu- und Umbauten (Ikarus im Hangar 7, 2003 von Volkmar Burgstaller; Café Cult im Künstlerhaus, 2009 von Elsa Prochazka, Magazin, 2004 durch planquadr.at/Thomas Wizany) gegenüber.
Als eine weitere Form des Gaststättenwesens etablierte sich ab 1700 in Salzburg das →Kaffeehaus, wo sich eine etwas gehobenere bzw. gebildete Klientel einfand. Das Hotelwesen trug dem aufkommenden Tourismus des 19. Jh.s und der damit einhergehenden Nachfrage nach gesteigertem Komfort Rechnung. Einige Gasthöfe wandelten sich zu Hotels; erwähnt seien hier die Betriebe „Zum goldenen Schiff“ am Residenzplatz 7 (heute Landes-Hypothekenbank, 1929 Umbau durch W. →Deininger) oder die vormalige Stadttrinkstube, nun Hotel „Erzherzog Karl“ am Waagplatz, das selbst Kaiserin Elisabeth von Österreich zu seinen Gästen zählen durfte. Doch die meisten Beherbergungsbetriebe waren Neubauten, wie z. B. das „Hotel de l’Europe“, das gegenüber dem 1860 errichteten Bahnhof (→Bauten des Verkehrs) 1865 eröffnet wurde und zu den führenden Häusern der Monarchie zählte (1907—08 von Max Fabiani erweitert). Schon 1862 öffnete das bahnhofsnahe „Parkhotel Nelböck“. 1863—66 entstand an der Salzach der „Österreichische Hof“ (1934—35 Glassaal von Max Fellerer, 1957—58 von O. →Prossinger und Felix Cevela umgebaut und aufgestockt), 1865—88 wurde die im Jahr zuvor eröffnete Bierhalle im florentinischen Stil zum Hotel „Pitter“ ausgebaut, das 1912—14 mit dem „Salzburger Volkskeller“ ein wertvolles Ensemble der Wiener Werkstätte erhielt: die Ausstattung von Josef Hoffmann, die Wandmalereien (Szenen aus Salzburger Sagen und Geschichte) von Bertold Löffler. Ein ähnliches Ensemble entstand 1929 im Hotel „Bräu“ in Lofer (Bräusaal von C. →Holzmeister, Wandmalerei mit Darstellungen aus der Loferer Sage von Franz von Zülow). Das „Electricitäts-Hotel“ mit privatem Elektrizitätswerk, heute „Bristol“ am Makartplatz, öffnete 1894 seine Pforten; 1894 das „Mirabell“ (heute →Marionettentheater). Auch in den neuen Kur- und Fremdenverkehrszentren des Landes (→Bad Gastein, Zell a. See, Salzkammergut) entstanden Hotels, die dem Bädertourismus (→Bäder) und/oder der →Architektur der Sommerfrische zuzuordnen sind. In der Zwischenkriegszeit kam es 1929 zum Umbau des Hotel „Stein“ durch W. Deininger, und in Morzg wurde ein kleines, exklusives Hotel errichtet, das international bekannte „Maria-Theresien-Schlössl“ (1901 vermutl. J. Ceconi, 1934—35 von Alfred Keller). Als gefeierter Bau der Wiederaufbaugeneration nach dem Zweiten Weltkrieg galt 1956 das „Parkhotel Mirabell“ von Max Fellerer, Eugen Wörle und Felix Hasenöhrl (→Kur- und Kongressanlage, Abbruch 1980er). Ein weiterer, ebenfalls nicht mehr existenter Hotelbau der 1950er Jahre war das Hotel „Winkler“, Ecke Franz-Josef-Straße — Faberstraße (1954—55 Helmut S. Keidel, Erich Engels, 1993 Abbruch). Bereits vor diesen Neubauten gab es qualitätsvolle Nachkriegsumbauten von Altstadthotels vorausgegangen waren (Hotel „Goldener Hirsch“, O. Prossinger 1945—46). Der (innen-)architektonische qualitative Umbau von Bürgerhäusern in der Altstadt setzt sich auch in neuer Zeit fort („Arthotel Blaue Gans“ 2002 durch Axel Hupfauer und 2005—08 durch cp architektur).
Lit.:
- G. Ammerer, H. Waitzbauer: Wirtshäuser. Eine Kultugeschichte der Salzburger Gaststätten, Salzburg 2014.
- J. Breuste: Jugendstil in Salzburg. Salzburg 2013.
- U. Engelsberger: Das Schankrecht im Erzstift Salzburg – Ein Gutachten des Landesarchivs. In: MGSL 141, 2001, S. 445–452.
- G. Müller, M. Stenzel: Die Stadt Salzburg als Standort des Gastgewerbes. In: MGSLK 120/121, 1980/1981, S. 517–562.
- Th. Weidenholzer: Handel, Gewerbe und Verkehr. Gasthäuser und Brauereien zur Mozartzeit. In: P.F. Kramml, E. Marx u. ders. (Hg.): Historischer Atlas der Stadt Salzburg. (Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg Nr. 11), Salzburg 1999, V/3.
M.O., Ju.Ba., J.B.