Schloss Mirabell

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Mirabell-Schloss.

Eb. →Wolf Dietrich ließ für seine Mätresse, die Kaufmannstochter Salome Alt und die gemeinsamen neun Kinder 1606 kompakt auf kleiner Grundfläche das Schlösschen »Altenau« mit seinem schmalen Lichthof erbauen. Es bildet den Kern der heutigen, wesentlich größeren Anlage (noch erkennbar in den gekuppelten Fenstern am SW-Eck). Die bewusste Wahl des Standortes im Burgfried und im Bereich stadtnaher Sommergärten ermöglichte die axiale Ausrichtung des vor dem Schloss anzulegenden Gartens auf die Stadt – ein bis heute besonderer Blick, der damals aus dem Schloss heraus durch die Doppelfenster und das Dachbelvedere genossen wurde. Letzteres Bauelement ist römischen Ursprungs und wurde bis nach Prag kopiert. Altenau verfügte im zur Salzach hin abfallenden Untergeschoß über eine Sala terrena. Vermutlich gehört der Susannabrunnen von Hans Waldburger von etwa 1610 noch in diese erste Phase des Schlosses. Nach der Flucht der Familie Altenau 1611 kam es zu Plünderungen der Ausstattung durch die Domherren. Eb. →Markus Sittikus änderte den zuvor als Kombination von Alt und Raitenau gebildeten Namen in »Mirabella«, um die Erinnerung an seinen Vorgänger und dessen Liaison zu tilgen,aber auch um den zur. Repräsentation wichtigen Anbau fremdländischer Pflanzen zu betonen, den er in seiner Zeit als Domprobst in Konstanz schon praktizierte. Der Anbau von Früchten ist jedenfalls von Beginn an belegt. Durch Eb. →Paris Lodrons →Stadtbefestigungen wurde der Bau in den Stadtbereich miteinbezogen. Durch die Niveauerhöhung wurde die Sala terrena zum Kellergeschoß. Die zu dieser Zeit bereits aus mehreren Teilen bestehende Schlossanlage (Altenau, niedriger Südflügel mit hofseitigen Arkaden als Anbau, zwei unterkellerte Gebäude im Nordosten) war dadurch in ihrer Ausdehnung eingeschränkt. Der Garten erstreckte sich bereits zum ebenfalls unter Lodron errichteten Ballhaus und war hier durch einen Arkadenbau abgeschlossen. Auch der heutige Rosengarten war bereits durch eine Mauer abgetrennt. In unmittelbarer Nähe zu den weiteren Lodronschen Familienbauten ( Primo- und Sekundogeniturpalast) diente das Schloss nun als (Sommer)Residenz. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zur Verbindung von Ost- und Südflügel. Ersterer wurde mittig mit einem Uhrturm versehen. Hofrechnungen zum Garten von 1668 belegen weitere Repräsentationmaßnahmen: im Bereich des heutigen Rosengartens Hain mit in der Erde wachsenden Zitrusfrüchten und darüber abschlagbarem Pomeranzenhaus, Feigenhaus sowie Nutzung des Südflügels als Galerie. Zwischen 1685/87 und 1702/09 kam es zum Abbruch des Dach-Belvederes. Unter Eb. →Johann Ernst Thun ab 1689 kommt es zu Veränderungen des Gartens. J.B. →Fischer von Erlach zugeschrieben: Neugestaltung des Hauptparterres im Garten, Ausstattung des Pomeranzengartens mit vasenbekrönten Postamenten, nach 1702/1709 errichtetes Vogelhaus sowie mögliche Veränderung des Galeriebaus beim Ballhaus (seit 1952 Museumspavillon). 1689-97 Figurenausstattung durch Johann Frölich, Ottavio Mosto, Bartholomäus van Opstal, Andreas Götzinger, M. B. →Mandl, Hans Schwäbl und Wolf Weißenkirchner mit römisch-griechischen Gottheiten auf den Garten nun neu gliedernden Balustraden beiderseits des Großen Parterres sowie Vier-Elemente-Brunnen (Raptusgruppen) und Borghesischen Fechtern. Etwa 1705-1818 auf dem Mirabellplatz Pferdeschwemme mit mittig bekrönender Pegasusfigur aus Kupferblech von Kaspar Gras von 1661 (zuvor auf dem Kapitelplatz), sowie später durch F. A. →Danreiter seitlich hinzugefügten Einhörnern/Steinböcken und Löwen vermutlich von Schloss Kleßheim hierher gebracht (heute alle im westlichen Gartenparterre). Trotz vermutlich schon in die Zeit von Lodron zurückreichenden Planungen für eine Vierflügelanlage, ist die Schlossanlage 1702/09 noch immer nicht Richtung Norden geschlossen. Zu dieser Zeit besteht aber ein kurzer, nordseitiger Anbau an Schloss Altenau mit hofseitigen Arkaden. Eb. Franz Anton Harrach ließ das Schloss durch Fischers großen Konkurrenten J. L. v. →Hildebrandt 1710 vermutlich nicht nur geringfügig umbauen, denn Probsts auf dieses Jahr datierte Ansicht zeigt nun eine geschlossene Vierflügelanlage. 1713 erb. Hildebrandt an der NW-Ecke des Schlosses eine Sala terrena. Möglicherweise projektierte er auch eine Ausstattung der bestehenden Galerie beim Ballhaus mit repräsentativen Portalen und Attika., 1713-17 Neugestaltung des Gartens durch Hofgarteninspektors M. →Diesel: ein auf die Sala terrena ausgerichtetes Nebenparterre mit sechs Bosketten-Sälen und einem Springbrunnen vor der Westfassade, Parterre mit vor dem Vogelhaus, Zwerglgarten, Hecken-→Theater, Orangeriegarten mit Glashausflügeln im Norden und Osten, Bastionsgarten und Schießstand. Harrach ließ die sukzessive gewachsene Schlossanlage dann 1721-27 durch Hildebrandt einheitlich zusammenfassen, fassadieren, ausstatten und mit einer skulpturalen Ausstattung der Attika versehen (weibliche Tugenden und Personifikationen sowie Vasen). Dabei die platzseitige Ostfassade besonders repräsentativ ausgestaltet: Ecken durch Pavillons mit Mansardwalmdächern betont und Uhrturm mit einer mächtigen Zwiebelhaube versehen. In dessen Achse der Arkadenbau als Mittelteil des aufgestockten Westtraktes umgestaltet: über Vestibülen der als Risalit in den Hof ragende Festsaal positioniert. Dadurch ist Altenau nun nicht mehr klar als älterer Baukörper erkennbar. Die einzelnen Baumaßnahmen quellenmäßig bis ins Detail verfolgbar (Briefwechsel zwischen Bauverwalter Friedrich Koch und Hildebrandt). Kostbarkeiten der Ausstattung: Stiegenhaus mit Puttenpaar-Balustrade von Johann Franz Caspar und Wandnischen-Skulpturen G. R. →Donners bzw. seiner Werkstatt, Deckengemälde durch J. M. →Rottmayr (Saal), Bartolomeo Altomonte und Gaietano Fanti (Treppe und Kapelle). 1725 bzw. 1749 Umbauten in der Orangerie durch F. A. →Danreiter: vollständige Verglasungen, Neugestaltung des Orangeriegartens und Zubau südlicher Arkadengang (nach 1857 geschlossen). Um 1730 ebenfalls durch ihn Umgestaltung des Großen und Kleinen Parterres. Der Brand in der Neustadt von 1818 beschädigte auch M. schwer. Verloren gingen: alle Dachstühle, die Sala terrena (an ihrer Stelle 1894 Freitreppe durch F. →Drobny), die Deckengemälde des Marmorsaals, der Marmorstiege und der Kapelle (heute noch deutliche Brandspuren, neues Grisaille-Deckengemälde im Saal durch Peter de Nobile, 1993/4 wiederentdeckt); , die bauskulpturale Ausstattung, der Pomeranzengarten sowie der Gang vom Schloss zur Orangerie (heute nur mehr Scheinfassade). Den Wiederaufbau (1820-27) leitete im Sinne eines reduzierten Klassizismus Johann Wolfgang Hagenauer. Der Wiener Architekt Peter de Nobile hatte von der Hofkammer zwar den Auftrag erhalten, erhielt jedoch nicht den Umsetzungsauftrag. Planung und Bauaufsicht lagen in Händen des billigeren Hagenauer, der von Kaiser Franz I. dazu detaillierte Vorgaben erhielt. Platzseitige Flügel mit Walmdach, Süd- und Nordflügel aufgestockt und durch Satteldächer geschlossen. 1815 wurde Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach, der spätere König Otto I. von Griechenland, im Schloss Mirabell geboren. 1851-1863 diente es dem Kardinal und Erzbischof Maximilian Joseph Ritter von Tarnóczy-Sprinzenberg als Wohnsitz. 1853 wurde die neo-klassizistische, sogenannte Kast-Villa (heute Galerie Thaddeus Ropac) für den Lebensretter Kaisers Franz Josephs I. (Attentat 1852) Maximilian Karl Graf O'Donnell erb. 1866 kamen der Mirabellgarten und die Bereiche der Wallanlagen durch kaiserl. Schenkung in den Besitz der Stadt, seitdem auch städtische Gärtnerei in Orangerie und Pomeranzengarten. 1893 nach Abbruch des ehemaligen Ballhauses sowie des Galeriebaus Errichtung Landestheater. Dadurch, sowie durch Hotel Bristol und Mirabell (heute Marionettentheater) Verkürzung des großen Parterres um 30 Meter. Bei einer Fassadensanierung durch F. →Wagner 1931 verlor der Westflügel seine Kantenquaderungen, zudem Rotfärbelung alles plastischen Baudekors, im Hof Gelbfärbelung. Seit 1934, nach Abzug der Stadtgärtnerei nach Nonntal, ist der ehemalige Pomeranzengarten ein Rosengarten. Seit 1947 ist M. Sitz des Bürgermeisters und des Magistrats. Anfang der 1970er und auch 1980 die mittlerweile als Malerwerkstatt des Landestheaters verwendete Orangerie umgebaut. 1973-2012 im Süd- und Teilen des Osttraktes das Salzburger →Barockmuseum untergebracht, seitdem Leerstand (Pläne über Nutzung durch ein →Sound of Music-Museum). →Brunnen →Bäder →Gärten

Lit.:

  • W. Schaber: Die Wiederherstellung von Schloss Mirabell nach 1818. Die Leistungen von Wolfgang Hagenauer und Peter Nobile. In: E. Marx / P. Husty / P. F. Kramml: „Die Flammen lodern wütend“ – Der große Stadtbrand in Salzburg 1818. Salzburg 2018, S. 236-253.
  • J. Breuste: Sehen und Gesehen werden - Wahrnehmung und Repräsentationswillen zwischen Renaissance und Barock am Beispiel der erzbischöflichen Sommerresidenz Mirabell in Salzburg. Unveröffentl. Vortrags-Manuskript zum Internationalen Workshop „Umbauten zwischen Funktionswandel und weltanschaulicher Anpassung“, Brandenburgisch Technische Universität Cottbus-Senftenberg, 17. und 18. März 2017.
  • J. Breuste: The palace of Altenau as a nucleus for the castle of Mirabell. Expansion in stages from a city palace with a belvedere in suburban location to a baroque four-wing complex within the fortifications. In: M. Nová / M. Opartná (Hrsg.): Old and New. Are old works of art a starting-point or an obstacle?, Proceedings of the International Conference for doctoral students, Prag 2016. S. 285-290.
  • C. Brandhuber: Der Tod in den Sternen - Wolf Dietrich zwischen Verheißung und Erfüllung. In: G. Ammerer / I. Hannesschläger (Hrsg.): Strategien der Macht. Hof und Residenz in Salzburg um 1600 - Architektur, Repräsentation und Verwaltung unter Fürsterzbischof Wolf Dietrich von Raitenau 1587 bis 1611/12. Salzburg 2011, S. 273-298.
  • J. Lindtner: Zur Prunktreppe G. R. Donners im Schloss Mirabell. Probleme und Mutmaßungen. Mag.arb. Uni. Salzburg 2011.
  • Dunzinger, Franz, Mit Kimme und Korn. Topographische und architektonisch-städtebauliche Bezüge in der Stadt Salzburg unter besonderer Berücksichtigung des Spätmittelalters, des Barock und der Gegenwart, Diss. Linz 2011.
  • Artikel von A. A. Schnitzler-Sekyra, P. Prange, Iris Lauterbach, B. Mang und B. Bacher. In: Barockberichte. Nr. 53/54: Begleitheft zur Sonderausstellung: Danreiter 2010, 2010.
  • W. Schaber: Gärten und Parks. Hohe Mauern und offene Zugänge – exklusive und öffentliche Orte. In: G. Ammerer / T. Weidenholzer (Hrsg.): Rathaus – Kirche - Wirt. Öffentliche Räume in der Stadt Salzburg. Salzburg 2009, S. 211-223.
  • G. Friedl: Über das Vogelhaus im Garten des Schlosses Mirabell zu Salzburg. In: Barockberichte. Nr. 46/47. Salzburg, 2007. S. 105.
  • T. Baumgartner: Welsche Pamben, Feigenheiser und Pumerantschenstuben. Streiflichter auf die Entwicklung der Orangeriekultur im Wiener, nieder- und oberösterreichischen, Salzburger und Tiroler Raum von den Anfängen bis 1683. In: Landkreis Passau (Hrsg.): Ein Hauch von Gold. Pomeranzen und Gartenkunst im Passauer Land. Regensburg 2005, S. 131–158.
  • Friedl, Guido: Das Schloss Mirabell. In: Historischer Atlas der Stadt Salzburg. Blatt III: 3 Ausgewählte Gebäude und Haustypen. Salzburg, 1999.
  • W. Schlegel: Salzburg. Schloss Mirabell. Restaurierung des Marmorsaales. ÖZKD. XLVIII. 1994. hrsg. vom Österreischischen Bundesdenkmalamt. Wien, 1994. S. 77-79.
  • M. Klisch: Der Mirabell-Garten zu Salzburg (1606-1990). Dokumentation der historischen Zustandsphasen und der Entwurf eines Wiederherstellungskonzeptes. Dipl.-Arb. FH Weihenstephan, Freising 1991.
  • S. Hiller: Thunsche Tiere im Mirabellgarten. Zur Gartenplastik in Mirabell. In: Salzburger Museumsverein (Hrsg.): SMusBl., Jg. 35, Nr. 1, Februar 1974. S. 4-6.
  • F. Fuhrmann: Salzburg in alten Ansichten. Die Stadt. Salzburg 1970.
  • ÖKT, Bd. 13, 1914.
  • F. Drobny-Karlsbad: Das Schloß Mirabell in Salzburg. Sonderabdruck aus Zeitschrift für Geschichte der Architektur. Hrsg. v. Hirsch, Fritz. Jg. II. Heft 5. Heidelberg, 1909. S. 99-113.
  • F. Pirckmayer: Notizen zur Bau- und Kunstgeschichte Salzburgs. Salzburg, 1903.


M.O., J.B.