Schloss Mirabell
Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau ließ für seine Lebensgefährtin, die Kaufmannstochter Salome Alt, und die gemeinsamen Kinder 1606 das Schlösschen Altenau erbauen. Es bildet den Kern der heutigen, wesentlich größeren Anlage Schloss Mirabell.
Die Wahl des Standortes ermöglichte die axiale Ausrichtung des Schlossgartens auf die Stadt; der Blick wurde durch Doppelfenster und Dachbelvedere (Bauelement römischen Ursprungs) genossen. Im zur Salzach hin abfallenden Untergeschoß lag die Sala terrena, im Garten vermutlich der Susannabrunnen von Hans Waldburger (etwa 1610). Nach der Flucht der Familie Altenau 1611 Plünderungen der Ausstattung durch die Domherren. Erzbischof Markus Sittikus von Hohenems änderte den Namen in Mirabella, um die Erinnerung an seinen Vorgänger und dessen Liaison zu tilgen; der Name leitet sich möglicherweise vom in Mirabell belegten Anbau mediterraner Pflanzen her.
Im Zuge von Erzbischof Paris Graf von Lodrons Stadtbefestigungen wurde das nun nachweislich aus mehreren Gebäuden bestehende Schloss Mirabell in den Stadtbereich miteinbezogen. Durch die Niveauerhöhung wurde die Sala terrena zum Kellergeschoß. Garten-Abschluss beim ebenfalls unter Erzbischof Paris Lodron errichteten Ballhaus durch einen Arkadenbau. In unmittelbarer Nähe zu den weiteren Lodron‘schen Familienbauten (Primo- und Sekundogeniturpalast) diente Mirabell nun als (Sommer-)Residenz.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zur Verbindung von Ost- und Südflügel, ersterer mittig mit Uhrturm versehen. Ab 1668 weitere Repräsentationsmaßnahmen: Im Bereich des heutigen Rosengartens wurde ein Hain mit Zitrusfrüchten angelegt; zu deren Schutz wurde ein in der wärmeren Jahreszeit demontierbares Pomeranzenhaus geschaffen. Zwischen 1685–87 und 1702–09 Abbruch des Dachbelvederes.
Ab 1689 unter Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein Veränderungen des Gartens. Johann Bernhard Fischer von Erlach zugeschrieben: Neugestaltung des Hauptparterres, Ausstattung des Pomeranzengartens mit vasenbekrönten Postamenten, Vogelhaus (nach 1702–1709) sowie mögliche Veränderung des Galeriebaus beim Ballhaus. 1689–97 Figurenausstattung durch Johann Frölich, Ottavio Mosto, Bartholomäus van Opstal, Andreas Götzinger, Michael Bernhard Mändl, Hans Schwäbl und Wolf Weißenkirchner: Götter auf den Garten neu gliedernden Balustraden beiderseits des Großen Parterres, Vier-Elemente-Brunnen (Raptusgruppen) und Borghesische Fechter.
Etwa 1705–1818 auf dem Mirabellplatz Pferdeschwemme mit Pegasusfigur aus Kupferblech von Kaspar Gras von 1661 (zuvor auf dem Kapitelplatz), sowie später durch Franz Anton Danreiter seitlich hinzugefügten Einhörnern/Steinböcken und Löwen (vermutlich von Schloss Kleßheim, heute alle im Kleinen Parterre). 1702–09 kurzer, nordseitiger Anbau an Schloss Altenau mit hofseitigen Arkaden nachweisbar.
Erzbischof Franz Anton Harrach ließ Mirabell durch Fischers Konkurrenten Johann Lucas von Hildebrandt 1710 zur Vierflügelanlage schließen. 1713 erbaute dieser eine Sala terrena. Hildebrandt projektierte vermutlich auch eine Ausstattung der bestehenden Galerie beim Ballhaus mit repräsentativen Portalen und Attika. 1713–17 Neugestaltung des Gartens durch Hofgarteninspektor Matthias Diesel: Nebenparterre mit sechs Bosketten-Sälen und Springbrunnen vor der Westfassade, Parterre vor dem Vogelhaus, Zwerglgarten, Heckentheater, Orangerie mit Nord- und Ostflügeln und Garten, Bastionsgarten und Schießstand.
Vereinheitlichung der sukzessive gewachsenen Schlossanlage 1721–27 durch Hildebrandt: Fassadierung, skulpturale Ausstattung der Attika (weibliche Tugenden und Personifikationen sowie Vasen), repräsentative platzseitige Ostfassade mit Eck-Pavillons mit Mansardwalmdächern und Uhrturm mit mächtiger Zwiebelhaube, Kapelleneinbau, zum Vestibül umgestalteter Arkadenbau als Mittelteil des aufgestockten Westtraktes mit als Risalit in den Hof ragendem Festsaal. Altenau war nun nicht mehr klar als älterer Baukörper erkennbar.
Kostbare Ausstattung: Stiegenhaus mit Puttenpaar-Balustrade von Johann Franz Caspar und Wandnischen-Skulpturen von Georg Raphael Donner bzw. seiner Werkstatt, Deckengemälde durch Johann Michael Rottmayr (Saal), Bartolomeo Altomonte und Gaietano Fanti (Treppe und Kapelle). 1725 bzw. 1749 Umbauten in der Orangerie durch Franz Anton Danreiter: vollständige Verglasungen, Neugestaltung des Orangeriegartens und Zubau südlicher Arkadengang (nach 1857 geschlossen). Um 1730 ebenfalls durch ihn Umgestaltung beider Parterres.
Der Brand der Neustadt von 1818 beschädigte das Schloss Mirabell schwer. Verloren gingen: sämtliche Dachstühle, Sala terrena (an ihrer Stelle 1894 Freitreppe durch Franz Drobny), Deckengemälde des Marmorsaals, der Marmorstiege und der Kapelle, bauskulpturale Ausstattung, Pomeranzengarten sowie Gang vom Schloss zur Orangerie (heute Scheinfassade). Den Wiederaufbau (1820–27) leitete im Sinne eines reduzierten Klassizismus Johann Wolfgang Hagenauer. Der Wiener Architekt und k.k. Hofbaumeister Peter von Nobile erhielt keinen Umsetzungsauftrag, sondern der günstiger projektierende Hagenauer, der dabei detaillierte Vorgaben von Kaiser Franz I. befolgte. Platzseitiger Flügel mit Walmdach, Süd- und Nordflügel aufgestockt und durch Satteldächer geschlossen.
1815 wurde Otto Friedrich Ludwig von Wittelsbach, der spätere König Otto I. von Griechenland, hier geboren. 1851–63 diente das Schloss Fürsterzbischof Maximilian Joseph Kardinal von Tarnóczy als Wohnsitz. 1866 kamen Mirabellgarten und Bereiche der Wallanlagen durch kaiserliche Schenkung in den Besitz der Stadt. 1893 nach Abbruch des ehemaligen Ballhauses sowie des Galeriebaus Errichtung des Landestheaters, dadurch Verkürzung des großen Parterres. Bei einer Fassadensanierung durch Franz Wagner 1931 verlor der Westflügel seine Kantenquaderungen.
Seit 1947 ist Mirabell Sitz des Bürgermeisters und des Magistrats. Anfang der 1970er- bzw. 1980er-Jahre Umbau der Orangerie, bis 2012 Nutzung als Salzburger Barockmuseum, seitdem werden für das leerstehende Gebäude u.a. Pläne für ein Sound-of-Music-Museum diskutiert.
Siehe auch Brunnen, Bäder, Gärten
Lit.:
- W. Schaber: Die Wiederherstellung von Schloss Mirabell nach 1818. In: E. Marx u.a.: Die Flammen lodern wütend. Salzburg 2018, S. 236–253.
- G. Friedl: Über das Vogelhaus im Garten des Schlosses Mirabell zu Salzburg. In: Barockberichte. Nr. 46/47. Salzburg 2007. S. 105.
- M. Klisch: Der Mirabell-Garten zu Salzburg (1606–1990). Dipl. FH Weihenstephan, Freising 1991.