Brunnen

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Keutschach Zisterne auf der Festung Hohensalzburg (1502)

Bis zum 12. Jahrhundert deckten (Regen-)Zisternen, Tiefbrunnen und wenige Quellen den Wasserbedarf. Domkapitel und St. Peter wurden ab dem 12. Jahrhundert durch Mönchsbergstollen (Almkanal) aus verschiedenen Wasserläufen versorgt. Spätromanisches Brunnenhaus in St. Peter, dazugehöriges (?) Becken heute inmitten des Petersfriedhofs. Mit Wasserrecht von 1335 eigener Almkanalzweig der Stadt. Nach einer Seuche erste Quellleitung vom Gersberg für den ältesten nachweisbaren Laufbrunnen, 1488 dem hl. Florian geweiht. 1548 Stadtbrunnhaus; Pumpwerk versorgte mehrere öffentliche Brunnen, einige Hausanschlüsse, doch noch keine repräsentative Brunnenanlage. Tiefe Festungszisterne des Erzbischofs Leonhard von Keutschach 1502 (Inschrift mit Kostenangabe) auch wegen drohender Unruhen; dort ebenfalls die Regenzisterne des Erzbischofs Matthäus Lang von Wellenburg (1539) durch einen venezianischen Brunnenmeister, das älteste erhaltene Brunnendenkmal Salzburgs mit künstlerischem Anspruch, spätgotische Zierformen mit Renaissance-Ornamentik.

Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau veränderte durch Platzöffnungen den Stadtgrundriss völlig, dem Stadtbild entsprechend wären Vorhaben kunstvoller Brunnen denkbar, eine schöne Brunnennische vom Garten Dietrichsruh mit rastendem Herkules hat sich erhalten – eine vorzüglich italienisch anmutende Arbeit. Um 1600 entspricht auch der intime Aktäonsbrunnen (Salzburg Museum) der Blüte des Brunnenmanierismus in Augsburg und steht möglicherweise im Zusammenhang mit den Lustorten Wolf Dietrichs. Ebenso unklar ist die ursprüngliche Aufstellung des Susannabrunnens (Mirabellgarten, 17. Jahrhundert, Umkreis Hans Waldburger?).

Unter Erzbischof Markus Sittikus von Hohenems monumentale Grottennische im Residenzhof mit keulenschwingendem Herkules, der die Hydra bezwingt: eine herrscherliche Tugendallegorie. Ebenfalls italienisch die „villa suburbana“ Hellbrunn (ab 1613) von Santino Solari u.a.: Vielfältige Brunnenkunst mit verschlüsselter Programmatik, oft verändert, besonders reichliche Vexierwässer und Automaten, manieristische Betonung von Durchsichtigkeit und Feinheit der Wasserspiele (Sternweiher), gegenüber Grottenbrunnen im derben „Style rustique“ (u.a. Germaul).

Als dementsprechender Brunnen mit städtischem Marktzeichen über einem Fischkalter: wappenhaltender, borstiger Wilder Mann um 1620 in Treibarbeit (heute am Furtwängler-Garten). Sein höfischer Antipode in gleicher Technik ist ein Pegasus, Zeichen fürstlicher Noblesse (um 1660 von Maximilian Röckh nach Caspar Gras), wohl ursprünglich im Marstall, dann als Bekrönung der Pferdeschwemme am Kapitelplatz unter Erzbischof Guidobald; ab 1913 im Mirabellgarten.

Residenzbrunnen, Bild: Oskar Anrather

Guidobalds Generosität sollte insbesondere durch eines der bedeutendsten Brunnenwerke der Zeit, den Residenzbrunnen, verherrlicht werden (1656–61). Seine Bekrönung, die Fontäne eines muschelhornblasenden Tritons, figuriert Klang und Ruf des Namens Thun, befriedigende Wasserzufuhr erst 1679/80; Aufbau manieristisch, barock in der Dynamik; der vermutlich italienische Künstler nach Namen und Stil unbelegbar; Anwendung von Bernini-Motiven. Bei aller elementaren Unmittelbarkeit eine Fülle von Sinnschichten.

Nach Zwist mit St. Peter stiftete Erzbischof Guidobald als Versöhnungsgeste einen Konventsgartenbrunnen, Delphin mit Putto (von Christoph Lusime, 1664). 1667 erhielt Kloster Nonnberg einen Erentrudisbunnen von Bartholomäus van Opstal (strenge Formgebung, vergleiche die Heiligen Rupert und Virgil, Domfassade). 1673 errichtete Opstal auch den Fischkalterbrunnen mit reuigem Petrus im St.-Peter-Hof als Geschenk von Erzbischof Maximilian Gandolf Graf von Kuenburg. Erinnerungen an den katastrophalen Bergsturz 1669 verbinden sich mit dem beschützenden Marienbrunnen im Gries (1692 von Hans Schwälbl) unter Erzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein.

Der Gegensatz von Brunnenbild und schroffer Felswand wird noch gesteigert bei der Marstallschwemme. Die ursprünglich auf Fischer von Erlachs Marstallportal ausgerichtete Pferdebändigergruppe signierte Michael Bernhard Mändl 1695; unter Erzbischof Leopold Anton Freiherr von Firmian denkmalhafte Umgestaltung durch Franz Anton Danreiter, 1732. Im selben Jahr (Chronogramm) wird auch Erzbischof Guidobalds Kapitelschwemme völlig erneuert: Brunnenanlage mit Neptun (signiert Joseph Anton Pfaffinger) hier in szenographischer Wirkung vor dem Festungsberg. Die generell hohe Bedeutung des Pferdes für die erzbischöfliche Hofhaltung als die Nobilitas, den Edelmut verkörpernde Tiere zeigte bespielhaft ein fürstlicher Roßgränter aus Weißmarmor (Wandbrunnen, der mit Almkanalwasser gespeist wurde) im ehemaligen Marstall (Winterreitschule, heute Karl Böhm Saal, der Pausenraum vom Haus für Mozart und Felsenreitschule im Festspielhaus), 1700, von Andreas Götzinger.

Mirabellgarten

Außergewöhnliche Verklammerung von Garten- und Brunnenskulptur bei den vier epischen Figurengruppen Ottavio Mostos (1690) um das Springbrunnenbassin im Mirabell. Pferdeschwemme vor dem Schloss ab 1705, 1818 zerstört. Ihre Reste (stets neu verwendete Einhörner, Löwen, Pegasus) jetzt im Garten. Löwe-Einhorn-Gruppe als heraldische Zweieinigkeit von Land und Fürst zeigt auch der anspruchsvolle Stadtbrunnen von 1696, ursprünglich am Platzl, jetzt am Äußeren Stein: Am Ende der Steingasse findet man den Engelwirtsbrunnen. Dieser wurde im Auftrag von Fürsterzbischof Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein erstellt und war zuerst vor der alten Andräkirche (1418–1861) am Platzl aufgestellt. 1751 wurde der Brunnen zum „Gasthaus zum Goldenen Engel“ am Beginn der Steingasse versetzt und 1890 aus Verkehrsgründen am Äußeren Stein platziert.

Carl von Frey, Brunnen am Äußeren Stein, 1891

Städtischer Hauptbrunnen von altersher, der Florianibrunnen am Alten Markt. Der Schutzpatron vor Feuer mit (Markt-)Fahne und Wasserschaff von Joseph Anton Pfaffinger 1734. Besonders reiches Ziergitter von Wolf Guppenberger 1583. Säule mit Stadtwappen 1687. Achtseitiges mit Ornamenten verziertes Becken 1687.

Wichtige Stadt-Brunnen: (nur Skulpturen erhalten) Michaelsbrunnen (Marktbrunnen) mit Seelenwaage an der Michaelskirche beim Waag(!)platz. Fischmarktbrunnen am Löchlplatz (heute Hagenauerplatz) mit bewegter Immaculata (17./18. Jahrhundert). Im Nonntal, im Treppensockel zur Kirche St. Erhard ist ein heilkräftiger Trinkbrunnen eingebaut, Muschel mit Löwenkopf, zweite Hälfte 17. Jahrhundert. Spielerischer Delfin-Putto-Brunnen in Mülln 1727 von Sebastian Stumpfögger. Klassizistische Denkmalsbrunnen für das Jahr 1806, Kaigasse. Zur Salzachregulierung 1867 am Fluss Brunnen mit antikischer, sinnender Quellnymphe (Gusseisen) vielleicht Anton von Fernkorn.

In den Kirchen kunstvolle Tauf- und Weihwasserbecken, besonders festliche Sakristeibrunnen in der Augustinerkirche, Mülln, mit flammendem Herzen. Ebenfalls wurde auf schmucke Hof- und (Wirts-)Hausbrunnen Wert gelegt. Oft Wandbrunnen-Becken in Rotmarmor aus Adnet. Exemplarisch der stolze Nit Vill Prangenß-Brunnen mit Löwenmaske (1682, signiert) in Mülln, Gasthof Krimpelstätter. Dagegen adelig-anspruchsvoll großer Wandbrunnen aus Weißmarmor mit Maskaron (um 1670) im Familiensitz Max Gandolfs, dem Langenhof (in der Sigmund-Haffner-Gasse). Bedeutsam für die Kultur der erzbischöflichen Stadt war immer die „christliche Brunnen des Lebens-Metaphorik“: Hofbrunnen des erzbischöflichen Priesterhauses: Petrus von Josef Anton Pfaffinger 1741 auf hohem Felssockel im Gegensatz zu Petrus vor der Domfassade (Michael Bernhard Mändl). Sein geistiges Gegenstück ist der Brunnen mit segnendem Rupert im Priesterhof von St. Peter: 1926 von Jakob Adlhart neu komponiert: ehemalige Virgil(!)-Statue 1627, Becken 1697 – Hier Rupert (Virgil) Gründer der Kirche Salzburgs unter den Felsen des Mönchsbergs, dort Petrus, der Fels der Kirche.

Papagenobrunnen

Gleichzeitig 1926 Aufstellung des Löwenkopfbrunnens beim Fischkrieg an der Salzach. Löwenhaupt des 16./17. Jahrhunderts mit Spuren seiner bewegten Vergangenheit. Dem modernen expressionistischen Kunstwollen entspricht sein elementar-dämonischer Anblick: Wasser als Lebenskraft ist auch elementar bedrohlich. Durch Brunnenkunst zu Nutz und repräsentativer Zier gefasst, doch bei Überschwemmungen Salzburgs wild entfesselt. Die technische Erschließung des Untersberger Fürstenbrunnens durch die Druckwasserleitung 1875 sicherte die Wasserversorgung Salzburgs.

Heutige Brunnenkunst im städtischen Gemeinwesen v.a. durch Straßenleben beweglich motiviert, vgl. zur Neugestaltung der Fußgängerzone Linzergasse/Cornelius-Reitsamer Platz, Orakelbrunnen Bahnhofsvorplatz. „Spritzwasserdüsen bringen Wasser und Menschen in Bewegung, machen allseits gute Laune“ oder „Wasserfontänen in unterschiedlicher Höhe … ändern sich beständig“ und sind so „in Szene gesetzt“; vergleiche Hellbrunner Brunnentradition. Anspruchsvoll poetisch-musikalisch: Traklbrunnen von Toni Schneider-Manzell (1957) nach Gedicht Elis; Papagenobrunnen (am Papagenoplatz) von Hilde Heger (1960) nahe dem Glockenspielturm mit (Mozart-)Melodien.

Lit.:

  • ÖKT, Bd. 11 u. 13.
  • B. Kutschera: Alte und neue Brunnen in Salzburg. Salzburg 1980.
  • U. Nefzger: Salzburg und seine Brunnen. Salzburg u.a. 1980.
  • S. Hiller: Triumph des Pferdes. Zur Ikonologie der Salzburger Pferdeschwemmen. In: Barock in Salzburg. FS. f. Hans Sedlmayr, Salzburg 1977.

U.N.