Virgil

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Virgil, hl. (Geburtsdaten unbekannt), † 27. November 784 in Salzburg, Abt von St. Peter 746/47–84, ab 749 Bischof von Salzburg. Vermutlich war er Nachfahre der Herrscherfamilie von Loegaire mit Heimat Trim (Mittelirland) und lebte zeitweise im Inselkloster Iona. Seine Identifizierung mit dem gleichnamigen Abt von Aghaboe, Feirgil dem Geometer, ist umstritten. Um 743 kam Virgil (er war bereits Abt, besaß die Priesterweihe und den Rang eines „Weisen“) mit irischen Pilgern auf den Kontinent und blieb zwei Jahre am Hof des späteren Königs Pippin. Ende 745 / Anfang 746 wirkte er in Bayern, wo ihn Herzog Odilo 746/47 zum Abt von St. Peter machte und ihm damit die Leitung des Salzburger Bistums übertrug (Bischofsweihe am 15. Juni 749). Trotz Konflikten mit Bonifatius (kanonische Irregularität von Virgils Bestellung, Ablehnung der Wiedertaufe nach Formfehlern, Streit um die Gestalt der Erde und Antipodenlehre) blieb Virgils Stellung unangefochten. Er begann mit einer groß angelegten Slawenmission, errichtete im heutigen Kärnten erste Kirchen und setzte eigene Chorbischöfe ein. Er konnte den Salzburger Besitz vervielfachen. Als bedeutender Literat regte Virgil vermutlich die älteste Salzburger Annalistik an, ließ den älteren Teil des Verbrüderungsbuches von St. Peter anlegen und verfasste möglicherweise die Kosmografie des Aethicus Ister, angeblich ein Auszug aus dem Bericht eines aus Istrien stammenden Weltreisenden namens Aethicus, mit dem Virgil eine späte literarische Rache an seinem bereits verstorbenen Widersacher Bonifatius genommen haben könnte.

Salzburg wurde zu seiner Zeit zum führenden Zentrum von Kunst und Kultur im Südostalpenraum und entwickelte das erste eigenständige Kulturschaffen auf heute österreichischem Boden (Tassilokelch, Cutbercht-Evangeliar). Am 24. September 774 ließ Virgil die Reliquien des hl. Rupert aus dessen Heimat Worms nach Salzburg überführen; er weihte die erneuerte und großzügig erweiterte dreischiffige Basilika zu Ehren Ruperts und des hl. Petrus. Dieser mächtige Virgil-Dom wurde mehrfach als „Krönungskirche“ der Agilolfinger angesprochen. Virgil starb 784; er wurde 1233 heiliggesprochen.

Lit.:

  • F. Lošek: Zu Biographie und „Vita“ Virgils von Salzburg, in: Scripturus vitam. Lateinische Biographie von der Antike bis in die Gegenwart. Festgabe für W. Berschin zum 65. Geburtstag, hg. v. D. Walz. Heidelberg 2002, S. 349–355.
  • H. Wolfram: Salzburg, Bayern, Österreich. Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit. In: MIÖG Erg.-Bd. 31, Wien–München 1995.
  • H. Dopsch, R. Juffinger (Hg.): V. v. Salzburg. Missionar und Gelehrter. Salzburg 1985.

P.F.K.