Gaßlgehen

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Die „Liebe auf dem Lande“ – einerseits die Brautschau der Bauern und Kleinbürger, andererseits das Sexualleben der armen Dienstboten ohne Heiratsmöglichkeit – hat eine Form des Liebeswerbens und Sexualverhaltens hervorgebracht, die durch reglementierte Abläufe und eine Fülle von Gaßlreimen gekennzeichnet ist. Dazu sangen und sprachen Burschen in der Samstagnacht Stegreifreime voll Lob, Spott und Witz vor den Fenstern ihrer Umworbenen. Auch die Mädchen antworteten wohlwollend oder, bei zu kurzen und einfallslosen Reimen, mit beißendem Spott, ebenfalls in Reimform.

Dieses weit verbreitete Liebeswerben wurde in der Aufklärungszeit mehrfach gesetzlich verboten. Mit der Änderung der sozialen Verhältnisse erlebte es in den 1930er-Jahren seinen letzten Niedergang. Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts erfuhr es im folkloristisch-touristischen Milieu als Fensterln eine Umformung zum Klischee urigen Älplertums. Aus dieser Zeit datieren die ersten Postkarten, Theaterszenen etc., die Vorläufer der pornografischen Filme dieses Genres seit den 1960er-Jahren wurden. Wissenschaftliche Dokumentation des Brauches und der Reime für den Pinzgau durch Ilka Peter. In dasselbe Genre gehören die Schnaderhüpfl, die im Rahmen von Tanzveranstaltungen von Burschen auf die Mädchen oder zum Spott als soziale Kritik gesungen werden.

Lit.:

  • P. Streng, G. Bakay: Bauernerotik in den Alpen. Das Liebesleben der Tiroler vom Mittelalter bis ins zwanzigste Jahrhundert. Innsbruck 1997.
  • I. Peter: Gaßlbrauch und Gaßlspruch in Österreich. Salzburg 1981.
  • F. Freyherr v. Augustin: Das Pinzgau. Pesth 1844, 127.

U.K.