Naturschutz

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Derzeit steht ca. ein Drittel der Landesfläche unter verschiedenen Formen des Naturschutzes, insgesamt sind das über 1.500 Flächen bzw. Objekte. Flächen wurden als Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiete gewidmet (vereinzelt als Natur-, Biosphären- oder Nationalpark), wobei größere Gebiete v.a. im ohnehin kaum genutzten alpinen Bereich zu finden sind. Dazu kommt der Schutz von Landschaftsteilen und von Einzelobjekten (Naturdenkmäler).

Im Hinblick auf die Entwicklung des Naturschutzes ist Salzburg durchaus vergleichbar mit anderen Ländern Westeuropas. Schon um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam es zu einem ersten Auftreten für den Naturschutz, der über bürgerliche und alpine Vereine artikuliert wurde und teilweise zivilisations- und modernisierungskritische Züge aufwies. Inspiriert war dieses Engagement von den staatlichen Schutzgebieten in den USA (Yellowstone und Yosemite), gleichzeitig stand es auch im Kontext von völkischem Heimatschutz und von Diskussionen um den Schutz von Wäldern.

1908 tauchte die Idee eines Naturschutzparks im Ostalpenraum auf und dies führte 1913 zu ersten Gebietsankäufen im Salzburger Pinzgau durch den deutsch-österreichischen Verein Naturschutzpark, was den Grundstein für den späteren Nationalpark Hohe Tauern bilden sollte. Parallel dazu wurde analog zum Denkmalschutz der Schutz von Einzelobjekten in der Natur auch in Salzburg um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert ​gefordert. Schon 1899 hatten Naturschützer und Tourismusunternehmer gegen eine geplante Wasserkraftnutzung der Krimmler Wasserfälle protestiert und das Projekt verhindert. Daraus entstand zwar eine Debatte im Salzburger Landtag, Schutzgesetze kamen aber nicht zustande. Auch in der Folge verhielten sich der Staat und die Landesbehörden eher passiv, die zentralen Akteure waren zu dieser Zeit einzelne Vertreter des städtischen Bürgertums, in Salzburg der Rechtsanwalt und (zwischenzeitliche) Landespolitiker August Prinzinger d. J.

Zunächst entstanden – auch als Reaktion auf den zunehmenden Tourismus – erste Landesgesetze zum Schutz der Alpenpflanzen, in Salzburg 1886 das Gesetz zum „Schutz der Pflanze Edelweiß“, weitere folgten nach der Jahrhundertwende für andere Pflanzen (1915, 1923 und 1928), dazu kamen Schutzgesetze für Höhlen und Vögel, Pflanzenschutzgebiete (Hinterstubach- und Amertal im Oberpinzgau, 1921), und auch der Schutz des Landschaftsbildes gegen „Verunstaltungen durch Werbung“ (1926) wurde gesetzlich verankert. Das Fehlen einer allgemeinen rechtlichen Regelung des Naturschutzes wurde in der Zwischenkriegszeit erneut diskutiert, wofür der neukonstituierte Österreichische Naturschutzbund eine wichtige Plattform bot.

1929 wurde in Salzburg auf dieser Basis ein Naturschutzgesetz beschlossen, das die vorangegangenen Einzelgesetze einbezog und erweiterte. Die Naturschutzdiskussionen wurden intensiviert, auch kam es zu einem Auftreten gegen Kraftwerkspläne in den Tauerntälern und touristische Projekte, doch Erfolge blieben trotz der guten politischen und gesellschaftlichen Vernetzung der Naturschützer aus.

Für den Salzburger Naturschutz bildete der Nationalsozialismus keinen tiefen Bruch: Viele Akteure blieben weiterhin tätig – z.B. Eduard Paul Tratz als „Gaubeauftragter“ und „fachlicher Referent“ für Naturschutz. Zudem entsprach das zentralistische Reichsnaturschutzgesetz, das ab 1938 in Salzburg gültig war, der Erwartungshaltung der Naturschützer, wenngleich die erhoffte Etablierung von größeren Schutzgebieten unterblieb.

Auch die ersten Nachkriegsjahrzehnte waren durch Kontinuitäten im Hinblick auf die Akteure und deren Vorstellungen geprägt, es dominierte weiterhin eine bürgerlich-konservative Ausrichtung. Als Beispiel kann der Schriftsteller Günther Schwab fungieren, der seine völkischen und antimodernen Ansichten bis in die 1970er-Jahre in den Naturschutzdiskurs einbrachte.

Das Naturschutzgesetz 1956 basierte wesentlich auf seinen Vorläufern, brachte aber die Schaffung eines Naturschutzbeirates und die Möglichkeit, Naturschutzgebiete zu etablieren, mit sich. In dieser Zeit wurde die Internationalisierung des Naturschutzes intensiviert, z.B. über die International Union for Nature Protection (IUCN) oder den Europarat. Es kam zu einem Bedeutungsgewinn des Naturschutzes in der Landespolitik und zu einem deutlichen Anstieg der geschützten Flächen und Objekte, und zunehmend kamen dabei auch außeralpine Gebiete in den Blick. Großschutzgebiete blieben weiterhin umstritten, v.a. Vertreter der Tourismus- und Energiewirtschaft traten gegen Naturschutzprojekte auf, zudem herrschte in der bäuerlichen Bevölkerung vor Ort oft Ablehnung oder Skepsis.

Ab den 1970er-Jahren kam es zu einer Popularisierung des Umweltschutzgedankens, was auch in einer stärkeren Beachtung von Forderungen des Naturschutzes resultierte. Dieser wurde im Hinblick auf die Akteure zunehmend heterogener: Zum konservativen Naturschutz kamen neue soziale Bewegungen und ab den 1980er-Jahren die Grünpolitik, die Etablierung des Umweltschutzes tangierte Bundeskompetenzen, und ab dem Beitritt zur Europäischen Union wurde der Naturschutz auch wesentlich von supranationaler Politik geprägt. Der Vertragsnaturschutz, der Prämien für naturnahe Landwirtschaft bot, war eine Innovation der 1990er-Jahre, die Vorbehalte der bäuerlichen Bevölkerung gegenüber dem Naturschutz deutlich reduzieren konnte. Insgesamt weitete sich der Naturschutz deutlich aus: Zu den älteren Naturschutzforderungen kam das Auftreten gegen Umweltbelastungen, gegen die Atomenergie und – ab den 1990er-Jahren – gegen den anthropogenen Klimawandel.

In einer langfristigen Perspektive sind die Kontinuitäten des Naturschutzes bemerkenswert: Noch immer finden sich die älteren Motive der Ursprünglichkeit, des Schutzes von einzelnen, besonderen Gebieten und Objekten, und der Naturschutz zielte lange auf den Menschen ab, was sich erst langsam seit den 1970er-Jahren über die Verbreitung ökologischer Konzepte wandelte.

Lit.:

  • P. Kupper, A.K. Wöbse, Hg.: Geschichte des Nationalparks Hohe Tauern. Innsbruck u.a. 2013.
  • J. Straubinger: Sehnsucht Natur, 3 Bde. Norderstedt 2009.

G.​St.