Ilse Aichinger: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Aichinger, Ilse''', * Wien 1.11.1921, † Wien 11.11.2016, Dichterin.
 
'''Aichinger, Ilse''', * Wien 1.11.1921, † Wien 11.11.2016, Dichterin.
  
Kindheit mit der Zwillingsschwester Helga in Linz, Gymnasium in Wien, 1939 Matura, als »Halbjüdin« durfte A. nicht studieren. Der Vater, Nationalsozialist, trennte sich von der Mutter, die ihren Beruf als Ärztin ausübte. Die Schwester ging zur Tante nach England, A. blieb bei ihrer Mutter. Nach 1945 etliche Semester Studium der Medizin in Wien, dann Lektorin des S. Fischer Verlages; dort erschien 1948 ihr für die österr. Nachkriegsliteratur thematisch und formal wichtiger Roman #Die größere Hoffnung#. Hans Weigel schrieb einen Essay mit dem Titel #Es begann mit Ilse Aichinger#.
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I.A. wurde gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Helga in Wien geboren, wo sie 1939 maturierte. In diesem Jahr floh ihre Schwester mit einem Kindertransport nach England. A. schützte durch ihre Anwesenheit ihre jüdische Mutter als „Mischling 1. Grades“ nach den Rassegesetzen vor der Deportation. Ihre Großmutter, ein Onkel und eine Tante wurden deportiert und ermordet.  
  
Ihr #Aufruf zum Mißtrauen# erschien in Otto Basils Zeitschrift #Plan# (1946). A. erregte 1952 bei der Tagung der »Gruppe 47« in Niendorf an der Ostsee Aufsehen, als sie ihre #Spiegelgeschichte# las und den Preis der Gruppe 47 erhielt. 1953 heiratete sie G. →Eich, 1963-84 lebte sie in Großgmain bei Salzburg. A. schrieb Lyrik, Kurzprosa, Szenen und Hörspiele; metaphorische und assoziative Texte, deren Poesie logisch und rational schwer zu interpretieren ist. Salzburg war für A. seit ihrer Kindheit ein wichtiger Bezugspunkt: »Man hat von jedem Ort ein bestimmtes Bild … Erlebt man aber diesen Ort alle Tage, so nimmt man Abschied von diesem Bild.« So war Salzburg für sie, während sie im nahen Großgmain lebte, auch der Alltagsort mit allen Ämtern, in denen man zu tun hat.  
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Am 1. September 1945 erschien #Das vierte Tor# im Wiener Kurier – der erste Text der österreichischen Nachkriegsliteratur, der das Wort „Konzentrationslager“ aussprach. A.s #Aufruf zum Mißtrauen# beim Übergang in die gefährliche ‚Normalität‘ ein Jahr nach dem Krieg erschien 1946 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift #Der Plan#. Ihr erster und einziger Roman #Die größere Hoffnung# (1948) verfolgt den Weg der jungen Halbjüdin Ellen von der großen Hoffnung auf ein Visum hin zur größeren Hoffnung Tod und Frieden in einer jenseitigen Welt. Hier intensiviert sich auch die für A.s Schreiben typische Sprach- und Erkenntniskritik, die in späteren Texten bis an die Grenze der Auflösung ihrer alltäglichen Bedeutung führt. Gilt der Roman heute als einer der bedeutendsten Texte der österreichischen Literatur nach 1945, so wurde A. dennoch erst 1952 durch die Auszeichnung mit dem Preis der Gruppe 47 für ihre #Spiegelgeschichte# einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
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1953 heiratete sie G. →Eich, der gemeinsame Sohn C. →Eich (1954–1998) war selbst Schriftsteller. 1957 wurde die Tochter Mirjam geboren. 1963 zog die Familie nach Großgmain bei Salzburg, wo in den zwanzig Jahren des Aufenthalts große Teile von Aichingers Werk entstanden, oft in engem künstlerischem Austausch mit G. Eich.  
  
Die Alltagserfahrung von Salzburg war für A. ein immer auch literarisch mitgeformtes Erlebnis. G. →Trakl war ihr der »Eröffner zu dem, was man Lyrik nennt. Er war der erste, und er blieb es auch.« Viele Literaturpreise, u. a. Literaturpreis der Salzburger Wirtschaft 1981, Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur 1995.
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Weitere Werke: #Der Gefesselte# (1954), #Auckland# (1954), #Zu keiner Stunde# (1957), #Eliza Eliza# (1965), #Schlechte Wörter# (1976), #Verschenkter Rat# (1978), #Kleist, Moos, Fasane# (1987), #Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben# (2001), #Kurzschlüsse# (2001), #Unglaubwürdige Reisen# (2005), #Subtexte# (2006).
  
Lit.:
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Zwischen 1952 und 2002 wurden Aichinger über zwanzig Literaturpreise zugesprochen, darunter der Große Österreichische Staatspreis für Literatur (1995). 
* S. Moser (Hg.): I. Aichinger. Leben und Werk. Frankfurt/M. 1995.
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* K. Bartsch (Hg.): I. Aichinger. Graz 1993 (= Dossier, 5).
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Lit.:  
* I. Aichinger: Werke in 8 Bänden. Hg. v. R. Reichensperger, Frankfurt/M. 1991 ff.
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• I. Fußl, Ch. Gürtler (Hg.): I.A.: „Behutsam kämpfen“. Würzburg 2012.
* H. F. Schafroth: I. Aichinger. In: KLG.
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• R. Berbig (Hg.): I.A. München 2007 (=Text + Kritik 175).
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S. Moser (Hg.): I.A. Leben und Werk. Frankfurt/M. 1995.
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K. Bartsch, G. Melzer (Hg.): I.A. Graz, Wien 1993 (=Dossier 5).
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I.F.
  
A.Has.
 
  
 
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Version vom 4. März 2018, 23:14 Uhr

Aichinger, Ilse, * Wien 1.11.1921, † Wien 11.11.2016, Dichterin.

I.A. wurde gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Helga in Wien geboren, wo sie 1939 maturierte. In diesem Jahr floh ihre Schwester mit einem Kindertransport nach England. A. schützte durch ihre Anwesenheit ihre jüdische Mutter als „Mischling 1. Grades“ nach den Rassegesetzen vor der Deportation. Ihre Großmutter, ein Onkel und eine Tante wurden deportiert und ermordet.

Am 1. September 1945 erschien #Das vierte Tor# im Wiener Kurier – der erste Text der österreichischen Nachkriegsliteratur, der das Wort „Konzentrationslager“ aussprach. A.s #Aufruf zum Mißtrauen# beim Übergang in die gefährliche ‚Normalität‘ ein Jahr nach dem Krieg erschien 1946 in der ersten Ausgabe der Zeitschrift #Der Plan#. Ihr erster und einziger Roman #Die größere Hoffnung# (1948) verfolgt den Weg der jungen Halbjüdin Ellen von der großen Hoffnung auf ein Visum hin zur größeren Hoffnung Tod und Frieden in einer jenseitigen Welt. Hier intensiviert sich auch die für A.s Schreiben typische Sprach- und Erkenntniskritik, die in späteren Texten bis an die Grenze der Auflösung ihrer alltäglichen Bedeutung führt. Gilt der Roman heute als einer der bedeutendsten Texte der österreichischen Literatur nach 1945, so wurde A. dennoch erst 1952 durch die Auszeichnung mit dem Preis der Gruppe 47 für ihre #Spiegelgeschichte# einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

1953 heiratete sie G. →Eich, der gemeinsame Sohn C. →Eich (1954–1998) war selbst Schriftsteller. 1957 wurde die Tochter Mirjam geboren. 1963 zog die Familie nach Großgmain bei Salzburg, wo in den zwanzig Jahren des Aufenthalts große Teile von Aichingers Werk entstanden, oft in engem künstlerischem Austausch mit G. Eich.

Weitere Werke: #Der Gefesselte# (1954), #Auckland# (1954), #Zu keiner Stunde# (1957), #Eliza Eliza# (1965), #Schlechte Wörter# (1976), #Verschenkter Rat# (1978), #Kleist, Moos, Fasane# (1987), #Film und Verhängnis. Blitzlichter auf ein Leben# (2001), #Kurzschlüsse# (2001), #Unglaubwürdige Reisen# (2005), #Subtexte# (2006).

Zwischen 1952 und 2002 wurden Aichinger über zwanzig Literaturpreise zugesprochen, darunter der Große Österreichische Staatspreis für Literatur (1995).

Lit.: • I. Fußl, Ch. Gürtler (Hg.): I.A.: „Behutsam kämpfen“. Würzburg 2012. • R. Berbig (Hg.): I.A. München 2007 (=Text + Kritik 175). • S. Moser (Hg.): I.A. Leben und Werk. Frankfurt/M. 1995. • K. Bartsch, G. Melzer (Hg.): I.A. Graz, Wien 1993 (=Dossier 5).

I.F.