Alfred Kubin: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Kubin, Alfred''', * Leitmeritz (heute: Litoměřice, Tschechien) 10.4.1877, † Zwickledt bei Wernstein/Inn 20.8.1959, Grafiker, Schriftsteller und Buchillustrator.
 
'''Kubin, Alfred''', * Leitmeritz (heute: Litoměřice, Tschechien) 10.4.1877, † Zwickledt bei Wernstein/Inn 20.8.1959, Grafiker, Schriftsteller und Buchillustrator.
  
K. kam 1879 nach Salzburg, 1882 nach Zell am See, im Alter von zehn Jahren verlor er seine Mutter. 1887/88 besuchte er das →Gymnasium in Salzburg, das er nach der zweiten Klasse abbrach, Schulabschluss 1891 an der Volksschule in Zell am See. An der Salzburger Staatsgewerbeschule (→Gewerbeschule) sollte er das Baufach studieren, blieb aber nur 1891/92. Das erste bekannte Werk von K. sind Illustrationen (#Der Rundlauf#) für die #Kneippzeitung des Salzburger Turnvereins# vom 26.2.1898. Lehrzeit in Klagenfurt als Landschaftsfotograf 1892—96, 1896 Suizidversuch am Grab seiner Mutter in Zell am See. Ab 1898 Kunststudien in München (Mitbegründer der #Neuen Künstlervereinigung# München), ab 1906 lebte er zunächst mit seiner Frau Hedwig, einer Schwester von O.A.H. →Schmitz, nach ihrem Tod 1948 allein und zurückgezogen auf Schloss Zwickledt (seit 1962 Kubin-Gedenkstätte).
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K. kam 1879 nach Salzburg, 1882 nach Zell am See, im Alter von zehn Jahren verlor er seine Mutter. 1887/88 besuchte er das →Gymnasium in Salzburg, das er nach der zweiten Klasse abbrach, Schulabschluss 1891 an der Volksschule in Zell am See. An der Salzburger Staatsgewerbeschule (→Gewerbeschule) sollte er das Baufach studieren, blieb aber nur 1891/92. Das erste bekannte Werk von K. sind Illustrationen (#Der Rundlauf#) für die #Kneippzeitung des Salzburger Turnvereins# vom 26.2.1898. Lehrzeit in Klagenfurt als Landschaftsfotograf 1892–96, 1896 Suizidversuch am Grab seiner Mutter in Zell am See. Ab 1898 Kunststudien in München (Mitbegründer der #Neuen Künstlervereinigung# München), ab 1906 lebte er zunächst mit seiner Frau Hedwig, einer Schwester von O.A.H. →Schmitz, nach ihrem Tod 1948 allein und zurückgezogen auf Schloss Zwickledt (seit 1962 Kubin-Gedenkstätte).
  
 
In seinen Zeichnungen entwarf K. eine groteske Traumwelt. Nach einer kurzen zeichnerischen Schaffenskrise im Anschluss an eine Italienreise 1908 schrieb er den Roman #Die andere Seite# (1909). Darin sind während eines Aufenthalts des Erzählers in einem Traumreich die verschiedenartigsten Wunsch- und Angstvorstellungen gestaltet; zuletzt geht die Traumstadt Perle in einem apokalyptischen Geschehen unter. Seit 1903 war K. als Buchgraphiker und Illustrator tätig, u.a. für Werke von F.M. Dostojewski, E.T.A. Hoffmann, H.C. Andersen, Gérard de Nerval und E.A. Poe. Freundschaft mit den Salzburger Malern A. →Faistauer und A. →Steinhart, Bekanntschaft mit S. →Zweig, J. →Schulz u. E. →Landgrebe. Seine Liebesbeziehung zur in Unken lebenden Arztgattin Emmy Haesele zwischen 1933 und 1936 bildet die Grundlage des dokumentarischen Romans #Du Engel, Du Teufel# (2009) von B. →Steinwendtner.
 
In seinen Zeichnungen entwarf K. eine groteske Traumwelt. Nach einer kurzen zeichnerischen Schaffenskrise im Anschluss an eine Italienreise 1908 schrieb er den Roman #Die andere Seite# (1909). Darin sind während eines Aufenthalts des Erzählers in einem Traumreich die verschiedenartigsten Wunsch- und Angstvorstellungen gestaltet; zuletzt geht die Traumstadt Perle in einem apokalyptischen Geschehen unter. Seit 1903 war K. als Buchgraphiker und Illustrator tätig, u.a. für Werke von F.M. Dostojewski, E.T.A. Hoffmann, H.C. Andersen, Gérard de Nerval und E.A. Poe. Freundschaft mit den Salzburger Malern A. →Faistauer und A. →Steinhart, Bekanntschaft mit S. →Zweig, J. →Schulz u. E. →Landgrebe. Seine Liebesbeziehung zur in Unken lebenden Arztgattin Emmy Haesele zwischen 1933 und 1936 bildet die Grundlage des dokumentarischen Romans #Du Engel, Du Teufel# (2009) von B. →Steinwendtner.
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1945 entstanden in kürzester Zeit zwölf Federzeichnungen zu den Gedichten #Verwandlung des Bösen#, #Winternacht#, #Traum und Umnachtung# und #Offenbarung und Untergang# von G. →Trakl. Im Alterswerk haben Kindheitserlebnisse K.s einen großen Stellenwert.  
 
1945 entstanden in kürzester Zeit zwölf Federzeichnungen zu den Gedichten #Verwandlung des Bösen#, #Winternacht#, #Traum und Umnachtung# und #Offenbarung und Untergang# von G. →Trakl. Im Alterswerk haben Kindheitserlebnisse K.s einen großen Stellenwert.  
  
Seit 2018 widmet sich die Dauerausstellung #Traum & Wirklichkeit# im Lohninghof in Zell am See-Thumersbach dem Leben und Werk Kubins.  
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Seit 2018 widmet sich die Dauerausstellung #Traum & Wirklichkeit# im Lohninghof in Zell am See-Thumersbach K.s Leben und Werk.  
  
 
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* P. Assmann, M. Oberchristl (Hg.): Alfred Kubin (1877–1959). Bilder des Phantastischen. Weitra 2010.
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* P. Assmann, M. Oberchristl (Hg.): A.K. (1877–1959). Bilder des Phantastischen. Weitra 2010.
* A. Hoberg (Hg.): Alfred Kubin. München 2008.
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* A. Hoberg (Hg.): A.K. München 2008.
 
* A. Geyer: A.K. als Literat. Wien 1995.
 
* A. Geyer: A.K. als Literat. Wien 1995.
  

Version vom 20. August 2018, 01:06 Uhr

Kubin, Alfred, * Leitmeritz (heute: Litoměřice, Tschechien) 10.4.1877, † Zwickledt bei Wernstein/Inn 20.8.1959, Grafiker, Schriftsteller und Buchillustrator.

K. kam 1879 nach Salzburg, 1882 nach Zell am See, im Alter von zehn Jahren verlor er seine Mutter. 1887/88 besuchte er das →Gymnasium in Salzburg, das er nach der zweiten Klasse abbrach, Schulabschluss 1891 an der Volksschule in Zell am See. An der Salzburger Staatsgewerbeschule (→Gewerbeschule) sollte er das Baufach studieren, blieb aber nur 1891/92. Das erste bekannte Werk von K. sind Illustrationen (#Der Rundlauf#) für die #Kneippzeitung des Salzburger Turnvereins# vom 26.2.1898. Lehrzeit in Klagenfurt als Landschaftsfotograf 1892–96, 1896 Suizidversuch am Grab seiner Mutter in Zell am See. Ab 1898 Kunststudien in München (Mitbegründer der #Neuen Künstlervereinigung# München), ab 1906 lebte er zunächst mit seiner Frau Hedwig, einer Schwester von O.A.H. →Schmitz, nach ihrem Tod 1948 allein und zurückgezogen auf Schloss Zwickledt (seit 1962 Kubin-Gedenkstätte).

In seinen Zeichnungen entwarf K. eine groteske Traumwelt. Nach einer kurzen zeichnerischen Schaffenskrise im Anschluss an eine Italienreise 1908 schrieb er den Roman #Die andere Seite# (1909). Darin sind während eines Aufenthalts des Erzählers in einem Traumreich die verschiedenartigsten Wunsch- und Angstvorstellungen gestaltet; zuletzt geht die Traumstadt Perle in einem apokalyptischen Geschehen unter. Seit 1903 war K. als Buchgraphiker und Illustrator tätig, u.a. für Werke von F.M. Dostojewski, E.T.A. Hoffmann, H.C. Andersen, Gérard de Nerval und E.A. Poe. Freundschaft mit den Salzburger Malern A. →Faistauer und A. →Steinhart, Bekanntschaft mit S. →Zweig, J. →Schulz u. E. →Landgrebe. Seine Liebesbeziehung zur in Unken lebenden Arztgattin Emmy Haesele zwischen 1933 und 1936 bildet die Grundlage des dokumentarischen Romans #Du Engel, Du Teufel# (2009) von B. →Steinwendtner.

1945 entstanden in kürzester Zeit zwölf Federzeichnungen zu den Gedichten #Verwandlung des Bösen#, #Winternacht#, #Traum und Umnachtung# und #Offenbarung und Untergang# von G. →Trakl. Im Alterswerk haben Kindheitserlebnisse K.s einen großen Stellenwert.

Seit 2018 widmet sich die Dauerausstellung #Traum & Wirklichkeit# im Lohninghof in Zell am See-Thumersbach K.s Leben und Werk.

Lit.:

  • P. Assmann, M. Oberchristl (Hg.): A.K. (1877–1959). Bilder des Phantastischen. Weitra 2010.
  • A. Hoberg (Hg.): A.K. München 2008.
  • A. Geyer: A.K. als Literat. Wien 1995.

A.Has., Ma.M