Albert Birkle: Unterschied zwischen den Versionen

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Als sich B. 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen. Das Berlin der 20er Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. B. prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte.
 
Als sich B. 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen. Das Berlin der 20er Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. B. prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte.
  
Die #Große Kreuzigung#, in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte B. Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung #Heimatkunst#. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an. Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb B. seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als #entarteter Künstler# retten.  
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Die #Große Kreuzigung#, in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte B. Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung Heimatkunst. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an. Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb B. seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als „entarteter Künstler“ retten.  
  
Nach dem Krieg fand B. eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich B. wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen #Altersexpressionismus# steht.
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Nach dem Krieg fand B. eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich B. wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen „Altersexpressionismus“ steht.
  
 
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Version vom 16. September 2018, 16:30 Uhr

Birkle, Albert, * Berlin-Charlottenburg 21.4.1900, † Salzburg 29.1.1986, Maler.

Als sich B. 1932 in Salzburg ansiedelte, konnte er bereits auf ein bemerkenswertes Frühwerk verweisen. Das Berlin der 20er Jahre formte den Sohn eines Dekorationsmalers zum engagierten Künstler vom Schlage eines Dix, Grosz und Beckmann. B. prangerte Arbeiterelend, Großstadtlaster und Entmenschung an, indem er sie – typisch für seine Stellung zwischen Expressionismus und Neuer Sachlichkeit – ins Phantastische, Spuk- und Zerrbildhafte überzeichnete und vielfach in einen direkten Bezug zur christlichen Passion stellte.

Die #Große Kreuzigung#, in ihrer expressiven Deformation an Spätmittelalterliches (Grünewald) anschließend, erregte schon 1922 großes Aufsehen. Auch im Porträt äußerte sich die Ambivalenz zwischen stechendem Pathos und dumpfem Fatalismus in grotesker Physiognomik. Gewissermaßen antithetisch zu den Straßenbildern malte B. Landschaften von nicht minder übersteigerter Idyllik. Der oftmals durchbrechende unheilvolle Unterton milderte sich in den folgenden Jahren in Richtung Heimatkunst. Die Umgebung seines Salzburger Künstlerheims am Gaisberg regte ihn zu pessimistisch gestimmten Landschaften und Darstellungen von Außenseitern der Gesellschaft an. Auch während des Krieges, in dem er sich als Kriegsmaler zur Verfügung stellte, blieb B. seiner künstlerischen Auffassung treu und konnte sich nur mit Mühe und dank guter Beziehungen vor dem drohenden Verdikt als „entarteter Künstler“ retten.

Nach dem Krieg fand B. eine neue Form künstlerischen Engagements im sakralen Glasfenster, das bei ihm vereinzelt in die 30er Jahre zurückreicht. Beginnend mit der Salzburger Blasiuskirche (1947–50) schuf er Fensterzyklen u.a. in Graz, Konstanz und Washington und tauschte damit seine koloristisch eher verhaltene, von filigraner Präzision geprägte Malweise gegen kräftige Stilisierung und intensive Leuchtkraft ein. Besonders eindringliche Wirkung erzielte er in der von ihm bevorzugten Dalle-Betonglastechnik. Gleichzeitig entstand ein umfangreiches zeichnerisches Werk, dessen zeitkritische Schärfe und anklägerisches Pathos vielfach ins Bizarre oder Apokalyptische überspannt ist. Ab ca. 1975, als sein malerisches Frühwerk wiederentdeckt wurde, widmete sich B. wieder stärker der Ölmalerei, die stilistisch im Zeichen eines unbändigen „Altersexpressionismus“ steht.

Lit.:

  • Ausstellungskat. SMCA 2001 und 1980.
  • AKL 11, 1995.
  • R. Zimmermann: Expressiver Realismus. Malerei der verschollenen Generation, München 1994.
  • R. Pfefferkorn: A. B. Leben und Werk. Hamburg 1983.

N.Sch.