Anglöckeln: Unterschied zwischen den Versionen
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− | + | Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Brot, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jahrhundert von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Francks ''Weltbuch'' von 1534 (Tübingen); Johannes Boemus erwähnt die „Klöpfelnächte“ um 1520 als städtischen Kinderbrauch, der mit Gaben entlohnt wird. Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichenhall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das Anglöckeln (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegenreformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), im ''Catechismus Romanus'' (1566) für die Priester als besonderes Anliegen empfohlen. | |
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+ | Als Volksbrauch ist es seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar; in Salzburg Förderung durch die Mission im Gebirge 1738. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, „Anhörbigen“, „Hergottmacherleute“, „Glöckibeten“ ([[Karl Adrian]], 1924). Im 19. Jahrhundert im Flachgau durch Bauernburschen (Matthias Koch, 1846). Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen „Un- und Aberglauben“. Im 18 Jahrhundert oft kombiniert bzw. ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. [[Frautragen]]. Ab dem 19. Jahrhundert und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues ([[Wolfram, Richard|Richard Wolfram]]). | ||
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+ | * U. Kammerhofer-Aggermann: Klöpfelnächte und An(g)klöckeln. In: L. Luidold, U. Kammerhofer (Hg.): Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1 (= SBzVK 13), Salzburg 2002, 8 Seiten. | ||
+ | * D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, S. 651–666. | ||
+ | * H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, S. 121–140. | ||
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Aktuelle Version vom 23. Mai 2021, 20:30 Uhr
Anglöckeln oder Anklöckeln, Ankünden des kommenden Erlösers im Advent an den drei Donnerstagen im Advent (Dezember; Klöpfelnächte), da bei Katholiken die Donnerstage als besondere Gedenktage Jesu Christi gelten. Sie werden mit Texten der Bergpredigt („Klopft an, so wird euch aufgetan“, Mt 7,7f.) und dem Lukasevangelium (Lk 13,25 und Lk 13,26), wo es heißt: „die ihr draußen steht und an die Pforte zu klopfen beginnt und ruft: Herr mach uns auf!“ in Verbindung gesetzt.
Im katholischen Europa seit dem Mittelalter als Aufgabe und Vorrecht der Lateinschüler bei Kirchen und Klöstern, später der Ministranten, nachweisbar; die Entlohnung (Geld, Brot, Gebäck, Dörrobst, Nüsse) dafür war auch die Gegengabe für das Ministrieren und den Gesang in der Messe. Im 16. Jahrhundert von protestantischen Gelehrten verspottet, u.a. in Sebastian Francks Weltbuch von 1534 (Tübingen); Johannes Boemus erwähnt die „Klöpfelnächte“ um 1520 als städtischen Kinderbrauch, der mit Gaben entlohnt wird. Gerichtsakten halten Raufhändel in den Klöpfelnächten fest (z.B. Reichenhall 1555), Rechnungsbücher verzeichnen Gaben für das Anglöckeln (z.B. Stift Berchtesgaden 1605). Kirchliche Förderung durch Initiativen im Zuge der Gegenreformation (z.B. 1593 Ingolstädter Jesuiten), im Catechismus Romanus (1566) für die Priester als besonderes Anliegen empfohlen.
Als Volksbrauch ist es seit dem 16. Jahrhundert nachweisbar; in Salzburg Förderung durch die Mission im Gebirge 1738. An vielen Orten Vorrecht der Insassen von Spitälern und Siechenhäusern sowie solcher Berufsgruppen, die im Winter zu wenig Verdienst hatten, als Möglichkeit Spenden zu sammeln: z.B. Hallein 1850 bis 1900, „Anhörbigen“, „Hergottmacherleute“, „Glöckibeten“ (Karl Adrian, 1924). Im 19. Jahrhundert im Flachgau durch Bauernburschen (Matthias Koch, 1846). Teilweise Einschränkungen durch die Salzburger Almosenordnung 1754 und den Hirtenbrief 1772 gegen „Un- und Aberglauben“. Im 18 Jahrhundert oft kombiniert bzw. ersetzt durch das Herbergsuchen bzw. Frautragen. Ab dem 19. Jahrhundert und in der NS-Zeit Suche nach heidnischen Wurzeln, Umdeutung als Relikt eines fiktiven germanischen Wotanskultes bzw. Freyakultues (Richard Wolfram).
Im 20. Jahrhundert viele neue Entwicklungen, als (oft profaner) Anglöckel-Brauch der Vorschul- und Schulkinder sowie von Gruppen der Pfarrgemeinderäte und Kirchenchöre. Das Oberndorfer Anglöckeln wurde 1925 vom Lehrer Hermann Rasp eingeführt, nach einem alten Heischebrauch der Schöffleute. Eine Drehkrippe aus dem 18. Jahrhundert, im Salzburg Museum erhalten, wurde Vorbild. Weihnachtsbräuche, nicht zu verwechseln mit Glöcklern oder Perchten sowie dem Klöcken, einer Form des Aperschnalzens.
Lit.:
- U. Kammerhofer-Aggermann: Klöpfelnächte und An(g)klöckeln. In: L. Luidold, U. Kammerhofer (Hg.): Bräuche im Salzburger Land. CD-ROM 1 (= SBzVK 13), Salzburg 2002, 8 Seiten.
- D.-R. Moser: Bräuche und Feste im christlichen Jahreslauf. Graz 1993, S. 651–666.
- H. Moser: Zur Geschichte der Klöpfelnachtbräuche, ihrer Formen und ihrer Deutungen. In: Bayer. JB.f. Volkskunde 1951, S. 121–140.
U.K.