Mönch von Salzburg: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Mönch von Salzburg'''
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Der '''Mönch von Salzburg''' war ein anonymer Dichter und Komponist aus Salzburg, dessen Werke in über hundert Handschriften spätestens ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts unter dem Pseudonym bzw. unter der Chiffre „Mönch“ („münch“, „munch“) eine außergewöhnliche Verbreitung erfahren haben. Ihm werden 49 geistliche und 57 weltliche Lieder zugeschrieben. Der Mönch kann somit zu den bedeutendsten Dichtern und Komponisten gezählt werden, die am Salzburger Hof gewirkt und das Musikgeschehen in dieser Stadt und darüber hinaus geprägt haben.
  
Anonymer Dichter und Komponist aus Salzburg, dessen Werke in über 100 Handschriften spätestens ab dem Beginn des 15. Jh.s unter dem Pseudonym bzw. unter der Chiffre „Mönch“ („münch“, „munch“) eine außergewöhnliche Verbreitung erfahren hat. Ihm werden 49 geistliche und 57 weltliche Lieder zugeschrieben. Der M. kann somit zu den bedeutendsten Musikern gezählt werden, die in Salzburg gewirkt und das Musikgeschehen in dieser Stadt geprägt haben.
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Die ältesten Zeugnisse für Werke des Mönchs stammen aus dem ''Codex Engelberg 314'' (vermutlich um 1380). Erstmalig erwähnt wird der Name Mönch von Salzburg in der Sterzinger ''Miszellaneenhandschrift'' (zw. 1410 u. 1425). Acht Handschriften bringen ganze Sammlungen überwiegend oder ausschließlich mit Liedern des Mönchs, vier davon mit rhythmisch notierten mehrstimmigen Melodien. Die älteste der Sammelhandschriften mit Noten ist die ''Mondsee-Wiener Liederhandschrift'', das Liederbuch des Salzburger Goldschmieds Peter Spörl. Die Handschrift enthält die Hauptüberlieferung seines Gesamtwerkes, 28 geistliche und 56 weltliche Lieder daraus können dem Mönch zugeordnet werden. Sie entstand wahrscheinlich 1455/56 in Salzburg. Weitere wichtige Handschriften stammen aus dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts (darunter die ''Lambacher Liederhandschrift'' und die ''Kolmarer Liederhandschrift'').
  
Die ältesten Zeugnisse für Werke des M.s stammen aus dem #Codex Engelberg 314# (vermutl. um 1380). Erstmalig erwähnt wird der Name „Mönch von Salzburg“ in der #Sterzinger Miszellaneenhandschrift# (zw. 1410 u. 1425). Acht Hs. bringen ganze Sammlungen überwiegend oder ausschließlich von Liedern und Gesängen des M.s, vier davon mit notierten Melodien. Die älteste der Sammelhandschriften mit Noten ist die #Mondsee-Wiener Liederhandschrift#, das Liederbuch des Salzburger Goldschmieds Peter Spörl. Die Hs. enthält die Hauptüberlieferung seines Gesamtwerkes, 28 geistliche und 56 weltliche Lieder daraus können dem M. zugeordnet werden. Sie entstand wahrscheinlich 1455/56 in Salzburg. Weitere wichtige Hs. stammen aus dem 3. Viertel des 15. Jh.s (darunter die #Lambacher Liederhandschrift# und die #Kolmarer Liederhandschrift#).
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Wer der Mönch war, liegt im Dunkeln. Hinweise zu seiner Person lassen sich nur aus Anmerkungen zu den Liedern (Einleitungen, Angaben im Inhaltsverzeichnis) oder aus den Liedtexten selbst ziehen, deren Aufzeichnung allerdings mindestens eine Generation später erfolgte. Auf jeden Fall dürfte er selbst Kleriker gewesen sein. Gesichert ist die Entstehung der Lieder im engeren Umfeld des Hofes von Erzbischof [[Pilgrim II. von Puchheim]] (Erzbischof 1366–96), eines Förderers der Künste. Dass hinter der Person des Mönchs Erzbischof Pilgrim selbst steht, wie vermutet wurde, gilt mittlerweile als eher unwahrscheinlich.
  
Wer der M. war, liegt im Dunkeln. Hinweise zu seiner Person lassen sich nur aus Anmerkungen zu den Liedern (Einleitungen, Angaben im Inhaltsverzeichnis) oder aus den Liedtexten selbst ziehen, deren Aufzeichnung allerdings mindestens eine Generation später erfolgte. Auf jeden Fall dürfte er selbst Kleriker gewesen sein. Gesichert ist die Entstehung der Lieder im engeren Umfeld des Hofes von Eb. →Pilgrim II. von Puchheim (Eb. 1365–96), eines Förderers der Künste. Dass hinter der Person des M.s Eb. Pilgrim selbst steht, wie vermutet wurde, gilt mittlerweile als eher unwahrscheinlich.
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Die Lieder des Mönchs lassen sich strikt in geistliche und weltliche einteilen. Aufgrund großer stilistischer Unterschiede halten es einige Forscher für möglich oder sogar wahrscheinlich, dass ein Autorenkollektiv hinter dem Mönch steht. Grundlage der geistlichen Lieder ist die Salzburger diözesane Liturgie des Mittelalters. Sie bestehen aus zwei Gruppen: einerseits Gesängen, deren Melodien aus Hymnen und Sequenzen der mittelalterlichen Liturgie übernommen sind, mit wörtlicher oder freier Übersetzung oder auch als Kontrafaktur auf einen neuen Text, andererseits Liedern mit freien Melodien.
  
Die Lieder des M.s lassen sich strikt in geistliche und weltliche unterscheiden. Aufgrund ihrer großen stilistischen Unterschiede halten einige Forscher auch ein Autorenkollektiv und nicht eine Einzelperson für die Abfassung des Gesamtkorpus für möglich oder sogar wahrscheinlich. Grundlage der geistlichen Lieder ist die Salzburger diözesane Liturgie des MA.s. Sie bestehen aus zwei Gruppen: einerseits Gesänge, deren Melodien aus Hymnen und Sequenzen der ma. Liturgie übernommen sind, mit wörtlicher oder freier Übersetzung oder auch als Kontrafaktur auf einen neuen Text, andererseits Lieder mit freien Melodien. Zwei seiner „Töne“ (Melodiemodelle) fanden unter dem Namen „Langer Ton“ und „Chorweise“ Eingang in die Tradition des Meistersanges. Die dt. Texte sind von der Theologie des Thomas von Aquin beeinflusst. Thematisch sind die Lieder in der Mehrzahl Mariengesänge. Die geistlichen Lieder berücksichtigen alle wichtigen Feste des Kirchenjahres, ohne dass damit bewusst an ein projektiertes geistliches Liederbuch zu denken ist. Ob die Gesänge für eine Verwendung im Gottesdienst gedacht waren, ist zweifelhaft.
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Zwei seiner „Töne“ (Melodiemodelle) fanden unter den Namen „Langer Ton“ und „Chorweise“ Eingang in die Tradition des Meistersanges. Thematisch sind die Lieder in der Mehrzahl Mariengesänge. Die geistlichen Lieder berücksichtigen alle wichtigen Feste des Kirchenjahres, ohne dass damit ein bewusst projektiertes geistliches Liederbuch anzunehmen ist. Ob die Gesänge für eine Verwendung im Gottesdienst gedacht waren, ist zweifelhaft.
  
Die weltlichen Stücke sind neben einigen Fest- und Trinkliedern meist Liebeslieder. Sie stehen in der Tradition des Minnesangs und zeigen deutlich frz. Einflüsse. Oft stehen den Liebenden die „Klaffer“ (Kläffer, Verleumder) gegenüber, welche den Ruf der Liebenden schädigen wollen. Der Ort der Handlung ist nicht immer der Hof, sondern wird oft in den alpenländisch-bäuerlichen Kontext transferiert. Die Lieder ahmen dann auch volkstümliche Elemente wie alpenländische Melodiestrukturen (Dreiklangsmelodik) nach. Vier Kompositionen sind ausdrücklich für mehrere Stimmen in einfachen Grundformen polyphonen Musizierens (usuelle Mehrstimmigkeit) gesetzt. Mit der kunstvollen frz. Polyphonie dieser Zeit hat diese Mehrstimmigkeit aber nichts zu tun. Bei #Martein lieber herre#, bezeichnet als „Ain radel von drein stymmen“, liegt der erste bekannte dt. Kanon vor. Die Verwendung von bestimmten Instrumenten ist sowohl durch Besetzungsangaben („pumhart“, „trumpet“) als auch durch Liedüberschriften („nachthorn“, „taghorn“, „kchühorn“) mit näherer Erläuterung (z.B. „und ist gut zu blasen“) belegt. Die Hs. überliefern uns die Melodien in der in liturgischen Büchern gebrauchten sog. „Gotischen Choralnotation“, die der modernen Notenschrift schon sehr ähnlich ist, teilweise wie in der Gregorianik ohne genaue rhythmische Notenwerte für Lieder im freien Wortrhythmus, tw. in der für jene Zeit üblichen semimensuralen Notation mit langen und kurzen Notenwerten.
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Die weltlichen Stücke sind, abgesehen von einigen Fest- und Trinkliedern, meist Liebeslieder. Sie stehen in der Tradition des Minnesangs und zeigen deutlich französische Einflüsse. Oft stehen den Liebenden die „Klaffer“ (Kläffer, Verleumder) gegenüber, welche den Ruf der Liebenden schädigen wollen. Der Ort der Handlung ist nicht immer der Hof, sondern wird oft in den alpenländisch-bäuerlichen Kontext transferiert. Die Lieder ahmen dann auch Elemente wie alpenländische Melodiestrukturen (Dreiklangsmelodik) nach. Vier Kompositionen sind ausdrücklich für mehrere Stimmen in einfachen Grundformen polyfonen Musizierens (usuelle Mehrstimmigkeit) gesetzt. Mit der kunstvollen französischen Polyfonie dieser Zeit hat diese Mehrstimmigkeit aber nichts zu tun.
  
An grundlegenden Editionen der Lieder des M.s sind zu nennen: #Die geistlichen Lieder des M.s# (hg. v. F.V. Spechtler, 1972) und #Die weltlichen Lieder des M.s# (hg. v. Chr. März, 1999). 1995 legte der Salzburger Autor C.W. →Aigner gemeinsam mit F.V. Spechtler unter dem Titel #Der M. Die weltliche Dichtung# einen Band mit neuhochdeutschen Nachdichtungen vor. Die Ausgabe #Der M. Die Melodien der geistlichen und weltlichen Lieder# (hg. v. H. Waechter u. F.V. Spechtler, 2004) enthält alle Melodien des M.s mit ausführlichem Kommentar.
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Bei ''Martein lieber herre'', bezeichnet als „Ain radel von drein stymmen“, liegt der erste bekannte deutsche Kanon vor. Die Verwendung von bestimmten Instrumenten ist sowohl durch Besetzungsangaben („pumhart“, „trumpet“) als auch durch Liedüberschriften („nachthorn“, „taghorn“, „kchühorn“) mit näherer Erläuterung (z.B. „und ist gut zu blasen“) belegt.
  
Lit.:
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Die Handschriften überliefern uns die Melodien in der in liturgischen Büchern gebrauchten sogenannten „gotischen Choralnotation“, die der modernen Notenschrift schon sehr ähnlich ist, teils wie in der Gregorianik ohne genaue rhythmische Notenwerte für Lieder im freien Wortrhythmus, teils in der für jene Zeit üblichen semimensuralen Notation mit langen und kurzen Notenwerten.
 
* Ch. Schneider: Hovezuht. Heidelberg 2008.
 
* M. Payer: Das religiöse Weltbild des M.s. Göppingen 2000.
 
* B. Wachinger: Der M. Zur Überlieferung geistlicher Lieder im späten MA. Tübingen 1989.
 
  
St.E. (F.V.Sp.)
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An grundlegenden Editionen sind zu nennen: ''Die geistlichen Lieder des Mönchs'' (herausgegeben von Franz Viktor Spechtler, 1972) und ''Die weltlichen Lieder des Mönchs'' (herausgegeben von Christoph März, 1999). 1995 legte der Autor [[Christoph Wilhelm Aigner]] gemeinsam mit Franz Viktor Spechtler unter dem Titel ''Der Mönch. Die weltliche Dichtung'' einen Band mit neuhochdeutschen Nachdichtungen vor. Die Ausgabe ''Der Mönch. Die Melodien der geistlichen und weltlichen Lieder'' (herausgegeben von Hans Waechter und Franz Viktor Spechtler, 2004) enthält alle Melodien des Mönchs mit ausführlichem Kommentar. 2004 erschien außerdem eine Übersetzung aller Lieder von Franz Viktor Spechtler.
  
  
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Literatur:
  
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* Siegrid Schmidt, Thomas Hochradner (Hg.): Der Mönch von Salzburg im Interpretationsprofil der Gegenwart. Wien 2021. (=Veröffentlichungen des Arbeitsschwerpunktes Salzburger Musikgeschichte 7).
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* Thomas Bein: Deutschsprachige Lyrik des Mittelalters. Berlin 2017.
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* Christian Schneider: Hovezuht. Heidelberg 2008.
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* Margarete Payer: Das religiöse Weltbild des Mönchs. Göppingen 2000.
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St.E., F.​V.​Sp.
  
 
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Aktuelle Version vom 23. November 2022, 14:08 Uhr

Der Mönch von Salzburg war ein anonymer Dichter und Komponist aus Salzburg, dessen Werke in über hundert Handschriften spätestens ab dem Beginn des 15. Jahrhunderts unter dem Pseudonym bzw. unter der Chiffre „Mönch“ („münch“, „munch“) eine außergewöhnliche Verbreitung erfahren haben. Ihm werden 49 geistliche und 57 weltliche Lieder zugeschrieben. Der Mönch kann somit zu den bedeutendsten Dichtern und Komponisten gezählt werden, die am Salzburger Hof gewirkt und das Musikgeschehen in dieser Stadt und darüber hinaus geprägt haben.

Die ältesten Zeugnisse für Werke des Mönchs stammen aus dem Codex Engelberg 314 (vermutlich um 1380). Erstmalig erwähnt wird der Name Mönch von Salzburg in der Sterzinger Miszellaneenhandschrift (zw. 1410 u. 1425). Acht Handschriften bringen ganze Sammlungen überwiegend oder ausschließlich mit Liedern des Mönchs, vier davon mit rhythmisch notierten mehrstimmigen Melodien. Die älteste der Sammelhandschriften mit Noten ist die Mondsee-Wiener Liederhandschrift, das Liederbuch des Salzburger Goldschmieds Peter Spörl. Die Handschrift enthält die Hauptüberlieferung seines Gesamtwerkes, 28 geistliche und 56 weltliche Lieder daraus können dem Mönch zugeordnet werden. Sie entstand wahrscheinlich 1455/56 in Salzburg. Weitere wichtige Handschriften stammen aus dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts (darunter die Lambacher Liederhandschrift und die Kolmarer Liederhandschrift).

Wer der Mönch war, liegt im Dunkeln. Hinweise zu seiner Person lassen sich nur aus Anmerkungen zu den Liedern (Einleitungen, Angaben im Inhaltsverzeichnis) oder aus den Liedtexten selbst ziehen, deren Aufzeichnung allerdings mindestens eine Generation später erfolgte. Auf jeden Fall dürfte er selbst Kleriker gewesen sein. Gesichert ist die Entstehung der Lieder im engeren Umfeld des Hofes von Erzbischof Pilgrim II. von Puchheim (Erzbischof 1366–96), eines Förderers der Künste. Dass hinter der Person des Mönchs Erzbischof Pilgrim selbst steht, wie vermutet wurde, gilt mittlerweile als eher unwahrscheinlich.

Die Lieder des Mönchs lassen sich strikt in geistliche und weltliche einteilen. Aufgrund großer stilistischer Unterschiede halten es einige Forscher für möglich oder sogar wahrscheinlich, dass ein Autorenkollektiv hinter dem Mönch steht. Grundlage der geistlichen Lieder ist die Salzburger diözesane Liturgie des Mittelalters. Sie bestehen aus zwei Gruppen: einerseits Gesängen, deren Melodien aus Hymnen und Sequenzen der mittelalterlichen Liturgie übernommen sind, mit wörtlicher oder freier Übersetzung oder auch als Kontrafaktur auf einen neuen Text, andererseits Liedern mit freien Melodien.

Zwei seiner „Töne“ (Melodiemodelle) fanden unter den Namen „Langer Ton“ und „Chorweise“ Eingang in die Tradition des Meistersanges. Thematisch sind die Lieder in der Mehrzahl Mariengesänge. Die geistlichen Lieder berücksichtigen alle wichtigen Feste des Kirchenjahres, ohne dass damit ein bewusst projektiertes geistliches Liederbuch anzunehmen ist. Ob die Gesänge für eine Verwendung im Gottesdienst gedacht waren, ist zweifelhaft.

Die weltlichen Stücke sind, abgesehen von einigen Fest- und Trinkliedern, meist Liebeslieder. Sie stehen in der Tradition des Minnesangs und zeigen deutlich französische Einflüsse. Oft stehen den Liebenden die „Klaffer“ (Kläffer, Verleumder) gegenüber, welche den Ruf der Liebenden schädigen wollen. Der Ort der Handlung ist nicht immer der Hof, sondern wird oft in den alpenländisch-bäuerlichen Kontext transferiert. Die Lieder ahmen dann auch Elemente wie alpenländische Melodiestrukturen (Dreiklangsmelodik) nach. Vier Kompositionen sind ausdrücklich für mehrere Stimmen in einfachen Grundformen polyfonen Musizierens (usuelle Mehrstimmigkeit) gesetzt. Mit der kunstvollen französischen Polyfonie dieser Zeit hat diese Mehrstimmigkeit aber nichts zu tun.

Bei Martein lieber herre, bezeichnet als „Ain radel von drein stymmen“, liegt der erste bekannte deutsche Kanon vor. Die Verwendung von bestimmten Instrumenten ist sowohl durch Besetzungsangaben („pumhart“, „trumpet“) als auch durch Liedüberschriften („nachthorn“, „taghorn“, „kchühorn“) mit näherer Erläuterung (z.B. „und ist gut zu blasen“) belegt.

Die Handschriften überliefern uns die Melodien in der in liturgischen Büchern gebrauchten sogenannten „gotischen Choralnotation“, die der modernen Notenschrift schon sehr ähnlich ist, teils wie in der Gregorianik ohne genaue rhythmische Notenwerte für Lieder im freien Wortrhythmus, teils in der für jene Zeit üblichen semimensuralen Notation mit langen und kurzen Notenwerten.

An grundlegenden Editionen sind zu nennen: Die geistlichen Lieder des Mönchs (herausgegeben von Franz Viktor Spechtler, 1972) und Die weltlichen Lieder des Mönchs (herausgegeben von Christoph März, 1999). 1995 legte der Autor Christoph Wilhelm Aigner gemeinsam mit Franz Viktor Spechtler unter dem Titel Der Mönch. Die weltliche Dichtung einen Band mit neuhochdeutschen Nachdichtungen vor. Die Ausgabe Der Mönch. Die Melodien der geistlichen und weltlichen Lieder (herausgegeben von Hans Waechter und Franz Viktor Spechtler, 2004) enthält alle Melodien des Mönchs mit ausführlichem Kommentar. 2004 erschien außerdem eine Übersetzung aller Lieder von Franz Viktor Spechtler.


Literatur:

  • Siegrid Schmidt, Thomas Hochradner (Hg.): Der Mönch von Salzburg im Interpretationsprofil der Gegenwart. Wien 2021. (=Veröffentlichungen des Arbeitsschwerpunktes Salzburger Musikgeschichte 7).
  • Thomas Bein: Deutschsprachige Lyrik des Mittelalters. Berlin 2017.
  • Christian Schneider: Hovezuht. Heidelberg 2008.
  • Margarete Payer: Das religiöse Weltbild des Mönchs. Göppingen 2000.

St.E., F.​V.​Sp.