Blasmusikkapellen: Unterschied zwischen den Versionen
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− | ''' | + | Derzeit existieren im Salzburger Landesverband der '''Blasmusikkapellen''' (Gründung 1954) 151 Musikkapellen mit 8.000 Musiker*innen in sechs Bezirksverbänden. Das Salzburger Landesblasorchester untersteht dem Landeskapellmeister Christian Hörbiger. |
− | + | 19 wesentliche Salzburger Blasmusikkomponisten nennt der Landesverband und 68 Salzburger Musiker, die u.a. auch Blasmusik komponiert haben, von [[Hofhaimer, Paul|Paul Hofhaimer]] bis zur Gegenwart. Die Ausbildung der Musiker*innen erfolgt heute großteils im Rahmen des Landesmusikschulwerkes [[Musikum]], die Fortbildung über den Österreichischen Blasmusikverband. Der Leistungssteigerung wie der Kommunikation dienen Marschmusikwettbewerbe, Konzertwertungsspiele, Kompositionswettbewerbe und der Jahrtag. | |
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+ | Blasmusikkapellen sind nicht nur eingetragene Vereine, sondern auch wesentliche Faktoren im regionalen Fest- und Alltagsleben (Gestaltung von Prozessionen, Kirchen-, Dorf- und Landesfesten, Geburtstagen und Hochzeiten, Platzkonzerten etc.). Viele Mitglieder der Blasmusikkapellen spielen gleichzeitig in lokalen Kleingruppen als Tanzlmusiker, Turmbläser bzw. in Jazz- und Pop-Formationen. Mit einzelnen Ausnahmen seit dem 19. Jahrhundert sind seit den 1960er-Jahren Frauen auch als Musikerinnen (nicht nur als Marketenderinnen) in den Kapellen tätig. Die Musikinstrumente stammen großteils von zwölf vom Verband ausgewiesenen Instrumentenerzeugern. 2008 wurde das Dokumentationszentrum des Österreichischen Blasmusikverbandes in Oberwölz (Steiermark) begründet. 2016 fand das erste Österreichische Blasmusikforum in Ossiach (Kärnten) mit einem reichen Fortbildungsangebot statt. Heute sehen sich die Blasmusikverbände als Nachfolger der erzbischöflichen Hof- und Gardemusik, der Stadtpfeifer und Hoftrompeter, der Bürgermusiken wie der [[Hofmusikkapelle]] und stellen so ihre Vorstellungen von Authentizität und Historizität dar. | ||
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+ | Frühe Salzburger Gründungen zeigen auch die Entwicklung der Blechmusik: Vor 1800 bestanden bereits neun Musikkapellen im Land Salzburg, darunter 1586 die Knappenmusik am Dürrnberg, 1612 die Bürgerkorpskapelle in Hallein, 1792 die türkische Werkskapelle im Bergbau Tenneck und die türkische Musik der Schiffergarde Laufen, 1797 die Bergknappenkapelle Rauris. Bis 1848 wurden weitere 15 begründet, darunter 1801 Hüttschlag, 1802 Lofer, 1806–46 Mauterndorf und 1803–64 Tamsweg. Erste Laienkapellen wie die Bürgermusik Mittersill 1823, die Bürgermusik und Bauernmusik St. Johann im Pongau 1835 etc. 1827 hob Kaiser Franz I. das Musikprivileg auf, Musik wurde zur „jedermann unverwehrten Sache“. 1852 führte die neue Gesetzeslage zur Gründung von Kapellen und Musikvereinen und mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 zu weiteren Gründungen wie zu einer Fülle nun erlaubter bürgerlicher Versammlungen mit Musik. | ||
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+ | Die enge Beziehung zur Militärmusik ist offensichtlich. So führen einige Kapellen in Salzburg noch veränderte Lyraformen als Relikte des 1868 geschaffenen Lyra-Abzeichens der österr. Militärmusikkapellen oder die Kapellen von Göriach und Lessach (Lungau) den ab 1860 in der österreichischen Militärmusik unüblichen Schellenbaum. Auch die große, „türkische“, Trommel ist vielfach üblich. Mit der Neu- bzw. Fortentwicklung der Blechblasinstrumente wurden weitere Militärmusikkapellen begründet, ihr Repertoire erweiterte sich und sie wurden regional zu Elementen der städtischen Fest- und Feiergestaltung. Nach der Einverleibung des Fürsterzbistums in die Habsburger Monarchie wurde 1817 das Infanterie-Regiment Nr. 59 (seit 1852 IR Erzherzog Rainer) nach Salzburg verlegt, das nach seiner Auflösung 1918 zum Vorbild von Laienkapellen wurde (der Rainer-Marsch von [[Schmid, Hans|Hans Schmid]], einer seiner 70 Märsche, wird oft als zweite Landeshymne verstanden). 1851 Neuorganisation (später auch 1900 und nach 1945) der österreichischen Militärmusik in nach Instrumenten und Marschordnung normierten Regimentskapellen von 43 Musikern. Nach deren Vorbild entwickelten sich ab den 1870er-Jahren (1868 Einführung der dreijährigen allgemeinen Wehrpflicht, dadurch Fluktuation der Musiker) auch zivile Bauern-, Bürger-, Schützen- und Vereinsmusiken. Die Zeller Bürgermusik von 1878 entspricht etwa diesem Vorbild. Aus dieser Tradition stammt auch die von einem Tier gezogene Trommel der Musikkapelle Mattsee. | ||
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+ | Ab den 1860ern etablierten sich Veteranenvereine und Freiwillige Feuerwehren, für deren Vereinsleben die Musikkapellen bedeutsam wurden. Es folgten bereits am Beispiel der Militärmusik 1870 Seeham, 1872 Saalfelden, 1881 Saalbach u.a. 1890 stellte die Bramberger Musikkapelle sogar ein Streichorchester auf. Unter anderem wurde 2000 das Pongauer Bezirksblasorchester begründet. Anfangs waren die zivilen Blasmusikkapellen uneinheitlich und ab 1900 oft in uniformähnlichen Gewändern gekleidet. Zwischen 1910 (u.a. Zell am See, dann 1912 Krimml, 1913 Mittersill) und 1925 im Zuge der Trachtenerneuerungen begann die Neueinkleidung in stilisierten Trachten, die ab den 1960ern ihren Höhepunkt erlebte. | ||
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+ | * F. Haitzmann, H. Wartbichler: Blasmusik in Salzburg. Ein klingendes Land. Salzburger Blasmusikverband 2016. | ||
* K. Birsak: Blasmusik. Salzburg 1999. | * K. Birsak: Blasmusik. Salzburg 1999. | ||
* K. Birsak, M. König: Das große Salzburger Blasmusikbuch.Wien 1983. | * K. Birsak, M. König: Das große Salzburger Blasmusikbuch.Wien 1983. | ||
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Aktuelle Version vom 24. Mai 2021, 10:20 Uhr
Derzeit existieren im Salzburger Landesverband der Blasmusikkapellen (Gründung 1954) 151 Musikkapellen mit 8.000 Musiker*innen in sechs Bezirksverbänden. Das Salzburger Landesblasorchester untersteht dem Landeskapellmeister Christian Hörbiger.
19 wesentliche Salzburger Blasmusikkomponisten nennt der Landesverband und 68 Salzburger Musiker, die u.a. auch Blasmusik komponiert haben, von Paul Hofhaimer bis zur Gegenwart. Die Ausbildung der Musiker*innen erfolgt heute großteils im Rahmen des Landesmusikschulwerkes Musikum, die Fortbildung über den Österreichischen Blasmusikverband. Der Leistungssteigerung wie der Kommunikation dienen Marschmusikwettbewerbe, Konzertwertungsspiele, Kompositionswettbewerbe und der Jahrtag.
Blasmusikkapellen sind nicht nur eingetragene Vereine, sondern auch wesentliche Faktoren im regionalen Fest- und Alltagsleben (Gestaltung von Prozessionen, Kirchen-, Dorf- und Landesfesten, Geburtstagen und Hochzeiten, Platzkonzerten etc.). Viele Mitglieder der Blasmusikkapellen spielen gleichzeitig in lokalen Kleingruppen als Tanzlmusiker, Turmbläser bzw. in Jazz- und Pop-Formationen. Mit einzelnen Ausnahmen seit dem 19. Jahrhundert sind seit den 1960er-Jahren Frauen auch als Musikerinnen (nicht nur als Marketenderinnen) in den Kapellen tätig. Die Musikinstrumente stammen großteils von zwölf vom Verband ausgewiesenen Instrumentenerzeugern. 2008 wurde das Dokumentationszentrum des Österreichischen Blasmusikverbandes in Oberwölz (Steiermark) begründet. 2016 fand das erste Österreichische Blasmusikforum in Ossiach (Kärnten) mit einem reichen Fortbildungsangebot statt. Heute sehen sich die Blasmusikverbände als Nachfolger der erzbischöflichen Hof- und Gardemusik, der Stadtpfeifer und Hoftrompeter, der Bürgermusiken wie der Hofmusikkapelle und stellen so ihre Vorstellungen von Authentizität und Historizität dar.
Frühe Salzburger Gründungen zeigen auch die Entwicklung der Blechmusik: Vor 1800 bestanden bereits neun Musikkapellen im Land Salzburg, darunter 1586 die Knappenmusik am Dürrnberg, 1612 die Bürgerkorpskapelle in Hallein, 1792 die türkische Werkskapelle im Bergbau Tenneck und die türkische Musik der Schiffergarde Laufen, 1797 die Bergknappenkapelle Rauris. Bis 1848 wurden weitere 15 begründet, darunter 1801 Hüttschlag, 1802 Lofer, 1806–46 Mauterndorf und 1803–64 Tamsweg. Erste Laienkapellen wie die Bürgermusik Mittersill 1823, die Bürgermusik und Bauernmusik St. Johann im Pongau 1835 etc. 1827 hob Kaiser Franz I. das Musikprivileg auf, Musik wurde zur „jedermann unverwehrten Sache“. 1852 führte die neue Gesetzeslage zur Gründung von Kapellen und Musikvereinen und mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 zu weiteren Gründungen wie zu einer Fülle nun erlaubter bürgerlicher Versammlungen mit Musik.
Die enge Beziehung zur Militärmusik ist offensichtlich. So führen einige Kapellen in Salzburg noch veränderte Lyraformen als Relikte des 1868 geschaffenen Lyra-Abzeichens der österr. Militärmusikkapellen oder die Kapellen von Göriach und Lessach (Lungau) den ab 1860 in der österreichischen Militärmusik unüblichen Schellenbaum. Auch die große, „türkische“, Trommel ist vielfach üblich. Mit der Neu- bzw. Fortentwicklung der Blechblasinstrumente wurden weitere Militärmusikkapellen begründet, ihr Repertoire erweiterte sich und sie wurden regional zu Elementen der städtischen Fest- und Feiergestaltung. Nach der Einverleibung des Fürsterzbistums in die Habsburger Monarchie wurde 1817 das Infanterie-Regiment Nr. 59 (seit 1852 IR Erzherzog Rainer) nach Salzburg verlegt, das nach seiner Auflösung 1918 zum Vorbild von Laienkapellen wurde (der Rainer-Marsch von Hans Schmid, einer seiner 70 Märsche, wird oft als zweite Landeshymne verstanden). 1851 Neuorganisation (später auch 1900 und nach 1945) der österreichischen Militärmusik in nach Instrumenten und Marschordnung normierten Regimentskapellen von 43 Musikern. Nach deren Vorbild entwickelten sich ab den 1870er-Jahren (1868 Einführung der dreijährigen allgemeinen Wehrpflicht, dadurch Fluktuation der Musiker) auch zivile Bauern-, Bürger-, Schützen- und Vereinsmusiken. Die Zeller Bürgermusik von 1878 entspricht etwa diesem Vorbild. Aus dieser Tradition stammt auch die von einem Tier gezogene Trommel der Musikkapelle Mattsee.
Ab den 1860ern etablierten sich Veteranenvereine und Freiwillige Feuerwehren, für deren Vereinsleben die Musikkapellen bedeutsam wurden. Es folgten bereits am Beispiel der Militärmusik 1870 Seeham, 1872 Saalfelden, 1881 Saalbach u.a. 1890 stellte die Bramberger Musikkapelle sogar ein Streichorchester auf. Unter anderem wurde 2000 das Pongauer Bezirksblasorchester begründet. Anfangs waren die zivilen Blasmusikkapellen uneinheitlich und ab 1900 oft in uniformähnlichen Gewändern gekleidet. Zwischen 1910 (u.a. Zell am See, dann 1912 Krimml, 1913 Mittersill) und 1925 im Zuge der Trachtenerneuerungen begann die Neueinkleidung in stilisierten Trachten, die ab den 1960ern ihren Höhepunkt erlebte.
Lit.:
- F. Haitzmann, H. Wartbichler: Blasmusik in Salzburg. Ein klingendes Land. Salzburger Blasmusikverband 2016.
- K. Birsak: Blasmusik. Salzburg 1999.
- K. Birsak, M. König: Das große Salzburger Blasmusikbuch.Wien 1983.
U.K.