Hofmusikkapelle

Aus Salzburger Kulturlexikon 3.0
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Salzburgs Landesfürsten unterhielten bis zur Auflösung des Hofstaates im Jahre 1807, wie alle größeren europäischen Fürstenhöfe, eine Hofmusikkapelle, die zeitweise europäisches Spitzenniveau erreichte. Bis 1597 bildeten die vom Landesherrn bestellte Musik bei Hof, meist als „Cantorey“ bezeichnet, und die vom Domkapitel unterhaltene Dommusik zwei getrennte Organisationsbereiche. Daneben kam, wie an allen Fürstenhöfen, der „Trumetterey“ eine wichtige Rolle im höfischen Musikleben zu, zumal sie dem geistlich-weltlichen Landesfürsten Glanz und prunkvolles Auftreten verlieh.

Darüber hinaus vermochten mehrere Stiftungen immer wieder der Kirchenmusikpflege starke Impulse zu geben. Unter ihnen nimmt die 1393 errichtete Stiftung Erzbischof Pilgrims II. von Puchheim in dessen Pilgrimskapelle am alten Münster einen hervorragenden Platz ein, da sie in besonderer Weise den liturgischen, höchstwahrscheinlich auch mehrstimmigen Gesang bedachte. Wir wissen, dass Erzbischof Pilgrim II. zu Studienzwecken in Avignon weilte; dort dürfte er auch die päpstliche Kapelle kennengelernt haben.

Mit Beginn der Renaissance, insbesondere der Regierung von Erzbischof Matthäus Lang von Wellenburg (1519–1540), wurde die fürstliche Cantorey zu einem Ensemble vorzüglicher Sänger und Instrumentalisten geformt. Erzbischof Lang war bestrebt, sie nach dem Vorbild der kaiserlichen Hofmusikkapelle, um die er sich nach dem Tod Maximilians I. sehr bemühte, einzurichten. In der Regel bestand Erzbischof Langs Cantorey aus 18 „Kantoreipersonen“, sieben Knaben und acht Trompetern und Posaunenbläsern. Heinrich Finck, damals bereits über siebzig Jahre alt, kam im Gefolge des Erzbischofs über Mühldorf nach Salzburg, wo er sich jedoch sehr bald wegen der vielen Dienste in der Kantorei überlastet fühlte und wegen des allzu „geräuschvollen Treibens“ bei Hof nur in den Nachtstunden zum Komponieren kam. Aus der kaiserlichen Kapelle übernahm Erzbischof Lang den gebürtigen Radstädter und wohl bedeutendsten Organisten seiner Zeit, Paul Hofhaimer.

Um eine Reorganisation der „Musica“ bemühte sich schließlich Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1587–1612). Als Absolvent des Collegium Germanicum in Rom war er bestrebt, auch in Salzburg für die Musikpflege an seiner Metropolitankirche beste Voraussetzungen zu schaffen. Nachdem mehrere darauf abzielende Weisungen an das Domkapitel erfolglos geblieben waren, entschloss er sich 1597 zur „Fundation der fürstlichen Chormusik“ am Dom. Da er bzw. die Hofkammer ab diesem Zeitpunkt für die Gehälter der Chormitglieder aufkam, sicherte er sich das Recht der Bestellung, lediglich die Jurisdiktion verblieb beim Kapitel. Die „wohlbestellte Chormusik“ bestand aus zwei Domchorregenten, 20 geistlichen Domchorvikaren, acht weltlichen Choralisten und meist acht Kapellknaben.

Die salzburgische Hofmusikkapelle, deren Struktur und Organisation ab dieser Zeit bis zu ihrer Auflösung 1807 keinerlei Änderungen mehr unterworfen wurde, setzte sich nunmehr aus der eigentlichen „Hofmusik“, der „Dommusik“ und aus den „Hochfürstlichen Hof- und Feldtrompetern samt Paukern“ zusammen. Alle unterstanden in künstlerischen Belangen dem Hofkapellmeister, zu dessen Aufgabenbereich nicht nur die Besorgung der Dom- und Kammer- wie Theatermusik bei Hof, sondern gewöhnlich auch der Unterricht am Kapellhaus zählte. Darüber hinaus hatte er regelmäßig mit eigenen Kompositionen aufzuwarten.

Wenngleich die Reihenfolge der am Salzburger Hof tätigen Kapellmeister – insbesondere für die Zeit vor Erzbischof Wolf Dietrich – nicht lückenlos erstellt werden kann, sollen sie im Folgenden zusammengefasst werden (die Jahresangaben sind nachgewiesene Daten): Wilhelm Waldner (1519–44?), Matthias Schwertfürb (1586–90), Tiburtio Massaino (1590/91), Fabritius Mordente (1594), Ottavio Giglio (1594), Liberale Zanchi (1595), Jakobus Flory (1597–99), Johann Stadlmayr (1604–06), Matthias de Sayve (1607), Peter Guetfreund (Pietro Bonamico) (1608–26?), Stefano Bernardi (1627–34), Abraham Megerle (1640–50), Andreas Hofer (1654–84), Heinrich Ignaz Franz Biber (1684–1704), Matthias Siegmund Biechteler (1706–43), Carl Heinrich Biber von Bibern (1743–49), Johann Ernst Eberlin (1749–62), Giuseppe Francesco Lolli (1763–78), Domenico Fischietti (1772–75 resp. 83), Giacomo Rust (1777/78), Luigi Gatti (1782–1807; dann Domkapellmeister bis 1817), Matthias Schitra (um 1750–1824), Joachim Fuetsch (Domkapellmeister 1824–41).

Das Amt des Vizekapellmeisters hatte seit der Mitte des 17. Jahrhunderts gewöhnlich der spätere Kapellmeister inne, lediglich Leopold Mozart, 1763–87 Vizekapellmeister, blieb dieses höhere und angestrebte Ziel verwehrt.

Ein prächtiges Bild müssen im 17. und 18. Jahrhundert die zwölf Hof- und Feldtrompeter samt Paukern in ihren farbenfrohen Uniformen geboten haben, denen zu feierlichen Anlässen ziervergoldete silberne Trompeten ausgefolgt wurden, die Erzbischof Max Gandolf Graf von Kuenburg hatte anschaffen lassen und die offensichtlich allesamt unter Erzbischof Hieronymus Graf Colloredo „in die Münz“ gelangten, also eingeschmolzen wurden. Trompeter, die neben ihrem Instrument auch noch andere Musikinstrumente beherrschten, zog man gewöhnlich ebenfalls zur Hofmusik heran. Ansonsten hatten sie abwechselnd zum „Morgensegen“, zur bzw. während der Hoftafel zu blasen und an Hochfesten, in zwei Chöre geteilt, im Residenzhof vor der Tafel Aufzüge zum Besten zu geben. Einige wenige solcher Aufzüge (um 1700) haben sich in Salzburg im Kloster Nonnberg erhalten. Die Trompeter und Pauker waren kraft kaiserlicher Privilegien befugt, die „ritterliche Kunst der Trompeter“ zu lehren. Aus der Reihe der rangältesten Trompeter wurden außerdem vier „Spielgrafen“ gewählt, die „paar- und jahrweis“ das einträgliche, bis ins Mittelalter zurückreichende und erst 1804 aufgehobene „Spielgrafenamt“ versahen, ein Amt, dem alle Ortsspielleute in Stadt und Land unterstanden, die zu Hochzeiten und Freitänzen aufspielten (Blasmusik).

Im 16. und 17. Jahrhundert stellte die angesehene Familie der Schrofenauer eine ganze Reihe von Hoftrompetern, überhaupt gegen Ende des 17. und bis weit ins 18. Jahrhundert hinein muss das Spiel einiger Salzburger Hoftrompeter besonders virtuos gewesen sein; mehrere Beispiele virtuoser Bläsermusik von Heinrich Ignaz Franz Biber bis hin zu Leopold Mozart und Michael Haydn belegen dies in eindrucksvoller Weise. Namentlich seien hier Johann Kaspar Köstler (1750–69), Johann Baptist Resenberger (1725–81) und Johann Andreas Schachtner (1754–95) genannt, letzterer ein gerngesehener Gast und Freund des Mozart’schen Hauses. Aus der Schar der Salzburger Hoforganisten ragen, zum Teil auch durch ihre kompositorische Tätigkeit, Carl van der Houven (1609–61), Georg Muffat (1678–90), Johann Ernst Eberlin (1729–49), Wolfgang Amadeus Mozart (1779–81) und Michael Haydn (1782–1806) heraus, unter den Hofsängern erlangten Camillo Orlandi (1614–16), Joseph Nikolaus Meissner (1747–95), Franz Anton Spitzeder (1760–96), Francesco Ceccarelli (1777–88), Michelangelo Bologna (1782–84) und Giuseppe Tomaselli (1781–1806), unter den Hofsängerinnen Maria Franziska Eberlin (1758–66), Maria Anna Braunhofer (1765–1803) und Maria Magdalena Lipp (1765–1803) die größte Berühmtheit. Hervorragende Instrumentalisten der Hofmusikkapelle waren der Zinkenist Martino Cesare (1613/14), die Geiger L. Mozart (1746–63), Andreas Pinzger (1766–1807), Antonio Brunetti (1776–86) und Josef Otter (1789–1809), die Oboisten Giuseppe Ferlendis (1777/78) und Joseph Fiala (1778–85) und der Posaunist Thomas Gschlatt (1756–69), berühmte Musikinstrumentenmacher die Hoforgelbauer Rotenburger (1598–1668), Egedacher (1673–1785) und Johann Evangelist Schmid (1785–1804) und die Hoflauten- und Geigenmacher Johann Schorn (1713–18), Ferdinand Mayr (1764–87) und Franz Simon (1791–1803).

Lit.:

  • E. Hintermaier: Die Salzburger Hofkapelle von 1700 bis 1806. Diss. Univ. Salzburg 1972.

E.H.